Blickdiagnose: Ultraschall ist Detektivarbeit

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 Präsentation transkript:

Blickdiagnose: Ultraschall ist Detektivarbeit Was würde bei einer solchen endokrinen Auffälligkeit das Ultraschallbild der Ovarien vermutlich zeigen? Keine Auffälligkeit Follikelreifungsstörung Ovulationsstörung Kleine Follikel Sehr voluminöse Ovarien Welche Laborwerte sollten Sie jetzt nicht mehr bestimmen?

Bedeutung des Ultraschalls für die Endokrinologie Winfried G. Rossmanith Frauenklinik und Brustzentrum Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe Bedeutung des Ultraschalls für die Endokrinologie verdeutlicht an Beispielen aus der Kinder- und Jugendgynäkologie

Was erwarten wir vom Ultraschall in der Endokrinologie? Ein praktisches und wichtiges Abklärungsinstrument! Unterstützung bei der Abklärung der endokrinen Ausgangs- wie der therapeutischen Folgesituation Bestätigung oder Ausschluß endokriner Organe oder Zielorgane Sichtbarmachung endokriner Wirkungen oder fehlender Einflüsse auf (Ziel)- Organe

Was erwarten wir vom Ultraschall in der Endokrinologie? Rationalisierung der endokrinen Serumdiagnostik Einsparung oder Eingrenzung von notwendigen endokrinen Serumbefunden Verzicht auf weitere bildgebende Zusatzuntersuchungen (z.B. CT oder NMR Abdomen)

Pränatale Ultraschallbefunde 32. SSW, fetaler zystischer Unterbauchtumor Was würden Sie als nächstes tun zur Differentialdiagnostik?

Pränatale Ultraschallbefunde Die Bestimmung des fetalen Geschlechtes ist Voraussetzung zur fetalen gynäkologischen Endokrinologie! Scholly et al.: Sonographic determination of fetal gender. AJR, 1980 Dec; 135(6):1161-5

Sonografie: Normale Uterusanatomie Ruhephase Neugeborenes Menarche Der Uterus muß - sofern vorhanden - in jedem Lebensalter gesehen werden!

Sonografie der Ovarien Sie erhalten bei der vorgestellten Leistungssportlerin bei der Ovarsonografie nebenstehendes Bild. Was schliessen Sie daraus? Peripuberale polyfollikuläre Ovarentwicklung Pathologische Follikulogenese Verdächtig für PCO-Syndrom Typisches Bild unter Einnahme von niedrig dosierten OH Unter Gestagenpillen sind polyfollikuläre Ovarien häufig

Ovarsonografie in der Pubertät: Irreführend!? Sonomorphologie der Ovarien muß während der Pubertät vorsichtig interpretiert werden! Polyfollikuläre Ovarentwicklung in der Pubertät häufig Unter der Einnahme von niedrig dosierten OH oder Gestagenpillen: Polyfollikuläre Ovarien häufig Rosenfield JCEM 2007

Sonografie in der Lutealphase Sonografische Befunde in der Lutealphase Ein oder mehrere Corpuora lutea (unrund, kollabiert) Wenig freie Flüssigkeit um das Ovar Endometriale Dicke weiterhin maximal (> 10 mm) Benötigen Sie eine oder mehrere Progesteron-Bestimmungen bei diesen sonografischen Befunden?

Neuroendokriner Regelkreis in der Reproduktionsachse Der gynäkologische Ultraschall kann die Intaktheit des Regelkreises bestätigen! Er kann aber auch Störungen in dieser Einheit aufdecken!

Differentialdiagnose Feststellung de Leitsymptoms Vermutungs diagnose Entscheidungskaskade Instrumente der Diagnostik Ultraschall Serum-Befunde Definition der Ebene der Störung Zuordnung zur Krankheit Prognose Therapie- Therapie- notwendigkeit m喩lichkeiten Differenzierte Therapie

Klinische Frage Dieses 9-jährige Mädchen zeigt eine deutlich beschleunigte Reifeentwicklung und akzeleriertes Wachstum. Was könnte dies sein? Dies ist eine Normvariante, daher nichts tun! Es könnte sich um eine zentrale Pubertas praecox handeln, deshalb Hypophyse abklären! Es könnte sich auch um eine Pseudopubertas praecox handeln, doch dies kann man anhand des klinischen Bildes nur vermuten! Da es Medikamente gibt (welche?), die exzitatorisch auf das ZNS wirken, könnten sie eine vorzeitige Pubertät verursachen! Könnte das Mädchen versehentlich die Pille der Mutter genommen haben?

