Adalbert Evers Veränderungen der Kultur sozialer Dienstleistungen – Chancen und Gefahren Impulsreferat . These: zentrale gegenwärtige Wandlungsprozesse.

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Adalbert Evers Veränderungen der Kultur sozialer Dienstleistungen – Chancen und Gefahren Impulsreferat . These: zentrale gegenwärtige Wandlungsprozesse sind unabwendbar, aber nicht alternativlos; sie sind mehrdeutig und mitgestaltbar – Risiken verringern, Chancen nutzen.

Soziale Dienstleistungen: (Gesundheit, Bildung, Kindertagesbetreuung, Altenpflege, Dienste am Arbeitsmarkt, hauswirtschaftliche Angebote) …haben verschiedene Traditionen u. Gesichter, aber drei zentrale Gemeinsamkeiten Schlüsselrolle für sozialen Zusammenhalt, (Chancen) Gleichheit, und Beteiligung - deshalb seit jeher großer Einfluss der Politik Wachstumsbereich mit hohen Arbeitsplatzeffekten die meisten sozialen Dienstleistungen sind auch persönliche Dienstleistungen:– Qualität durch direkte Interaktion; begrenzte Möglichkeiten der Rationalisierung („Maschinen pflegen nicht“) Gefahren: Druck auf Lohn- und Personalentwicklung („Niedriglohnbereiche“) Rationalisierungsstrategien mit Qualitätseinbussen („Pflege im Minutentakt“) Konditionierung der Adressaten – Standardisierung, entpersonalisiert Chancen: Mehr Effizienz, Demokratie und Integration durch kooperative Ausrichtung, empowerment der Adressaten (Individuen und Familien) neues professionelles Leitbild: Professionelle und Adressaten als Partner

Vier Schlüsseltrends, die diese Ambivalenz spiegeln: Verändertes Leitbild der Sozialpolitik– von der sozialen Versorgung zur Sozialinvestition; Prioritätensetzung bei PSDs erfolgt zunehmend auch nach Maßgabe ihrer Wirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung Chancen: …zur Aufwertung von Sozialpolitik und Ausbau sozialer Dienste, wenn sie nicht nur als „Sozialkonsum“ sondern auch als Investition mit Erträgen (z.B. Bildung, Kinderbetreuung) gesehen werden Gefahren: …dass PSDs, die vor allem Schutz- und Versorgungsleistungen sind, noch mehr ins Hintertreffen geraten (Altenpflege, Integrationskonzepte für Randgruppen und städtische/ländliche Problemzonen) neue Probleme der Verankerung von egalitären Postulaten und Rechten (z.B. wenn Konzepte für Bildung und Arbeits- / Sozialintegration nur an Arbeitsmarkterfordernissen orientiert sind)

2. Veränderung der Leitbilder vom Adressaten sozialer Dienste: Vorbilder sind hier immer mehr die normalen Konsumbereiche der Gesellschaft (der Kranke und Arbeitslose als Kunde); außerdem wird stärker auf die Eigenverantwortung der Bürger-Konsumenten gesetzt Chancen: Nutzung der mit „Konsument“ / „Kunde“ verbundenen Anspruchshaltungen (Aufbrechen traditioneller Klienten / Untertanenrollen) Konzepte der Produktivitätssteigerung, die auf „empowerment“ der Adressaten als Mitarbeitende und Mitbestimmende setzen („Arbeitsbündnis“) Neue Möglichkeiten der Entwicklung von interaktiven DL – Komplexen ( gesunder Lebensstil / Stärkung präventiver Dienste und Angebote) Gefahren: Überdehnung des Konzepts „Konsumentenmacht“ bei PSDs; sie sind „Vertrauensgüter“ wo Möglichkeiten der Einflussnahme per „Abwahl“ begrenzt sind (z.B. Arzt-Patient Verhältnis, Kinderbetreuungsplatz) besondere Probleme für schwache und bildungsferne Gruppen mit geringer Sozialkompetenz

