ZVR I 2011 Verfahrensablauf

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 Präsentation transkript:

ZVR I 2011 Verfahrensablauf Prof. Dr. Isaak Meier

Gerichte im Kanton Zürich Schlichtungsbehörden: Friedensrichterinnen und Friedensrichter sowie die Schlichtungsbehörden in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten (§ 52 GOG ZH). Bezirkgerichte: Kollegialgericht: Streitigkeiten des ordentlichen Verfahrens (§ 19 GOG ZH). Als Arbeitsgericht und Mietgericht in den unter §§ 20 und 21 GOG ZH genannten Streitigkeiten. Einzelgericht in Streitigkeiten zuständig des vereinfachten Verfahrens; summarisches Verfahren usw.. Obergericht: Rechtsmittelinstanz (§ 48 GOG ZH); ausnahmsweise einzige (kantonale). Handelsgericht(§§ 44 f. GOG ZH).

Schlichtungsverfahren: Anwendungsbereich Grundsätzlich in jedem Prozess (197/202) Ausnahme gemäss 198 ZPO; Gemeinsamer Verzicht der Parteien bei Streitwert von mindestens Fr. 100‘000.- (199).

Schlichtungsverfahren: Aufgaben Einigung: gerichtlicher Vergleich, Klageanerkennung und Klagerückzug (208) Sog. Kompetenzentscheidung bei Streitwert bis Fr. 2000.- (212) Urteilsvorschlag (210) Mediation statt Schlichtungsverhandlung (213 ff.)

Ordentliches Verfahren im weiteren Sinne Summarisches Verfahren Ordentliches Verfahren gemäss ZPO (219 ff.) Übrige Streitsachen,d.h.: - Über Fr. CHF 30‘000.- - Nicht vermögensrechtl. S. - Handelsgericht. Vereinfachte Verfahren (243 ff.) - bis CHF 30'000.- - Miet-, Arbeitssachen etc. (243 II). Entscheidverfahren vor Schlichtungsbehörde (212) bis zu CHF 2000.– Summarisches Verfahren In der neuen ZPO gibt es drei Verfahren mit umfassender Anspruchsprüfung, d.h. drei ordentliche Verfahren im weiteren Sinne. Das ordentliche Verfahren im engeren Sinne, das vereinfachte Verfahren und das Entscheidverfahren vor dem Friedenrichter Das ordentliche Verfahren nach Art. 219 ff. ZPO, d.h. das ordentliche Verfahren im engeren Sinne, kommt stets dann zur Anwendung, wenn nicht ein anderes Verfahren vorgeschrieben ist. Wie sich indirekt aus Art. 243 Abs. 1 ZPO ergibt, handelt es sich dabei im Wesentlichen um vermögensrechtliche Streitsachen mit einem Streitwert von mehr als CHF 30 000.– und um nicht vermögensrechtliche Streitsachen, welche nicht im vereinfachten Verfahren zu behandeln sind (Art. 243 Abs. 2 ZPO). Von den vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit Streitausgenommen sind gewisse Sozialprozesse nach Art. 243 Abs. 2 ZPO, welche unabhängig vom Streitwert in das vereinfachte Verfahren verwiesen sind. Es sind dies namentlich Mietstreitigkeiten. Ferner gilt das ordentliche Verfahren auch für Streitigkeiten, bei denen ein einziges kantonales Gericht nach Art. 5 und 8 ZPO entscheidet und vor dem Handelsgericht nach Art. 6 ZPO Es geht also stets um Klagen, deren Beurteilung grundsätzlich auch mit der Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht nach Art. 72 ff. BGG angefochten werden kann (vgl. Art. 74 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. b BGG). Die ohnehin schon grosse Bedeutung des ordentlichen Verfahrens wird noch dadurch verstärkt, dass es ergänzend für alle anderen Verfahren der ZPO zur Anwendung kommt.

Schriftenwechsel und Vorbereitung der Hauptverhandlung (220 ff.) Schriftenwechsel (Klage und Klageantwort). 220 ff. Eventuell zweiter Schriftenwechsel (225). Instruktionsverhandlung (226).

