Constantin von Barloewen

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 Präsentation transkript:

Constantin von Barloewen Bilingualer Sachfachunterricht Geschichte im Rahmen des Interkulturellen Lernens „Es besteht nicht nur in Europa das Bedürfnis, das Fremde als authentische Bereicherung zu erleben, individuell wie gesellschaftlich, es geht nicht zuletzt um die Erfahrung von Differenz, auch durch Empathie, ästhetisches Verstehen, kulturelle Pluralität als Sinnreserve.“ Constantin von Barloewen

Das interdisziplinäre Forschungsfeld „Bilingualer Sachfachunterricht“ Aus: Breidbach, Bilingualer Sachfachunterricht als neues interdisziplinäres Forschungsfeld, in: Ders. (Hrsg.), Bilingualer Sachfachunterricht., Frankfurt/M. 2002, S.13.

Zum Mehrwert des bilingualen Geschichtsunterrichts Sprachliche Perspektive: Fremdsprachliche Kompetenzsteigerung (vgl. Ergebnisse der DESI-Studie) Differenziertere Ausdrucksfähigkeit und Abbau von Hemmungen im Umgang mit der Fremdsprache Authentische Kommunikationssituationen durch bilinguale Lernarrangements: Fremdsprache als Arbeitssprache Sprachlernen auf Kosten von Sachfachlernen? Sachfachliche Perspektive: Allgemeine inhaltliche Vertiefung durch erhöhte Stundenkontingente Bessere Behaltensleitung und Festigung von Kenntnissen Erwerb fachspezifischer methodischer Kompetenzen Besonderes Potenzial für interkulturelles Lernen durch die Hinwendung des BU zum sprachlich-kulturell „Anderen“

Aspekte des Begriffs Interkulturelles Lernen: Das Potenzial bilingualen Geschichtsunterrichts hinsichtlich interkultureller Lernziele Aspekte des Begriffs Interkulturelles Lernen: Interkulturelle Kompetenz als soft skill mit dem Charakter einer Schlüsselqualifikation (zunehmende Heterogenität der Schülerschaft; Europäisierung und Globalisierung des Arbeitsmarktes) Interkulturelles Lernen als durch Fremdheitserfahrung ausgelöster Prozess  Erwerb interkulturellen Kapitals (Bourdieu) Auseinandersetzung mit Alterität geradezu als Kennzeichen jeden Geschichtsunterrichts  Geschichte stets Begegnung mit einer (zeitlich) fremden Kultur (v. Reeken: „Jedes historische Lernen ist interkulturelles Lernen“) Fremdverstehen und Eigenverstehen dabei als komplementäre Aspekte interkulturellen Lernens

Fremdverstehen als zentrale Kategorie des interkulturellen Lernens Fremdverstehen als Zusammenbringen der eigen- und fremdperspektivischen Wahrnehmung (Alavi) mit zwei Komponenten: Kognitive Komponente: historisches bzw. landeskundliches Wissen Affektive Komponente: Empathiefähigkeit, Perspektivwechsel, Rollenübernahme Drei Ebenen von Fremdverstehen (Lamsfuß-Schenk) Synchrones Fremdverstehen: Ebene der Kultur Diachrones Fremdverstehen: Zeitlich-historische Ebene Kommunikatives Fremdverstehen: Verstehen des Anderen im Unterrichtsgespräch

Inhaltlich-thematische Planungsfelder im bilingualen Geschichtsunterricht Fremdverstehen durch Arbeit mit authentischem (fremdsprachigem) Material zur Thematisierung unterschiedlicher Sichtweisen Zielfelder inhaltlich-thematischer Planung 1.Perspektivierung der eigensprachlichen Kultur und Geschichte 2. Akzentuierung der zielsprachigen Kulturen und Gesellschaften 3. Betrachtung kulturübergreifender/globaler Phänomene und Ereignisse  Perspektivwechsel zwischen den Zielfeldern entscheidend

Drei Zielfelder inhaltlich-thematischer Planung im (deutsch-englischen) bilingualen GU Aus: Wildhage/Otten (Hrsg.), Praxis des bilingualen Unterrichts, Berlin 2003, S.84.

