EINSTIEG und AUSSTIEG aus der "SEKTE"

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 Präsentation transkript:

EINSTIEG und AUSSTIEG aus der "SEKTE" Einstieg Konversion Bekehrung ist als prozesshaftes Geschehen zu unterteilen in: Vorbedingungen Krisenphase eigentliches Wandlungserlebnis Ausstieg Dekonversion Abwendung ein Ausstieg beinhaltet wie jeder Abschied: Trennungsangst und Trennungsschmerz Verlust von Freunden (oder Lebenspartner), von Hoffnungen und Idealen, der Weltanschauung und ihrem Halt, von Vater- oder (seltener) Mutterersatz, von Selbstbild und Selbstachtung Trauerarbeit

Dekonversion Abkehr von einer Religionsgemeinschaft Der Ausstieg aus einer religiösen Gruppierung muss prozesshaft gesehen werden als Endpunkt einer vergangenen Entwicklung und Anfang einer neuen Entwicklungsmöglichkeit. Ausstieg findet in 2 Phasen statt: De-Sozialisierung allmähliche Entfremdung aus der Gruppe Aufgabe von gruppenspezifischen Denk- und Verhaltensmustern Re-Sozialisierung in die konventionelle Gesellschaft

De-Sozialisierung Faktoren, welche einen Ausstieg fördern: Die Isolation der Sektenmitglieder ist niemals perfekt. Es kommt zu Interaktionen und Kommunikation mit Menschen ausserhalb der Gruppe. Je akzeptierter sich ein Mitglied dort fühlt, desto hilfreicher für seine mögliche Kritikfähigkeit. Es entwickeln sich auch innerhalb der Gruppe intensive Zweierbeziehungen. Interne Kontrollmassnahmen und Praktiken zur Verhinderung solcher intimer Beziehungen sind schwächer als die primäre gefühlsmässige Bindung. (Die unterschiedlichen Praktiken, mit welchen Sekten auf solches Geschehen reagieren, reichen von der zölibatären Lebensform, über die vom Guru geschlossene Ehe, bis hin zur Promiskuität ("Gemeinschaftsehe"). Die Opferbereitschaft des Sektenmitglieds schwindet, wenn sich der erhoffte Erfolg der Missionierungsbemühungen nicht einstellt. Die affektiven Bedürfnisse des Mitglieds werden nicht oder zu wenig erfüllt. Trotz familiärer Anrede (Vater, Mutter, Bruder, Schwester) kann die Illusion einer intakten "Familie" nicht aufrecht erhalten werden. Das Mitglied beobachtet, dass das Verhalten der Führung in offensichtlichem Widerspruch zu den proklamierten Idealen steht. Wenn der Ausstiegsprozess bei einem Sektenmitglied in Gang gesetzt wurde, bedarf es zum Vollzug des Ausstiegs noch eines auslösenden Moments. vgl. Jennifer Roth, Der Weg der Glückseligkeit, S. 368ff

Ausstieg Die Zäsur des Ausstiegs ist psychologisch gesehen eine labile Übergangsphase Ein Sekten-Ausstieg ist vergleichbar mit der Erfahrung der Scheidung (vgl. Wright) Entsprechend erfüllt die "Sekte" oft auch der Ehe analoge Funktionen.

Re-Sozialisierung Die Re-Sozialisierung verläuft in 3 Phasen Floating Re-Entry kognitive Reorganisation Treiben zwischen zwei Welten,unmittelbar anschliessend an Ausstieg - gefühlsmässig analog Trauerprozess bewusst vollzogener Wiedereintritt in gesellschaftliche Strukturen Verarbeitung und Neubewertung der Sektenerfahrung

Die "labilisierte" Persönlichkeit Elemente der labilisierten Persönlichkeit (bei Verliebtheit oder Sektenbeitritt): erhöhte Beeinflussbarkeit (Suggestibilität) Idealisierung Isolation Trance Indoktrination Ritualisierung plötzlicher Persönlichkeitswandel Selbstaufgabe Opferbereitschaft totale Identifizierung mit dem anderen absolute Sinnerfüllung

Probleme des Sekten-Ausstiegs Mögliche Probleme des Sekten-Aussteigers: Einsamkeitsgefühle, Verlassenheitsängste, Depressionen Schuldgefühle gegenüber den Familienmitgliedern und früheren Freunden, aber auch gegenüber den in der Sekte zurückgebliebenen Freunden Beziehungsprobleme: "Wie soll das Leben weitergehen?" Schwierigkeit oder gar Unfähigkeit eigene Entscheidungen zu treffen, mit den Anforderungen des Alltags zurecht zu kommen Probleme mit der Ambivalenz der Gefühle Bedrohungsgefühle: Angst vor der Rache und Vergeltung durch andere Sektenmitglieder, oder auch aufgrund der verinnerlichten Ideologie (Angst vor Strafe Gottes, vor Satan, etc.) Verlust von Selbstwertgefühl: Unfähigkeit, die Sektenerfahrung in die eigene Biographie zu integrieren intellektuell-kognitive Probleme aufgrund der Einschränkungen des selbständigen Denkens und der Kritikfähigkeit während der Mitgliedschaft Probleme mit Konditionierungen (z.B. Gedankenstopp-Rituale der Munies, vgl. S. Hassan)

