Systemische Verhaltenstherapie in der Tagklinik Westend / München Dr. med. I. Tominschek, MBA Jahrestagung der SGZ - Zürich, 2011
Gliederung Kurze Vorstellung des tagesklinischen Konzeptes Was macht Veränderung möglich? Fallvignette einer Zwangspatienten Interview 6 Monate nach Entlassung
Vorteile der Tagesklinik Patient pendelt zwischen 2 „Welten“ Wahrnehmen von Unterschieden Einbindung von Angehörigen Homeflooding Aufbau alltagsrelevanter sozialer Kontakte → Therapie nahe am Alltag
Familientherapeutische Interventionen: Angehörigengruppe Familienaufstellungen Familien- / Paargespräche Funktionen der Zwänge?
Was an diesem Therapiekonzept ist familientherapeutisch?
…. die therapeutische Haltung! → Pat. ist Teil eines Problemsystems → Symptomkonfrontation löst das Problem nicht → Veränderung benötigt neue Anziehungskräfte → der Therapeut kann Veränderungen nur anstoßen → Zwangsfreiheit benötigt Veränderungen im Miteinander
Welche Beziehungen sind therapeutisch relevant?
Der Patient und ………. seine Angehörigen, seine Freunde / Mitpatienten, das Therapeutenteam, sein berufliches Umfeld, seine Versorgungssysteme, sein ambulanter Psychotherapeut, ………
Anziehungskräfte im Leben von Zwangspatienten Partner (Rückver- sicherungen) Familie (Sicherheit) Schonung durch Angehörige Soz. Rückzug (Selbstwert- schutz) Vermeidung intensiver Gefühle Wunsch nach Kontrolle & Sicherheit
In der Therapie wirken neue Anziehungskräfte Einzel-/ Gruppen- therapie Familie (Entlastung, Abgrenzung) Berufliche Perspektive Mitpatienten (Selbstwert↑) Freizeit- angebote Symptom (Pseudo- Sicherheit)
Wieviel Energie benötigt Veränderung?
? Labiles Gleichgewicht → offen für Neues → Veränderung benötigt wenig Energie ?
Veränderung benötigt viel Anstrengung ……
…. wenn Symptome das pathologische Gleichgewicht stabilisieren.
Attraktoren schaffen Veränderungsmotivation: → der Patient ist bereit „Risiken“ einzugehen. Attraktor
Der gewünschte Therapieverlauf → Symptome werden „vergessen“ Problembereiche Symptome
Kasuistik 39 jährige Patientin, ledig, Whg. im Haus der Eltern Wasch- und Kontrollzwänge seit der Adoleszenz atypische Anorexie (BMI = 16, restriktives Essverhalten) bisher kein stationärer Aufenthalt Tagesklinische Aufnahme auf Empfehlung des Analytikers
Anamnese Mutter und Großvater (ms) Zwänge Vater zwanghaft und impulsiv (drohte mit Suizid) Verlustängste in Kindheit / Jugend Frustrationen in der Pubertät (“keine weibliche Figur”) Berufliche Wahl durch Vater (“Sicherheit”)
Krankheitsentwicklung In der Pubertät erstmalig depressiv Seit der Lehre Zwänge Mit 27 Umstrukturierung des AP & enttäuschte Liebe Mit 32 Berentung auf Zeit Mit 39 massive Einbindung der Mutter in Zwangsrituale
Therapie Jugend: Antidepressiva Ab 27: ambulante VT und Tiefenpsychologie 2-5/2011: 3 Monate Tagklinik Westend (1 FG) 9/2011: Ende der ambulanten Therapie 11/2011: Katamnesegespräch
Videoausschnitt vom Katamnesegespräch 4’ - 9’
Welche Attraktoren wirken? Zeitrente (Angst vor Rückkehr) Eltern (Sicherheit / Versorgung) Freunde und Mitpatienten (Abwechslung) Malerei (Selbstwert)
Zusammenfassung Veränderung vollzieht sich im Miteinander Veränderung findet ein neues Gleichgewicht (ohne Zwang) Der Zwang verhindert Veränderung Veränderung muss sich lohnen Veränderung benötigt einen sicheren Rahmen
Veränderung auf Bayrisch
Lehrbuch mit DVD 2. Auflage 2010
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! tominschek@tagklinik-westend.de