Leitbild, Zielarten, Vorrangflächen Im Rahmen der Vorlesung Umwelt- und Naturschutz Dipl. Ing. Mathias Scholz, PD Dr. Klaus Henle Gliederung der Vorlesung.

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Leitbild, Zielarten, Vorrangflächen Im Rahmen der Vorlesung Umwelt- und Naturschutz Dipl. Ing. Mathias Scholz, PD Dr. Klaus Henle Gliederung der Vorlesung Einführung Definition Leitbild, Abgrenzung zu anderen Begriffen Zielarten/Leitarten, Definition Biotoptypenerfassung Faunistische Untersuchungen im Naturschutz Ermittlung von Vorrangflächen für den Naturschutz

Räumliche Ebene Ziele Richtlinien zur Umsetzung Global Grundmotive (Natürlichkeit, Biodiversität usw.) FFH-Richtlinie, NATURA 2000, CITES-VO Europa Mitteleuropäische Verantwortung Nationale Gesetze (BNatSchG) Deutschland Nationaler Beitrag zur europäischen Strategie Regionale Besonderheiten Bundesländer Ländergesetze, Landschaftsprogramm Landschaftliche Eigenart Regionen Regionale, landschaftliche Leitbilder Selektionsverfahren Kleinste Raumeinheit Satz von Naturschutz-Qualitäts-Zielen und -Standards

Umweltqualitätsziele Leitbild Leitlinien Umweltqualitätsziele Umweltqualitätsstandards Abb. Zum Verhältnis von Leitbild, Leitlinien, Umweltqualitätszielen und Umweltstandards.

Leitbild, Umweltqualitätsstandards, Szenarien Begriffsdefinitionen und -erläuterungen Der Begriff des Leitbildes wird in ein logisch-hierarchisches System mit zunehmender Spezifizierung der Ziele eingeordnet. Aus zunächst allgemeinen Zielen und Prinzipien (Leitprinzipien, Leitlinien) werden konkrete (regionale) Leitbilder und Umweltqualitätsziele abgeleitet. Leitlinien (auch Leitprinzipien oder Grundsätze) Leitlinien nicht raumspezifisch - bzw. auf sehr große Einheiten (EU, Deutschland) bezogen - und regionalen Leitbildern übergeordnet. Es wird davon ausgegangen, dass es unter dem Grundsatz des Schutzes der Naturgüter keinen bzw. nicht nur einen einzigen "Idealzustand“ der Landschaft gibt, sondern verschiedene Leitlinien Gültigkeit haben. Beispiele: Erhalt der Biodiversität, Förderung der Selbstregulation der Natur etc.

Leitbild Generell lässt sich als Leitbild ein „zukünftiger Zustand [bezeichnen], der durch zweckmäßiges Handeln und Verhalten erreicht werden soll“ (Lendi 1995: 624). Auch in der Raumordnung wird der praktische Aspekt eines Leitbildes betont: „Der Entwurf eines Leitbildes dient der Orientierung und kann zu einem grundsätzlichen Einigungsprozess der Akteure führen (Hein 1998: 197) Die Diskussion im Naturschutz hat in den letzten Jahren zwei unterschiedliche Begriffsverwendungen für Leitbilder hervorgebracht: a) die abstraktere Form bezieht sich auf eine gewünschte Entwicklungsrichtung für eine Region oder Landschaft, in dem die generellen Leitlinien auf einen konkreten Raum bezogen und Schwerpunkte gebildet werden. (z. B. historische Kulturlandschaft, Gewährleistung des Ablaufs natürlicher Prozesse, nachhaltige Landnutzung) b) die konkretere Form berücksichtigt Umsetzungsaspekte; das Leitbild stellt das Endprodukt einer „diskursiven Leitbildentwicklung“ dar (vgl. Wiegleb 1997).

