Dr. Susanne Stoll-Kleemann, Freie Universität Berlin

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 Präsentation transkript:

Politik- und sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze für Konflikte im Naturschutz Dr. Susanne Stoll-Kleemann, Freie Universität Berlin HS Naturschutz und gesellschaftliches Handeln Berlin, 14.4.2004

Übersicht Ausgangsituation: Akzeptanzprobleme und Konflikte: Formen Widerstreit der Kulturen Gründe für Kooperation Erklärungsansätze für Konflikte in Schutzgebieten Folgerungen/ Konfliktlösungsstrategien

Naturschutz & Gesellschaftliches Handeln Naturschutzmassnahmen verlangen den betroffenen Menschen Einschränkungen oder Verhaltensänderungen zugunsten der Natur ab: soziale und gesellschaftliche Dimension des Naturschutzes ausreichende Akzeptanz der Bevölkerung ist grundlegende Voraussetzung für den Erfolg von Naturschutz Naturschutzmaßnahmen bleiben auf die Dauer wirkungslos, wenn sie nicht auf die subjektive Bereitschaft der Menschen vor Ort zur Umsetzung oder noch besser Mitgestaltung treffen

Ausgangssituation Akzeptanzprobleme und Konflikte: Formen und Beispiele Versuche formeller politischer Einflußnahme um Naturschutzmaßnahmen zu verhindern: Gründung von Bürgerinitiativen auf allen Ebenen, z.B.: „Bundesverband der Nationalpark-Betroffenen“ Normenkontrollklagen Demonstrationen und Bürgerversammlungen Verbale Attacken: Leiter eines Schutzgebietes sprach von Progromstimmung „Mittwochsgebet“ Boykott von Kommunalvertretern von öffentl. Versammlungen

Konflikte in den Medien „Zoff im Park - Bürgerinitiativen rebellieren gegen Nationalparks“ (DIE ZEIT 19.12.1997, S. 33 f.) „Wütende Waldler kämpfen gegen die Wildnis vorm Haus - Streit im Bayerischen Wald“ (FAZ 5.7.1997, S. 3) „Freiheit statt Ökoismus - Aufruhr im Nationalpark Wattenmeer: Wieviel Naturschutz verträgt die Nordseeküste?“ (DIE ZEIT 18.10.1996, S. 81) „Streit um den Elbe-Nationalpark - Die Bauern der Flußlandschaft fühlen sich in ihrer Existenz bedroht“.- In: Frankfurter Allgemeine Zeitung 31.7.1997, S. R 5. „Vom Kampf zwischen Küste und Sturmfluten - Der Streit um den Schutz des Wattenmeeres“ (FAZ 24.8.1997)

Konflikte in den Medien II „Gegner des Nationalparks werfen Eier auf Minister - Streit um die Erweiterung des Wattenmeeres“ (Elbe-Jeetzel- Zeitung 28.11.1996) „Nur ein Prestigeobjekt: Die geplante Erweiterung des Nationalparks Bayerischer Wald stößt auf heftigen Widerstand“ (Focus 29, 1995, S. 52 ff.) „Zank, Streit und Morddrohungen in der Idylle - Im Nationalpark Odertal sind die Fronten zwischen Landwirten und Naturschützern verhärtet“ (Der Tagesspiegel 15.1.1999) „Naturschutz? Ja, aber nicht in meiner Umgebung“ (Der Tagesspiegel 24.12.1998) „Volkes Stimme verunsichert Politiker. Gemeinden stimmten gegen Nationalpark - Mancher Befürworter auf dem Rückzug“ ( Frankfurter Rundschau 14.10.1997) „Strafe für Witwe, die Blumen aufs Grab legte. Mit erfundenen Geschichten werden geplante Nationalparks angefeindet - Gegner gründen Bundesverband“ (Frankfurter Rundschau 26.8.1997)

“Widerstreit der Kulturen” Dominanz ökologischer Prinzipien (“ecology-first”) vs. Menschen vor Ort im Zentrum eines nachhaltigen Ressourcenmanagements (“people-included“) => Kooperation mit Landnutzern und Integration ökologischer, sozialer und ökonomischer Belange

Conflict(ing) Culture(s) … or Conflict Culture?

Warum Kooperation? Management-Legitimität Effektives und effizientes Naturschutz-management erfordert das Verständnis und die Unterstützung der lokalen Bevölkerung. Rigide Managementstrukturen passen sich nur schwer an soziale, ökonomische oder auch ökologische Veränderungen an.

