WS 2014 Indefrey Psycholinguistik  Lesen   Augenbewegungen beim Lesen

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 Präsentation transkript:

WS 2014 Indefrey Psycholinguistik  Lesen   Augenbewegungen beim Lesen Lesen ist eine Folge von Fixationen und Sakkaden. Sakkade = sprunghafte Augenbewegung von ca. 10-20ms Dauer Dauer der Fixationen zwischen den Sakkaden ca. 250 ms

Die Sprungdistanz ist ca. 2° Die Sprungdistanz ist ca. 2°. Dies hat damit zu tun, dass foveales Sehen einen Winkel von 2° hat.

Wortlänge: 15 Buchstaben oder Lehrzeichen b)Sind die Sakkaden gesteuert oder zufällig? > Gesteuert: Landung meistens etwa in der Mitte eines längeren Wortes c)Welche Information wird während der Fixation aufgenommen? (McConkie und Rayner, 1975) > Identifikation von Buchstaben: 6-8 Buchstaben rechts von der Fixation Form von Buchstaben: 10-11 Buchstaben oder Leerzeichen (etwa 2 Wörter) rechts von der Fixation Wortlänge: 15 Buchstaben oder Lehrzeichen   Wichtig: diese Zahlen gelten für deutsche Leser nur nach rechts, für z.B. arabische Leser nach links

Stevens & Grainger (2003) VPs müssen einen Punkt fixieren, dann erscheinen kurz Buchstaben (XXXHX) die relativ zur Fixation verschoben werden. VPs müssen Buchstaben erkennen. Genauigkeit nimmt mit Entfernung zur Fixation ab.

Unabhängig von der Entfernung zur Fixation ist die Genauigkeit für den ersten und letzten Buchstaben höher. > “Crowding”: umgebende Buchstaben stören

Kombination der beiden Effekte sorgt für eine W-förmige Kurve.

Z RYVMKF PTHSHG GTVCBH HUIRYD GBHTBN POLKRF FTIEWR KTPNGS GBWJDE KSREGD MKFRYV SHGPTH CBHGTV RYDHUI TBMGBH KRFPOL EWRFTI NGSKTP KDEGBW EGDKZR VMRYKF HSPTHG VCGTBH IRHUYD HTGBBN LKPORF TEFTWR PIKTGS WKGBDE REKSGD CBSOGS UBSQOQ BQOUDG SCDOBC OUBCCD DOQUCB CCOQOU DOCOQS QSCODQ CDOQUS OGSCBS QOQUBS UDGBQO OBCSCD CCDOUB UCBDOQ QOUCCO OQSDOC ODQQSC QUSCZO SOCBGS SQUBOQ OUBQDG DOSCBC BCOUCD QUDOCB OQCCOU CODOQS COQSDQ OQCDUS

Visual search task (U.Neisser) Das Experiment zeigt, a) wie schnell Buchstaben im Durchschnitt erkannt werden (jedenfalls so weit, dass sie als verschieden von einem vorgegebenen Buchstaben klassifiziert werden können): > 24 Buchstaben/Sekunde b) dass Buchstaben inmitten anderer Buchstaben mit ähnlichen Merkmalen schwer zu erkennen sind: inmitten verschiedener Merkmale ca. 70/sec , inmitten ähnlicher Merkmale 12/sec

Pandämonium-Theorie  Buchstaben werden anhand von Kombinationen ihrer visuellen Merkmale (z.B. Striche und Kurven bestimmter Größen in bestimmten Positionen) erkannt.