Ansätze zur didaktisch-methodischen Konkretisierung: Vergleichende und multiperspektivische Herangehensweisen 1. Zweisprachig-kontrastierende Arbeit mit mutter- und fremdsprachlichen Fachbegriffen Beispiel: „Völkerwanderung“: Englisch: barbarian invasion (auch: migration period!) Französisch: grandes invasions Weitere (deutsch-englische) Beispiele: Christliches Abendland – Western Civilization Zeitalter der Aufklärung – Age of Reason; Enlightenment Deutsch-französischer Krieg - Franco-Prussian War Hitlerputsch – Munich (Beer Hall) Putsch Röhmputsch– Night of the Long Knives Kristallnacht/Reichspogromnacht – Night of (the) Broken Glass …

Chancen begriffliche Kontrastierungen für interkulturelles Lernen Besonderes Potenzial des Begriffslernens durch Integration von Geschichts- und Sprachlernen Möglichkeit der Dekonstruktion von Begriffen in ihrer Kulturbedingtheit gleichzeitig Werkzeug zur Ideologiekritik Durch gezielte kontrastive Sprachreflexion zudem Erleichterung der fachspezifischen Begriffsbildung  bessere Semantisierung durch die fremdsprachliche Perspektive Beispiel: „Gleichschaltung“ Standardisation Bringing in line Eliminating the Opposition (Complete) Nazification Establishment of complete control Accomplishment of a uniform attitude  inhaltliche Ausdifferenzierung und Präzision

Vergleichende und multiperspektivische Herangehensweisen 2. Bilinguale Text- bzw. Quellenarbeit: Parallele Erarbeitung deutscher Quellen und deren fremdsprachlicher Übersetzung  sprachlicher Vergleich zeigt: Übersetzen = Interpretieren! Bewusstmachung und Kontrastierung der ziel- und eigenkulturellen Perspektivik auf ein historisches Phänomen/Ereignis anhand von Quellen/Darstellungen Bilingualer Einsatz von Texten damit Beitrag zur Multiperspektivität Perspektivwechsel durch Kontrastierung der eigen- und fremdkulturellen Sichtweise Selbstreflexivität: Chance zur Relativierung der eigenen Perspektive  Ziel: reflektiertes Eigenverstehen und differenziertes Fremdverstehen

Ansätze zur didaktisch-methodischen Konkretisierung 3. Handlungsorientierung: Bilingualer Sachfachunterricht per se handlungsorientierter: Gebrauch der Fremdsprache als Arbeitssprache Bereitstellung authentischer interkultureller Lernsituationen, in denen die SchülerInnen Fremdverstehen erproben können (Zeitzeugengespräche, Brieffreundschaften, E-Mail-Projekte, Auslandsaufenthalte)  Entwicklung von Strategien, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der interkulturellen Kommunikation

Mehr Fremdverstehen durch bilingualen GU? Noch deutliche Diskrepanz zwischen Theoriebildung und empirischen Befunden hinsichtlich der Vorteile bilingualen Lernens für das Fremdverstehen Befürworter: Zusammenhang zwischen Leistungsfähigkeit/–bereitschaft und Fremdverstehen Fremdsprache selbst als erklärender Faktor: Bewussterer Einsatz von Lese- und Texterschließungsstrategien durch die SchülerInnen Erhöhte Bereitschaft zum Perspektivwechsel Konzentriertere Analyse der Sprache als authentischere Interaktion mit „der Geschichte“ Größere fachsprachliche Ausdifferenzierung deutet auf entsprechende historischer Kompetenz hin

Mehr Fremdverstehen durch bilingualen GU? Kritiker: Besserer Einsatz von Lesestrategien kein Argument für den Einsatz der Fremdsprache: lediglich für die Notwendigkeit einer verstärkten Anleitung zur Anwendung entsprechender methodischer Vorgehensweisen Fremdverstehen im Geschichtsunterricht bereits durch die zeitliche Dimension gegeben Komplexität der Fremdsprache eher als Barriere: Aspekte des historischen Lernens treten in den Hintergrund Ungeklärter Einfluss des bilingualen GU auf die Identitätsbildung der SchülerInnen Bislang noch unzureichend geklärter Zusammenhang zwischen Fremdsprachenerwerb und interkulturell-historischem Lernen  Bilingualer Sachfachunterricht dennoch aus meiner Sicht mit viel versprechendem Potenzial für interkulturelles Lernen im Kontext des Geschichtsunterrichts