Lyrik des Mittelalters II Modelle des Sprechens über Liebe

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Hans Jochen Schiewer Textualität Der Casus Hartmann von Aue II ‚Iwein‘
-Gottfried von Straßburg
 Präsentation transkript:

Lyrik des Mittelalters II Modelle des Sprechens über Liebe Dietmar von Eist (um 1160/1190), Heinrich von Morungen (um 1180/1200), Hartmann von Aue (um 1180/1200), Walther von der Vogelweide (um 1200/1220), Neidhart (um 1220/30), ‚Carmina Burana‘ (um 1230)

Das Tagelied (Dietmar v. Eist, MF 39,18) Her Dietmar von Ast, Aus: Codex Manesse, um 1320

Daten zum Autor (s. VL ) Aus einem Geschlecht in Oberösterreich nahe der Mündung der Enns in die Donau, 2. H. 12. Jh. Miniatur in C: höf. Dame und fahrender Händler mit Esel; Zuordnung der Wappen; Thema: ‚Sänger naht sich verkleidet der Dame‘(?). Überliefert: 16 Lieder mit 42 Strophen. Problem: Teil der Strophen dem Donauländ. Minnesang zugehörig, andere einer späteren Stufe der Gattungsentwicklung.

Dietmars von Eist Tagelied (MF 39,18) Handwerk friedel stm. ‚Freund, Geliebter‘ (Wort mit hohem emotionalem Bedeutungswert) ziere ‚schön‘; nachgestelltes Attribut wan alemann. Nebenform von man; schiere ‚bald‘. wol getan ‚schön‘; zwî ‚Zweig‘ entslâfen ‚einschlafen‘ wâfen Not- oder Weheruf gebieten: ich gebiute, du gebiutest, wir gebieten beginnen: ich began, schwaches Präteritum: ich begunde du ... lâst mich eine (von lâzen) ‚du lässt mich alleine‘ wellen (anomales Verb): ich wil, du wilt, er wil, wir wellen; Präteritum: ich wolde, wir wolden. vüerest sant dir ‚du nimmst mit dir.‘

Gliederung des Textes (MF 39,18) Str. 1 Frauenstrophe; unvermittelter Redeeinsatz, der das Verhältnis der Rollen zueinander klärt: slâfen, du, friedel ziere ... Str. 2 Mannesstrophe Str. 3: „Erzähler“ wird eingeführt: Außeninstanz im Lied, Abschluss: Rede der Frau/ Klage. Mit Perspektivierung in die Zukunft: wenn wilt du wider her zuo mir?

Gattungstradition des Tagelieds Textsammlung: Tagelieder des deutschen Mittelalters. Mhd./nhd., Einleitung von Alois Wolf, hg. von Martina Backes, Stuttgart 1992 u.ö. Romanische Gattung der Alba (= Lied beim Morgengrauen), setzt ein Anf. 12. Jh. Frühestes Beispiel in der deutschen Lyrik: Dietmar von Eist. Gattungskonstituenten des Tagelieds: Sog. Objektive Lyrik (Erzähler, narrative Komponente) Mehrere Rollen: Mann, Frau, Wächter, der die Liebenden weckt/warnt) Wörtliche Rede Als Szenentyp (Tagelied-“Situation“) auch in erzählenden Formen (Roman; Maere, Novelle) und ab 16. Jh. im Drama (Shakespeare, ‚Romeo und Julia‘: „Es ist die Nachtigall und nicht die Lerche.“).

Heinrich von Morungen Traumbild (?): Der Sänger und die Dame Aus: Codex Manesse, Zürich, um 1320

Daten zum Autor (s. VL; Killy, Literaturlexikon; U Daten zum Autor (s. VL; Killy, Literaturlexikon; U. Meves, Regesten deutscher Minnesänger) Aus einem niederadligen thüringischen Geschlecht; dichtete um 1200. Überliefert sind: 35 Lieder in 115 Str. (u.a. in den Liederhandschriften A, B, C). Miniatur: Dichter auf dem Lager, träumend, Trennung von der geliebten Dame (s. MF 145,1) Bevorzugte Form: Kanzone (s. Paul/Glier, Deutsche Metrik) Themen des Hohen Minnesangs: Liebesklage, Sänger und Gesellschaft, Singen und Schweigen. Morungen-Nachleben: ab 13. Jh.: Herausbildung der Moringer-Ballade (s. VL).