Ätiologie der Pubertas praecox Pubertas praecox vera Immer ein zentralnerval gesteuerter Prozess! Hypothalamische Tumoren (Hamartome, Opticusgliome, Pinealistumore) Phakomatosen (Sturge-Weber, McCune-Albright) Z. n. Encephalitis Trauma oder Radiatio des ZNS Medikamente (Antikonvulsiva) Genetisch bedingte frühzeitige Aktivierung Pseudopubertas praecox Autonome Hormonbildung ohne Aktivierung der zentralen Achse Tumore des Ovars (Granulosa-Thekazelltumore, Teratome, Luteome) HCG-produzierende extragonadale Tumore Exogene Östrogenzufuhr

Endokrine Basisdiagnostik nach Ultraschall: Pubertas praecox Endokrinologie Pubertas praecox Pseudopubertas Was erwarten Sie? LH FSH GnRH-Test E2 Testosteron, DHAS 17-OH-Progesteron Prolaktin TSH, FT4 Erhöht Erhöht (Gesteigert) (Erhöht) (Erhöht) Normal Normal Normal Niedrig Niedrig (Vermindert) (Erhöht) (Erhöht, normal) Normal Normal Normal Welche Werte hätten Sie nach Durchführung von Voruntersuchungen nicht benötigt?

Klinische Frage Dieses 17-jährige Mädchen (Tochter einer Neurologin!) stellt sich mit mangelnder Brustentwicklung vor. Welche Aussagen treffen zu? Der körperliche Befund stimmt mit einer Pubertas tarda überein Es könnte sich auch um eine isolierte verzögerte Thelarche handeln Es kann ein isolierter Gonadotropinmangel vorliegen - ZNS abklären! Es könnte sich um eine Gonadendysgenesie handeln - laparoskopieren! Die Sonografie von Uterus und Mammae kann bei der Differentialdiagnostik des Erkrankungsbildes hilfreich sein

Sonografie bei Pubertas tarda Sonografische Befunde: Zeichen des prolongierten Hypoöstrogenismus Uterus und/oder Ovarien vorhanden? Infantile Proportionen des Uterus Endometrium flach Ovarien ohne Follikel Mangelnde Entwicklung des Brustdrüsenkörpers Was benötigen Sie noch an Serumendokrinologie?

Endokrine Basisdiagnostik: Pubertas tarda Endokrine Diagnostik: Was erwarten Sie bei diesem Mädchen? LH und FSH GnRH-Test E2 Testosteron 17-OH Progesteron Prolaktin normal Schilddrüsenwerte Cortisol Niedrig Normal Auf welche Serumwerte hätten Sie aufgrund der Sonografie verzichten können?

Differenzialdiagnostik: Pubertas tarda Anamnese Familienanamnese Pubertätsbeginn Eltern, Geschwister, Menarche Mutter Eigenanamnese Bisherige Pubertätsentwicklung Ernährungsgewohnheiten Körperliche Aktivität Konsumierende Allgemeinerkrankungen Klinischer Befund Komplette körperliche und gynäkologische Untersuchung Sonografische Untersuchung von Uterus und Ovarien, eventuell Mammae Neurologisch-psychiatrische Exploration Riechvermögen!

Praktisches Beispiel Wie bestätigen Sie sonografisch bei dieser 15-jährigen Leistungsturnerin Ihre Vermutung einer noch nicht eingetretenen Pubertät? Sonografie der Wachstumsfugen Sonografie des Uterus Sonografie der Ovarien Sonografie der Mammae Sonografie der Nebennieren

Differentialdiagnostik: Pubertas tarda Endokrinologische Differentialdiagnostik Hypogonadotroper Hypogonadismus (LH/FSH niedrig, E2, Testo niedrig) Funktioneller Gonadotropinmangel Leistungssport Ernährungsstörungen (Anorexie, Bulimie) Chronische Systemerkrankungen (Rheuma, Niere) Kongenitale ZNS-Defekte, Kallmann-Syndrom Schädel-Hirn-Traumata Sonografische Befunde: Schwer darstellbare, kleine Ovarien ohne Follikel oder polyfollikuläre Entwicklung Infantiler Uterus mit schmalem Endometrium Hypoplasie der Drüsenkörper beidseits