Ökologisch begründetes Leitbild (i.S. der Gewässerkunde) Das aus der Gewässerökologie stammende und in der Gewässerkunde verwandte so genannte „ökologische Leitbild“ wird als heutiger potentiell natürlicher Zustand einer Landschaft definiert (DVWK 1996, Kohmann 1997). Ausgehend vom Ist-Zustand sind anhand von Kriterien die noch möglichen Annäherungen an naturnahe Verhältnisse unter Berücksichtigung irreversibler Entwicklungen in der Vergangenheit und unabhängig von aktuellen sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen zu ermitteln (potentiell natürlicher Zustand). Die Parametrisierung dieser langfristig grundsätzlich erreichbaren Umweltqualitätsziele erfolgt aus ökologisch-fachlicher Sicht nach dem Stand der Wissenschaft (Bornhöft 1998). Das ökologisch begründete Leitbild kann auch als Referenzzustand betrachtet werden und als Messlatte der "Naturnähe" dienen. Das „ökologisch begründete Leitbild kann allerdings nur einen denkbaren (wenn auch schwer exakt zu bestimmenden) Referenzzustand darstellen. Da im Naturschutz in Mitteleuropa in der Regel auch genutzte Flächen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, kann eine maximal erreichbare Annäherung an einen naturnahen Zustand aber höchstens auf Teilflächen das zentrale Bewertungskriterium darstellen. Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Projektbereich Naturnahe Landschaften & Ländliche Räume

Leitbildvarianten / Alternative Leitbilder Hinzu kommen Einflussgrößen aus politischen und gesellschaftlichen konsensualen übergeordneten Leitlinien wie Biodiversität, nachhaltige Bodennutzung, die dem Leitbild „potentieller natürlicher Zustand“ nebengeordnet sind, aber auch untereinander – zumindest auf der selben Fläche – nicht immer widerspruchsfrei sind. Leitbildvarianten / Alternative Leitbilder die Wahl eines Leitbildes als auch die genaue Ausgestaltung ist an vielen Stellen mit Normensetzungen verbunden, d. h. in fast jeder Situation gibt es Leitbildalternativen oder –varianten. Abb. 4.5: Die Leiden des Leitbild-Malers (aus Zepf et al. 1991, 60)

Umweltqualitätsziele (UQZ) Umweltqualitätsziele geben bestimmte sachlich, räumlich und ggf. zeitlich –definierte Qualitäten von Ressourcen, Potentialen oder Funktionen an, die in konkreten Situationen erhalten oder entwickelt werden sollen (Fürst et al. 1989). Umweltqualitätsziele enthalten sowohl naturwissenschaftliche als auch gesellschaftlich-ethische Elemente. Umweltqualitätsziele werden objekt- oder medienbezogen für Mensch und/oder Umwelt bestimmt, sind also immissions- oder wirkungsbezogen (UBA 1999). Zusammenfassend lässt sich hierfür auch der Begriff Akzeptor-bezogen verwenden. Im Gegensatz dazu steht der Verursacher-bezogene Ansatz.

Umweltqualitätsstandards (UQS) Umweltqualitätsstandards sind konkrete Bewertungsmaßstäbe, die Umweltqualitätsziele oder unbestimmte Rechtsbegriffe operationalisieren, indem sie für einen bestimmten Parameter oder Indikatoren die angestrebte Ausprägung, das Messverfahren und die Rahmenbedingen festlegen. Sie können kardinal (z. B. Grenzwert für mg N/l ), ordinal ( z.B. Gefährdung nach den Roten Listen) oder nominal (z. B. schutzwürdige Biotope nach § 20c BNatSchG) skaliert sein. UQS gibt es nicht für alle Aspekte eines Zielsystems, sondern immer nur für quantifizierbare oder zumindest nominal skalierbare Teilbereiche. Deshalb ist es auch nicht möglich, Umweltqualität ausschließlich über UQS zu definieren. UQS können aufzeigenden, empfehlenden oder verbindlichen Charakter haben.

In Bezug auf ihre Verbindlichkeit sind UQS zu unterteilen: Diskussionswerte (Aufzeigende Werte, die sich noch in der Diskussion befinden), z.B.: mindestens 15% der Gesamtfläche der BRD sollten vorrangig dem Naturschutz dienen. Orientierungswerte (Empfehlende Standards, die von einer Gruppe von Fachleuten vorgeschlagen werden), z. B. am Faunenschutz orientierte Ackerrandstreifen sollten eine Mindestbreite von x m aufweisen, Rote Listen. Richtwerte (einzuhaltende Standards, die durch ein autorisiertes Gremium gesetzt wurden, Grenzwerte), z. B. Richtwerte der EU für Trinkwasser 20 mg Nitrat. Grenzwerte (verbindlich festgesetzte Standards, die in Gesetzen, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften festgesetzt wurden und ein Verschlechterungsverbot markieren), z. B. Grenzwert Trinkwasser 50 mg Nitrat/l.

