Cultural Turn.

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 Präsentation transkript:

Cultural Turn

Braudel Geschichte Alltag Handel Prozess Demographie Märkte Städte Ernährung Finanzwesen Länder Wohnung Handel Reiche Technik Manufakturen Geld Stadt Zentren

Kulturelle Konsequenz Ernährung Reis Getreide Usw. Geographie Produktion Verarbeitung Handel Soziale Konsequenz Kulturelle Konsequenz

Bevölkerungsentwicklung Geschichte Wehler Bevölkerungsentwicklung Struktur/Entwicklungsbedingungen Wirtschaft Struktur/Entwicklungsbedingungen sozialer Ungleichheit Struktur/Entwicklungsbedingungen politischer Herrschaft Struktur/Entwicklungsbedingungen Kultur

Geschichte Le Roi Ladurie Kontext Dorf Haus „Ökologie“ „Archäologie“ Politik Kirche Haus „Ökologie“ „Archäologie“ Leben Gemeinschaft Gebräuche Sozialgefüge Wirtschaften Weltsicht

Geschichte Ginzburg Kontext Menocchio Leben Sozialgefüge Weltsicht Kommentar Menocchio Ginzburg Leben Sozialgefüge Weltsicht Prozess

Lebensbedingungen Politisch gesellschaftlicher Zustand Weltbild Subjekt – „Ich“

Braudel Gesamt geschichte histoire totale vom Wetter zum Reich sozial / materiell / materia listisch linear Wehler Deutsche Geschichte Gesellschaftsgeschichte nach Haupt blöcken sozial / politisch „Bedingun-gen“ linear/ beigeordnet Le Roi Ladurie Dorf histoire totale vom Wetter zum Weltbild sozial / Identität konzentrisch/linear Ginzburg Einzelner Mikrogeschichte Weltwahrnehmung und Respons individuell / Identität konzentrisch

Mentalitätsgeschichte Mentalität statt „Geist“ und „Idee“ Gefühle, Logik, Verhältnis zur Zeit, Glauben, wie wir Dinge bewerten -- Mentalität liegt weniger in uns als in der historischen sozialen Realität

„Geschichte von unten“ Alltagsgeschichte – „Geschichte von unten“ -- Geschichtswerkstätten -- Alltagsgeschichte Mikrogeschichte – Makrogeschichte -- Historische Anthropologie

Geschichtswerkstätten – „Grabe wo du stehst“ „Geschichte ist kulturell und politisch bedingt (Veyne, Sahlins), die Geschichtswissenschaft erstickt an Hierarchie und Fachterminologie (de Certeau), sie ist ein vom Menschen selbst gesponnenes Bedeutungsgewebe (Geertz) – je lauter solche Thesen von Mitgliedern der Geschichtswerkstätten vorgetragen werden, desto handlungsleitender werden Werte und Normen der kritisierten Disziplin ... aus Kritikern der Ordnung der Dinge werden konforme Ordner der Dinge.“ (Frei)   1992 „Geschichtswerkstatt“ zu „WerkstattGeschichte“

Alltagsgeschichte Handeln und Leben der „kleinen Leute“: Arbeiten, Nichtarbeiten, Wohnen, Lieben, Hassen, Streiten, Kooperieren, Erinnerungen, Ängste Das Immer-gleiche, sich Wiederholende (Entlastende) Wandel, Umbruch, Konflikt (dort wo Alltag Erfahrung und Praxis, subjektives Handeln ist) => Alltag als soziale Praxis der Gesellschaftsgeschichte

Methode Mikrogeschichte -Materielle und textliche Überlieferung „Geschichtslabor“ „Wir forschen nicht über Dörfer, sondern in Dörfern“ (Geertz) „Das farbige Ganze im vergangenen Dunkel ist wirklich da“ -“Klassen und Kultur“ der Leute „von unten“ - „Erfahrung“ Zentralbegriff

Kritik an Alltagsgeschichte (durch Sozialgeschichte) - Kocka : A. irrational, antiaufklärerisch - Wehler: „billiger Hirsebrei“ „linke Salons“, „Besenkammer des Historismus“ - Alltagsgeschichte anekdotisch, romantisiere - Erzählen statt Argumentieren - sei theorielos, „fühle sich ein“ - während man selbst politisch sei, d.h. verantwortungsbewusst, - lebe nun neue Generation nur ihre Gefühle, Interessen und Ängste aus - folge dem postmodernen Modetrend.

