IX. Christliche Sozialethik als Strukturenethik

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IX. Christliche Sozialethik als Strukturenethik

1. Der Entdeckungszusammenhang der strukturenethischen Fragestellung Wende zum Subjekt im Umbruch zur Moderne Die sozialen Strukturen erhalten ihren Bezugspunkt im Subjekt, vor ihm sind sie zu rechtfertigen Die sozialen Strukturen werden zur Gestaltungsaufgabe der Menschen Frage nach „gut“ oder „schlecht“ nicht nur des individuellen Handelns, sondern der Institutionen

1. Der Entdeckungszusammenhang der strukturenethischen Fragestellung Zweites Vatikanum: „Ursprung, Träger und Ziel aller sozialer Institutionen ist und muss sein die menschliche Person“ (GS 25)

1. Der Entdeckungszusammenhang der strukturenethischen Fragestellung Wilhelm Korff: „Damit aber sieht sich der Mensch nicht nur in der Gehorsamsverantwortung vor Normen, sondern auch in Gestaltungsverantwortung für sie. Erst darin wird die besondere sozialethische Aufgabenstellung endgültig ansichtig. Sozialethik ist Ethik der gesellschaftlich übergreifenden Normen, Institutionen und sozialer Systeme: Strukturenethik“.

1. Der Entdeckungszusammenhang der strukturenethischen Fragestellung Historische Knotenpunkte der Entdeckung der strukturenethischen Fragestellung - Religionskriege und die Legitimation des Staates durch Gemeinwohl und Gerechtigkeit - „Soziale Frage“ und das Thema der gerechten Gesellschaft („soziale Gerechtigkeit“)

Programmatik einer Christlichen Sozialethik als Strukturenethik Thomas Hausmanninger geb. 1958 Assistent bei Wilhelm Korff in München Prof. für Sozialethik in Augsburg

2. Normative Grundlagen christlicher Strukturenethik Prinzipien von Personalität, Solidarität und Subsidiarität Biblische Motive und Inspirationen Sozialphilosophische Diskurs der Gegenwart Konstitutionsprinzipien der Gerechtigkeit sozialer Strukturen

2. Normative Grundlagen christlicher Strukturenethik Kategorische Geltung der in der autonom-selbstzweckhaften Freiheit gründenden Würde der Person Unabhängig von subjektiven Vorteilserwägungen Moralische Imperativ der Reziprozität (Goldene Regel; Gebot der Nächstenliebe) Das Prinzip der Personalität enthält Elemente einer für alle einsehbaren Gerechtigkeit gesellschaftlicher Strukturen

3. Solidarität und Gemeinwohl Aus der gleichen Menschenwürde aller folgert Solidarität als wechselseitige Verantwortung Gemeinwohl: Gesamtheit jener Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens, die sowohl den Gruppen als auch deren einzelnen Gliedern ein volleres und leichteres Erreichen der eigenen Vollendung ermöglichen (MM Nr. 65) Das Gemeinwohl als das personale Wohl aller Gesellschaftsmitglieder, so weit es von der sozialen Kooperation abhängt.

4. Subsidiarität Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ... ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär“ (QA Nr. 79) Der Einzelmensch ist letzter Bezugspunkt sozialer Strukturen Hilfsgebot - soziale Strukturen sind so aufzubauen, dass sie dem Einzelmenschen dienen - das je größere und übergeordnete Sozialgebilde hat im Dienst der kleineren und untergeordneten zu stehen Kompetenzanmaßungsverbot - dem Einzelnen dürfen keine Zuständigkeiten entzogen werden, die er mit eigenen Kräften wahrnehmen könnte - die je größere und übergeordnete Einheit darf der kleineren und untergeordneten solche Kompetenzen nicht entziehen Bedeutung intermediärer Strukturen

5. Strukturen globaler Verantwortung als Konkretion Globale Ausgrenzungsphänomene als Herausforderung Bezugspunkt einer menschenwürdigen sozialen Entwicklung ist das Gemeinwohl der ganzen Menschheit Die Antwort auf die wachsenden weltweiten Interdependenzen muss im Bewusstsein weltweiter Solidarität liegen („Globalisierung der Solidarität“) Politische Rahmenordnung für die Weltökonomie Subsidiarität als Richtschnur für die Weltordnungspolitik