3. Es verändern sich die Strukturen, Prozesse und Organisationsmuster sozialer Dienstleistungen: Es gibt (Einfluss elektronischer Medien!) gleichzeitig eine Tendenz zu mehr Delokalisierung, Standardisierung und Entpersonalisierung („managed care“, e-health) und eine Tendenz zu mehr Individualisierung („case management“) – Netzwerke gewinnen an Bedeutung - als Grosskomplexe aber auch lokal Chancen: Die neuen Medien machen mehr Wissen lokal verfügbar („lokal und vernetzt“) Trend zum case management, individuellen Integrations- / Lern-, / Hilfeangeboten (z.B. Pflegebudgets) Vernetzung / Kooperation steigern Chancen für individuell passgerechte Leistungsbündel (z.B. Hilfepläne für Langzeitarbeitslose, chronisch Kranke etc.) Effizienzgewinne und Kostensenkung durch Synergien und Kooperation Gefahren: DLs durch große mediengestützte public/private Verbundsysteme, Abbau der Einflussnahmemöglichkeiten von Professionellen und Nutzern (sh. Kontroversen zu managed care und disease management Konzepten, „gläserner Patient“) Systeme der Verhaltenskontrolle und Konditionierung, mit mehr Ermessenspielraum der Systemseite und Erosion von Rechten („wie viel Kooperationswilligkeit ist Voraussetzung für Erhalt von Alo II?“)

4. Es verändern sich Formen der Steuerung / governance komplexer Versorgungssysteme und des Managements der einzelnen Organisation: mehr Eigenverantwortung für einzelne Organisation (z.B. „selbstständige Schulen“, Arbeitsagenturen) korporative Absprachen verlieren an Bedeutung, Staat & Kommunen agieren stärker als Regulator, Gewährleister und Finanziers; steigender Einfluss kommerzieller Akteure und Logiken;) Chancen Chancen für Koppelung zentraler Vorgaben und dezentraler Autonomie Auflösung von traditionellem Filz und Interessenskartellen, Effizienzgewinne, neue Innovations-Partnerschaften; Anstoß für neue Formen der lokalen Kooperation (Lokale Bündnisse für Arbeit, Familie…) mehr Sensibilität für Konsumenten-Rechte (Patientenrechte) Gefahren Drastischer Einflussverlust der Politik (bei Verträgen und public-private-partnerships nach Modellen anderer öffentlicher Aufgaben, z. B. des Energiebereichs) Exklusive Kooperation von Politik & Kommerz verringert die Rolle von lokaler Bürgergesellschaft als drittem Partner ( z. B. Rolle der Bürgerschaft bei Krankenversorgung, Pflegeangeboten, Hilfen zur Arbeit…)

5. Dienstleistungen: sozial und demokratisch – Gestaltungsaufgaben Leitbild: Mehr Produktivität durch mehr Interaktivität (statt durch Fehl-Rationalisierungen und Konditionierung der „Kunden“) Stärkung von professionellen Qualitätsanliegen und Nutzerperspektive gegenüber Managementdominanz und Technologie-offensive Sicherung humaner Qualität gerade bei Diensten für schwache Gruppen Neue Sozial-Märkte brauchen auch Konzepte für Stärkung von Bürger- & Konsumenten-Kompetenz, Konsumentenrechte, Konsumentenorganisationen Kooperationskonzepte / Public-private-partnerships entwickeln, die mehr Transparenz und demokratische Partner zulassen, statt politische Verantwortung zu privatisieren Im Rahmen zentraler Vorgaben lokalen Einfluss auf DL-Systeme sichern / lokale Ressourcen der Zivilgesellschaft nutzen (z. B. bei Schulen, Kinderbetreuung, Arbeitsmarktintegration) Innovationsoffenheit und Pluralismus: Rolle von Organisationen des 3. Sektors aufwerten - wo immer sie als Sozialanwälte und Innovations-Pioniere agieren