Umkehrung von Ausgrenzungsprozessen durch Aktivierungspolitiken

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 Präsentation transkript:

Umkehrung von Ausgrenzungsprozessen durch Aktivierungspolitiken Umkehrung von Ausgrenzungsprozessen durch Aktivierungspolitiken? Werner Eichhorst IZA Bonn Regina Konle-Seidl IAB Nürnberg 3 November 2008 Friedrich Ebert Stiftung, Berlin

Impulsreferat III – Aktivierung Ist Beschäftigung die beste Strategie gegen Armut und soziale Ausgrenzung? Aktivierung sozialer Sicherungssysteme Negativer Zusammenhang einer passiven („bedingungslosen“) Ausgestaltung und Erwerbsbeteiligung Aktivierung = Arbeitsmarktintegration hat Vorrang vor einer rein passiven Leistungsgewährung (Rechte- und Pflichten – Prinzip) Aktivierung = verbindliche Verknüpfung zwischen Bezug von Lohnersatz- und Transferleistungen und Arbeitsmarktverfügbarkeit, d.h. Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme Aktivierung von Erwerbslosen und Inaktiven Fördern und Fordern

Zielsetzungen von Aktivierung ► Aktivierung statt Alimentierung / Vermeidung von Exklusion und Abhängigkeitskulturen ► Gewährleistung der gesellschaftlichen Teilhabe, vor allem durch Integration in (Existenz sichernde) Erwerbsarbeit als Strategie zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ► Überwindung von Anreizproblemen (Arbeitslosigkeits- und Sozialhilfefallen) in ausgebauten Sozialstaaten ► Länderspezifische Schwerpunkte: Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit (D), von Transferabhängigkeit (USA), Mobilisierung von Inaktiven (GB, NL, DK, SE)

Die zwei Seiten der Aktivierung: Fördern und Fordern

Aktivierungsstrategien im Ländervergleich alle Staaten verfügen mittlerweile über ein ähnlich ausdifferenziertes Instrumentarium „Work First“ bestimmt derzeit die vorrangige Ausrichtung der Instrumente Bedingte“ Konvergenz von Aktivierungsstrategien landesspezifischer Mix von „Fordern und Fördern“ graduelle, aber nicht mehr grundsätzliche Unterschiede kein Land verwendet derzeit nur fördernde oder nur fordernde Instrumente Dies bedeutet, dass Arbeit nicht nur der Vorzug vor passiven Hilfeleistungen (From Welfare to Work) gegeben wird, sondern die rasche Integration in reguläre Arbeit die Ausrichtung der Instrumente bestimmt In allen Vergleichsländern ist trotz eines massiven Rückgangs der Arbeitslosigkeit die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung nur mäßig, aber die Zahl inaktiver Transferbezieher überdurchschnittlich gestiegen (s. Kapitel 6). Aktivierungsstrategien in den Nachbarländern sind deshalb zunehmend auf die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung durch die Mobilisierung der Inaktiven ausgerichtet. Die Bekämpfung (offener) Arbeitslosigkeit rückt im Unterschied zu Deutschland eher in den Hintergrund

Der Instrumentenkasten der Aktivierung In Staaten mit ausgebauter Arbeitsmarktpolitik und großzügiger Arbeitslosenunterstützung Leistungen (v. a. Bezugsdauer) werden teilweise gekürzt, Zumutbarkeit verschärft Überwachung und Sanktionierung der Stellensuchenden wird intensiviert (überall) Teilnahme an aktiven Maßnahmen wird verpflichtend (DK, SE) Längerfristige Qualifizierungs-Maßnahmen verlieren an Bedeutung gegenüber rascher Eingliederung (DK, NL, DE) Flankierung durch Flexibilisierung und Deregulierung des Arbeitsmarktes (Angebot von Einstiegsjobs; Zeitarbeit, befristete Beschäftigung, ggf. auch öffentliche Auffangjobs)

Der Instrumentenkasten der Aktivierung In Staaten mit weniger großzügiger Arbeitslosenunterstützung und nur rudimentärer aktiver Arbeitsmarktpolitik (USA, GB) Monitoring and Sanktionierung werden verstärkt oft ergänzt durch verschiedene Formen subventionierter Niedriglohnbeschäftigung (“in-work benefits”/Kombilöhne) und modular aufgebauten Programmen, die auf individuelle Problem- und Motivationslagen und Beschäftigungsfähigkeit zugeschnitten sind Aktivierungsprogramme sind deshalb so konzipiert, dass sie neben der Dimension fähig/unfähig die Dimension arbeitswillig/unwillig in das Programmdesign einbeziehen. Insgesamt können so vier Gruppen von arbeitslosen Hilfebeziehern identifiziert werden: (1) fähige und arbeitswillige; (2) fähige aber unwillige; (3) willige aber unfähige; (4) unfähige und unwillige

Aktivierungsstrategien im Ländervergleich Beträchtliche Ausweitung der Zielgruppen - Aktivierung wird immer mehr zu einem universellen Prinzip, Ausnahmen für einzelne Gruppen werden seltener Typische Sequenz (UK, DK, NL, SE) Jugendliche Bezieher von Arbeitslosengeld Bezieher von Arbeitslosen- und Sozialhilfe Ältere Bezieher von Krankengeld oder Erwerbsunfähigkeitsrenten (im nationalen Kontext die jeweils letzten “heiligen Kühe”)