Handwerk (zu MF 123,10) mîn lîp vertritt die ganze Person: ‚ich; ich ganz und gar‘) bieten, stv. II ich bôt, wir buten, geboten. be-stên m. dp (Dativ der Person) des ‚deshalb‘ versagen, Präteritum: verseite (< versagete)‚versagen, entziehen‘ tugen, touc; Präteritum: tohte ‚nützen, gefallen‘ kranc ‚gering, schwach, wertlos‘ sunder danc ‚gegen jmds. Willen‘ mugen, ich mac, du maht, wir mugen; ich mohte ‚können‘

MF 123,10 Gliederung 1-2. Trauer über die Zurückweisung der geliebten Dame, die dem Sänger seinen Sang verboten hat. 3. Anrede an das Publikum: Bitte an die höfischen Damen um Rat; 4. Wendung an die Geliebte (wîplîch wîp); Abgesang: Wendung an das Publikum: nur sie kann Freude schenken. 5. Selbstreflexion des Sängers: Trotz Ablehnung durch die Dame erneuert er vor dem Publikum sein Gelöbnis fortdauernden Dienstes.

Kanzone: ein Formmuster aus der Romania (s. Paul/Glier, Dt Kanzone: ein Formmuster aus der Romania (s. Paul/Glier, Dt. Metrik, § 87ff.) Zweiteilige Liedform A Aufgesang: Stollen I/Stollen II (= A/A´) Die Stollen sind identisch: in der Reimstellung, der Zahl der Verse und der Hebungen innerhalb des Verses und hinsichtlich der Melodie B Abgesang (= B); - gegenüber dem Aufgesang mit abweichender Melodie; - nicht im Umfang/Reimstellung definiert.

MF 123,10: Kanzonenform mit angereimtem Abgesang Reimschema: Aufgesang (Stollen I und II): a bb c / a dd c Abgesang (angereimt an den c-Reim des Aufgesangs: c ee c

Das Konzept der „Hohen Minne“ (s. Schweikle, Minnesang, S. 168ff.) Konzept der frz. und dt. Liebeslyrik um 1170, gültig bis in die Neuzeit. Verehrung einer (ungenannten) vrouwe (‚Herrin, edle Dame‘). Ihr dient, um sie wirbt der liebende Sänger/Ritter in der Hoffnung auf Erhörung, aber ohne Aussicht auf Erfüllung: dienest als Ziel. Wirkung der Hohen Minne: -> êre, werdekeit, hôher muot. „Hohe Minne“ als ethisches Konzept und sittlicher Anspruch.

Konfliktfelder der höfischen Liebe: Frauenminne - Gottesminne Kreuzzugslyrik als Gegenkonzeption zur (weltlichen) „Hohen Minne“. Gottesminne: Liebe zu Gott auf Gegenseitigkeit – mit Aussicht auf Erhörung/Lohn (Zielprojektion: das ewige Leben) Frauenminne: Dienst ohne Aussicht auf Lohn. Ir minnesenger, iu muoz ofte misselingen, daz iu den schaden tuot, daz ist der wân. (Hartmann von Aue, MF 218,21f.)

Hartmann von Aue Her Hartman von Owe, Aus: Codex Manesse, Zürich um 1320

Daten zum Autor Hartmann von Aue (s Daten zum Autor Hartmann von Aue (s. Killy, Literaturlexikon; Störmer/Cormeau, Hartmann von Aue, Arbeitsbuch, 2007 Aus einem Ministerialengeschlecht im dt. Südwesten (Reichenau? Freiburg?), 12. Jh. Wappen (Seeadler) nicht aussagekräftig zur Bestimmung der Herkunft. Werk (um 1180- um 1200): Zwei Artusromane (‚Erec‘, ‚Iwein‘); zwei höfische Erzählungen (‘Armer Heinrich‘, ‚Gregorius‘); 18 Minnelieder; ein Streitgedicht zw. herze und lîp (‚Klage‘).

Hartmanns 3. Kreuzlied (MF 218,5) Handwerk mîner verte, Nom.: vart stf. ‚Reise, Fahrt‘ vâhen, redv., prät. vienc ‚fangen‘ ir eteslîchen ‚den einen oder anderen‘ suln praet.praes. ich sul, wir soln, sol-te ‚sollen, werden‘ (als Futurumschreibung). ziehen, stv. II ich ziuhe, zôch, zugen, ge-zogen. wân ‚nichtige, vergeblich Hoffnung‘ mugen praet.praes. ich mac, wir mugen, Präteritum: moh-te.