Warum Kooperation? Naturschutzstrategien, welche autoritär „von oben“ ohne vorherigen Konsens mit der betroffenen Bevölkerung etabliert werden, riskieren jegliche Chance einer langandauernden Kooperation, z.B. durch nachhaltige Landnutzungsformen, zu verspielen.

Warum Kooperation? Demokratische Notwendigkeit Die Bevölkerung vor Ort an Managementprozessen zu beteiligen unterstützt ihr Selbstwertgefühl, respektiert ihre Bürgerrechte und berücksichtigt ihre zentrale Rolle im Naturschutzmanagement

Warum Kooperation? Geteiltes (traditionelles) Wissen und Verständnis Alle Akteure haben eine einzigartige und damit unterschiedliche Sichtweise darüber, was das Problem konkret ausmacht und was zu einer Verbesserung führen könnte Daher ist es sinnvoll, möglichst viele verschiedene Bewertungen eines Problems durch eine umfassende Einbeziehung verschiedener Akteure und Gruppen zu erhalten

Kommunikationsbarrieren Naturschutzmanagement Sozialwissenschaftliches Erklärungsmodell von Konflikten im Naturschutz Emotionale Ursachen Kulturelle Ursachen Wahrnehmungs- und Kommunikationsbarrieren Gruppenprozesse und Soziale Identität Konflikte im Naturschutzmanagement Stoll-Kleemann 2001

Naturschutzmanagement Sozialwissenschaftliches Erklärungsmodell von Konflikten im Naturschutz Emotionale Ursachen Kulturelle Ursachen Konflikte im Naturschutzmanagement Stoll-Kleemann 2001

Naturschutz als Einschränkung und Bedrohung der Entscheidungsfreiheit Naturschutzmassnahmen vor allem als Aufforderung von Naturschützern, das Verhalten zu ändern und Einschränkungen zugunsten „der Natur“ in Kauf zu nehmen (Reaktanz häufig) Traditionelle Wertvorstellungen und Lebensstile werden in Frage gestellt vielfältige Veränderungen der traditionellen Raumstrukturen; Gewöhnungsprozeß hält nicht mit der Durchführung von Maßnahmen Schritt

Wichtig: Bedeutung der Freiheit, Stärke der Freiheitseinengung „Theorie der Freiheitseinengung und psychologischen Reaktanz“ Brehm (1966) Die Reaktanztheorie besagt, dass Menschen bestrebt sind, bestehende Entscheidungs- und Handlungsfreiheiten zu bewahren und Reaktanz entsteht, wenn diese Freiheiten eingeengt oder eliminiert werden (z. B. durch Verordnungen, Verbote und Kontrollen) Wichtig: Bedeutung der Freiheit, Stärke der Freiheitseinengung

„Theorie der Freiheitseinengung und psychologischen Reaktanz“ Brehm (1966) Bei vielen Bewohnern der Schutzgebiete entsteht Reaktanz, weil sie ihre freien Verhaltensweisen in Bereichen wie Freizeitgestaltung (Zelten, Angeln, Pilze suchen) oder Landnutzung (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Jagd) bedroht sehen. Auch die Notwendigkeit zur Abstimmung zwischen öffentlichen Verwaltungen (z. B. zwischen Forst- und Naturschutzverwaltung) ruft Reaktanz hervor. Dadurch wird das Bestreben ausgelöst, diese bedrohten Freiheiten, z. B. durch die geschilderten Proteste, wiederherzustellen

Partizipationsdefizite Beginn der Kommunikation i.d.R. zu spät im Planungsprozeß und oft nur im Rahmen des rechtlich vorgeschriebenen Beteiligungs-verfahrens, d.h. kein kontinuierlicher Dialog zwischen den Beteiligten, in dem unter-schiedliche Interessen und Standpunkte in persönlichen Gesprächen formuliert werden können

Gegenstimmen „Der Bevölkerung fehlt das Fachwissen um bei Entscheidungen im Naturschutz mitzureden“ „Bestehende Gesetze werde korrekt befolgt, warum also „unnötige“ Kompromisse riskieren?“ „Der Naturschutz vertritt den moralisch besseren Standpunkt; die Öffentlichkeit ist der Natur zu entfremdet um die Wichtigkeit dieser Mission zu verstehen“ „Vor dem Hintergrund der oft starken lokalen Opposition in Schutzgebieten, dem schwachen politischen Rückhalt und geringer Erfolge in der Vergangenheit, muß der Naturschutz nun „Stärke“ zeigen, wenn er überhaupt noch etwas erreichen will“.