1. Es sei die Klage vollumfänglich abzuweisen. Rechtsbegehren klagende Partei 1. Es sei die beklagte Partei zu verpflichten, der klagenden Partei CHF 80 000.– nebst Zins von 5% seit 1. Juli 2008 zu bezahlen. 2. Es sei der beklagten Partei zu verbieten, das Programm XYZ weiter zu benützen, und sie zu verpflichten, sämtliche Daten und Unterlagen zu diesem Programm an die klagende Partei herauszugeben. 3. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten der beklagten Partei. Rechtsbegehren Beklagte Partei 1. Es sei die Klage vollumfänglich abzuweisen. 2. Es sei der Widerbeklagte im Rahmen einer Widerklage zu verpflichten, der Widerklägerin CHF 50 000.– nebst Zinsen von 5% seit 1. März 2008 zu bezahlen. 3. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Klägers und Widerbeklagten.

Demnach erkannt: Die beklagte Partei wird verpflichtet, der klagenden Partei CHF 80‘000.– nebst Zins von 5% seit 1. Juli 2008 zu bezahlen. Der beklagten Partei wird verboten, das Programm XYZ weiter zu benützen und sie wird verpflichtet, sämtliche Daten und Unterlagen betreffend dieses Programm herauszugeben. Die Widerklage wird vollumfänglich abgewiesen. Die Gerichtskosten werden auf CHF X festgesetzt. Die Gerichtskosten werden der beklagten Partei auferlegt. Die beklagte Partei wird verpflichtet, der klagenden Partei eine Parteientschädigung von CHF X (zzgl. MWST 7,6%) zu bezahlen. Gegen diese Entscheidung kann innert 30 Tagen seit ihrer Zustellung Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich ergriffen werden

Vorbereitung der Hauptverhandlung: Tabelle: Ablauf ordentliches Verfahren Variante 1 OV «light» Variante 2 OV «medium» Variante 3 OV «premium» Sühnverfahren Vorbereitung der Hauptverhandlung: Klagebegründung Klageantwort Instruktionsverh. Ev. Instruktionsverh. 2. Schriftenwechsel Hauptverhandlung: Erste Parteivorträge Beweisverfügung und Beweisabnahme Schlussvorträge Urteilsfällung

