Schmerz in der Geriatrie

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 Präsentation transkript:

Schmerz in der Geriatrie Dr. med. Christoph Alber Psychiatrie und Psychotherapie, spez. Alterspsychiatrie und –psychotherapie FMH

Spezifika bezüglich Schmerz und Schmerztherapie im Alter Spezifika bezüglich Schmerz und Schmerztherapie im Alter? - Psychosozial - Biologisch inkl. Pharmakokinetik/-dynamik mit Auswirkungen auf Therapie mit Analgetika und Ko-Analgetika Konsequenzen daraus für die Schmerztherapie

Der alte Mensch sieht sich oft konfrontiert mit einem Verlust von Partner, Freunden, Arbeit, Fähigkeiten Einsamkeit Gedanken an den Tod schlechtem Stellenwert in der Gesellschaft («nur noch ein Bürde sein, wirtschaftlich, persönlich»)

Wohlbefinden im hohen Lebensalter: Vorhersagen aufgrund objektiver Lebensbedingungen und subjektiver Bewertung Smith J et al. 1999

Entwicklungsaufgaben des alten Menschen Sich nach innen orientieren Bedenken und reflektieren Loslassen ... mit den Zielen die Vergangen-heit zu bewältigen, mit sich selbst in Frieden zu leben und Weisheit weiterzugeben Junkers G 2009

Psychodynamische Konzeption von Bewältigungsprozessen: Die „reifen“ dominieren die „unreifen“ Abwehrmehcanismen mit zunehmendem Lebensalter

Compliance des alten Menschen Non-Compliance steigt mit der Anzahl der gleichzeitig verordneten Medikamente. (Spagnoli 1989) Aufgrund der höheren Inzidenz von Polypharmazie und Komorbiditäten könnte angenommen werden, dass ältere Patienten häufiger von Non-Compliance betroffen sind. Dies konnte in einem Review diesbezüglicher Untersuchungen aber NICHT bestätigt werden. (Fincham 1998)

Wir sind nicht die einzigen Behandler… BZD, Schmerzmittel x2 oder x3 Patient Alternativ- medizin Apotheke Drogerie Angehörige Andere ÄrztInnen Grapefruit Rauchen Alkohol „Das hat mir auch geholfen“ „Aut idem“ Tees OTC-Analgetika TCM Homöopathie Phytotherapie

Schmerzprävalenz > 65 J Bei zu Hause Lebenden besteht bei 50 – 70 % ein mehr oder weniger ausgeprägtes Schmerzproblem, bei über 65-jährigen in Institutionen sind es bis 83 %. Bei 88 % dieser beiden Populationen betrifft das Schmerzproblem den Bewegungsapparat. Pazeller S 2008

Chronische Schmerzen und Depression Über 76-Jährige: - 90% sind von Gelenk-, Glieder- oder Rückenschmerzen betroffen - gut ein Drittel davon leidet unter erheblichen/starken Schmerzen Gunzelmann T et al 2002 - 40-75% aller depressiven Patienten leiden unter Schmerzsymptomen. - 40-50% der Schmerzpatienten sind von depressiven Störungen betroffen. Lepine Jp 2004, Ohayon MM 2003 , Manchikanti L 2002

Schmerzreaktion bei Demenzkranken MMS 13 ± 2.8 Rainero I 2000, Kressig R 2012

Schmerzreaktion bei Demenzkranken Die Schmerzreizverarbeitung von Demenzkranken unter- scheidet sich leicht gegenüber jener von Gesunden, sie ist aber Grundsätzlich gegeben und ein weiteres Indiz dafür, dass Schmerz auch beim dementen Menschen behandelt werden muss. Cole L J, 2006

Pharmakodynamik Erhöhte Sensitivität älterer Personen gegenüber zentral wirksamen Substanzen (Opiate) (Albernethy 2001) medikament. orthostatischer Hypotension (Neuroleptika, TCA, Antiepileptica, Diuretika) (u.a. Aronow 2003/Bonow 1992) Hyponatriämien (bspw. SSRI, aber auch bei dualen AD wie z. B. Duloxetin) (Rosholm 2002)

Pharmakokinetik: Absorption Oral: Schluckbeschwerden bei 45% der 75-Jährigen; GIT-Pathologien erschweren oft die Absorption (Effekt eher gering Holbeach and Yates 2010) Rektal: Individuelle Streubreite der Resorptionsmenge Haut: Cave Durchblutungskonstanz, (Areal, Feuchtigkeit der Haut)

Pharmakokinetik: Distribution Verhältnis Muskelmasse zu Körperfett ändert: - Erhöhung der Eliminations-HWZ lipophiler Substanzen (viele Psychopharmaka) - hydrophile Substanzen erreichen schnell hohe Konzentrationen (Morphin) Proteinmangel: Zunahme der ungebundenen Konzentration (Phenytoin)

Pharmakokinetik: Metabolismus Analgeticum Metabolismus kombiniert mit führt zu Tramadol 3A4/2D6 Haloperidol Amiodaron Haloperidol  Tramadol  Oxycodon 2D6/3A4 Carbamazepin Oxycodon  Methadon Duloxetin Methadon und Duloxetin 

Pharmakokinetik: Elimination Leberfunktion im Alter: Reduzierte Durchblutung und Abnahme der Lebermasse schränken die Elimination moderat ein. Bei Gesundheit unerheblich, in Krankheitszuständen relevant! (insbesondere auch bei Niereninsuffizienz)

Pharmakokinetik: Elimination Nierenfunktion im Alter: Reduzierte Durchblutung, GFR und tubuläre Exkretion führen bei Medikamenten mit kleiner extrarenaler Dosisfraktion ohne Dosisanpassung zu verlängerter Eliminations-HWZ, resp. verringerter Clearance des Pharmakons.

Opioide bei Niereninsuffizienz Kressig 2012 Einsatz bei Niereninsuffizienz Hydromorphon ja Buprenorphin Methadon Oxycodon/Targin ja(vorsichtig) Fentanyl vorsichtig Tramadol Morphin eher nein/vorsichtig Codein nein Pethidin

Ko-Analgetika Antidepressiva: Antikonvulsiva: Kortikosteroide Amitriptylin, Clomipramin, Imipramin, Trimipramin, Duloxetin, (Mirtazapin, Venlafaxin) Antikonvulsiva: Pregabalin, Gabapentin, Topiramat, Carbamazepin, Phenytoin Kortikosteroide Bisphosphonate Sedation+Interaktion! critical dose drugs als Generika mit ΔAUC bis 45% Krämer G, Honegger U 2010

Nicht medikamentöse Therapien Biologische Therapien Wärme/Kälte, Kneipp, Klimatherapie, etc. Alternative: TCM, Akupunktur, Akupressur, Homöopathie, Anthroposophie Manipulative, körperbezogene Therapie: Physikalische Therapie, Osteopathie, Manualtherapie Mind-body-Therapie: Qigong, Yoga, Meditation, Musiktherapie, psychologischer Methoden wie Hypnose, Entspannungs-verfahren, KVT, Achtsamkeit Bernatzky G, Likar R 2012

Fazit Biopsychosoziales Verständnis ermöglicht Handeln auch bei „ausgeloteter Schmerztherapie“ Schmerzen ernst nehmen (Dissimulation, bei Demenz) Favorisierung von Paracetamol und Opioiden, nach Möglichkeit keine NSAR aufgrund renaler, gastraler und cardialer UAW