Entspannungsmethoden

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Vorinfo: Die Anzahl der Wiederholungen sollen erreicht werden. Ist dies am Beginn nicht der Fall, dann so lange üben, bis diese erreicht werden. 3-4x/Woche.
Advertisements

Heben und Tragen Praktische Übungen.
Der menschliche Körper
Seminar I: „Stressbewältigung“
„I‘m Walking…“ Oberjoch 2002.
Landessportbund Berlin e. V.
der Körper = the body der Kopf der Finger / die Finger
Psychophysiologische Methode Biofeedback
Lebensgeister wecken 1. Auf einem Stuhl gerade hinsetzen und die Arme nach vorne ausstrecken. Tief einatmen, die Arme senkrecht in die Höhe heben, dann.
„HERZSPORT“ Projekt Sport und Gesundheit Arbeitsgruppe: Ulrike Glose
Der Körper.
Was ist Bewegung Bewegung ist die Anpassung von Muskelspannung
Microstretching Anwendungsregeln für Microstretching
YOGA Jedes bewußte Tun ist Yoga!
Ganzkörperübungen Partnerübungen Übungen mit einer Wasserflasche
Entspannungstherapie
Nichtrauchen Tabakentwöhnungsseminar Erfolgreich aussteigen in 6 Schritten In nur 6 Wochen rauchfrei!
Die Körperteile.
das Geschlechtsteil (männlich und weiblich)
Der Körper lorolocuaz.
GESUNDHEIT - KRANKHEIT
DER KÖRPER Weiter Der Arm Der Kopf Der Fuss Der Bauch Das Bein
Kapitel 3: Mobbing – nicht zum Täter werden
Übungen für den Geist 1.
© Dehnen nach dem Laufen
Angewandte Entspannung
Guten Tag! Dienstag, den Hausaufgabe für Mittwoch den 27.3.
KONFLIKTE UND STRESS Was ist „Stress“? Stressoren Coping
Ćwiczenia Mateusz Mizera.
Thanatotherapie Was ist das?.
Gymnastik am Arbeitsplatz
Der EFT-Prozess EFT oder Emotional Freedom TechniquesTM stammt von Gary Craig und ist seit mehr als 10 Jahren in einer ständigen Entwicklung. Sie können.
Kopfschmerz und Psyche
Methoden des Erholungsmanagements
Übungen über das Verhalten
Humor in der Mediation „Gibt es schließlich eine bessere Form mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?“ Charles Dickens ( )
Andrea Herzog-Kienast
Belastung der SchülerInnen
Rücken Heben und Tragen.
Gesunder Umgang mit Stress und negativen Emotionen im Ganztag
Sport in der Prävention
VV Überwiegen des Sympathikus Überwiegen des Parasympathi- kus vegetative Normallage Stressreiz Vorphase PR Alarmphase.
7. Befriending the Difficult
Das wissenschaftliche Experiment
Entspannungsmethoden
Finden Sie Ihre innere Balance
Kopf aus dem Sand – Ohne Angst in die Prüfung
Autogenes Training Eine Einführung.
Bewegungstherapie aus der TCM – auch für Europäer sinnvoll?
Der Präsentator Der Präsentator ist das Wichtigste. Sei immer du selbst! Es muss Stimmigkeit mit der eigenen Persönlichkeit vorliegen. Sprache, Körpersprache,
Autogenes Training. Entspannung zu Beginn gemütlich hinsetzen und dabei die Füße auf den Boden stellen oder einfach hinlegen (z.B. auf das Bett) Augen.
Lampenfieber.
Gliederung: Ursachen von Schmerzen und vorzeitigem Verschleiß
Gemeinsam schaffen wirs! Herzlich Willkommen zur Muntermachergymnastik I Herz- Kreislauftraining bei Arthrose Beitrag von Sandra Hommel & Tanja Kačorova.
Stress & Stressbewältigung
Julia Hartanto & Katrin Luz Wintersemester 2012/ Allgemeine II Seminar – Selbstkontrolle Selbstkontrolle und Sport.
DIE KORPERTEILE.
Warm-up Could someone pass out the folders, please? Be prepared to serve and order drinks. Look over your food and drink handout.
Der Mensch Людина.
Entspannung Überblick über Ziele und Methoden zur Stressbewältigung und besserem Umgang mit Schmerzen.
Entspannungsmethoden
Der Körper Die Körperteile.
Progressive Muskelentspannung
Die Körperteile.
Der körper.
Sportlehrgang am mit Norbert Rühl
Progressive Muskelentspannung
Methoden zur langfristigen Stressreduktion
 Präsentation transkript:

Entspannungsmethoden Tutorium: Medizinische Psychologie Bettina Bewernick WS 2003/04

Was ist Entspannung? Mehr als bloßes Fehlen von Anspannung Zustand mit gesenktem biologischem Energieumsatz Angenehm empfundener psychophysiologischer Zustand Physiologische Veränderungen: Tonusverminderung der Muskulatur Periphere Vasodilatation (Wärmegefühl) Verlangsamung und größere Gleichmäßigkeit von Atmung und Herzschlag Abnahme der Hautleitfähigkeit Freisetzung verschiedener Neurotransmitter Zunahme der Magenmotorik Psychische Veränderungen: Körperliche und psychische Gelöstheit Erholung Gelassenheit gegenüber Außen- und Innenreizen Fehleinschätzungen von Zeit Zerfließen von Körpergrenzen

Entspannungsebenen Subjektiv kognitive Ebene Denken, Gefühle, Wahrnehmungen Physiologisch vegetative Ebene Herzschlag, Atmung, Verdauung Motorische Ebene Muskeltonus, Mimik Ebenen stehen in enger Verbindung zueinander Ziel: über eine Ebene, die anderen Ebenen manipulieren Autogenes Training setzt an subjektiv kognitiver Ebene an Biofeedback auf der Physiologisch vegetativen Ebene Progressive Muskelentspannung auf der motorischen Ebene Motorische Ebene ist am leichtesten zu beeinflussen Progressive Muskelentspannung in vielen Studien als das wirksamste bezeichnet

Einsatzmöglichkeiten von Entspannungsverfahren Vor potentiell belastenden Situationen Nach belastenden Situationen zur Senkung der Aktivierung Patienten mit Angststörungen (z.B.Phobien) Angst und Entspannung sind inkompatible Zustände Patienten mit psychosomatischen Beschwerden Bluthochdruck Spannungskopfschmerz Patienten mit Schlafstörungen

Mögliche Nebenwirkungen Entspannungsinduzierte Angstzustände Depersonalisationsphänomene Magenknurren Übelkeit, Kopfschmerzen Gähnen, Frösteln, Kribbeln in den Fingern Evtl. Paradoxe Effekte: Herzfrequenzanstieg, Muskelzucken Evtl. sexuelles Arousal

Kontraindikationen bzw. vorsichtige Anwendung bei Hypotonie Durch Entspannung weiteres Absinken des Blutdrucks Asthma Verlangsamung der Atmung und Verengung der Bronchien Herzrhythmusstörungen oder Extrasystolen Bei akuten Migräneattacken Vasodilatation peripherer Gefäße mit Verschlimmerung der Beschwerden Aber zwischen den Attacken verringert Entspannung die Wahrscheinlichkeit für neue Attacken

Voraussetzungen Ruhige Atmosphäre (Telefon,..) Angenehme Sitz-, Liegeposition Lockere Kleidung Zeit nehmen Regelmäßiges Üben Bereitschaft zu „Kontrollverlust“

Methoden Medikamente / Drogen (Alkohol): Nebenwirkungen, keine Langzeitwirkungen, Suchtpotential, kein Erlernen von Bewältigungsstrategien Hypnose: passives Verfahren, hohe Suggestibilität notwendig, nicht allein und gezielt anwendbar Autogenes Training: „Selbsthypnose“, hohe Konzentrationsfähigkeit notwendig Meditative Verfahren: meist religiöser / esoterischer Hintergrund, nicht für jeden erlernbar Biofeedback: hoher apparativer Aufwand bei nicht höherer Effektivität als andere Verfahren Progressive Muskelentspannung nach Jakobson: gezielt situativ anwendbar, leicht erlernbar, hauptsächlich körperliche Entspannung