Instruktionsverhandlung Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs Vorbereitung der Hauptverhandlung (vgl. Art. 226 Abs. 2 ZPO) Freie Erörterung des Streitgegenstandes Beweisabnahme: Art. 226 Abs. 3 ZPO Ergänzung des Sachverhaltes: De facto: Replik und Duplik!!!! Ausübung der richterlichen Fragepflicht: Art. 56 ZPO Das Gericht kann nach Art. 226 Abs. 1 ZPO in jedem Stadium des Verfahrens eine Instruktionsverhandlung durchführen. Entsprechend dem Zweck dieser Verhandlung bietet es sich an, sie nach dem ersten Schriftenwechsel anzusetzen (siehe das Verfahren „Medium“). . Die Instruktionsverhandlung hat zwei Grundanliegen: Es sind dies der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs und – falls dies nicht gelingt – die Vorbereitung der Hauptverhandlung (vgl. Art. 226 Abs. 2 ZPO). Zur Erreichung dieser beiden Ziele kann und soll das Gericht bzw. eine Gerichtsdelegation – meist ein Instruktionsrichter[1] in Begleitung eines Gerichtsschreibers – Folgendes unternehmen (Art. 226 Abs. 1 und 2 ZPO): Freie Erörterung des Streitgegenstandes: Diese Aufgabe dient beiden vorne genannten Zielen. Zum einen fördert das Verständnis des Standpunktes der Gegenpartei die Vergleichsbereitschaft. Zum anderen kann sich dadurch das Gericht besser auf die Hauptverhandlung vorbereiten. Neues Element des schweizerischen Zivilprozessrechts; ähnlich Rechtsgespräch wie in der deutschen ZPO; M.E. kann es Sinn machen, unstrukturiertes und unprotokolliertes Gespräch zu führen! Über Streitgegenstand hinaus!! Beweisabnahme: Die in Art. 226 Abs. 3 ZPO geregelte vorgezogene Beweisabnahme kann ebenfalls beiden Grundanliegen der Instruktionsverhandlung dienen. So kann etwa die Aussage eines «Kronzeugen» den Abschluss eines Vergleichs erleichtern. Im Weiteren kann sich aus der Einvernahme eines einzelnen wichtigen Zeugen ergeben, welche weiteren Beweismittel an der Hauptverhandlung abgenommen werden sollen und können. Hierfür ist m.E. keine Beweisverfügung nach Art. 154 ZPO notwendig. Ganz wichtige Funktion; bisher nicht bekannt Ergänzung des Sachverhaltes: Die Parteien können ihre Vorbringen – Tatsachenbehauptungen und Nennung von Beweismitteln – des ersten Schriftenwechsels ergänzen. Dabei haben sie sehr umsichtig vorzugehen, denn bei Durchführung einer Instruktionsverhandlung können neue Tatsachen und Beweismittel an der Hauptverhandlung grundsätzlich nur noch nach Massgabe von Art. 229 Abs. 1 ZPO eingebracht werden. Namentlich die anwaltlich vertretenen Parteien werden deshalb das Bedürfnis haben, im Rahmen der Instruktionsverhandlung umfangreichere Vorträge zu halten. Damit kann diese praktisch zur vorgezogenen Hauptverhandlung werden. Eine wichtige Frage ist daher, ob das Gericht die Instruktionsverhandlung durch besondere Anordnung von dieser «Deadline»-Funktion entlasten kann. Meines Erachtens ist kein Grund ersichtlich, wieso dies nicht zulässig und möglich sein sollte. So wie es grundsätzlich im Ermessen des Gerichtes liegt, eine Instruktionsverhandlung durchzuführen (vgl. Art. 226 ZPO), sollte es ihm auch möglich sein, die Parteien davon zu entheben, Tatsachenbehauptungen und Beweismittel abschliessend zu nennen. Ausübung der richterlichen Fragepflicht: Die Instruktionsverhandlung ist aber auch der prädestinierte Ort für die Ausübung der gerichtlichen Fragepflicht nach Art. 56 ZPO.

Entwurf Vorlage: Vorladung zur Instruktionsverhandlung Wichtige Hinweise: 1. Die Instruktionsverhandlung dient dazu, die strittigen Punkte frei zu erörtern, den Sachverhalt zu ergänzen, unter Mitwirkung des Gerichts nach Möglichkeit eine Einigung zu finden und die Hauptverhandlung vorzubereiten. Das Gericht kann bereits in dieser Verhandlung Beweise abnehmen (Art. 226 ZPO). 2. Die Verschiebung einer Verhandlung wird nur aus zureichenden Gründen auf schriftliches Gesuch hin bewilligt. … Das Handelsgericht wird dem Vernehmen nach ausdrücklich nur zur Vergleichverhandlung vorladen!!! Das Bezirksgericht Zürich scheint demgegenüber dazu zu tendieren, es beim gesetzgeberischen Normafall zu belassen: Im Entwurf der Vorlage zur Vorladung zur Instruktionsverhandlung: wird allein der nicht leicht verständliche Gesetzestext wiederholt. M.E. muss die Partei bei dieser Vorladung klar damit rechnen, dass sie mit dieser Vorladung an der Instruktionsverhandlung das letzte Mal umfassend neue Tatsachen und Beweismittel vortragen kann!!

Hauptverhandlung Sog. erste Parteivorträge (228 ff.): Klagebegründung (Ergänzungen erste Schrift), Klageantwort (Ergänzung erste Schrift). Replik und Duplik Beweisabnahme (231): Schlussvorträge (232):