UQZ und UQS verbinden wissenschaftliche Information mit gesellschaftlicher Werthaltung (Sachebene und Wertebene), die beide untrennbarer Bestandteil von UQZ und UQS sind. Diese Bewertungsmaßstäbe stellen daher immer politische Setzungen dar, die mehr oder weniger gut mit wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet werden können. Ihre Aufstellung muss durch einen gesellschaftlichen Prozess in einem definierten Verfahren erfolgen.

Szenarien Szenarien werden „sowohl als Beschreibung einer möglichen zukünftigen Situation als auch als das Aufzeigen des Entwicklungsverlaufs, der zu dieser Situation hinführt“ (Geschka & v. Reibnitz 1986:125), verstanden. Sie erfüllen dabei eine doppelte Funktion als Analyseinstrumente und als Vermittlungsmedien. Für Szenarien im Zusammenhang mit Planungen des Naturschutzes bedeutet das konkret folgende Aufgaben: Konstruktion eines zukünftigen Zustandes von Natur und Landschaft bei der angenommenen Durchführung bestimmter Maßnahmen. Aufzeigen des Weges der zu erwartenden Einflüsse, Widerstände bzw. wichtige Entscheidungspunkte bei der Entwicklung in Richtung eines Leitbildes.

Ziel- und Entwicklungskonzept (Regionale) Entwicklungsziele Entwicklungsziele werden durch konkrete, konsensfähige und kurzfristig erreichbare Umweltqualitätsziele (UQZ) definiert und sind das Ergebnis eines Abstimmungsprozesses (Kompromissfindung) speziell mit den Ansprüchen der Landwirtschaft. Die Umsetzung dieser Entwicklungsziele wird durch ein Entwicklungskonzept mit konkreten Maßnahmen beschrieben. Ziel- und Entwicklungskonzept Ein Ziel- und Entwicklungskonzept des Naturschutzes fasst schutzgutbezogen und schutzgutübergreifend Ziele (UQZ) für einen abgegrenzten Raum, eine Landschaft zusammen, systematisiert sie, baut ggf. Zielhierarchien auf und stellt den Bezug zu Instrumenten und Maßnahmen her.

Kriterien und Parameter Der Begriff Kriterium wird im Sinne von Kennzeichen oder unterscheidendes Merkmal vor allem als Bewertungskriterium verwendet. Beispiele für Bewertungskriterien sind Naturnähe, Seltenheit, Artenvielfalt, Auendynamik, Erosion. Diese Kriterien werden anhand von Parametern gemessen. Die Anzahl der Arten ist z.B. der Parameter für das Kriterium Artenvielfalt. Der Parameter Wasserspiegellage in m ü. NN gibt Aussage über das Kriterium Auendynamik. Angaben zu Sollwerten oder Toleranzbereichen werden auf Parameter bezogen.

Festlegung eines differenzierten Erhebungs-/Untersuchungsprogramms Planungsrelevanter Untersuchungsbedarf (Ergebnis der Voruntersuchung) Festlegung eines differenzierten Erhebungs-/Untersuchungsprogramms Erhebungsmethoden Untersuchungszeiträume Untersuchungsgebiete Probeflächen Erhebungsintensität Darstellungsform Zeitplan Durchführung der Erhebungen und Untersuchungen (z.B. Kartierungen) durch qualifizierte Fachleute und entsprechend fachlicher Mindeststandards

Auswahl von Artengruppen Reale Vorkommen Gesamte örtliche Tier- und Pflanzenwelt Reduktion zur Beurteilung von Bestand und Planung (Bewertung & Prognose) Bestandsaufnahme Biotoptypen und Auswahl von Artengruppen mit Repräsentanten der wichtigsten Anspruchstypen mit verschieden empfindlichen Reaktionsspektren Auswahl von Artengruppen Reduktion zur planerischen Umsetzung Planung Auswahl von Arten, durch die die empfindlichsten Reaktionen und die qualitativ höchsten Ansprüche an den Lebensraum vertreten sind Zielarten und Zielartensysteme