Hypnose Geschichte Hypnose: passives Verfahren, hohe Suggestibilität notwendig ältestes Verfahren mit medizinischer, psychotherapeutischer und psychosomatischer Tradition 1734-1815 Franz Anton Mesmer (Mesmerismus: Störungen des Magnetismus für Krankheiten verantwortlich, durch Hypnose wieder in Gleichgewicht) Paris (Charcot, Freud, Breuer): Behandlung von hysterischen und dissoziativen Störungen Letztes Jahrhundert: Hull & Hilgard (USA) wissenschaftliche Erforschung im Labor Erikson: Vertreter der Hyppnotherapie s.u.

Hypnose Grundlagen Suggestibilität: Persönlichkeitsmerkmal, korreliert am stärksten mit Phantasiebegabung, Tagträumen, Motivation wichtig Trance: Bewusstseinszustand mit vermehrter psychosomatischer Durchlässigkeit und kognitiver Flexibilität Sonderformen: AT, Meditation Physiologische Korrelate: hirnphysiologisch (Durchblutung, theta-Aktivität), endokrinologisch (Stresshormone sinken), immunologisch (Leukozytenmobilität, bessere Wundheilung), zentralnervös (Tonusveränderung), vegetativ (trophotrope Umstellung) Psychische Veränderungen: Trancelogik (Bilder, Botschaften, Toleranz gegenüber Inkongruenz), erhöhte Erinnerbarkeit (Kindheit), Amnesie, Leistungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Emotionalität, Zeitwahrnehmung

Hypnose Hypnotherapie (Erikson) Mehr als Entspannung, da auch Aufdeckung von Problemen Klient lernt Verhaltensmuster verändern, defizitäre oder traumatische Erfahrungen bearbeiten, Schmerzen verändert wahrnehmen, psychophysiologische Prozesse anregen Suggestion, keine Disputation Experimentelle Gruppenstudien: empirische Wirksamkeit mit anderen anerkannten Methoden vergleichbar, aber oft methodische Mängel in diesen Studien Anwendung: Ergänzung zu medizinischen und psychotherapeutischen Behandlungsformen wie Wundheilung, Angst, Stress,Schmerzbewältigung, Geburtshilfe, Zahnheilkunde, Tumorbehandlung, psychosomatische Störungen (allergischen Reaktionen oder ulcerösen Erkrankungen) Verhaltensprobleme, Rauchen, Übergewicht

Autogenes Training (Johannes Heinrich Schultz, 1920) Selbstkontrolle, mentale Konzentration führt zu Entspannung („konzentrative Selbstentspannung“) Passive Konzentration Abgeleitet von Hypnose („Autosuggestion“) Regelmäßiges Üben Geht über Entspannungsverfahren hinaus, da auch Aufdeckung von Problemen Grundstufe (6 Übungen) Oberstufe (Vorsätze, Bilder, Fragen)

Prinzipieller Ablauf des AT Grundhaltung einnehmen (Droschkenkutscherhaltung, liegen) Grundeinstellung (zwischendurch immer wiederholen): Ich bin ganz ruhig Der rechte Arm ist ganz/angenehm schwer Der linke Arm ist ganz/angenehm schwer Die rechte Hand ist wohlig warm Die linke Hand ist wohlig warm  Die Atmung ist ganz ruhig - es atmet in mir  Das Herz schlägt ruhig, kräftig, regelmäßig Das Sonnengeflecht (Solar Plexus) ist ruhig und strömend warm Die Stirn ist angenehm kühl  Rücknahme: Arme fest - tief durchatmen - Augen auf

Meditation/Yoga Kontrolle von Körpervorgängen durch selektive Aufmerksamkeit (Atmung) Konzentrativ (Selbstversenkung) Entfaltend (Auseinandersetzung mit Lebensvorgängen) Beide Hemisphären gleich aktivieren (rechte in westlicher Kultur weniger benutzt) Senkung autonomer Funktionen (Entspannung) Bewusstmachung von sonst unzugänglichen Inhalten Methoden: Mantras, Eigenfarbe, Musik, Mandalas, Phantasiereisen