Formen des Sekten-Ausstiegs Austritt (Exiting) Ausschluss (Expulsion) Herausholung (Extraction) Der freiwillige, selbst veranlasste Austritt des Mitglieds Die meisten Menschen treten freiwillig aus einer Gruppe aus. Das Mitglied wird von der Gruppe ausgeschlossen oder zum Austritt gedrängt Mitglieder, welche in wesentlichen Bereichen nicht geformt werden können, werden durch Ausschluss eliminiert. Die Gruppe wird vor ihrem möglichen schlechten Einfluss geschützt. Der Ausstiegsprozess wird durch Aussenstehende initiiert zum Austritt: Untersuchungen (Wright, Judah, Beckford, Wiesberger) belegen allesamt Ausstiegsquoten zwischen 50 und 90 % innerhalb einiger Jahre für die verschiedensten Gruppierungen. Diese Zahlen werden nur ungern zur Kenntnis genommen, da sie das Bild von "Destruktiven Kulten", welches Anti-Kult-Bewegungen und Ehemalige gerne verbreiten, zuwiderlaufen. Berichte von freiwillig aus einer Gruppe Ausgestiegenen sind gekennzeichnet durch grössere Toleranz und Flexibilität bei der Bewertung der eigenen Erfahrungen. Der Ablösungsprozess beginnt in vielen Fällen schon nach einigen Monaten, dann wenn der Sekten-Alltag im Leben des Neumitglieds Einzug hält. Der anfängliche Enthusiasmus lässt nach, Zweifel schleichen sich ein. zum Ausschluss: Kritik und öffentlich geäusserte Zweifel können ein solches Verfahren provozieren. Wer als psychisch "instabil" gilt (nach den Gruppennormen beurteilt), wird oftmals ebenso eingeladen, die Gruppe wieder zu verlassen. Die sozialen und allfälligen finanziellen Folgekosten werden gescheut. zur Herausholung: Bei dieser Ausstiegsmöglichkeit sind die Überzeugungskraft der Argumente, die Fairness gegenüber dem Glauben des Sekten-Mitglieds und das Angebot einer Beziehung ohne Bedingungen von Wichtigkeit. Der Erfolg ist oft auch abhängig von der Dauer der Sekten-Zugehörigkeit. Die Legitimierung für die Deprogrammierung - als unethische Form des Ausstiegs - liefert meist die Gehirn-Wäsche-Theorie, die den Beitritt in eine Sekte hauptsächlich auf die Anwendung manipulativer Psycho-Techniken zurückführt.

Ausstiegsbemühung von aussen Es gibt zwei Arten, wie der Ausstieg von Angehörigen angegangen wird Re-Evaluation Deprogramming Ausstiegsberatung durch Unterbreitung überzeugender Information Wichtig sind: Überzeugungskraft der Argumente Fairness gegenüber dem Glauben des Sekten-Mitglieds Angebot von Beziehung ohne Bedingungen Der Erfolg ist oft auch abhängig von der Dauer der Sekten-Zugehörigkeit Entreissung aus dem Sektenmilieu durch Anwendung von unterschiedlichen, physischen und psychischen Zwangsmassnahmen Legitimation für diese unethische Form des Ausstiegs liefert meist die Gehirn-Wäsche-Theorie, die den Beitritt in eine Sekte hauptsächlich auf die Anwendung manipulativer Psycho-Techniken zurückführt. Das Sekten-Mitglied wird auf die gegenteilige Ideologie eingeschworen. Seine eigene, kritische und selbstkritische Wahrnehmungsfähigkeit wird nicht entwickelt. zur Re-Evaluation Der Erfolg der Re-Evaluation ist oft auch abhängig von der Dauer der Sekten-Zugehörigkeit Menschen sind vor allem in Phasen relativer Unsicherheit für Neues offen. Eine solche Phase durchlebt das Sekten-Mitglied häufig nach der ersten Begeisterung in der Anfangszeit seiner Sekten-Karriere. zur Deprogrammierung Verfechter der Deprogrammierung glauben, dass die Sekten-Mitglieder durch Suggestionen, Hypnosetechniken und Konditionierungsmethoden auf die Ideologie und die Ziele der Gruppen hin programmiert werden. Entsprechend könne wirksame Hilfe nur durch eine Ent- und Deprogrammierung erreicht werden. Abgesehen vom unethischen Vorgehen, beinhaltet dieses Verfahren auch einen psychologisch bedeutsamen Mangel. Das Sekten-Mitglied wird durch die Deprogrammierung nun auf die gegenteilige Ideologie eingeschworen. Seine eigene, kritische und selbstkritische Wahrnehmungsfähigkeit wird nicht entwickelt.