SGB II Grundsicherung für Arbeitsuchende

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SGB II Grundsicherung für Arbeitsuchende Aussteuerungs-betrag Hartz IV Experimentierklausel Kinderzu-schlag Alg II Sozialgeld Arge Alg II-Zuschlag Erwerbstätigen-freibetrag Prämienarbeit Zumutbarkeit Bedürftigkeit

SGB II – Die Vorgeschichte Arbeitslosenhilfe – Versprechungen FR: Jetzt mal Hand aufs Herz: Wollen Sie auf Kosten der Arbeitslosenhilfe Geld sparen? Schartau: «Ich sage ganz klar: (...) Es geht nicht darum, den Leuten Geld wegzunehmen, Leistungen zu kürzen und sie finanziell unter Druck zu setzen. Das wäre der falsche Weg.» Frankfurter Rundschau 05.04.2002

SGB II – Die Vorgeschichte Arbeitslosenhilfe – Versprechungen FR: Konkret: Wird die Arbeitslosenhilfe abgeschafft? Riester: «Nein. (...) Ich habe überhaupt nicht vor, an die Arbeitslosenhilfe ranzugehen mit weniger Geld.» Frankfurter Rundschau 04.05.2002

SGB II – Die Vorgeschichte Arbeitslosenhilfe – Versprechungen «Wir bekennen uns zur besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in unserer Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.» SPD, Erneuerung und Zusammenhalt Regierungsprogramm 2002 - 2006 «Dabei wollen wir keine Umwandlung von Arbeitslosenhilfe in Sozialhilfe, sondern ein neues Leistungssystem. Arbeitslosen-hilfebezieherInnen sollen nicht schlechter gestellt werden als bisher. Die Bezugsbedingungen der Grundsicherung sollen denen der Arbeitslosenhilfe angeglichen werden.» Bündnis 90/Die Grünen, Vierjahresprogramm 2002 - 2006

SGB II – Das neue Leistungssystem Erster Schritt zur Abschaffung der Alhi Einkommensfreibetrag für (erwerbstätigen) Partner sinkt um 36% Schonvermögensgrenze sinkt um mehr als 60% Hartz I ab 2003 Hartz I ab 2003

SGB II – Das neue Leistungssystem Das Potenzial – Deutschland Alhi 2,41 Mio. * * Alhi-Bezieher + erwerbsfähige Angehörige Quelle: IAB HLU 1,03 Mio. plus nicht erwerbsfähige Mitglieder der BG 1,47 Mio. 1,06 Mio. Alg II 3,44 Mio. Alg II + Sozialgeld 5,97 Mio.

SGB II – Das neue Leistungssystem Das Potenzial Zunahme der Alg II-Empfänger durch ... Wichtig: Das Alg II-Potenzial ist nicht auf Arbeitslose begrenzt Zum Potenzial gehören auch NiedriglöhnerInnen Hartz IV zielt auf den Erwerbssektor ! Verkürzung der Rahmenfrist von 3 auf 2 Jahre für den Erwerb eines Alg-Anspruchs Verkürzung der Rahmenfrist von 7 auf 3 Jahre für die Berechnung der Alg-Anspruchsdauer Alg II- Empfänger 01.01.2005 Wegfall der Beitragspflicht von ABM - damit weniger Möglichkeiten, einen neuen Alg-Anspruch zu erwerben Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten und damit Reduzierung der Alg-Bezugsdauer Heraufsetzen der Altersgrenze für einen längeren Alg-Anspruch Als Folge der Folgen: Steigende Bedeutung von Niedriglöhnen

SGB II – Das neue Leistungssystem Sanktionen Zumutbar ist grundsätzlich jede Arbeit und jede Pflichtarbeit Meldeversäumnis Terminversäumnis ärztliche / psychologische Untersuchung Ablehnung von Arbeit etc. / fehlende Eigenbemühungen Sanktion (für 3 Monate) Wegfall des Zuschlags sowie Kürzung der maßgeben- den RL um 10% Sanktion (für 3 Monate) Wegfall des Zuschlags sowie Kürzung der maßgeben- den RL um 30% Unter 25-Jährige: Keine Geldleistungen

SGB II – Das neue Leistungssystem Sanktionen Absenkung um Zuschlag + 30% der RL 1. Pflichtverletzung Absenkung um zusätzlich 30% der RL 2. Pflichtverletzung Regelleistung § 20 Zuschlag § 24 Bei wiederholter Pflichtverletzung können auch Leistungen nach §§ 21 – 23 betroffen sein