Biofeedback Bewusste vs. unbewusste Körpervorgänge (Herzschlag vs. Muskelbewegung) Zusammenhang Stress und bewusste/unbewusste Prozesse Herzschlag, Hirnströme, Muskelanspannung (EKG, EEG, EMG) werden in optische/akustische Signale umgesetzt und rückgemeldetFeedback Ziel: Selbst gezielt „unbewusste“ Prozesse verändern Anwendung: Schmerzen, Verspannung, Migräne Forschungsstand: funktioniert, aber technischer Aufwand nicht gerechtfertigt, da andere Methoden gleichen Effekt erzielen (ausser bei bestimmten Erkrankungen)

Progressive Muskelrelaxation (Edmund Jakobson, 1938) Entspannung geht mit entspannten Muskeln einher bzw. ein entspannter Körper führt zu einem entspannten Geist 1. Beobachten von Anspannung in verschiedenen Muskelgruppen (5-6 Sek) 2. Bewusste Entspannung der Muskeln und Beobachtung des Unterschiedes zwischen An- und Entspannung (12 Sek) Bei Erlernen zunächst bewusste An- und Entspannung, später nur noch Entspannung nach der Wahrnehmung von Anspannung (Differentielle Entspannung) Grundprinzipien: Erweiterung (auf mehr Muskelgruppen) Verkürzung (mit zunehmender Erfahrung Muskelgruppen zusammenfassen)

Prinzipieller Ablauf der progressiven Muskelentspannung Grundhaltung (Handflächen nach unten, Augen schließen)   Eingangsimpuls: Ich werde nun ganz ruhig 2x Hand rechts, 2x Hand links 2x beide Unterarme (Handflächen nach oben drehen) hochziehen 2x beide Unterarme (Handflächen nach oben drehen) auf die Knie drücken 2x beide Oberarme (Hand auf Schulter legen und Oberarm anspannen) 2x Augenbrauen hochheben und Stirn kräftig runzeln 2x Augen kräftig schließen 2x Zähne aufeinanderbeißen, Kiefer anspannen 2x Lippen aufeinanderpressen 2x Kopf nach hinten drücken, zur rechten Seite drücken, zur linken Seite drücken 2x Kinn gegen Brust drücken 2x Schultern hochziehen, nach vorne drücken, nach hinten drücken

Prinzipieller Ablauf der progressiven Muskelentspannung II 2x Bauchmuskeln nach außen pressen 2x Bauchmuskeln nach innen einziehen 2x Rücken/Brust nach oben/vorne wölben, dabei auf Arme/Schultern abstützen 2x Gesäßmuskeln und Oberschenkel anspannen (Füße nach vorne strecken:) 2x Füße/Zehen nach vorne/unten drücken (vom Körper weg) (Füße nah heranstellen), 2x Fersen heben, 2x Zehen hochziehen Entspannung der Gesamtperson: Hände, Arme, Gesicht, Schultern, Bauch, Rücken, Beine Rücknahme: 4 – Bewegen Sie die Füße ein wenig. 3 – Bewegen Sie die Beine. 2 – Räkeln Sie sich mit den Armen. 1 – Räkeln Sie sich kräftig. 0 – Öffnen Sie die Augen. Sie fühlen sich erfrischt

Aber... Keine Zeit! Nur Einbildung! Lieber anders! Ich bin ganz ruhig! 5-10 Min täglich Nur Einbildung! Physiologische und Psychische Veränderungen wissenschaftlich nachgewiesen, realistische Erwartungen haben Lieber anders! Vorteil: methodisch sicherer Weg, auch in schwierigen Situationen anwendbar Ich bin ganz ruhig! Entspannung oft unbewusst (Gewohnheiten, Schreibtisch...), Entspannungstechniken verändern Körperbewusstsein Ich kann nicht abschalten! Grübeln, Problemewälzen,...Verfahren ermöglichen Fokussierung auf Entspannung, danach Lösungen leichter zu finden, gute Bedingungen schaffen!

AUFWACHEN!!! 