Feministische Wissenschaftskritik

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 Präsentation transkript:

Feministische Wissenschaftskritik aus wissenschafts- und technikhistorischer Perspektive

Was ist Wissenschaft? „sämtliche Arten des systematischen Wissens“ (Daston, S. 137) Wissenschaft trifft systematische Aussagen über die Beschaffenheit von Objekten in der Welt und über Ideen und versucht Kausalzusammenhänge zu erklären. Unterliegt Werten wie Neutralität, Präzision, Objektivität, Vergleichbarkeit etc

Warum muss Wissenschaft kritisiert werden? „Das produzierte wissenschaftliche Wissen (ist) als situiert und kontextabhängig zu verstehen. Unterschiedliche Denk- und Gesellschaftsverhältnisse, kulturelle Traditionen, soziale Umwelten und natürliche Bedingtheiten haben unterschiedliche wissenschaftliche Interessen und Wissensformationen zur Folge. (…) Disziplinäre Denksozialisationen und Denkstile prägen unterschiedliche Sichtweisen, die sich nicht einfach zu einem Bild vom Ganzen zusammenfügen lassen, wie Teile eines Puzzles, sondern auch inkompatibel sein können.“ (Singer, S. 29)

Was kann Feminismus dazu beitragen? „machtvolle soziale und kulturelle Unterscheidungsweisen“ (Singer, S. 31) „Some differences are playful; some are poles of world historical systems of domination. Epistemology* is about knowing the difference.“ (ebd.) *Epistemologie = Wissenschaft der Erkenntnis

Konkrete Problemstellung Geschlechtsspezifische Skelett-Darstellungen im 18./19. Jahrhundert „In den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts entwickelten die europäischen Anatomen die Vorstellung eines männlichen und eines weiblichen Körpers, von denen beide ihr spezifisches Telos hatte: der Mann die Kraft des Körpers und des Intellekts, die Frau die Mütterlichkeit.“ (Schiebinger, S. 270)

John Barclay: “Male Skeleton Compared to the Horse” and “Female Skeleton Compared to the Ostrich,” in: The Anatomy of the Bones of the Human Body. Edinburgh 1829. Plate 1.

„Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden Geschlecht und Rasse zunehmend zu Kriterien des sozialen Ranges. Die Anatomen, meistens weiße Europäer, legten ihren Untersuchungen den Typus des männlichen Europäers als obersten Wertmaßstab zugrunde. Sie glaubten sich frei von Vorurteilen, da ihre Arbeit nur die Ergebnisse ‚kaltblütig’ durchgeführter naturwissenschaftlicher Untersuchungen widerspiegle. Laut Sömmerring [einer der federführenden Anatom_innen, Anm.] war der Anatom in diesem Zusammenhang von jedem moralischen Urteil entbunden – der Körper spreche für sich selbst.“ (Schiebinger, S. 296)

Context of Discovery: Wahl der Forschungsfragen (Singer, S. 29) Context of Justification: Wahl der Methoden (ebd.) Context of Persuasion: Überzeugungsstrategien (ebd.)

Wissenschaft als Aushandlung von Wahrheit Latour, Bruno: Science in Action. Cambridge MA 1987. S. 12.

Wissenschaftskritische Konzepte Objektivitätskritik & Standpunkttheorie Sandra Hardings „Strenge Objektivität“ (Harding, S. 159) vs. „schwache Objektivität“ (Harding, S. 164) Reflexivität (Harding, S. 179)

Objektivitätskritik & Standpunkttheorie Donna Haraways situierten Wissen (Haraway, S. 286) partiale Perspektive (ebd.) göttlicher Trick (Haraway, S. 287) Wissenssubjekte als „Knotenpunkte in Feldern, Wendepunkte von Ausrichtungen und der Verantwortlichkeit für Differenz in materiell- semiotischen Bedeutungsfeldern.“ (Haraway, S. 291)

„Situiertes Wissen erfordert, daß das Wissensobjekt als Akteur und Agent vorgestellt wird und nicht als Leinwand oder Grundlage oder Ressource und schließlich niemals als Knecht eines Herrn, der durch seine einzigartige Handlungsfähigkeit und Urheberschaft von ‚objektivem‘ Wissen die Dialektik abschließt.“ (Haraway, S. 293)

Technikkritische Konzepte Gold, Helmut; Koch, Annette (Hrsg.): Fräulein vom Amt: anläßlich der Ausstellung >Fräulein vom Amt< im Deutschen Postmuseum, Frankfurt am Main. München 1993. S. 11.

„It [the postfeminism, Anm „It [the postfeminism, Anm.] marks a shift away from a focus on equality to a focus on debates about differences between women, stressing that gender is connected to other axes of power such as race, colonialism, sexuality, disability and class. Rather than thinking of feminism, we need to think of feminisms as multiple and dynamic, and in the process of ongoing transformation.“ (Wajcman, S. 91) „Gender relations can be thought of as materialised in technology, and gendered identities and discourses co- evolve with technologies.“ (Wajcman, S. 95)

Literatur Daston, Lorraine: Die Kultur der wissenschaftlichen Objektivität. In: Hagner, Michael (Hrsg.): Ansichten der Wissenschaftsgeschichte. Frankfurt a.M. 2001. S. 137-160. Gold, Helmut; Koch, Annette (Hrsg.): Fräulein vom Amt: anläßlich der Ausstellung >Fräulein vom Amt< im Deutschen Postmuseum, Frankfurt am Main. München 1993. Latour, Bruno: Science in Action. Cambridge MA 1987. Singer, Mona: Geteilte Wahrheit. Feministische Epistemologie, Wissenssoziologie und Cultural Studies. Wien 2005. Schiebinger, Londa: Schöne Geister. Frauen in den Anfängen der modernen Wissenschaft. Stuttgart 1993. Harding, Sandra: Das Geschlecht des Wissens. Frauen denken die Wissenschaft neu. Frankfurt a.M. 1994. Haraway, Donna: Situiertes Wissen. In: Hark, Sabine (Hrsg.): Dis/Kontinuitäten: Feministische Theorie. Opladen 2001. S. 281-298. Wajcman, Judy: Technology as a Site of Feminist Politics. In: Lucht, Petra; Paulitz, Tanja (Hrsg.): Recodierungen des Wissens. Stand und Perspektiven der Geschlechterforschung in Naturwissenschaft und Technik. Frankfurt a.M. 2008. S. 87-102.