Zielarten = solche Arten- oder Artengruppen, deren Erhaltung im Schutzziel verankert ist… (Kratochwill 1989) Leitart = eine Art, die in einem oder wenigen Lebensräumen ihren Vorkommensschwerpunkt besitzt und durch die Erfüllung ihrer Habitatansprüche einen bestimmten Zustand des Lebensraumes anzeigt. Ihr Vorkommen sollte mehr Informationen über den Zustand des Lebensraumes liefern als das der anderen Arten. (Pfeifer 1994) Dorngradmücke (Sylvia communis) Europäischer Feldhamster (Cricetus cricetus) Kirschroter Saftling (Hygrocybe coccinea)

Quantitative Gesamtartenliste LEITART KEINE LEITART carnivorer oder herbivorer Baumvogel NEIN NEIN Vorkommen auf Waldbiotope beschränkt? JA JA Stammkletterer JA Höhlenbrüter JA NEIN NEIN JA NEIN Kronenbrüter In Laubwäldern mind. subdominant (>2%) NEIN JA In anderen Lebensräumen höchstens 1% rel. Häufigkeit NEIN LEITART KEINE LEITART JA

Abb.: Ablauf von Auswertung und Analyse der Daten

Abb.: Festlegung des Informations- und Untersuchungsbedarfs beim Schutzgut Fauna

Abb.: Übersicht über typisierbare Grundfragestellungen und deren konkrete Ausprägungen im individuellen Planungsfall

Informationswert von Artengruppen in Bezug auf Lebensraumtypen 1 – sehr hoch 2 – hoch 3 – hoch, jedoch nur bei einzelnen Arten (eher geringer Informationswert)

Bsp. für regionale Zielschwerpunkte des biotischen Naturschutzes im Rahmen des Leitbildes „Diversität“

Bewertung von Biotoptypen Voraussetzung ➫ objektives Bewertungssystem Grundlage ➫ Zielvorstellung/ Leitbild Möglichkeiten der Bewertung: Biotoptypen-Bewertung (Die Bewertung von mehrfach im Untersuchungsgebiet vorkommenden ähnlichen Biotopen, die zu einem Biotoptyp zusammengefasst wurden.) Nachteil: Gleichbewertung eines Biotoptyps in verschiedenen Bezugsystemen Vorteil: rasche Übersicht über ein großes Gebiet; geringer Aufwand; Visualisierung wertvoller Flächen Biotopkomplex-Bewertung (Die Bewertung von kleinen naturräumlichen Einheiten aus mehreren Einzelbiotopen und/oder Biotoptypen.) Nachteil: meist zu grob Vorteil: Vernetzungsbezug (vgl. Greifvögel ➫ Bruthabitat < Jagdraum; Amphibien ➫ Sommer-/Winterlebensraum/ Laichgewässer) Einzelbiotopbewertung (Die Bewertung von bestimmten, örtlich genau festgelegten Einzelbiotopen.) Nachteil: hoher Aufwand Vorteil: am aussagekräftigsten

Biotoptypenbewertung (aus Bastian et al. 1994) 1. stark gefährdete und im Bestand rückläufige Biotoptypen mit hoher Empfindlichkeit gegenüber anthropogenen Beeinträchtigungen und z. T. sehr langer Regenerationszeit. Lebensstätte für eine Vielzahl seltener und gefährdeter Arten, meist hoher Natürlichkeitsgrad und extensiver oder keiner Nutzung, kaum oder gar nicht ersetzbar, unbedingt erhaltenswürdig, vorzugsweise § 20c-Biotope (BNatSchG). 2. mäßig gefährdete, im Bestand zurückgehende Biotoptypen mit mittlerer Empfindlichkeit mit langen bis mittleren Regenerationszeiten, bedeutungsvoll als Lebensstätte für viele, teilweise gefährdete Arten, hoher bis mittlerer Natürlichkeitsgrad, mäßige bis geringe Nutzungsintensität, nur bedingt ersetzbar, möglichst zu erhalten oder zu verbessern. 3. weitverbreitete Biotoptypen mit geringer Empfindlichkeit, relativ rasch regenerierbar, als Lebensstätte relativ geringe Bedeutung, kaum gefährdete Arten, mittlerer bis geringer Natürlichkeitsgrad, mäßige bis hohe Nutzungsintensität, aus der Sicht des Arten- und Biotopschutzes Entwicklung zu höherwertigen Biotoptypen anzustreben, wenigstens aber Bestandssicherung zu garantieren. 4. häufige, stark anthropogen beeinflußte Biotoptypen, als Lebensstätten nahezu bedeutungslos, geringer Natürlichkeitsgrad, hohe Nutzungsintensität, kurze Regenerationsdauer. Aus der Sicht des Naturschutzes und der Landschaftspflege Interesse an der Umwandlung in naturnähere Ökosysteme geringerer Nutzungsintensität. 5. sehr stark belastete, devastierte bzw. versiegelte Flächen

