Von der Expansion zur Kontraktion Entwicklung der Ressourcennutzung im Spätmittelalter und beginnenden Neuzeit Von der Expansion zur Kontraktion
Von der ständigen Bedrohung der Lebensverhältnisse zu Katastrophen
Der Himmel hilft nicht mehr
Klimawechsel 1300 – 1550 Übergang vom Mittelalterlichen Klimaoptimum (ca. 900-1300) zum Beginn der Kleinen Eiszeit (Neuzeitliche Klimadepression zwischen 1550 und 1850) Übergangsperiode von starken Klimaschwankungen geprägt eingeleitet von relativ abrupten Klimawechsel zu Beginn des 14. Jahrhunderts ausgeprägten Witterungskatastrophen im 14. Jahrhundert
Natur als Bedrohung 1 Umweltkatastrophen als reale Erfahrung Bedrohung berühmte Sturmfluten wiederkehrende Sturmereignisse berühmteste Sturmfluten 1134 Julianenflut 15/16.01.1362: „de grote mandrenke“ in dieser versank Rungholt weitere große Sturmfluten u. a. 1373, 1404 1532, 1615,1625 11.10. 1634: Burchardiflut oder zweite große Mandränke
Natur als Bedrohung 2 Vielzahl von Starkregenereignissen Unwetterperioden Flussüberschwemmungen Heuschreckenplagen 1338 Heuschreckenschwärme zwischen Frankfurt, M. und der Donau Erdbeben 1348 Epizentrum in der Nähe von Villach/Kärnten
Natur als Bedrohung 3 Die Folgen: Hungersnöte Hungerkatastrophe 1315 – 1317 Pest trifft auf durch Hungerstress geschwächte Bevölkerung 1437/1438 große europaweite Hungersnot Strategie der Bauern: Sicherheit der Produktion geht vor hohen aber unsicheren Erträgen auch wegen des generell niedrigen Saat-Ernte-Verhältnisses: 1 – 3/max. 4 Körner kann Hunger nicht vermeiden
Die Urkatastrophe: Der Schwarze Tod
Der Schwarze Tod aus Asien nach Europa eingeschleppt: 1347 Ausbreitung über ganz Europa Pestzug in Deutschland 1348 – 1352
Der Schwarze Tod keine zielgerichteten Gegenmaßnahmen Historische Ursachenerklärungen: ungünstigen Konstellationen der Gestirne ungesunde Dämpfe Strafgericht Gottes für Sünden Juden als Brunnenvergifter Pogrome nicht in Europa
Der Schwarze Tod Auswirkungen: Bevölkerung in den Städten stärker betroffen tief greifende Verhaltensänderungen der betroffenen Menschen ungefähr 30 % der damaligen Bevölkerung in Europa fiel der Pest zum Opfer
Der Schwarze Tod Folgen: Mangel an Arbeitskräften Steigerung der Löhne Abwanderungen aus Dörfern in Städte In der Hoffnung auf bessere Arbeits- und Lebensbedingungen
Der Schwarze Tod Folgen: Veränderung des Nahrungsmittelverzehrs starke Zunahme des Fleischkonsums Ausbau der Viehproduktion Umkehrung der Vergetreidung Rückzug der Landwirtschaft in der Fläche leitet „Erholungsphasen“ des Waldes ein Wüstungen
Entwicklung der Ressourcennutzung nach der Pest Fortschreiten in bekannten Pfaden
Entwicklung in bekannten Pfaden erneutes Bevölkerungswachstum nach der Pest zuerst relativ langsam Anstieg der Bevölkerung 1500 9 Mio. (Grenzen von 1937) 1618 17 Mio. erneuter Wechsel von Ernährung und Produktion vom Fleisch zum Brot von der Viehzucht zum Getreidebau
Entwicklung in bekannten Pfaden mit den bekannten Folgen für die prozesse der Ressourcennutzung nach dem diskutierten Grundproblemen traditioneller Agrargesellschaften bei starkem Bevölkerungswachstum
Widerstand der Betroffenen gegen Herrschaftsrechte Der Bauernkrieg 1525
Bauernkrieg 1525 ein Kampf auch um Nutzungsrechte von Ressourcen Regionaler Konflikt in Süddeutschland (Schwaben) Thüringen regionale Konzentration eine Folge der engen Verflechtungen der Bauern in diesen Gebieten mit den Städten und Märkten