SGB II – Das neue Leistungssystem Sanktionen Bei einer Minderung der Regelleistung um mehr als 30% kann der zuständige Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen (z.B. Lebensmittelgutscheine) oder geldwerte Leistungen erbringen – für den über 30% hinausgehenden Kürzungsbetrag. Innerhalb dieses Rahmens sind Lebensmittelgutscheine auf den für Ernährung und Gesundheitspflege vorgesehenen Anteil der Regelleistung in Höhe von 42 v.H. zu beschränken

SGB II – Das neue Leistungssystem Sanktionen Beispiel: Absenkung der RL (West) um 60% - Umfang der Aufstockung: 30%. Gegenwert der Lebensmittel-gutscheine: 345 € x 42% = 144,90 € Ernährungsanteil; davon 30% = 43,47 €. Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren 38,4 % Bekleidung und Schuhe 9,9 % Wohnung (ohne Mietkosten), Wasser, Strom, Gas u.a. Brennstoffe 7,8 % Einrichtungsgegenstände (Möbel), Apparate, Geräte und Ausrüstungen für den Haushalt sowie deren Instandhaltung 8,0 % Gesundheitspflege 3,8 % Verkehr 5,6 % Nachrichtenübermittlung (Telefon, Fax, Briefpost u.ä.) 6,5 % Freizeit, Unterhaltung und Kultur 11,2 % Beherbergungs- und Gaststättenleistungen 3,0 % Sonstige Waren und Dienstleistungen 5,8 %

SGB II – Das neue Leistungssystem Fazit Wer die soziale Sicherung für Erwerbslose senkt, hat die Löhne im Visier Die soziale Sicherung Langzeiterwerbsloser bewegt sich seit Jahresbeginn auf dem Niveau der Armenfürsorge – auf einem Niveau, das nach Auffassung des DPWV um 19% zu niedrig angesetzt ist Das neue Zumutbarkeitsregime erzwingt von der erwerbsfähigen Armutsbevölkerung die Annahme bzw. Beibehaltung nahezu jedweder Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt Politisch zielt das SGB II auf die Ausweitung bereits bestehender und die Schaffung weiterer Niedriglohnsektoren

SGB II – Das neue Leistungssystem Fazit des Bundeskanzlers «Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. (...) Wir haben also einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut, und wir haben dafür gesorgt, dass wir bei der Zahlung von Unterstützung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr, sehr stark in den Vordergrund stellen. (...) Und wir sind ziemlich sicher, dass das System der Veränderung am Arbeitsmarkt, das im Grunde darauf basiert, die Menschen fit zu machen für den Wiedereintritt in den ersten Arbeitsmarkt, von ihnen aber auch fordert, dass jede in Deutschland zumutbare Arbeit akzeptiert wird, bei Strafe der Leistungskürzung oder ansonsten der Reduzierung erfolgreich sein wird.» Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder vor dem World Economic Forum in Davos am 28.01.2005

SGB II – Das neue Leistungssystem Kernpunkte von Hartz IV 1. Statt Lohnersatz Nur noch Armenfürsorge 2. Statt tariflicher oder wenigstens ortsüblicher Löhne Löhne bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit 3. Statt sozial-versicherungs-pflichtiger Arbeit Pflichtarbeit in Form von 1 €-Jobs

SGB II – Das neue Leistungssystem 1. Januar 2005

SGB II – Das neue Leistungssystem Fünf mal Unsinn «In der Debatte ist bisher nicht genügend gewürdigt worden, dass erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger materiell deutlich besser gestellt werden und dass sie auf arbeitsmarktpolitische Instrumente zurückgreifen können, die bisher nur Arbeitslosenhilfeempfängern zugute kamen. Es gibt eine bedeutende Zahl von Arbeitslosenhilfeempfängern, die ergänzend Sozialhilfe beziehen. Deren Situation verbessert sich ebenfalls. Es ist außerdem gerade aus sozialdemokratischer Sicht eine große Errungenschaft, dass die Schwächsten - die Sozialhilfeempfänger - anders als bisher gesetzlich kranken-, renten- und pflegeversichert sein werden und dadurch die soziale Absicherung auf einem gesetzlichen Niveau und nicht auf dem deutlich niedrigeren Fürsorgeniveau erhalten. Aber auch für die bisherigen Arbeitslosenhilfeempfänger werden sich die Eingliederungsleistungen und die Betreuung deutlich verbessern.» Klaus Brandner, FR 10.09.2004