Bsp. für die schematische Einstufung einzelner Biotope und Biotopkomplexe und ihrer Biozönosen.

Vorrangflächen: Naturschutzvorrangflächen von bundesweiter Bedeutung (national bedeutsame Flächen für den Naturschutz); die aus Bundessicht besonders schutzwürdigen größeren zusammenhängenden Gebiete, die einen wesentlichen Beitrag zu Erhalt und Entwicklung der biologischen Vielfalt (auf der Ebene der Arten, der Biotoptypen, der Biotop- und Landschaftskomplexe) leisten.

Vorrangflächen für den Naturschutz aus Bundessicht Vorrangfläche Naturschutz Siedlungsfläche

Einführung in die Landschaftsplanung 15. April 2003 Dipl. Ing. Mathias Scholz, PD Dr. Klaus Henle

9. Andere Instrumente der Landschaftsplanung Eingriffsregelung Umweltverträglichkeitsprüfung Landespflegerischer Begleitplan

Eingriffsregelung Der Sinn der Eingriffsregelung liegt darin, erhebliche oder nachhaltige Schäden oder Beeinträchtigungen der "Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes" möglichst zu verhindern und, soweit das nicht möglich ist, die entstandenen Schäden zu "reparieren". Vereinfacht ausgedrückt muss z.B. eine 100 m lange Hecke, die einer Baumaßnahme zum Opfer fällt, möglichst nahe an dieser Stelle wieder neu gepflanzt werden, wenn sie nicht durch Planungsänderungen (z.B. Verschieben der Baugrenze) ganz oder teilweise erhalten werden kann. Diese "Schadensreparatur" nennt man Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme, während die Erhaltung von vorhandenen Biotopstrukturen, die immer zuerst angestrebt werden muss, als Vermeidungsmaßnahme bezeichnet wird. Weiterhin besteht die Verpflichtung, die Schäden wie z.B. die Flächenversiegelung so weit wie möglich zu minimieren. In der Praxis ist es jedoch nicht immer möglich, adäquate Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. So müsste konsequenterweise eine wegen eines Neubaus (z.B. für eine Überfahrt) durchzuführende Bachverrohrung durch eine Renaturierung ("Entrohrung") in unmittelbarer Nähe ausgeglichen werden, für einen Parkplatz müsste ein gleich großes Stück versiegelten Bodens, wie z.B. eine nicht mehr genutzte Straße oder Lagerfläche entsiegelt und rekultiviert werden. Aus diesem Grund behilft man sich oft damit, daß für eine ökologische Wertminderung an einer Stelle eine ökologische Wertsteigerung an einer anderen Stelle durchgeführt wird wie z. B. die Bepflanzung einer geringer wertigen Fläche mit einem Wald. Entsprechend dem Verursacherprinzip wird dem Urheber des Eingriffs auferlegt, Ersatzmaßnahmen durchzuführen.

Die länderspezifische Anwendung der Eingriffsregelung gibt das Naturschutzgesetz vor. Wie sieht das Verfahren in der Praxis aus? Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens beteiligt das Bauordnungsamt die Untere Landschaftsbehörde beim Fachbereich Grünflächen, die für den Vollzug der Eingriffsregelung zuständig ist. Das Ergebnis ihrer Prüfung wird der für die Genehmigung zuständigen Behörde mitgeteilt, so dass diese die vereinbarten Maßnahmen als Auflage des Genehmigungsbescheides formulieren kann. Drei Fälle denkbar: 1. Vorhaben auf der Grundlage eines (rechtskräftigen) Bebauungsplanes (§§ 30 - 33 BauGB), 2. Vorhaben im innerstädtischen Bereich, d. h. innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB), 3. Vorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB).