Beweisverfahren Vorgezogene Beweisabnahme (226) Beweisabnahme nach den Parteivorträgen im HV (155) Problem: Beweisverfügung (154): Erlass nach „Deadline“ für umfassende Noven. Absehen von einer Beweisverfügung? Beweisverfahren (Art. 231 ZPO) Wie wir bereits gesehen haben, kann eine vorgezogene Beweisabnahme in der Instruktionsverhandlung erfolgen: Im Hauptverfahren Im Regelfall ist das Beweisverfahren eine Bestandteil des Hauptverfahrens. Die Beweisabnahme erfolgt grundsätzlich nach den Parteivorträgen. ********************************************************************************* Probleme stellt die sog. Beweisverfügung. Art. 154 ZPO vor, dass vor der Beweisabnahme eine Beweisverfügung zu erlassen ist, in welcher «insbesondere die zugelassenen Beweismittel bezeichnet» werden und bestimmt wird, «welcher Partei zu welchen Tatsachen der Haupt- oder der Gegenbeweis obliegt». Das heisst, für sämtliche bestrittenen und vom Gericht als wesentlich erachteten Tatsachen müssen die Beweislast verteilt und diejenigen Beweismittel genannt werden, die das Gericht abnehmen will. Damit lebt der Beweisauflagebeschluss des Zürcher Rechts weiter! Als ganz wesentlicher Unterschied erfolgt er jedoch grundsätzlich in einem Stadium, in dem die Parteien nur noch eingeschränkt Noven vortragen können. Ich gehe davon aus, dass der Beweisauflagebeschluss erst nach der sogleich zu besprechenden Deadline für umfassende Noven erlassen wird. Beweisverfügung wird für die Parteien allenfalls Anlass sein, neue Beweismittel zu nennen, wenn das Gericht unerwarteter Weise eine Frage zum Beweis verstellt, welche die Partei bisher nicht als wesentlich erachtet haben. Beweisverfügung kann extrem aufwendig sein. Für das Gericht wird sich auch die Frage stellen, ob es nicht in einzelnen Fällen auf eine Beweisverfügung verzichten kann. – Etwa, wenn das Beweisthema für eine Zeugeneinvernahme klar ist und sonst als Beweismittel nur Urkunden angerufen wurde. Art. 154 sagt lediglich, dass die „erforderlichen Beweisverfügungen zu erlassen sind. ************************************************************************** Schlussvorträge (Art. 232 ZPO) Nach Abschluss des Beweisverfahrens haben die Parteien noch einmal Anrecht auf je zwei Vorträge, um – wie das Gesetz sagt – «zum Beweisergebnis und zur Sache» zu plädieren (Art. 232 Abs. 1 ZPO). Gemäss Art. 232 Abs. 2 ZPO können die Parteien auch auf mündliche Schlussvorträge verzichten und stattdessen entsprechende schriftliche Ausführungen – wohl ebenfalls in einem doppelten Schriftenwechsel – beantragen. NB: Vorsorgliche Beweisführung (158) = Nicht nur zur Beweissicherung, sondern auch zur Abklärung der Prozesschancen Schlussvorträge (323) NB: Vorsorgliche Beweisführung (158) = auch zur Abklärung der Prozesschancen

Eventualmaxime: Letzter Zeitpunkt für umfassende Noven (229) Variante 1 OV «light» Variante 2 OV «medium» Variante 3 OV «premium» Sühnverfahren Vorbereitung der Hauptverhandlung: Klagebegründung Klageantwort Instruktionsverh. Ev. Instruktionsverh. 2. Schriftenwechsel Hauptverhandlung: Erste Parteivorträge Beweisverfügung und Beweisabnahme Schlussvorträge Urteilsfällung Eine zentrale Frage des Verfahrensablaufs ist es, bis wann die Parteien neue Tatsachen und Beweismittel, sog. Noven, vortragen und neue Anträge, Einwendungen und Einreden einbringen können. Es handelt sich hierbei um die Ausgestaltung der Eventualmaxime. Die erste Frage lautet: Bis zu welchem Zeitpunkt können Noven uneingeschränkt vorgebracht werden? Es sind die drei vorne dargelegten Verfahrensvarianten zu unterschieden: Bei Variante 1, nach welcher vor der Hauptverhandlung weder ein zweiter Schriftenwechsel noch eine Instruktionsverhandlung stattgefunden hat, können Tatsachenbehauptungen und Beweismittel zu „Beginn der Hauptverhandlung“ – wie das Gesetz sagt - unbeschränkt eingebracht werden (Art. 229 Abs. 2 ZPO). Meines Erachtens können die Parteien dies folglich noch im ersten Vortrag i.S.v. Art. 228 ZPO unbeschränkt tun. Ein von einem Parteivortrag isoliertes «Deponieren» von Noven vor den Plädoyers macht keinen Sinn. Gemäss Variante 2 ist bei Durchführung einer Instruktionsverhandlung die uneingeschränkte Einbringung von Noven gemäss Art. 229 nur noch in dieser Verhandlung möglich (vgl. Art. 229).. Wie schon dargelegt wurde (…), sollte es auch möglich sein, eine Instruktionsverhandlung durchzuführen, welcher diese Funktion des Ausschlusses von neuen Tatsachen und Beweismitteln unter dem Vorbehalt von Art. 229 Abs. 1 ZPO ausdrücklich nicht zukommt. *************************************** Eine schwierige Frage ist, wie die „Deadline“ zu bestimmen ist, wenn mehrere Instruktionsverhandlungen erfolgen. Art. 229 spricht von der letzten Instruktionsverhandlung. M.E. gilt diese Lösung, falls das Gericht nicht schön in der Vorladung auf eine frühere Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass diese die letzte Möglichkeit für Noven sei.

