Sozialwissenschaftliche Grund- lagen der Humangeographie

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Identifizierung und Ausbildung von Führungskräften
Advertisements

Werte & Standards der Kinder- und Jugendarbeit in Südtirol
Was hat das mit LIONS zu tun ?
"MACHT" Referat zum Thema Nach Popitz, H.: Prozesse der Machtbildung
Ekkehard Nuissl von Rein Erfahrungen aus dem deutschen Programm
Pro-Skills-Hintergrundphilosophie
Projektumfeld Gesellschaftliche Strömungen Strukturen/ Gliederung
Aktuelle Situation zunehmende Internationalisierung, da sich ökonomische und ökologische, politische und soziale Entwicklungen in hohem Maße in weltweiten.
Erklärung von sozialer Ungleichheit
IB mit t&t Wintersemester 2004/05 1 Tutorien Mo.12-14Zeljo BranovicIhne 22/E2 Mo.12-14Silke LodeIhne 22/UG2 Mo.12-14Simon SottsasOEI 301 Di.14-16Harald.
Einführung in die Internationalen Beziehungen
Geld und Sozialstruktur:
Gender Mainstreaming- Sprachakrobatik oder die Verwirklichung der Chancengleichheit
9. Jan: Klassen und Schichten
Vorlesung: Einführung in die Soziologie – WS 2009/10 Prof. Dr
Do. 26. Nov.: II. Zur „Objektivität“ der „sozialen Tatsachen“
II. Was ist Christliche Sozialethik?
Hoheits- und Leistungsverwaltung
Religion und Politik.
Dr. Valentin Aichele, LL.M.
Kontrollfragen zu Kapitel 12
Und Führung Verantwortung.
Zur gesellschaftlichen Bedeutung des Sports –
Nordrhein- Westfalen Individuelle Förderung in der OGS im Primarbereich Die Schule – vermittelt die zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags.
K Kompromiss-bereitschaft Konflikt- fähigkeit
Schulen auf dem Weg in Marzahn-Hellersdorf
Die sozialen Dimensionen der Nachhaltigkeit - Vorschläge zur Konkretisierung und Operationalisierung -
Grundkonzepte und Paradigmen der Geographie
Sachenrecht - was soll das?
Was kleine Kinder brauchen, um stark zu werden
Kleiner Versuch systematischer Erhellung
Sozialisation und Lebensführung
Sozialgeographie: Räumliche Strukturen der Gesellschaft
Handeln als Strukturierung der Natur
Raumbezogene Identität
Übersicht: Macht, Herrschaft, Kontrolle, Konflikt
Stadt Weilburg Vielfalt tut gut – Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie und kompetent. für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus.
Religiöse Vielfalt – Bedrohung oder Chance?
Gewußt Wo – Vernetzen in Worms
Zielvereinbarungen Nutzen, Instrumente, Methoden und Erfolgsfaktoren eines wichtigen Führungsinstruments.
Perspektive Gemeinwesen? Prof. Dr. Albrecht Rohrmann
Vielfalt tut gut – Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie und kompetent. für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus Von 2007 bis.
wtwiki Die Geschäftsmodellleinwand nach Osterwalder/Pigneur
braucht konkrete Schritte
Gewaltsysteme und Systemgewalten
Fachtag „Integration und Versöhnung“
Vienna Conference on Consciousness Teil I "Was ist die neuronale Grundlage des Bewußtseins? Wo ist es im Gehirn?" Beitrag von Michael L. Berger (Center.
Verstehende Soziologie von Gewaltakteuren als Analysekonzept
zum Innovationsstandort
Konfliktlösung durch Konfrontation
Teambildung.
Bourdieus Kapitaltheorie Allgemeine Punkte
Herr Obermeier René Zarske, Sebastian Döll, Tim Spangenberg, Yannik Nassauer, Steffen Nassauer.
EWigg02/02/01 © Peter Weichhart Modul 02/02 Grundtatsachen und Rahmen- bedingungen der Wirtschaft Wirtschaftsgeographie: Die Räumlichkeit der Wirtschaft.
Wirtschaftsgeographie: Die Räumlichkeit der Wirtschaft
Raumbezogene Identität RID/01/01/01 © Peter Weichhart Modul 01/01 Ausprägungsformen und Entstehungsbedingungen raumbezogener Identität SS VO.
Standortsysteme im Postfordismus
Gastprofessor Dr. Árpád v. Klimó
Souveränität und Macht Macht und Gewalt Souveräntität und Macht Macht und Gewalt Unterschied: Steuerbeamter - Räuber? Was ist eine Rechtspflicht? Legal.
Freiheit und Gerechtigkeit
Gruppe & Macht.
Selbsteinschätzungsbogen für Projektleiter(in) und Projektpersonal
Tutorium Inhalte heute  Organisatorisches  Einführung in postmoderne Ansätze in den Internationalen Beziehungen.
Kognitive Methoden  Als eine Auseinandersetzung mit der behavioristischen Lerntheorie Skinners  entsteht in den späten 60-er Jahren eine Verbindung.
Disability Mainstreaming Impuls auf der 4. Sitzung der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Leitlinien der Berliner Seniorenpolitik am Christine.
Kooperatives Lernen.
Kapitalsorten, sozialer Raum und Klassen
Verwaltungslehre Ist Bürokratie eine unvermeidliche Begleiterscheinung des Kapitalismus?
Folie 1 Kulturelle Vielfalt: eine ethische Reflexion Peter Schaber (Universität Zürich)
1 Roland Fischer Bildung der Entscheidungsgesellschaft Eine Vision.
 Präsentation transkript:

Sozialwissenschaftliche Grund- lagen der Humangeographie 290085 VO StEOP © Peter Weichhart 2 Std., 2,5 ECTS-Punkte Dienstag, 10:45 -13:10; Hs. II, NIG Kapitel 29.01; 29.02 (B11-STEOP) (B11-1.2) (B07-1.2) Modul 0701 Soziale Konflikte, Macht und Herrschaft WS 2013/14 SWG/07/01/01

Hauptkategorien sozialer Prozesse Verbindende (konjunktive) soziale Prozesse: Sie bringen Individuen näher zueinander, sind für die Ausbildung von Integration, Kohäsion, Solidari- tät und Inklusion verantwortlich. Trennende (disjunktive) soziale Prozesse: Sie führen dazu, dass Individuen voneinander ab- gestoßen werden, bewirken Disintegration, Aus- einandersetzungen und Konflikte. Nach L. BÖTTCHER, 1979, S. 119 SWG/07/01/02

Hauptformen verbindender sozialer Prozesse Kooperation: Gemeinsames soziales Handeln mehrerer Partner, die sich gegenseitig unterstützen und zusammenarbeiten. Akkomodation (Anpassung): Soziales Handeln ist durch Bemühen um Kompromisse und Toleranz gekennzeichnet, Kooperationsbereitschaft auch bei differenten Zielen. Assimilation (Angleichung): Wechselseitiges Tolerieren von Zielen; führt längerfristig zu einer Vermischung und Angleichung von Zielen. SWG/07/01/03

Hauptformen trennender sozialer Prozesse Kontravention Subtile Form der Gegnerschaft, feindselige Einstellungen (oft bei gleichen Zielen) werden „friedlich“ ausgetragen. Wettbewerb Mehrere Individuen oder Gruppen streben gleiche Ziele an und versuchen, einander dabei (auf friedliche Weise und in geregelter Form) zu übertrumpfen. Konflikt Auseinandersetzung zwischen Individuen oder Gruppen, bei der es darauf ankommt, eine Niederlage des Gegners herbeizuführen, um die eigenen Ziele realisieren zu können. SWG/07/01/04

Fragestellungen der Konfliktforschung Merkmale und Beschreibungsdimensionen Funktionen Konfliktformen Konfliktregelung und Konfliktlösung Konflikttheorien Konflikte besitzen auch ein konstruktives Potential und können zur Stabilisierung sozialer Systeme bei- tragen. SWG/07/01/05

Macht „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer Im Alltagsverständnis wird Macht oft als etwas Negatives ge- sehen; sie wird oft geradezu dämonisiert. Sie erscheint als Gegenstand, Instrument oder Eigenschaft im Besitz einer Person. Verständnis von Macht in den Sozialwissenschaften: spezifisches Vermögen oder Können; relationale Struktur sozialer Beziehungen bezeichnet ein soziales Verhältnis. „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen...“ M. WEBER, 1976, S. 28/29 SWG/07/01/06

Herrschaft I Deutungsvarianten: asymmetrische soziale Beziehung zwischen ge- sellschaftlichen Akteuren; Institutionalisierung von Macht; sozialer Zwang Ordnungsfunktion Max WEBER sieht Herrschaft als legitimierte Macht- ausübung und versteht darunter „...die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“ (1976, S. 28). SWG/07/01/07

Herrschaft II Herrschaftsausübung ist abhängig von der Man kann Herrschaft als ein durch institutionalisierte Macht begründetes Abhängigkeitsverhältnis verstehen (vergl. L. BÖTTCHER, 1979, S. 133). „Gegenleistung“ der Herrschenden: Schutzverpflichtung, Sicherstellung einer sozialen Normordnung, Gewährleistung einer Rechtsordnung. Herrschaftsausübung ist abhängig von der Legitimität des Herrschaftsanspruches. Herrschaft muss also begründet sein, eine Rechtfertigung haben und setzt voraus, dass die Beherrschten diese Recht- fertigung anerkennen. SWG/07/01/08