Hartmanns 3. Kreuzlied (MF 218,5) Gliederung 1. Abschied von der höf. Gesellschaft. Grund: mich vienc diu minne (Liebesklage??) 2. Von Minne reden (rüemen) und tun , was sie verlangt, ist zweierlei. Die Minne zieht den Sänger übers Meer hin. [Sachinfo: Saladin: ägypt. Sultan, der das Hl. Land beherrscht und 1171 die Christen vernichtend geschlagen hat, gest. 1193]. Anklage gegen die Minnesänger: Gottesminne und Frauenminne.

Das neue Konzept der „ebenen Minne“ (Hartmann; Walther) Liebe muss auf Gegenseitigkeit zielen. Rollen von Mann und Frau zielen nicht mehr auf die Vorstellung einer einseitig erbrachten Dienst-Minne. Ziel: Liebe hebt die gesellschaftlichen Schranken zwischen dem Minneritter und der geliebten Dame/Frau auf. Erweiterte Begrifflichkeit für die geliebte Frau: - vrouwe (‚edle Dame), - wîp (‚Frau‘), - vrouwelîn (mit emotionaler Komponente des Diminutivs), - maget ‚Mädchen‘ (unterhalb des Standesgrenze des Adels).

Walther von der Vogelweide Her Walther von der Vogelweide. Aus: Codex Manesse, Zürich, um 1320

Neue Minnekonzeptionen um 1200 (s. G Neue Minnekonzeptionen um 1200 (s. G. Schweikle, Minnesang, Stuttgart 21995)) Neben das Konzept der „Hohen Minne“ treten andere Konzepte: - ebene minne (Hartmann, Walther von der Vogelweide): die Liebenden begegnen sich als gleichberechtigte Partner; ständische Differenz wird nebensächlich. - nidere minne (Neidhart); Liebe, die sich bewusst an eine standesniedere Frau richtet (Ritter – Bauernmädchen); ethisch z.T. negativ konnotiert. - neue Konzepte in der (lateinischen) Vagantendichtung: Carmina Burana.

Daten zum Autor Walther von der Vogelweide (um 1170-1228/30) (s. VL; U Daten zum Autor Walther von der Vogelweide (um 1170-1228/30) (s. VL; U. Meves, Regesten zu dt. Minnesängern) Nachweisbar an verschiedenen weltlichen u. geistl. Fürstenhöfen (Wien; Thüringen; Meißen, Passau etc.); immer wieder auch als unbehauster Fahrender. Ein Geschenk zum Martinstag 1203: apud Zeizemurum Walthero cantori quinque solidos longos pro pellicio. (Reiserechnungen Bischof Wolfgers von Passau). Werk: Melodien und Texte zu einem Leich (auf Maria und die Trinität); zu Sangsprüchen und Minneliedern. Breite Wirkung in der folgenden Minne- und Sangspruchlyrik und im Meistergesang des 15.-16. Jhs.)

Walther von der Vogelweide, Herzeliebez vrouwelîn (L 49,25) 1. Herzeliebe (innige, auf Gegenseitigkeit gegründete Liebe als Konzept der liebenden Verbundenheit beider Partner. vrouwelîn: Wert der adligen Dame (vrouwe) verknüpft mit der emotionalen Verstärkung des Diminutivs. 2. Tadel der Gesellschaft – liebe im Verhältnis zu Reichtum und Schönheit. 3. Verhältnis von Schönheit und Liebe: der liebe gêt diu schoene nâch.

4. Tadel der Gesellschaft hingenommen: swaz si sagen, ich bin dir holt 4. Tadel der Gesellschaft hingenommen: swaz si sagen, ich bin dir holt. – Der (billige) gläserne Ring des Mädchens ist wertvoller als der Goldring einer Königin. 5. Das ethische Konzept der „ebenen Minne“: triuwe (‚auf Gegenseitigkeit beruhendes Vertrauen‘) und staetekeit (‚Beständigkeit‘)

Walther von der Vogelweide, Under der linden (L 39,11) Ein männlicher Sänger (Walther) schreibt ein Frauen- oder Mädchenlied. Projektion einer ersehnten Erfüllung. Narrative Lyrikkonzeption: Erzählen von einer vergangenen Liebesbegegnung in der Natur. Erzählperspektive: aus der Sicht des Mädchens. Situation der Pastourelle: Begegnung eines Ritters/Scholaren mit einem Mädchen geringeren Standes in der Natur, -> liebende Vereinigung.

