Vorlesung 4: Mediaforschung I: Grundlagen Publikumsforschung Vorlesung 4: Mediaforschung I: Grundlagen 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler Gliederung Vorlesung 4 1. Grundgedanken 2. Methoden 3. Stichproben 4. „Datenveredelung“ Literaturhinweis: Frey-Vor/Siegert/Stiehler – Kapitel 3 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
1. Grundgedanken: Medienkontakte 1.1. Begriff und Ziele Definition 1 (Siegert): inhaltlich: Publikumsforschung = Rezipientenforschung formal: systeminterne Forschung Definition 2 (Koschnick): Mediaforschung = Werbeträgerforscher zwecks Mediaplanung Reichweite einzelner Medien externe und interne Überschneidungen Zusammenhänge zwischen Kontaktqualitäten und Nutzungsintensitäten Zusammenhänge zwischen Konsum- und Medienverhalten 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
1. Grundgedanken: Medienkontakte 1.2. Forschung als Beobachter Funktionen Verständnis von Prozessen Entscheidungshilfe strategisches und taktisches Instrument Platz des Beobachters intern: Selbstreflexion des Mediensystems/der Medienorganisationen Leistungsfähigkeit Umweltbeobachtung Selbststeuerung 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
2. Grundgedanken: Medienkontakte 1.3. Konstellationen Akteure mit Interesse an Forschung Werbung Agenturen werbetreibende Wirtschaft Medien Medienkontrolle Wissenschaft Konsensorganisationen (D: AG.F; AG.MA, AGOF) akzeptierte Leitstudien („Währungen“) Organisation von Interessenüberschneidungen Kostenübernahme Arbeit an Standards Transparenz 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
2. Methoden 2.1. Herangehensweisen Methoden als Beobachtungsinstrumente Perspektivität Standort Sprachsystem Selektivität Möglichkeiten der „Kontakt“ – Forschung: Protokoll systematischer Recall Tagebuch Coincidental Check Metersysteme (aktiv/passiv) 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
2. Methoden 2.1. Herangehensweisen im Vergleich Einheit (semant.) Einheit (physikal.) Protokollant Genauigkeit Recall Vorgabe Interviewer nahe Schätzung Tagebuch eigene Definition Nutzer grobe Schätzung Check Moment präzise Meter Gerät sehr genau 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
3. Stichproben 3.1. Einführung Mediaforschung mit sehr grossen Stichproben Genauigkeit; Zielgruppen, Regionalisierung Standardisierung Stichprobe: Teilmenge der Grundgesamtheit Kosten Schnelligkeit Genauigkeit Repräsentativität: Kongruenz von GG und SP bei wichtigen Merkmalen Auswahlverfahren entscheidend 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
3. Stichproben 3.1. Einführung Grundgesamtheit und Stichprobe 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
3. Stichproben 3.2. Standard 1: ADM-Stichprobensystem Zweck: Selbstkontrolle und Vergleichbarkeit (siehe www.adm-ev.de) mehrstufiges Auswahlverfahren Primäreinheiten: Flächenstichprobe (Wahlbezirke) sample points Netze Haushaltstichprobe Adress-Random Random-Route Personenstichprobe Schwedenschlüssel last/next birthday 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
3. Stichproben 3.2. Standard 2: ZUMA-Telefonstichproben Telefonbuch, CD-ROM etc. nicht genau RDD wie in den USA nicht möglich → Nachbildung des Vergabesystems reale Rufnummern in 100er Blöcke Ersatz der Endnummern durch 00 bis 99 Zuordnung der Gemeindekennziffern Berechnung der Eintragsdichte - Grössengewichtung mehrstufiges Auswahlverfahren Ziehung des Blocks Schichtungen (Regionen, Gemeinden, Ortsgrössen) Zufallsauswahl im Block Zufallsauswahl im Haushalt (wie bei A) 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.1. Hochrechnung Problem: Stichproben sollen ”wahre Werte” schätzen Lösung: Wert der Stichprobe bezogen auf Größe der GG Beispiel 1: Regionalzeitung A bundesweit gemessene Reichweite 1,11% = 710.000 Fehler bei 56.000 Fällen: 1,11% +/- 0,08% tatsächliche Reichweite zwischen 1,19 und 1,03% bei GG von 65 Mio.: 773.500 – 669.500 Differenz: 104.000 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.1. Hochrechnung Beispiel 2: Regionalzeitung A im Verbreitungsgebiet gemessene Reichweite 63,6% = 690.000 Fehler bei 2.400 Fällen: 63,6% +/- 1,87% tatsächliche Reichweite zwischen 61,7 und 65,5% bei GG von 1,1 Mio.: 711.00 – 670.000 Differenz: 41.000 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.2. Kumulation von Datensätzen Problem 1: höhere Fallzahlen erhöhen Sicherheit der Aussagen, Stichprobenfehler sinkt Problem 2: Mindestzahlen für Zielgruppen Lösung: Zusammenfassung von Untersuchungswellen Beispiel Regionalzeitung A (bundesweit) Anzahl kum. Wellen Fehler +/- Fälle 1 (n=28.000): 0,12% (17.400 Leser) 311 2 (n=56.000): 0,08% (10.400 Leser) 622 4 (n=111.000): 0,06% (8.500 Leser) 1232 6 (n=167.000): 0,05% (7.100 Leser) 1850 Datensatz 2008 = 1/ 2008 + 2/2008 + 1/2007 + 2/2007 + 1/2006 + 2/2006 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.3. Gewichten Problem: Diskrepanzen zwischen GG und SP Lösung: Über-/Untergewichten von Daten Fall 1: geplante disproportionale Stichproben (Designgewicht) a) Haushalte: Schwedenschlüssel, last birthday b) disproportionale Stichproben 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.3. Gewichten Fall 2: Nachgewichtung (Redressment) Nettoeinkommen ungewichtet: 3450 DM gewichtet: 3716 DM Problem: nicht entscheidbar, welcher Wert ”richtig” ist SP Einkommen GG Faktor Männer 30 4.500 47 1,57 Frauen 70 3.000 53 0,76 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.3. Gewichten Fall 3: Hypothesengewichtung Ausfallmechanismus (annähernd) bekannt FDP Grüne SPD CDU Sonst. Wahlergebnis 6 8 38 42 Rückerinnerung 3 35 45 9 Quotient 2,0 1,0 1,09 0,93 0,67 Ergebnis SP 2,5 36 44 8,5 Gewichtung 5 39 41 5,7 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.4. Fusion (1) Problem: fehlende Daten Lösung: multiple source – Bildung „künstlicher“ Personen Stichprobe A Stichprobe B Gemeinsame Merkmale Soziodemographie Medienzugang Spezielle Merkmale I TV-Nutzung Hörfunk-Nutzung Spezielle Merkmale II Konsum Milieus 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.4. Fusion (1) 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.4. Fusion (2) 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.4. Fusion (3) 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4. „Datenveredelung“ 4.4. Fusion (4) 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler 5. Zusammenfassung unterschiedliche Methoden – verschiedene Definitionen hoher Standardisierungsgrad Veränderungen in Standards langwierig eigensinnige Prozeduren: Akzeptanz? → Das Kleingedruckte Lesen! 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler Übungsfragen Warum ergeben sich aus unterschiedlichen (operationalen) Definitionen der Mediennutzung unterschiedliche Befunde? Was bedeutet Währung aus sozialwissenschaftlicher Sicht? Warum verwendet die Mediaforschung außerordentlich große Stichproben? Welche Risiken geht man bei Hochrechnungen ein? 30.04.2010 Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler