Dipl.-Psych. Prof. Dr. H. Dettenborn Zum Verhältnis von Kindeswille und Kindeswohl Möglichkeiten und Grenzen des Einbezugs eines Pflegekindes unter besonderer.

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 Präsentation transkript:

Dipl.-Psych. Prof. Dr. H. Dettenborn Zum Verhältnis von Kindeswille und Kindeswohl Möglichkeiten und Grenzen des Einbezugs eines Pflegekindes unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswillens und dessen Erkundung 5. Jahrestagung der Pflegekinder-Aktion Schweiz am 21. November 2014 Thema: Pflegekinder beteiligen - Zur Umsetzung von Art. 1 a der neuen Pflegekinderverordnung

Art. 1 a Abs. 1 PAVO Beim Entscheid über die Erteilung oder den Entzug einer Bewilligung sowie bei der Ausübung der Aufsicht ist vorrangig das Kindeswohl zu berücksichtigen

Art. 1 a Abs. 2 PAVO Die Kindesschutzbehörde sorgt dafür, dass das Kind, das in einer Pflegefamilie oder in einem Heim betreut wird: a) über seine Rechte, insbesondere Verfahrensrechte, entsprechend seinem Alter aufgeklärt wird;   b) eine Vertrauensperson zugewiesen erhält, an die es sich bei Fragen oder Problemen wenden kann; c) an allen Entscheidungen, die einen wesentlichen Einfluss auf sein Leben haben, entsprechend seinem Alter beteiligt wird.

Grundsatz Prinzip: Soviel Akzeptierung des Kindeswillens wie möglich, soviel staatlich reglementierender Eingriff wie nötig, um das Kindeswohl zu sichern. Allgemein: Soviel Autonomie der Rechtssubjekte (hier von Minderjährigen) wie möglich, soviel staatliche Reglementierung wie nötig.

Die zwei Seiten des Schutzbedarfs: Prüfung möglicher Gefährdungsfolgen wenn dem kindlichen Willen stattgegeben wird Prüfung möglicher Gefährdungsfolgen, wenn dem Kindeswillen nicht gefolgt wird Entscheidung in Unsicherheit (Dilemma) Ausweg: Differenzierte Risikoabwägungen Methodisch durchdachte Hypothesenbildung und -prüfung

Definition Kindeswille: Die altersgemäß stabile und autonome Ausrichtung des Kindes auf erstrebte, persönlich bedeutsame Zielzustände. Nicht: „vernünftiger Wille“, „reflektierter Wille“, „begründeter Wille“, „wohl verstandenes“ Interesse „objektive Interessen“ des Kindes

Mindestanforderungen Mindestanforderungen an das Vorliegen eines Kindeswillen (Prüfkriterien für Diagnose und Prognose) Mindestanforderungen Kindeswille Ziel- orienierung Intensität Stabilität Autonomie

(1) Zielorientierung Eine handlungsleitende Ausrichtung auf erstrebte Zustände dominiert, d.h. Vorstellungen darüber, was sein soll, nicht mehr nur stimmungsabhängiger, richtungsloser Leidensdruck. Vorstellungen dazu sind vorhanden, wie das Ziel erreicht werden kann.

(2) Intensität Ziele werden mit Nachdrücklichkeit und Entschiedenheit angestrebt. Die Intensität nimmt zu mit der subjektiven Bedeutsamkeit und der Attraktivität der Zielzustände. Intensität ist erkennbar am Beharrungsvermögen bei Hindernissen und Widerständen.

(3) Stabilität Beibehaltung der Willenstendenzen über eine angemessene zeitliche Dauer gegenüber verschiedenen Personen und unter verschiedenen Umständen. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt mit der Intensität.

(4) Autonomie Der geäußerte Kindeswille ist Ausdruck der individuellen eigenen Bestrebungen und der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen des Kindes. Das schließt nicht aus, - dass Fremdeinflüsse an der Formierung des Willens beteiligt waren und - dass zu den Selbstwirksamkeitsüberzeugungen auch Kontrollillusionen gehören.

Kindeswille und Alter 1 Erstaunlich früh, nämlich mit drei/vier Jahren, erwerben altersgerecht entwickelte Kinder notwendige psychische Kompetenzen, um einen psychologisch und rechtlich beachtenswerten Willen haben und äußern zu können.

Kindeswille und Alter 2 Die Ansicht, der Wille kleinerer Kinder sei prinzipiell weniger differenziert, vernünftig und beachtlich, ist ein Vorurteil und gefährdet die Diagnostik am meisten. Jede Altersstufe birgt spezifische „Störquellen“, die dazu führen können, dass der Kindeswille nicht den Vorstellungen Erwachsener entspricht oder gar selbstgefährdende Momente enthält.

Kindeswille und Alter 3 Es ist nicht gerechtfertigt, irgendeine Altersstufe (vor 3./4. Lj.) als generell defizitär, als Minus-Variante des Erwachsenenwillens anzusehen. Die Wahrheit für Altersgrenzen liegt im Kontext. Den Kontext bilden - der Entwicklungsstand eines Kindes, - die Art der rechtlichen Fragestellung - und die sozialen Rahmenbedingungen. Die zentrale Einflussgröße ist der Stand der Persönlichkeitsentwicklung eines Minderjährigen, der Einfachheit halber meist festgemacht am Alter.

Sonderkonstellationen des Kindeswillens der selbstgefährdende Kindeswille der induzierte Kindeswille Merkmale: Missverhältnis zur objektiven Bedürfnislage des Kindes das Gewicht des Kindeswillen als Kindeswohl-Kriterium schwindet Schutzbedarf für das Kind tritt in den Vordergrund

Selbstgefährdender Kindeswille: Entscheidungspsychologische Grundlagen 1 verfehlte Nutzenerwartungen verfehlte oder fehlende Schadenseinschätzungen verfehlte Realisierungseinschätzungen

Selbstgefährdender Kindeswille: Entscheidungspsychologische Grundlagen 2 erhöhte Vulnerabilität und Überforderung des Kindes ängstliche Anpassung an Erwartungen von Bezugspersonen Entwicklungsverzögerungen; kognitive Defizite; psychosoziale Fehlentwicklungen Traumatisierungserlebnisse Umdeutungen/Verdrängung von Traumatisierungserlebnissen

Induzierter Kindeswille: Können kindliche Willensbekundungen als weniger bedeutsam eingeschätzt werden, wenn auch Beeinflussung in die Willensbildung miteingegangen ist? Pro-Argumente durch Beeinflussung entstandener Kindeswille ist fremder Wille durch Beeinflussung entstandener Kindeswille ist Ergebnis von Manipulation und nicht Indiz für Selbstbestimmung Contra-Argumente jeder menschliche Wille ist beeinflussbar Erziehung ist immer Beeinflussung (besonders liebevolle Zuwendung) wenn Beeinflussung einer Bezugsperson erfolgreich(er) war, liegt eine enge(re) Beziehung vor

Arten der Induzierung Indirekte Induzierung: Versprechen und Gewähren von Vorteilen (Geschenke, Zuwendung, Freizügigkeiten). Direkte Indizierung: Gezielte verbale oder nonverbale Einflussnahme, um Einstellungen und Willensinhalte des Kindes zu verändern. Offen durch verbale Verdächtigungen, anklagende und abwertende Bemerkungen usw. Extrem: Aufhetzen, Zwang, Drohung Verdecktes Vorgehen mittels Mimik, Gestik, Liebesentzugs/ Zuwendung (je nach Anpassung)

Effekte der Induzierung äußerliche Anpassung induktionsgemäßes Verhalten als Nutzen-Kalkül (Vermeidung von Nachteilen wie Liebesentzug, Repressalien usw.) Beibehaltung der eigenen Wünsche Pflichtübungen in Gegenwart des Induzierenden; Umkehr bei dessen Abwesenheit

Fazit zur Induzierung Im Prozess der Induzierung kann nicht nur äußere Anpassung, sondern auch eine neue psychische Realität entstehen (Verinnerlichung), zu der das Kind aktiv beiträgt. Vorteile: Reduzierung von Dissonanzen; Gewinn an Handlungsfähigkeit; Erreichen eines Initiatorstatus; Stärkung von Selbstwirksamkeitserwartungen Dies zu ignorieren, kann Kindeswohl gefährden.

Diagnostik des Kindeswillens Direkter Zugang Exploration des Kindes Verhaltensbeobachtung Beziehungsdiagnostik (Tests, Explorationshilfen) Indirekter Zugang Befragung von Bezugspersonen Befragung von anderen Personen (z. B. Jugendamt, Beistand, Personen aus dem Umfeld der Familie)

Komplikationen Das Kind äussert keinen Willen kann sich nicht entscheiden will sich nicht entscheiden hat sich entschieden, verschweigt aber eigenen Willen Der geäußerte Kindeswille entspricht nicht den „wirklichen“ Intentionen

Der Umgang mit dem Kindeswillen Kenntnisnahme des Kindeswillens Prüfung des Kindeswillens Berücksichtigung/Nichtberücksichtigung des Kindeswillens 4. Nachsorge

Die Prüfung des Kindeswillens Die Prüfung des Kindeswillens betrifft seine psychologische Qualität und seine rechtliche Beachtlichkeit. Die psychologische Qualität: Die beschriebenen Mindestanforderungen. Der Entwicklungsstand des Kindes. Der Ausschluss von Selbstgefährdung. Gründe/Motive für die Willensäußerungen eines Kindes.

UN-Kinderrechtskonvention von 1989 Artikel 12 [Berücksichtigung des Kindeswillens] (1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife. (2) Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden.

Die häufigsten Begründungen, die Kenntnisahme und Prüfung des Kindeswillen zu vermeiden Die Entscheidung soll nicht kompliziert werden. Dem Kind nicht zuviel Verantwortung aufbürden. Kind ist zu jung, zu unreif usw. Kindeswille ist manipuliert oder manipulierbar. Belastung des Kindes durch die Anhörung ist zu groß. Die beteiligten Erwachsenen bzw. Institutionen wissen am besten, was gut für das Kind ist.