Kritik an der Mentalitätsgeschichte (von Seiten der Alltagsgeschichte und der Sozialgeschichte) - Psychologisierung der Geschichte, Wiedereinführung von „Weltanschauung“ - klassenneutrale Charakter - psychologische Archetypen - kollektive Unbewusste

Kritik an Sozialgeschichte (von Seiten der Alltags-, später der Kulturgeschichte) - dogmatisch, autoritär - linear undifferenziert - „dichotomisch“ - strukturverhaftet - schließe Menschen (Unterschichten, Verlierer, Frauen) aus hermeneutischer Historismus - eurozentrische Modernisierungstheorie „Missionare im (ohnehin sinkenden) Ruderboot“ - langweilig

Historische Anthropologie „Le jour est arrivé. Die Forschungspraxis hat gegenwärtig schon die theoretischen Differenzen, die Geschichte und Anthropologie trennen sollen, weit hinter sich gelassen. Anthropologen haben sich über die abstrakten Strukturen erhoben und versuchen konkrete Ereignisse zu erklären. Historiker aber messen einzelnen Ereignissen heute einen geringeren Wert bei als wiederkehrenden Strukturen. Paradoxerweise verfolgen Anthropologen heute ebenso oft diachrone Perspektiven wie Historiker synchrone. Das Hauptproblem besteht gegenwärtig darin, das traditionelle Konzept von Geschichte zur Explosion zu bringen, und zwar mit Hilfe einer anthropologisch gespeisten Erfahrung von Kultur ... Plötzlich gibt es viele neue Dinge zu sehen.“ (Marshall Sahlins) - Revolution somit: Ethnologie und Geschichte zusammenzubringen

Cultural Turn Kultur (statt Gesellschaft) - Bedeutung (statt Struktur) Erfahrung (statt Verhältnisse) - Interpretation (statt Koordination)

Sozial determinierte Bedeutungsmaschine TEXT Inhalt Form Kommunikation Sozial determinierte Bedeutungsmaschine

000101101100 000100000101 00010111000 000101101100 RAM (random access memory) – (Arbeits)speicher mit wahlfreiem Zugriff

Vergleichen Sie: Ihr Leben 1980 und heute Man muss sich so etwas selbst einmal klar machen: Wir sind eine Generation, die eine Veränderung der Lebenswelt durch Einführung einer neuen Technik erlebt hat, wie es sie seit Erfindung des Automobils nicht mehr gegeben hatte. Im Vergleich zur Durchdringung des Alltags mit Digitaltechnik war selbst der Einzug des Fernsehens fast eine Bagatelle. (Spiegel, 2006)

Die dichte Beschreibung Geschichte und Anthropologie Von der Biologie zum „Text“ Von der Herrschaft zur Bedeutung Von den Bedingungen zur Erfahrung Von den (äußeren) Strukturen zu den symbolischen Formen Von der Makro- zur Mikrogeschichte Die dichte Beschreibung

Clifford Geertz: Dichte Beschreibung (1973) Clifford Geertz: Deep play, Hahnenkampf auf Bali (1972) Robert Darnton, Das große Katzenmassaker (1985)

Dichte Beschreibung – Dünne Beschreibung - Clifford Geertz - Das Zwinkern Gilbert Ryle‘s

„Ich meine mit Max Weber, daß der Mensch ein Wesen ist, das in selbstgesponnene Bedeutungsgewebe verstrickt ist, wobei ich Kultur als dieses Gewebe ansehe. Ihre Untersuchung ist daher keine experimentelle Wissenschaft, die nach Gesetzen sucht, sondern eine interpretierende, die nach Bedeutungen sucht. Mir geht es um Erläuterungen, um das Deuten gesellschaftlicher Ausdrucksformen, die zunächst rätselhaft scheinen.“

  Man soll „geschichtete Hierarchie bedeutungsvoller Strukturen, in deren Rahmen Zucken, Zwinkern, Scheinzwinkern, Parodien und geprobte Parodien produziert, verstanden und interpretiert werden“, rekonstruieren.

1. Datensammlung, „routinemäßige Kleinarbeit“ 2. Vorstellungsstrukturen ermitteln gelte für Interviews, Beobachtung von Ritualen, Zusammentragen von Verwandtschaftsbegriffen, Aufspüren von Eigentumslinien, Erstellen von Haushaltslisten usw.

Der semantische Kulturbegriff Kultur als Dokument, das durch (symbolisches) Handeln entsteht Dreiklang : Handeln - Bedeutung - Interpretation

gegen: subjektiven Kulturbegriff (als Regeln im Kopf) objektiven Kulturbegriff (als externes System)

„Ethnologen untersuchen nicht Dörfer, sie untersuchen in Dörfern“ für: „Mit den Eingeborenen ins Gespräch kommen“ „Erweiterung des menschlichen Diskursuniversums“ „Ethnologen untersuchen nicht Dörfer, sie untersuchen in Dörfern“

Kultur als gemeinsame Sprache: „Als ineinandergreifende Systeme auslegbarer Zeichen [...] ist Kultur keine Instanz, der gesellschaftliche Ereignisse, Verhaltensweisen, Institutionen oder Prozesse kausal zugeordnet werden könnten. Sie ist ein Kontext, ein Rahmen, in dem sie verständlich – nämlich dicht – beschreibbar sind.“

als Text, Performance, balinesische Gesellschaft Hahnenkämpfe als Text, Performance, balinesische Gesellschaft