Zulässigkeit von eingeschränkten Noven nach 229 ZPO Echte Noven (später entstandene Tatsachen/Beweismittel) Unbeschränkt zulässig Unechte Noven (schon früher existierende Tatsachen/Beweismittel) Unmöglichkeit eines früheren Vorbringens trotz zumutbarer Sorgfalt Gemäss Art. 229 ZPO sind sog. echte Noven grundsätzlich auch noch nach der «Deadline» umfassend zulässig (vgl. Art. 229 Abs. 1 lit. a ZPO). Unechte Noven sind nur noch unter der Voraussetzung möglich, dass sie trotz zumutbarer Sorgfalt nicht vorher vorgebracht werden konnten (Art. 229 Abs. 1 lit. b ZPO). Die Umschreibung der echten und unechten Noven in dieser Bestimmung bereitet in der neuen ZPO schwierigkeiten: Unechte Noven sind laut Art. 229 Abs. 1 lit. b ZPO Tatsachen und Beweismittel, welche schon vor der fraglichen «Deadline» vorhanden waren, aber trotz sorgfältigen Vorgehens nicht früher vorgebracht werden konnten. Diese Umschreibung entspricht dem allgemeinen Verständnis dieses Begriffs[1] und bedarf keiner weiteren Erklärung. Als echte Noven bezeichnet Art. 229 Abs. 1 lit. a ZPO demgegenüber diejenigen Tatsachen und Beweismittel, die erst nach der «Deadline» «entstanden oder gefunden» worden sind. Später gefundene Noven sind offensichtlich schon früher entstanden, sind mithin – genau betrachtet - unechte Noven. Meiner Ansicht nach kommt man nicht umhin, Art. 229 Abs. 1 lit. a ZPO um den Begriff «gefunden» zu reduzieren, da er in unlösbarem Widerspruch zu lit. b dieser Bestimmung steht. Wenn ich dies richtig sehe dürfte diese auch h.M. sein. **************************************** Beispiele: Echte Noven: Neue Vereinbarung im Ausweisungsverfahren …. Neuer Wichtiger Grund in der Klage um Auflösung einer Gesellschaft … Unechte Noven: Noven, welche ohne Verschulden nicht vorgebracht werden konnten, sind auch nach dem hier vertretenen Konzept auch Noven zu verstehen, welche durch die letzte Rechtsschrift veranlasst worden sind *********************************************

BGer Praxis „letztes Wort“ BGE 132 I 45 Pflicht des Gerichtes zur Zustellung der letzten Eingabe Recht der Parteien zur Noveneingabe nach eigener Beurteilung Kein Verweis der Eingabe aus den Akten Pflicht/Last der Parteien zur unverzüglichen Eingabe Letztlich geht es hier um die schwierige Frage der Bedeutung der bekannten Bundesgerichtspraxis um das „letzte Wort“. Diese Praxis besagt: Das Gericht ist verpflichet zur Zustellung der letzten Eingabe; Parteien haben das Recht zur Noveneingabe nach eigener Beurteilung; Die Eingaben durfen nicht aus den Akten verwiesen werden. Die Parteien sind allerdings verpflichtet, ihre Eingabe. Unverzüglich zu machen. Faustregel: unter 10 Tagen; sehr zu empfehlen ist die Stellungsnahme sofort anzukünden!!!! M.E. findet diese Praxis hier keine Anwendung! Die Parteien haben ja an der Hauptverhandlung die Möglichkeit ihre Vorbringen zu ergänzen. Die Praxis gilt nur, wenn den Parteien eben ein solcher Verfahrensschritt nicht mehr zur Verfügung steht. Zum Beispiel im summarischen Verfahren, wenn dies schriftlich durchgeführt wird.