Zusammenspiel der Akteure bei der Eingriffsregelung

Umweltverträglichkeitsprüfung Die UVP soll der Umweltvorsorge und der Entscheidungsvorbereitung dienen. In der UVP sollen nicht Entscheidungen getroffen, sondern Entscheidungshilfen gegeben werden. UVP = Instrument der Umweltpolitik und nicht Methode UVP-Arten Freiwillige vs. gesetzliche UVP Projekt-, Plan-, Programm- UVP Produkt- UVP

Begriffsdefinitionen zum Verständnis Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP): die rechtlich normierte Bezeichnung für das gesamte unselbständige Verfahren, das Instrument der Umweltpolitik Umweltverträglichkeitsstudie (UVS): die nach § 6 UVPG beizubringenden Unterlagen Umweltverträglichkeitsuntersuchungen (UVU): die hierfür durchzuführenden Einzel-Erhebungen Vorhaben: Projekt, für das die UVP durchgeführt werden soll (Bundesstraße X von A nach B, Kläranlage Y, Kohlekraftwerk Z usw.) Vorhabenträger: Antragsteller, Projektbauherr Vorhabentyp: Klasse von Projekten, für die eine UVP gemacht werden muss (z. B. Industrieanlagen, Kläranlagen, Schnellstraßen), sind in der Anlage zu § 3 UVPG aufgelistet Screening: Umwelterheblichkeitsprüfung, vereinfachte Vorprüfung, bei der festgestellt werden soll, ob eine UVP nötig ist Scoping: Verfahrensschritt, bei dem das Relevante vom Irrelevanten getrennt und der voraussichtliche Untersuchungsrahmen festgelegt wird

Verhältnis von UVP zur Fachplanung Verhältnis von UVP zur Bauleitplanung

Gestuftes Vorgehen bei der Projekt-UVP

Unterrichtung über den voraussichtlichen Untersuchungsrahmens (§ 5) UVPG § 3a (vorgesehen) § 5 § 6 § 11 § 12 Verfahrensschritt Umwelterheblich- keitsprüfung (Screening) Unterrichtung (Scoping) Ermittlung und Beschreibung Zusammenfassende Darstellung Bewertung Berücksichtigung Durchführender Zuständige Behörde Vorhabenträger, zuständige Behörde (Gutachter) Vorhabenträger (Gutachter) zuständige Behörde (Gutachter) zuständige Behörde Beteiligung Behörden noch offen Naturschutzbehö. obligatorisch, andere fakultativ vorliegende Informationen zur Verfügung stellen Zulassungs- und Naturschutzbehö. obligatorisch, andere fakultativ Zulassungsbehö. obligatorisch abhängig vom Fachrecht Beteiligung Öffentlichkeit fakultativ ja (Auslegung + Erörterung) nein (behördenintern) Benachrichtigung der Betroffenen und Einwender Tabelle 2.2.1: Verfahrensschritte der UVP, Durchführende und zu Beteiligende (aus: Scholles 1997, 39, verändert) Nach UVPG ist festgelegt, dass folgende Schritte bei einer UVP auszuführen sind: Unterrichtung über den voraussichtlichen Untersuchungsrahmens (§ 5) Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen (§ 6) Beteiligung von Behörden, anderen Staaten und Öffentlichkeit (§§ 7-9) Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen (§ 11) Bewertung der Umweltauswirkungen (§ 12 erster Halbsatz).