Kommunikationsbarrieren Der Verlauf der Kommunikation hängt auch davon ab, ob das Verfahren bei der Entscheidungsfindung von der betroffenen Bevölkerung als gerecht oder ungerecht wahrgenommen wird (prozedurale Routineakzeptanz) Bei der betroffenen Bevölkerung kann kein Gefühl von Vertrauen und Identifikation mit dem entsprechendem Plan aufkommen die Fähigkeit der Menschen, Ideen zu entwickeln und angemessene Lösungen zu finden wird negiert (WWF Deutschland 2000).

Daher kommt der Beziehungsebene und der Art des Umgangs von Naturschützern mit ihren Adressaten eine erhebliche Bedeutung bei der Verwirklichung von Naturschutzprojekten zu Naturschutzvorhaben scheitern oft nicht aus sachlichen, sondern aus emotionalen Gründen Emotionale Faktoren, die sich negativ auf die Kommunikation auswirken sind z.B. Karriere- und Machtstreben, persönliche Unsicherheit, Rollenerwartungen und sozialer Druck (auf beiden Seiten).

Naturschutzmanagement Sozialwissenschaftliches Erklärungsmodell von Konflikten im Naturschutz Emotionale Ursachen Kulturelle Ursachen Konflikte im Naturschutzmanagement Stoll-Kleemann 2001

Kommunikationsbarrieren Naturschutzmanagement Sozialwissenschaftliches Erklärungsmodell von Konflikten im Naturschutz Emotionale Ursachen Kulturelle Ursachen Wahrnehmungs- und Kommunikationsbarrieren Konflikte im Naturschutzmanagement Stoll-Kleemann 2001

Das soziale Gedächnis Ablehnung von Naturschützern, bevor Kommunikation begonnen hat, oft vor dem Hintergrund früherer schlechter Erfahrungen Kommunikation geprägt von Generalisierungen und Stereotypen Gefahr von Stereotypen: Unzugänglich für rationale Argumente Informationen über die entsprechende Gruppe „selektiv (nur) dann wahrgenommen, verarbeitet und behalten, wenn dadurch das Stereotyp bestätigt wird“

Perspektivendivergenzen und soziale Distanz Geringe Empathie aufgrund sozialer Distanz: Mangel an sozialen Kontakten führt dazu, daß das Wissen über die Lebenswirklichkeit (Lebenserfahrungen, Bedürfnisse und Sichtweisen) der jeweils anderen Gruppe gering ist und ihre Denk- und Verhaltensweisen nicht im Gesamtkontext gesehen werden Regelmässig von Naturschützern geäusserte Kritik an landwirtschaftlichen Wirtschaftsweisen von Landwirten wird als Missachtung und Infragestellung ihrer Arbeit (und somit eines wesentlichen sinnerfüllten Teil ihres Lebens) verstanden

Kommunikationsbarrieren Naturschutzmanagement Sozialwissenschaftliches Erklärungsmodell von Konflikten im Naturschutz Emotionale Ursachen Kulturelle Ursachen Wahrnehmungs- und Kommunikationsbarrieren Konflikte im Naturschutzmanagement Stoll-Kleemann 2001

Kommunikationsbarrieren Naturschutzmanagement Sozialwissenschaftliches Erklärungsmodell von Konflikten im Naturschutz Emotionale Ursachen Kulturelle Ursachen Wahrnehmungs- und Kommunikationsbarrieren Gruppenprozesse und Soziale Identität Konflikte im Naturschutzmanagement Stoll-Kleemann 2001

Gruppenprozesse Die Akzeptanz oder Ablehnung von Naturschutzmassnahmen wird auch durch die Beziehungen zwischen den beteiligten sozialen Gruppen beeinflußt Das Verhalten zwischen sozialen Gruppen wird entscheidend davon beeinflußt, daß deren Mitglieder sich sehr mit ihrer eigenen Gruppe identifizieren

Theorie der Sozialen Identität (Tajfel) Gruppenzugehörigkeit des Individuums als Ausgangspunkt: „Ingroup-Outgroup“-Differenzierung (soziales Kategorisieren, soziale Identität, sozialer Vergleich und soziale Distinktheit) Positive Identifikation mit der Eigengruppe, Abwertung der Fremdgruppe