Zeitpunkt für eingeschränkte Noven Bis wann müssen Noven nach ihrer Kenntnis vorgebracht werden? Lösung nach Meier und wohl h.M.: Erster Vortrag in der Hauptverhandlung SG Lösung: Ohne Verzug ab Kenntnis Zeitpunkt: Bis wann können Noven überhaupt vorgebracht werden? Lösung nach Meier und h.M.: Bis zur Urteilsfällung Lösung nach Lehrmeinung: Bis zum Ende des Hauptverfahrens 1. Frage. Ein grosse und wichtige Streitfrage ist, bis wann müssen Noven nach ihrer Entdeckung vorgetragen werden? Müssen und können sie unverzüglich nach Entdeckung oder erst in der Hauptverhandlung vorgetragen werden. M.E. ist der Zeitpunkt klar die Hauptverhandlung!!!! Leuenberger/Uffer sind aber anderer Ansicht: Danach unverzüglich nach Entdecken, d.h. meist vor der Hauptverhandlung vorgetragen werden. Diese Ansicht widerspricht klar dem Wortlaut von 229, welcher als Zeitpunkt die Hauptverhandlung nennt. Das Verfahren würde jede Struktur verlieren, wenn man laufend Noven vorbringen müsste. 2. Frage. Zweite Frage zum Zeitpunkt lautet: Bis wann können eingeschränkt Noven überhaupt vorgebracht werden? Das Gesetz sagt: bis Ende der Hauptverhandlung. M.E. muss dies jedoch bis zur Urteilsfällung möglich sein. Es erscheint unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie als unhaltbar, dass eine Partei ein Novum, welches sie unverschuldet nicht vorher vortragen konnte, nicht mehr einbringen kann und deswegen ein Rechtsmittel ergreifen muss (Berufung oder Revision, vgl. Art. 317 Abs. 1 lit. b bzw. Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO).

Zulassung von Noven ausserhalb von 229 Abs. 1 ZPO? Gesetz: Untersuchungsmaxime (229 Abs. 3). Richterrecht? Allgemein bei Vorgehen von Amtes wegen? (Beweisabnahme etc.) Verletzung der richterlichen Fragepflicht? Neue Tatsache kann mit Urkunde sofort bewiesen werden? Das Gesetz sieht ausdrücklich eine Ausnahme vor, in der ohne die Einschränkung von Art. 229 auch noch nachträglich Noven vorgetragen werden können. Es ist dies bei Geltung der Untersuchungsmaxime. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob nicht weitere Ausnahme gestützt auf Richterrecht angenommen werden können und müssen: Wie ist es etwa bei Beweismittel, welche das Gericht von Amtes wegen Abnehmen kann und muss? Ich denke, dass diese die Partei auch noch nachträglich beantragen kann Wie ist, wenn eine Partei vorbringen unterlassen hat, weil das Gericht der richterlichen Fragepflicht verletzt? Oder bei neuen Tatsache, welche mit Urkunde sofort bewiesen werden können? Das alte Zürcher Recht hat bekanntlich in § 115 alle diese Ausnahmen vorgesehen. Das Problem bei der Zulassung dieser Ausnahmen ist, dass der Gesetzgeber diese Ausnahmen zur Verhinderung von Trölerei eigentlich ausdrücklich ausschliessen wollte. Wenn man diese Ausnahmen nicht zulässt, kann dies zu stossenden Resultaten führen. ZB. Findet die Partei ein Urkunde, die klar die Mängelrüge ausweist; bei sorgfältigem Vorgehen früher. – Das Gericht muss ein offensichtliches Fehlurteil fällen!!!