Die häufigsten Gründe, die Kenntnisahme und Prüfung des Kindeswillen zu vermeiden Rationalisierungen dahinter stehender Ängste, Unsicherheit, Kompetenzselbstzweifel in Bezug auf die Kommunikation mit Kindern, Meidung von Komplexität in der Entscheidungsfindung. Unwille darüber, dass eine Entscheidung wieder infrage gestellt werden könnte.

Kontrollüberzeugungen

Problembesitz und Gesprächstechnik Kontaktrichtung (=Problembesitz) Mögliche Gesprächstechnik Kind/Jugendlicher sucht Kontakt zu Ihnen Aktives Zuhören Sie treten an Kind/ Jugendlichen heran Erleben mitteilen

Aussageintention und Gesprächsführung Problembesitz Gesprächsführung Kind will reden; hat aber Hemmungen Kind hat das Problem Aktives Zuhören Kind will nicht reden Befrager hat das Problem Erleben mitteilen

Stadien der Willensbildung PRÄINTENTIONALE PHASE Das Woher des Willens Bedürfnishintergrund; motivationale Tendenzen (Unbehagen, Leidensdruck, ungerichtete Veränderungswünsche); unreflektiertes Beharren   INTENTIONALE PHASE Das Wohin des Willens Zielintentionen (Absichten) Mittelintentionen (Vorsätze)

Zielintentionen entstehen umso eher, je ausgeprägter Bedürfnisspannungen in der präintentionalen Phase sind je attraktiver ein Zielzustand erscheint je realisierbarer eine Zielintention erscheint je ausgeprägter Kontrollüberzeugungen, Selbstwirksamkeitserwartungen, Kompetenzüberzeugungen sind je stärker der Druck von außen ist

„Kardinalsymptome“ PAS (nach Gardner) Herabsetzungskampagnen Der abgelehnte Elternteil wird als bösartig, hinterhältig, verlogen, gefährlich usw. verunglimpft. Absurde Rationalisierungen der Vorwürfe „Der Papa hat schon früher nicht die Tasche der Mama getragen“, „Wir müssen uns einen neuen Papa suchen, der nicht raucht. Das macht krank“ Fehlende Ambivalenz Alles Gute liegt beim betreuenden Elternteil. Angenehme Erinnerungen an den anderen Elternteil werden nicht zugelassen. Es gibt keine Zwischentöne.

„Kardinalsymptome“ PAS (nach Gardner) Betonung der Selbstständigkeit der Meinung Stereotypäußerungen wie „Das ist meine eigene Meinung“, „Ich weiß es genau“ (Funktion. Sich selbst und andere überzeugen) Reflexartige, ungeprüfte Parteinahme für den betreuenden Elternteil „Mama hat sich schon früher mehr um mich gekümmert und bei Papa gibt‘s nur Tütensuppen“ Ausdehnung der Feindseligkeit auf Angehörige des abgelehnten Elternteils Dessen Mutter oder dessen neue Partnerin/neuer Partner werden auch verunglimpft

„Kardinalsymptome“ PAS (nach Gardner) Fehlende Schuldgefühle Unkritische Rechtfertigung der eigenen Feindseligkeit. Dessen ungeachtet: Forderung von Geschenken oder Geld und heftige Klagen bei deren Ausbleiben „Geborgte“ Szenarien Übernommene, aber nicht verstandene Redewendungen (eine Vierjährige sagt „Wir halten das nicht mehr aus“, kann aber nicht sagen, was gemeint ist; eine Sechsjährige spricht von „Kindeswohl“)

Einseitigkeiten und Gefahren des PAS-Konzepts Etikettierung beteiligter Erwachsener als erziehungsungeeignet oder als Täter; Rückgriff auf das Schuldkonzept vorschnelle Entwertung oder gar Pathologisierung der Willensbildung beim Kind ungenügende Berücksichtigung des Prozesscharakter familiären Konfliktgeschehens undifferenzierte, oft kindeswohlgefährdende Interventionsempfehlungen aufgrund einseitiger Auffassungen von Kindeswohlgefährdung ungenügende theoretische und empirische Fundierung des Ansatzes; mangelnde Trennschärfe der Syndrombeschreibung; unangemessene diagnostische Ansprüche

Primäre und sekundäre Kindeswohlgefährdung Primäre Kindeswohlgefährdung: Handeln von Bezugspersonen im Widerspruch zu den Bedürf - nissen des Kindes, z.B. massive Manipulierung des Kindeswillens, Umgangsvereitelung. Sekundäre Kindeswohlgefährdung: Fehlreaktionen auf (tatsächliche oder scheinbare) primäre Kindeswohlgefährdung durch Professionelle (Richter, Sachverständige, Jugendamt usw.).

Vermeidung sekundärer Kindeswohlgefährdungen Hypothesenbildung Bemühen um Standardisierung des Vorgehens Mehr Bereitschaft zur Kommunikation über Risiken/regelmäßige Fehleranalyse Supervision/Fortbildung Sinnvolle Nutzung des Gruppenvorteils (Ideenhäufung, Fehlerausgleich, Kompetenzkoordinierung usw.) durch effektive, professionsübergreifende Zusammenarbeit