SGB II – Das neue Leistungssystem Behauptung und Tatsache «Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger werden materiell deutlich besser gestellt.» Kind zwischen 7 und 13 Jahren Regelsatz (West) 192 € Einmalige Leistungen 40 € Summe (BSHG) 232 € Regelleistung SGB II 207 € Verlust 10,8% Kind zwischen 14 und 18 Jahren Regelsatz (West) 266 € Einmalige Leistungen 40 € Summe (BSHG) 306 € Regelleistung SGB II 276 € Verlust 9,8%

SGB II – Das neue Leistungssystem Behauptung und Tatsache «Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger werden materiell deutlich besser gestellt.» Richtig ist: Das Schonvermögen für z.B. einen 50-jährigen Sozialhilfeempfänger stieg zum 01.01.2005 von bisher 1.279 € auf 10.000 €

SGB II – Das neue Leistungssystem Behauptung und Tatsache «Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger können auf arbeitsmarktpolitische Instrumente zurückgreifen. Aber auch für die bisherigen Arbeitslosenhilfeempfänger werden sich die Eingliederungsleistungen und die Betreuung deutlich verbessern» Das alles wäre auch ohne Abschaffung der Alhi möglich gewesen ! Bei sämtlichen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten des SGB II handelt es sich um reine Ermessensleistungen – ohne jeden Rechtsanspruch

SGB II – Das neue Leistungssystem Behauptung und Tatsache «Es gibt eine bedeutende Zahl von Arbeitslosenhilfeempfängern, die ergänzend Sozialhilfe beziehen. Deren Situation verbessert sich ebenfalls.» Alhi mit aufstockender SoHi Alhi ohne aufstockende SoHi Über 90% der Alhi-BezieherInnen kamen ohne SoHi aus Sie verlieren ab 2005 zum Teil dramatisch

SGB II – Das neue Leistungssystem Behauptung und Tatsache «Es ist außerdem gerade aus sozialdemokratischer Sicht eine große Errungenschaft, dass die Schwächsten - die Sozialhilfeempfänger - anders als bisher gesetzlich kranken-, renten- und pflegeversichert sein werden und dadurch die soziale Absicherung auf einem gesetzlichen Niveau und nicht auf dem deutlich niedrigeren Fürsorgeniveau erhalten.» An der Versorgung im Krankheitsfall ändert sich materiell nichts – auch bisher erhielten SoHi-Empfänger alle medizinisch notwendigen Leistungen

«Wer steuerfinanzierte Transferleistungen bezieht - also Arbeitslosenhilfe, bald Arbeitslosengeld II -, dem ist auch zuzumuten, etwas für die Allgemeinheit zu tun.» Schröder 16.09.2004

SGB II – Das neue Leistungssystem Arbeitsgelegenheiten im Rahmen des SGB II Rangfolge des § 16 SGB II in einem Arbeitsverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für im öffentlichen Interesse liegende zusätzliche Arbeiten in einem Arbeitsverhältnis für im öffentlichen Interesse liegende zusätzliche Arbeiten in einem Sozialrechtsverhältnis

SGB II – Das neue Leistungssystem Beschäftigungsangebote – Stadt Bremen 2005 Ein-Euro-Jobs 4.230 Sozialversicherungspflichtige Arbeitsgelegenheiten 50 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ca. 500 Sonstige Fördermöglichkeiten zur direkten Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt 1 1.130 1 v.a. Einstiegsgeld, Eingliederungszuschüsse

Bis 30% unter ortsüblichem Lohn Unter 25-Jährige: keine Geldleistungen Hartz IV Bis 30% unter ortsüblichem Lohn Unter 25-Jährige: keine Geldleistungen

Sichtweisen I 1-€-Jobs sind ein Segen für alle Beteiligten Viele Langzeitarbeitslose wollen etwas Sinnvolles tun – Beweis: Sie bemühen sich selbst aktiv um 1-€-Jobs Gerade im sozialen Bereich ist den dort Beschäftigten jede Entlastung, jede helfende Hand willkommen Schlussfolgerung: Nichts liegt vernünftiger Weise näher, als beides zusammen zu bringen

Sichtweisen II 1. Gruppe: Wunsch nach unbezahlter Arbeit Diejenigen Erwerbslosen, die sich aktiv um 1-€-Jobs bewerben, brauchen sie idR nicht. Die große Nachfrage seitens Erwerbsloser bestätigt vielmehr deren extreme Arbeitsbereitschaft und damit die Überflüssigkeit eines Instruments, das primär der Überprüfung der Arbeitswilligkeit und zur Abschreckung dient Schon aus Gründen politischen Anstandes sollte die Nachfrage Erwerbsloser nach Arbeit ohne Lohn, als das bezeichnet werden, was sie ist: Ausdruck des massenhaften sozialen und psychischen Elends von Erwerbslosen und Ausdruck des eklatanten Mangels an vernünftigen arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Angeboten und Perspektiven für diesen Personenkreis