Ressourcenforderungen Forderungen der Bauern Zwölf Artikel von Thomas Münzer Forderungen nach nach freier Nutzung von Wildbret, Vögel und Fischen nach Rückgabe des „Holz“ (Waldes) an die Gemeinden freie Nutzung durch die Gemeindemitglieder gegen die Praxis Holz der Herrn „zum doppelten Preis“ kaufen zu müssen Verminderung der Dienste Begründung: in der Vergangenheit war es so üblich
Beispiel für Veränderungen im Hochmittelalter Frühe „Cowboys“ in Europa: der transkontinentale Viehhandel
Das baldige Ende der Erholung nach der Pest Der 30jährige Krieg 1618 - 1648
Die Situation der Ressourcen-nutzung vor Beginn des Kriegs war der zu Beginn des 14. Jahrhunderts ähnlich: Bevölkerung um 1300: 15 – 16. Mio. Bevölkerung um 1618: 17. Mio. bei einer ähnlichen agrarischen Wirtschaftsweise
Die Folgen des 30jährigen Kriegs 1618-1648 massive Menschenverluste in betroffenen Regionen auf dem Land zum Teil höher als in den Städten von 17. Mio. 1618 auf 10. Mio. 1648 - 40% (Grenzen von 1937) Ersatz der Bevölkerungsverluste u. a. durch Einwanderungen auch aus der Schweiz und den Niederlanden
Die Folgen des 30jährigen Kriegs 1618-1648 für die Ressourcennutzung mit z. T. ähnlichen Folgen wie die Pest Verminderung des Bevölkerungsdrucks auf den Boden Wüstungen in der Agrarproduktion relativ schnelle Erholung des Getreidebaus und des Viehbestands (15 Jahre)
Die Folgen des 30jährigen Kriegs 1618-1648 Auf die Rechte der Bauern: im „Westen“ Verbesserung der Rechte der zugewanderten Menschen im „Osten“ Ausbau der Grundherrschaft
Der 30jährige Krieg 1618-1648 Historische Einordnung Unter- bzw. Abrechung des wieder einsetzendes Bevölkerungswachstum 1648 ca. 10 Mio. (Grenzen von 1937) Bevölkerungsverluste regional sehr unterschiedlich mit z. T. ähnlichen Folgen wie die Pest für die Ressourcennutzung
Wüstungen
Wüstungen Wüstungen Aufgabe von vormals besiedelten Orten Unterscheidungen partielle oder Totalwüstungen Orts- und Flurwüstungen Flure von wüst gefallenen Orten wurden z. T. von anderen Orten aus weiter bewirtschaftet
Wüstungen auffällig viele Wüstungen im Spätmittelalter als Folge der Pest von 170 000 Siedlungen um 1300 zu 150 000 Siedlungen um 1500 aber auch nach dem 30jährigem Krieg
Wüstungen Ursachen für Wüstungen bzw. für nicht erneute Besiedlung verschiedene Theorien Fehlsiedlungstheorie Konzentrationstheorie Agrarkrisentheorie Agrarkrisentheorie: der Ansatz mit der größten Reichweite setzt eine „goldene Zeit“ der Städte voraus „Schere zwischen Agrarprodukten und anderen städtischen Gütern öffnet sich zu Lasten der Agrarprodukte
Die Entstehung der Gutsherrschaft
Bedeutung des Prozesses Entstehung von 2 unterschiedlichen Agrarsystemen in West- und Ostdeutschland aus der „historischen Abbiegung im 16. Jahrhundert“ mit bis in das 20. Jahrhundert reichenden politischen Folgen bis in der Bodenreform der DDR
Vergleich Guts- mit Grundherrschaft Gutsherrschaft Höheres Maß an Repression und Ausbeutung u. a. in Form von persönlicher Unfreiheit Leibeigenschaft oder Erbuntertänigkeit geringere bäuerliche Selbstständigkeit
Historisches Entwicklungsparadoxon aus Bauern mit besseren Rechten Rodungsprivilegien wurden in der historischen Entwicklung gefangene eines repressiven Systems
Treibende Kräfte der Entwicklung der ansässige Adel bzw. seine Vertreter mit hoher Bereitschaft verordnete Maßnahmen auch durch zusetzen Mit hoher Gewaltbereitschaft