Differentialdiagnostik: Pubertas tarda Endokrinologische Differentialdiagnostik Hypergonadotroper Hypogonadismus LH/FSH hoch, E2, Testo niedrig Ullrich-Turner-Syndrom Primäre Ovarialinsuffizienz Bestrahlung Chemotherapie Sonografische Befunde: Nicht darstellbare oder kleine Ovarien ohne Follikel Infantiler Uterus mit schmalem Endometrium Hypoplasie der Drüsenkörper beidseits

Differenzialdiagnostik: Prim. Amenorrhoe Welche sonografischen Befunde erwarten Sie bei dieser 17-jährigen mit prim. Amenorrhoe? Keine Auffälligkeiten Keine Ovarien Keine Vagina Kein Uterus Keine Drüsenkörper bds.

Was bestätigt Ihnen dieser Ultraschallbefund? Sonografie der Mammae Vorhandensein des Drüsenkörpers Unilateral Bilateral Rezeptivität auf Sexualsteroide Wachstum Fehlende Funktion Morphologie Nachweis der Effekte von endokrinen Sekretionsprodukten

Amenorrhoe Primäre Amenorrhoe Sekundäre Amenorrhoe primäre Amenorrhoe vorwiegend chromosomal bedingte Entwicklungsstörungen primär ovarielle Störungen (Ovarialdysgenesie) Hemmungsfehlbildungen von Uterus, Vagina Testikuläre Feminisierung Extragenitale metabolische Störungen sekundäre Amenorrhoe: zentrale Ursachen hpothalamisch/hypophysäre Amenorrhoe Hyperprolaktinämisch Hyperandrogenämisch Sekundäre Amenorrhoe

Differentialdiagnose: primäre Amenorrhoe Extrahypothalamisch Hypothalamus Hypophyse Ovar Domäne des Ultraschalls! Uterus Nur bei prim. Amenorrhoe als Ursache zu bedenken! Vagina

Differentialdiagnostik: Prim. Amenorrhoe Was können Sie durch Sonografie abklären? Vorhandensein des Uterus Vorhandensein der Vagina Vorhandene Ovarien beidseits Follikulogenese in beiden Ovarien Entwicklung des Uterus Entwicklung der Brustdrüsenkörper

Differenzialdiagnostik: Prim. Amenorrhoe Welche klinischen Entitäten können Sie sonografisch abgrenzen? Hymenalatresie Testikuläre Feminisierung Unilaterale Ovaraplasie Bilaterale Gonadendysgenesie Kallmann Syndrom

Klinische Frage 17 Jahre, Klage über sekundäre Oligo-Amenorrhoe und progredienten Hirsutismus. Was vermuten Sie? PCO - Syndrom NNR-Tumor Late onset AGS Androgenisierender Ovartumor Persistierende hyperandrogenämische Anovulation

Sonografische Kriterien für PCO > 8 bis 12 (subkapsuläre) Follikel < 10 mm vergrößertes Ovar > 10 ml vergrößertes, hyperechogenes, zentrales Stroma, > 25% des ovariellen Volumens

Ultraschall bei polyzystischen Ovarien Voraussetzungen für interpretierbare Ovarsonografie: 3.-5. Zyklustag Bei Amenorhoe nach Gestagentest Fibrotische Verdickung des Kortex Multiple (> 10) atretische Follikel (< 10 mm) Ovarvolumen > 10 ml (0,5 x L x B x H) Verdicktes Stroma ovarii Was benötigen Sie bei einem solchen Sonografiebild noch an Serum-Endokrinologie? Rotterdam Konsensus 2003 Bart CJM et al., Hum Reprod 2004

Diagnostik bei persistierenden Zyklusstörungen Anamnese (Eigenanamnese, Familienanamnese, Medikamente) Körperliche Untersuchung Hirsutismus / Hypertrichose, Akne BMI (Adipositas), Taillenumfang (normal < 87 cm), Waist-Hip-Ratio Gynäkologische Untersuchung Sonographie: Uterus, Ovarien Basale Serumanalytik ist unentbehrlich und durch Sonografie nicht zu ersetzen, da die persistierende Anovulation die Endstrecke einer Vielzahl von endokrin-metabolen Störungen darstellt Hyperandrogenämie: T, freies T, DHEAS, SHBG, FSH, LH, 17 OH-Prog Hyperprolaktinämie: Prolaktin Metabolisch: Schilddrüse, evtl. Diabetes