Sichtweisen II 2. Gruppe: Hilfe zur Arbeit Diejenigen, die 1-€-Jobs im ursprünglichen Sinne der Hilfe zur Arbeit bräuchten, sind idR für die Auftragnehmer «unbrauchbar», weil zu betreuungs-, zu anleitungs- und damit zu kostenintensiv Im übrigen hatte die alte Hilfe zur Arbeit des BSHG einen weitgehend funktionstüchtigen Arbeitsmarkt zur Voraussetzung – dies ist heute genau nicht der Fall

Sichtweisen II 3. Gruppe: Pflichtarbeit ist würdelose Arbeit Diejenigen schließlich, die die 1-€-Jobs als würdelos empfinden und ablehnen, riskieren Sanktionen – für die Auftragnehmer sind sie idR eher eine Belastung. Denn die im Einzelfall erforderliche «Willigkeit» der 1-€-Jobber kollidiert mit dem Zwangscharakter, der den 1-€-Jobs im Kontext des SGB II zugewiesen ist. Genau dieser Personenkreis aber ist es, auf den § 16 III SGB II im Kern zielt «Wer steuerfinanzierte Transferleistungen bezieht - also Arbeitslosenhilfe, bald Arbeitslosengeld II -, dem ist auch zuzumuten, etwas für die Allgemeinheit zu tun.» Gerhard Schröder, 16.09.2004

Fazit These – Keine «in»-Perspektive Pflichtarbeit bietet keinerlei Integrationsperspektive in reguläre Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt – im Gegenteil: nicht die stückweise Überwindung, sondern die ausdrückliche Aufrechterhaltung der Hilfebedürftigkeit ist konstitutives Merkmal von Pflichtarbeit (verglichen etwa mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, ABM oder auch Minijobs)

Fazit 2. These – Arbeitsplatzabbau und Lohndrückerei 1-€-Jobs führen zu Lohndrückerei und Arbeitsplatzabbau. Strukturell verbessern sich die Arbeitsbedingungen der Stammkräfte durch die «helfenden Billig-Hände» gerade nicht – im Gegenteil: Die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich perspektivisch, da irgend wann der Punkt erreicht ist, von dem an der Betrieb ohne 1-€-Jobber nicht mehr verantwortbar aufrecht erhalten werden kann. Zudem gilt: Der Raum für die formal erforderliche «Zusätzlichkeit» wird durch jede Runde des Sozial- und Arbeitsplatzabbaus größer.

Fazit 3. These – Anbieter werden willige Vollstrecker Pflichtarbeiter bereinigen die Arbeitslosen-Statistik – dies ist gegenwärtig das Hauptmotiv für die 1-€-Job-Offensive. – Kein Wunder also, dass die potenziellen Anbieter z. Zt. noch weitgehend die freie Auswahl bezüglich der Person der Erwerbslosen haben. Sobald aber eine ausreichende Zahl von Plätzen geschaffen ist und die betrieblichen Strukturen (gerade im sozialen Bereich) auf kontinuierlichen Nachschub von 1-€-Kräften eingestellt sind, wird sich das Blatt sehr schnell wenden: Viele Anbieter dieser Jobs werden zu Bütteln des Kerns der Hartz IV-Politik – zu Vollstreckern der sanktionierenden und «vertreibenden Hilfe» des SGB II

Pflichtarbeiter sind Arbeiter ohne Arbeitnehmerrechte. Fazit 4. These – Erwerbsarbeit soll billiger werden Damit aber zielt die Logik des SGB II unmittelbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt – also weit über den Einsatzbereich der 1-€-Jobber hinaus. Die Genügsamkeit zur Hinnahme ungünstigerer Arbeitsbedingungen wird noch einmal deutlich erhöht – bei Erwerbslosen wie auch bei Beschäftigten Für Pflichtarbeiter gelten weder individuelles noch kollektives Arbeitsrecht. Pflichtarbeiter sind Arbeiter ohne Arbeitnehmerrechte. Zumutbarkeit, Pflichtarbeit und die latente Sanktionsdrohung dienen ordnungspolitisch nur einem einzigen Ziel: dem Brechen der letzten noch vorhandenen Ansprüche Erwerbsloser – wie auch Erwerbstätiger – gegenüber dem Wert und gegenüber der Würde von Arbeit

Die Arbeitsbedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kommen gewaltig unter Druck Alg II-Potenzial Ausweitung der Niedriglohnsektoren Kombilohn: Erwerbseinkommen + Alg II