Säumnis mit Klageantwort (223) Voraussetzungen für Säumnisentscheidung: Nachfristansetzung „Spruchreif“= Weder ein Beweisverfahren noch Ausübung der Fragepflicht notwendig Umfassende Gutheissung? Basis der Säumnisentscheidung: Annahme der Anerkennung der Behauptungen Schlüssiges Vorbringen Ich komme damit noch zum Säumnisverfahren. Ich möchte mich dabei auf den Hauptfall der Säumnis, der Säumnis der beklagten Partei mit der Klageantwort beschränken. Grundsätzlich ist der beklagten Partei zunächst eine Nachfrist anzusetzen. Eine Säumnisentscheidung verlangt, dass die Sache „spruchreif“ ist. Dies ist m.E. lediglich dann gegeben, wenn die Ausführungen der klagenden Partei keinen Anlass für die Ausübung der richterlichen Fragepflicht geben und sich auch keine Beweiserhebung von Amtes wegen nach Art. 153 ZPO ergeben. – Nach dieser Bestimmung Beweisabnahme von Amtes wegen möglich, wenn Zweifel an Richtigkeit ….. Ist diese der Fall muss zur HV vorgeladen werden. Anders als im alten Zürcher Recht darf nicht ein auf diese Punkte beschränktes Verfahren erfolgen. Ich gehen auch davon aus, dass eine Säumnisentscheidung nur möglich ist, wenn die Klage vollständig gutgeheissen werden kann. (anders auch im Zürcher Recht). Als Kläger darf ich darauf vertrauen, dass ich meine Vorbringen in der Replik noch ergänzen kann. Eine vom Gesetz nicht bzw. nicht klar beantwortete Frage ist, ob und allenfalls welche Konsequenzen sich zulasten der beklagten Partei an der Hauptverhandlung ergeben, wenn die Sache nach Ausbleiben der Klageantwort nicht spruchreif ist. Meines Erachtens dürfte die säumige Partei keinerlei Nachteile erleiden. Nach Art. 229 Abs. 2 ZPO kann eine Partei an der Hauptverhandlung unbeschränkt neue Tatsachen und Beweismittel vortragen, wenn weder ein zweiter Schriftenwechsel noch eine Instruktionsverhandlung angeordnet wurden. Der Fall der Säumnis wird dabei nicht erwähnt!

Tipps für Anwaltschaft: Umfassende erste Eingabe Umfassende Vorbereitung auf die Instruktionsverhandlung Ergänzende Eingaben nach zweitem Schriftenwechsel Vermehrte Antragstellung zum Verfahrensablauf, möglichst in Absprache mit der Gegenpartei! Umfassende erste Eingabe Umfassende Vorbereitung auf die Instruktionsverhandlung, falls Gericht nicht klar zur Vergleichsverhandlung vorlädt. ……. Ich weiss auch unter Umständen in diesem Zeitpunkt noch nicht, ob nicht noch ein zweiter Schriftenwechsel erfolgt!!!!!! Grosse Streitfrage lautet: Müssen/können ergänzende Eingaben nach zweitem Schriftenwechsel erfolgen oder als Noven an der HV!!!!!!! Vermehrte Antragstellung zum Verfahrensablauf, möglichst in Absprache mit der Gegenpartei!

Tipps für Gerichte: Beschränkung der Instruktionsverhandlung auf Vergleichsverhandlung Zügige Vorladung zur Hauptverhandlung nach zweitem Schriftenwechsel Beweisverfügung nach HV-Parteivorträge oder zweitem Schriftenwechsel Transparenz über das beabsichtige Vorgehen gegenüber Parteien! Beschränkung der Instruktionsverhandlung auf Vergleichsverhandlung Zügige Vorladung zur Hauptverhandlung nach zweitem Schriftenwechsel Beweisverfügung nach HV-Parteivorträge oder zweitem Schriftenwechsel Transparenz über das beabsichtige Vorgehen gegenüber Parteien! M.E sollte Gericht nach erstem Schriftenwechsel entscheiden, welcher Verfahrenstypus zur Anwendung kommt!!!