Prozesse der Machtbildung Personen oder Gruppen sind im Stande, ein Privileg zu definieren oder sich Ressourcen anzueignen; die Folge ist eine gewisse Überlegenheit gegenüber an- deren Personen oder Gruppen. Verfestigung von Macht durch Solidarität der Privi- legierten. Institutionalisierung von Macht, Schaffung von Orga- nisationen zur Regulierung des Zugangs zur Macht. Stabilisierung und Reproduktion der bestehenden Machtverhältnisse. Nach H. POPITZ, 1992, S. 185-231 SWG/07/01/09

Dimensionen (Quellen) der Macht Monopolisierung physischer Gewalt (körperliche Überlegenheit, technische Mittel, Waffen); Autorität und Charisma (Fähigkeit, andere zu über- zeugen und zu motivieren); Monopolisierung von Ressourcen (Eigentumsrech- te und exklusive Verfügung über Produktionsmittel); Organisationen (überlegene Handlungspotentiale durch Bündelung der Kräfte). Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 166-167. SWG/07/01/10

Machtmittel ...stellen die konkreten Medien der Machtausübung dar. Durch ihren Einsatz wird der Ausgang von Machtkämpfen und Herrschaftskonflikten entschie- den. Kapital (im Sinne von P. BOURDIEU): ökonomisches Kapital (z. B. Geld, universelles Tauschme- dium, kann leicht in andere Kapitalarten getauscht werden); soziales Kapital (Netzwerke, Beziehungen, „Seilschaften“ Ressourcenverfügbarkeit via Gruppenzugehörigkeit); kulturelles Kapital (Bildung, Wissen, kulturelle Güter). Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 168-169. SWG/07/01/11

Machtmittel II Körperschaften und Organisationen: besitzen bestimmte Befugnisse und Kontrollaufgaben; Sanktionsgewalt von Ämtern: Ämter können kraft ihrer Sanktionsbefugnisse auch re- pressive Formen der Macht ausüben; Information: schafft Wissensvorsprung, kann manipulativ eingesetzt oder zurückgehalten werden, kann zur Konditionierung eingesetzt werden. Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 168-169. SWG/07/01/12

Formen der Machtausübung I Einfluss, Überzeugung, Motivation (Formen der kommunikativen Macht) Autorität 1: Amts- und Befehlsgewalt; ermächtigt einen Akteur in bestimmten Bereichen Macht aus- zuüben. Autorität 2: Macht der Persönlichkeit, Charisma; jemand „hat“ Autorität, wenn und weil andere sie anerkennen. Zwang: Ausübung von Druck auf einen Akteur, be- stimmte Handlungen zu setzen oder zu unterlassen. Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 169-172. SWG/07/01/13

Formen der Machtausübung II Staatliches Gewaltmonopol: in den Verfassungen verankertes Recht des Staates, erforderlichenfalls zur Durchsetzung der gesellschaftlichen Ordnung physische Gewaltmittel einzusetzen, die den Staats- bürgern oder nicht-staatlichen sozialen Gruppierun- gen nicht erlaubt sind. Gewalt: ist ein extrem effektives Machtmittel und kann Gehorsam unmittelbar erzwingen und Wider- stand brechen. Nach P. IMBUSCH, 2002, S. 169-172. SWG/07/01/14

Herrschaft als institutionalisierte Macht Sporadische Macht: Machtausübung bleibt auf Einzelfälle beschränkt, es existiert noch keine enge Bindung zu den Be- herrschten. Normierende Macht: Vorgabe und Akzeptanz von Handlungs- normen. Positionalisierung von Macht: Verdichtung normierender Machtfunktionen zu überpersönlichen Machtpositionen. Herausbildung von Herrschaftsapparaten: Entwicklung einer arbeitsteiligen Struktur von Herrschaftspositionen. Etablierung einer staatlichen Herrschaft: „Veralltäglichung“ zentrierter Gebietsherrschaft. Nach H. POPITZ, 1992, S. 236-240. SWG/07/01/15

Herrschaft als institutionalisierte Macht II Die Institutionalisierung von Herrschaft ist durch drei Phänomene gekennzeichnet: Entpersonalisierung: Macht löst sich von Personen und geht auf Positionen und Funktionen über. Formalisierung: Machtausübung löst sich aus per- sönlicher Willkür und orientiert sich an feststehen- den Regeln und Verfahrensweisen. Integration: Macht wird als „Herrschaft“ in über- greifende Ordnungsgefüge integriert und wird zum unhinterfragten Bestandteil der Alltagswelt. SWG/07/01/16