Lokalisation Gutsherrschaft östlich der Elbe „Ostelbien“ aber auch in der Altmark Inseln in Westdeutschland
Gutsherrschaft 1 Beginn der Entwicklung Folge von Pest und Bevölkerungsverminderung Verstärkung des Prozesses im 16. Jahrhundert Folge der Bevölkerungsverluste durch den 30. jährigen Krieg Verbreitung östlich der Elbe aber auch Altmark
Gutsherrschaft 2 Etablierung von Zwangsrechte gegenüber dem Bauern Einschränkung der Freizügigkeit Schollenpflicht Pflicht einen Ersatzmann zu stellen „Leibeigenschaft“ Züchtigungsrecht Ausdehnung von Dienstverpflichtungen Gesindezwangsdienste
Gutsherrschaft 3 ursprünglicher Anlass wüst gefallenes Land (Pest oder 30-jähriger Krieg) mangels Bauern den Eigenbetrieben zugeschlagen Aktivierung des Prozesses durch „Bauernlegen“ Besonders im Zeitraum zwischen 1570 und 1600
Gutsherrschaft 4 Vergrößerte Eigenbetriebe verlangen mehr Arbeitskräfte Arbeitskräfteproblemen wurde mit Zwangsdiensten gelöst Entwicklung in dünn besiedelten Regionen große Menschenverluste in 30jährigen Krieg
Durchsetzung der Gutsherrschaft Instrument der Durchsetzung vielfältig Besondere Bedeutung: Gerichtsbarkeit Gutsbezirke als eigene Gerichtsbezirke bis ins 20. Jahrhundert
Entwicklung ohne Widerstand? Widerstand zu Beginn des 16 Jahrhunderts regional in bewaffneten Erhebungen Entwicklung der Gutsherrschaft schleichender Prozess: Hinnahme langsame Ausdehnung der Frondienste Knechte 2 Tage die Woche Unterschiedliche strukturelle Betroffenheit der Agrarbevölkerung
Literatur 1 Siehe auch die Literaturangaben zum Früh- und Hochmittelalter Abel, Wilhelm (1955): Die Wüstungen des Mittelalters. Zweite veränderte und erweiterte Auflage, Stuttgart
Literatur 1 Blickle, Peter (1998): Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes. München Bork, Hans-Rudolf; Bork, Helga; Dalchow, Claus; Faust, Berno; Piorr, Hans-Peter u. Scherz, Thomas (1998): Landschaftsentwicklung in Mitteleuropa
Literatur 2 Henning, Friedrich-Wilhelm (1994): Deutsche Agrargeschichte des Mittelalters 9. bis 15. Jahrhundert, Stuttgart Henning, Friedrich-Wilhelm (1979): Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, Bd. 1: 800 – 1750, Paderborn u. a. O.
Literatur 3 Herrmann, Klaus (1985): Pflügen, Säen, Ernten. Landarbeit und Landtechnik in der Geschichte, Deutsches Museum, Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik, Reinbek Montanari, Massimo (1993): Der Hunger und der Überfluss. Kulturgeschichte der Ernährung in Europa. Reihe Europa bauen, München
Literatur 4 Jankrift, Kay Peter (2003): Brände, Stürme, Hungersnöte. Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt; Ostfildern Rexroth, Frank (2005): Deutsche Geschichte im Mittelalter, München Trossbach, Werner (2003): Gutsherrschaft und Gutswirtschaft zwischen Elbe und Oder: Asymmetrische Agrarsysteme in wechselnden Perspektiven. In: Prass, R. u. a. (Hg:): Ländliche Gesellschaften und Deutschland und Frankreich, 18 – 19. Jahrhundert, Göttingen, S. 31 - 51
Literatur 5 Rösener, Werner (1992): Agrarwirtschaft, Agrarverfassung und ländliche Gesellschaft im Mittelalter. Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Bd. 13, München Schmidt, Georg (1995): Der Dreissigjährige Krieg, München Stromer, Wolfgang von (1980):Eine „Industrielle Revolution“ des Spätmittelalters. In: Troitzsch, U. u. Wohlauf G. (Hg.): Technik-Geschichte. Historische Beiträge und neuere Ansätze, Frankfurt,M.