Theorie der Sozialen Identität Soziales Kategorisieren meint, daß die einzelne Person ihre Umwelt in Gruppen oder Kategorien einteilt und zusammenfaßt. Eine Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdgruppe erleichtert die Orientierung und Ordnung des Individuums in seiner sozialen Realität. Der Mensch bezieht aus der „Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen in dem Maße positive soziale Identität, indem Vergleiche mit anderen Gruppen für die eigene Gruppe positiv ausfallen: notfalls auch durch Fehlinterpretationen So wird positive „Distinktheit“, d. h. das Gefühl, die eigene Gruppe sei höherwertiger als die Vergleichsgruppe, erreicht

Theorie der Sozialen Identität Von Naturschutzmassnahmen Betroffene: positive Identität durch Abgrenzung von Naturschützern Beispiel: Verhältnis zwischen (staatlicher) Forstwirtschaft und Naturschutz: neben inhaltlich-sachlichen Fragen in hohem Maße auch emotionale Aspekte wie „Kompetenz-konkurrenzen“ für die Differenzen zwischen diesen beiden Gruppen verantwortlich sind

Konformität Relevanz von Gruppennormen: Potentielle individuelle Zustimmung zum Naturschutz wird durch Konformitätsdruck ausgeglichen “Es gibt viele Landwirte, die sehr von uns profitieren, die uns aber öffentlich zu wenig unterstützen. Vor allem wohl deswegen, weil sie sich im Konflikt mit ihrer anderen Mehrheit im Berufsstand befinden. Die aber im persönlichen Gespräch sagen, "das ist schon eine gute Sache, was ihr hier macht, und ich begrüße die Möglichkeiten, die ich gemeinsam mit euch habe”. Aber die haben dann nicht den Mut, das z. B. im Bauernverband oder Abgeordneten gegenüber zu äußern”.

Folgerungen Anerkennung der Relevanz von Kommunikationsprozessen Bewußtseins- und Einstellungswandel Modifikation der Auswahlkriterien bei Neueinstellungen Änderung der Ausbildung der klassischen Naturschutzstudiengänge

“Vorbild” Entwicklungszusammenarbeit (Vor-Ab) - Zielgruppenanalysen Partizipativer Projektzyklus (von Planung über Implementierung und Management, bis zum Monitoring und zur Evaluierung Training und Prozeßberatung Entwicklung von lokalen Organisationen und Institutionen Einsatz lokaler Berater Trägerverbund Ökonomische Vorteile für die lokale Bevölkerung bereitstellen

Konfliktlösungsstrategien Vorhandensein einer „Schlüsselperson“ mit integrativen und kommunikativen Fähigkeiten Erfolgskommunikation: Gemeinsame Sprache, Empathie Gewinnerkoalitionen z.B. Regionalentwicklung Flexibilität u. Lernfähigkeit: Anpassung an Veränderungen, Augenmaß, Pragmatismus Prozeßkompetenz: Gesellschaftlich-politisches Wissen, Management-Fähigkeiten und taktisches Geschick (Kategorien in Anlehnung an Brendle, 1999)

Training und Prozessberatung Stärkung der Handlungsfähigkeit der Akteure Entwicklung von Kooperationsfähigkeiten: partizipatives und dialogorientiertes Vorgehen bei der Planung und Durchführung von Massnahmen, zur Verhandlungsführung, zum Interessenausgleich und zum Konfliktmanagement Sensibilisierung der NaturschützerInnen für die Wahrnehmung der sozialen Abläufe Anknüpfung an alltägliche Arbeitssituationen

Literaturauswahl zum Thema Stoll-Kleemann, S., O`Riordan, T. 2002. From participation to partnership in biodiversity protection: experience from Germany and South Africa. Society and Natural Resources 15 (2) 157-173. Stoll-Kleemann, S. 2001a. Reconciling Opposition to Protected Areas Management in Europe: The German experience. Environment 43 (5), 32-44. Stoll-Kleemann, S. 2001b. Barriers to Nature Conservation in Germany: A model explaining opposition to protected areas. Journal of Environmental Psychology, 21 (4), 369-385. O`Riordan, T., Stoll-Kleemann, S. 2002. Biodiversity, Sustainability and Human Communities. Protecting Beyond the Protected. Cambridge: Cambridge University Press. Stoll, S. 1999. Akzeptanzprobleme bei der Ausweisung von Großschutzgebieten, Frankfurt a. M.: Lang.