Under der linden (L 39, 11): Gliederung 1. Das Liebeslager unter einer Linde; gebrochen bluomen unde gras. (Hohelied-Referenzen) 2. Der Geliebte kommt; Küsse (Hohelied-Referenzen) 3. Das gemeinsame Liebeslager. 4. Aber davon darf niemand wissen: wan ein kleines vogelin; daz mac wol getriuwe sîn (‚aber das kann verschwiegen sein.‘). Dialektik von Intimität und Öffentlichkeit.

Eine ganz neue Konzeption der Liebeslyrik: Neidhart (s. VL; G Eine ganz neue Konzeption der Liebeslyrik: Neidhart (s. VL; G. Schweikle, Neidhart) Neidhart: um 1225/45 als niederadliger (?) Berufsdichter und Sänger in Bayern und Österreich. Anbindung an den österreichischen Hof der Babenberger unter Hz. Friedrich II. (1230-1246) Gegenstand der Lyrik: Liebe im Milieu der Bauern. der von Riuwental konkurriert mit den Dorfburschen um die Zuneigung der Mädchen. Publikum von Neidharts Lyrik: der bayerische und österreichische Adel des Zeit.

Neidhart Her Nithart, aus: Codex Manesse, um 1320

Eigenheiten von Neidharts Lyrik Zwei Liedtypen, unterschieden nach dem jeweiligen Natureingang: Sommerlieder – Winterlieder. Parodistische Verwendung von Elementen der „Hohen Minne“. Publikum: nach wie vor der Adel! Keine Lyrik des Landvolks! Durchschlagender Erfolg – reiche handschriftliche Überlieferung – zahlreiche Nachdichter in Neidharts Manier („Neidhartianer“, s.VL). Neidhart-Schwänke, seit Mitte 13. Jh.: u.a. Veilchenschwank (Anfang der Feindschaft zwischen N. und den Bauern); Kuttenschwank; Faßschwank. 15. Jh.: ‚Neidhart Fuchs‘: Fiktive N.-“Biographie“; Schwank-Kette mit eingelagerten Liedern. Überlieferung in mehreren Drucken; Holzschnitte.

Neidhart, Ein altiu, diu begunde springen 1. Narrativer Einsatz/Erzählerrolle: Widerspruch ein altiu – kitz . – Dialogische Konzeption: Mutter – Tochter. - Minne: der von Riuwental (Rolle des Sängers). 2. Streitgespräch: Warnung der Tochter. Parodistisch verwendete Formel des Hohen Sangs: staete minne; Liebestod: nach sîner minne bin ich tôt. 3. Eine weitere Alte: nâch bluomen gân – erotische Metapher.

‚Carmina Burana‘ (s. VL) (‚Lieder aus Benediktbeuern‘) Bedeutendste Sammlung der weltlichen lateinischen Lyrik des europäischen Mittelalters. Geschrieben um 1225/30 wohl in Südtirol. Lieder in einem breiten Formenrepertoire; z.T. mit französischen oder deutschen Elementen; zahlreiche deutsche Strophen als Melodiemuster eingelagert. Zahlreiche Texte mit Musiknotation: Sangbarkeit vorgesehen.

‚Carmina Burana‘ Die ‚Carmina Burana‘ enthalten vier Abteilungen: - Moralisch-satirische Dichtungen, Frühlings- und Liebeslieder, - Trink- und Spielerlieder, Geistliche Spiele (Auswahlausgabe: reclam)

Carmen Buranum 90: Exiit diluculo 1. Narrative Entfaltung durch den Erzähler: Pastourellensituation: Bauernmädchen mit seiner Herde. 2. Die Herde: je paarig, männlich und weiblich: vitula cum vitulo, caper et capella. (Zeugungskraft des Bocks im MA sprichwörtlich). 3. Scolaris ‚(fahrender) Schüler/Student‘; Ziel: veni mecum ludere. Überlieferung: Cod. Buranus sowie eine Hs. des 14. Jhs. (Clm 5539) mit zweistimmiger Melodieaufzeichnung.