Beispielhaft einige Fragen, die in der UVP angesprochen werden: Das Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) von Bauleitplänen ist oftmals freiwillig, das Baugesetzbuch erfordert jedoch eine fundierte Darstellung der Umweltbelange, um sie mit anderen Belangen gerecht abwägen zu können. Beispielhaft einige Fragen, die in der UVP angesprochen werden: Liegt das Baugebiet in einer Frischluftschneise oder in einem klimatischen Ausgleichsraum und ist es bei Optimierung dennoch verträglich? Welche Vorkehrungen sind gegen Verkehrslärm, Gewerbelärm oder Lärm von Sport- und Freizeitanlagen zu treffen? Können versiegelte Straßenflächen reduziert werden; sind zu viele Stellplätze (trotz guter ÖPNV-Erreichbarkeit) vorgesehen? Liegt das Plangebiet in einer Wasserschutzzone und sind deshalb Vorkehrungen geboten? Ist eine Regenwasserversickerung sinnvoll und notwendig? Sind Altlasten zu untersuchen und zu sanieren? Wie stark ist der Eingriff in Natur und Landschaft und inwieweit soll er ausgeglichen werden? Welche Begrünungsmaßnahmen sind auf dem Grundstück erforderlich und möglich?

Umweltverträglichkeitsprüfungen bei anderen Planungen und Maßnahmen ähnlich wie bei Bebauungsplänen erfolgt eine Umweltverträglichkeitsprüfung bei: Änderungen des Flächennutzungsplanes Städtebaulichen Rahmenplänen Städtebaulichen Wettbewerben. Daneben gibt es Vorhaben, die nach dem Gesetz über die UVPG rechtlich zwingend einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen. Dies betrifft z.B.: Straßenbaumaßnahmen U-Bahn-Baumaßnahmen Deponie- und Kläranlagenerweiterungen großflächige Einzelhandelsbetriebe. Das in diesem Gesetz geregelte Verfahren wird in diesen Fällen ebenfalls vom Umweltamt betreut, teilweise werden Umweltverträglichkeitsstudien (UVS) von dort selbst erarbeitet. Umweltverträglichkeitsprüfungen, bei denen andere Behörden federführend sind: wasserbauliche Maßnahmen nach dem Wasserhaushaltsgesetz Genehmigung von gewerblichen Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz verkehrliche Planfeststellungsverfahren.

Umweltverträglichkeitsprüfungen bei anderen Planungen und Maßnahmen ähnlich wie bei Bebauungsplänen erfolgt eine Umweltverträglichkeitsprüfung bei: Änderungen des Flächennutzungsplanes Städtebaulichen Rahmenplänen Städtebaulichen Wettbewerben. Daneben gibt es Vorhaben, die nach dem Gesetz über die UVPG rechtlich zwingend einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen. Dies betrifft z.B.: Straßenbaumaßnahmen U-Bahn-Baumaßnahmen Deponie- und Kläranlagenerweiterungen großflächige Einzelhandelsbetriebe. Das in diesem Gesetz geregelte Verfahren wird in diesen Fällen ebenfalls vom Umweltamt betreut, teilweise werden Umweltverträglichkeitsstudien (UVS) von dort selbst erarbeitet. Umweltverträglichkeitsprüfungen, bei denen andere Behörden federführend sind: wasserbauliche Maßnahmen nach dem Wasserhaushaltsgesetz Genehmigung von gewerblichen Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz verkehrliche Planfeststellungsverfahren.

Literatur Riedel, Wolfgang; Lange, Horst 2001: Landschaftsplanung. Spektrum Akademischer Verlag Gustav Fischer, Heidelberg Berlin. 264 S. Köppel, Johann; Feickert, Uwe; Spandau, Lutz; Straßer, Helmut 1998: Praxis der Eingriffsregelung. Schadensersatz an Natur und Landschaft? Ulmer-Verlag, Stuttgart. 297 S. Plachter, H., Bernotat, D., Müssner, R. und Riecken, U. 2002: Entwicklung und Festlegung von Methodenstandards im Naturschutz. Ergebnisse einer Pilotstudie. Heft 70, 566 Seiten, ISBN 3-7843-3608-6 Horlitz, Th. 2001: Methoden in Leitbild und Zielentwicklung. In: NNA (Koordination): Leitbilder des Naturschutzes und deren Umsetzung mit der Landwirtschaft - Ziele Instrumente und Kosten einer umweltschonenden und nachhaltigen Landwirtschaft im niedersächsischen Elbetal. Forschungsvorhaben im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunktes Elbeökologie. Synthesebericht. (http://elise.bafg.de/?3733).

Interessante Internetadressen: Bundesamt für Naturschutz http://www.bfn.de/01/index.htm Umweltbundesamt http://www.umweltbundesamt.de/ Landschaftsplanungspublikationen im Internet: http://www.lapla-net.de/