Reicher (1969) Stimuli: H CSAH CASH forced choice H oder T ? % korrekt 78 76 89 (Beachte: auch CAST ist ein Wort; raten nützt also nichts) Buchstaben in ganzen Wörtern können schneller erkannt werden, als einzelne Buchstaben > word-letter effect Buchstaben in ganzen Wörtern können schneller erkannt werden, als Buchstaben in Nichtwörtern > word superiority effect Spätere Studien haben gezeigt, dass Buchstaben in Pseudowörtern schneller erkannt werden, als in Nichtwörtern > pseudoword superiority effect

Eine beliebte Scherz-Email: Zähle, wie viele "F" in folgendem Text vorkommen:

FINISHED FILES ARE THE RESULT OF YEARS OF SCIENTIFIC STUDY COMBINED WITH THE EXPERIENCE OF YEARS

STUDY COMBINED THE RESULT ARE OF WITH OF SCIENTIFIC FILES YEARS FINISHED WITH OF EXPERIENCE THE YEARS

FLNLBSED FLLEB KRE TSE REBULT GF YEKRB DF BCLENTLFLC BTUDY CGWBLNED WLTS TSE VDPERLEXSE BF YEKRB

Healy (1976) Versuchsteilnehmer übersehen ‘t’ in ‘the’ überzufällig häufig Dies gilt nicht mehr, wenn die Buchstaben im Text durcheinander gewürfelt (scrambled) werden: ‘t’ in kurzen Buchstabenfolgen wird dann sogar besser gefunden. Es gilt aber auch, wenn die Wörter durcheinander gewürfelt werden. > Der Effekt beruht also nicht darauf, dass VPs syntaktisch vorhersagbares ‘the’ überspringen > sehr häufige Wörter werden als ganzes Wortbild erkannt

Konsequenzen für Pandämonium-Modell Modell kann word-letter effect und word-superiority effect nicht erklären Möglichkeit: nicht nur Buchstaben-, sondern auch Wortbild-Dämonen Für den pseudoword-superiority effect müsste man dann noch Zwischeneinheiten annehmen (z.B. im Deutschen ‘sch’ und ‘er’)

McClelland & Rumelhart (1981) Seidenberg & McClelland (1989)

Lexical decision Entscheiden Sie, ob es sich bei den folgenden Buchstabenketten um Wörter handelt oder nicht. Wort kein Wort

+

AUTO

+

HGTRD

+

DONKE

+

BREITE

+

WAITSEN

+

LEERE

Rubenstein et al. (1971) no yes See also: Meyer, Schvaneveldt, & Ruddy (1974)

Homophone-Effekt (Yoke/Yolk) beweist Einfluss phonemischer (Klang-) Repräsentation

They considered buying a house. He ran threw the streets They considered buying a house. He ran threw the streets. We saw the animals in the cages.

Können wir beeinflussen, auf welche Art wir lesen? Davelaar et al. (1978) Homophone-Effekt bei Lexical decision verschwindet, wenn viele homophone Pseudowörter unter den Stimuli sind. yolk – brane – house – flite – story > Da der Wortklang jetzt die Unterscheidung von Wörtern und Nichtwörtern erschwert, ändern VPs ihre Strategie.

Hawkins et al. (1978) Tachistoskopische Präsentation, Matching Task COIN COIN JOIN

Hawkins et al. (1978) Tachistoskopische Präsentation, Matching Task CENT SENT CENT Versuchpersonen machen mehr Fehler bei homophonen Wortpaaren. Dieser Effekt verschwindet, wenn viele solche Wortpaare vorkommen.

Word naming (=laut lesen) Lesen Sie folgenden Wörter so schnell wie möglich vor.

+

Besen Drang Fabel Draht Gatte Messing Rippe Schaf Taiga Kümmel

+

Beton Chaos Genie Nougat Partie Camping Linie Gerste Hotel Volk

Word naming Seltene Wörter mit vorhersagbarer Aussprache (reguläre Wörter) werden schneller ausgesprochen als seltene Ausnahmewörter (irreguläre Wörter) > Regularity effect

Dual Pathway Model (Coltheart, 1978) Meaning access for different kinds of written words according to Dual Pathway Models of reading (Coltheart, 1978).

McClelland & Rumelhart (1981) Seidenberg & McClelland (1989)

Coltheart et al., 2001 Dual Route Cascaded (DRC) Model print Feature Representations Letter Representations Semantic Representations Orthographic Lexicon Rule-Based Translation Phonological Lexicon Phoneme Representations speech