Aktivierungsstrategien im Ländervergleich Grundsätzlicher Unterschied zwischen schrittweiser Ausdehnung der Zielgruppen (DK, NL, UK) und “Big bang“- Reform (D) Nachteile sequentieller Aktivierungsstrategien: Verschiebung in der Struktur der Transferbezieher zulasten (noch) nicht aktivierter Leistungssysteme Nachteil des „Big bang“: kurzfristig starker Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit Ziel der Integration arbeitsmarktferner Gruppen erfordert Veränderung im Instrumentarium der Aktivierung: je heterogener und arbeitsmarktferner die Zielgruppen, umso vielfältiger muss das Instrumentarium sein

Ausdehnung des zu aktivierenden Personenkreises Leistungsempfänger in % aller erwerbsfähigen Personen (15 -64 J) Erwerbsunfähig-keitsrenten Sozialhilfe 2004: Arbeitslosenhilfe 2005: ALG II 2004: Arbeitslosengeld 2005: ALG I

Konsequenzen sequentieller Aktivierungsstrategien

Funktioniert Aktivierung? Überprüfung der faktischen Verfügbarkeit, der potentiellen Beschäftigungsfähigkeit und der tatsächlichen Erwerbsfähigkeit ist länderübergreifend eine wichtige Voraussetzung erfolgreicher Aktivierungspolitik Evaluationsstudien belegen recht stabil die Wirksamkeit fordernder Elemente (hoher Verbindlichkeitsgrad; Abschreckungseffekte) Effekte sind kurzfristig stärker und robuster als Effekte von fördernden Programmen (z.B. Teilnahme an Qualifizierung) “Work First”-Aktivierung fördert die rasche Aufnahme von Arbeit und Beendigung des Transferbezugs insbesondere von arbeitsmarktnahen Leistungsbeziehern … aber die langfristigen Wirkungen sind weniger klar Hinweise auf langfristig positive Effekte von Qualifizierungsmaßnahmen In Dänemark hat sich beispielsweise eine Abfolge von frühzeitiger Intervention durch intensive Beratung, Unterstützung bei der Arbeitssuche und einer regelmäßigen Überwachung der Suchanstrengungen nicht nur als effektiv, sondern auch als effizient im Vergleich zu einer generell verpflichtenden Teilnahme an Beschäftigungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen (i. d. R. nach 9 Monaten Arbeitslosigkeit) erwiesen. Generelles Screening -Paradox von Aktivierung? Durch Druck erzeugte Abgänge aus dem Transfersystem können schnell wieder als Zugang im System auftauchen, weil Verpflichtungen und Sanktionen nachhaltige Wirkungen im Sinne von Verhaltensanpassungen an die neuen Normen entfalten. Die internationalen Beispiele zeigen aber auch, dass erzwungene Abgänge in „prekäre“ Formen der Beschäftigung nicht immer von Dauer sind, weil sie mit Drehtüreffekten einhergehen In D zeigt sich, dass unter der vergleichsweise heterogenen ALG II-Klientel die arbeitsmarktnahen Hilfebezieher durch die spürbare Besserung auf dem Arbeitsmarkt das System eher verlassen. Dies bedeutet aber auch, dass letztlich die arbeitsmarktfernen Personengruppen im System verbleiben, die nicht in der Lage sind, eine Arbeit zu einem Existenz sichernden Lohn zu bekommen

Das Beispiel Dänemark: Abgänge aus Arbeitslosigkeit in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Aktivierung

Funktioniert Aktivierung? “Aktivierte” Arbeitsuchende wechseln oft in Niedriglohnbeschäftigung, Zeitarbeit oder andere Formen “atypischer” Beschäftigung Nicht in jedem Fall handelt es sich dabei um Einstiegsjobs mit Übergang in stabile Beschäftigung und dauerhafte Unabhängigkeit von öffentlicher Unterstützung Risiko einer raschen Rückkehr in Arbeitslosigkeit (Drehtüreffekte) vor allem bei arbeitsmarktfernen Gruppen mit eingeschränkter Beschäftigungsfähigkeit und/oder multiplen Problemlagen Niedriglohnbeschäftigung und prekäre Arbeitsmarktinklusion USA: . In einer vor kurzem abgeschlossenen Untersuchung von O’Leary und Kline (2008) zur Arbeitslosenversicherung als Sicherheitsnetz für frühere TANF- Bezieher, zeigte sich, dass 73 Prozent aller Abgänger aus TANF innerhalb der drei darauffolgenden Jahre arbeitslos waren Flankierung oder Nebenwirkung von Aktivierung? Generelles Screening -Paradox von Aktivierung? Durch Druck erzeugte Abgänge aus dem Transfersystem können schnell wieder als Zugang im System auftauchen, weil Verpflichtungen und Sanktionen nachhaltige Wirkungen im Sinne von Verhaltensanpassungen an die neuen Normen entfalten. Die internationalen Beispiele zeigen aber auch, dass erzwungene Abgänge in „prekäre“ Formen der Beschäftigung nicht immer von Dauer sind, weil sie mit Drehtüreffekten einhergehen In D zeigt sich, dass unter der vergleichsweise heterogenen ALG II-Klientel die arbeitsmarktnahen Hilfebezieher durch die spürbare Besserung auf dem Arbeitsmarkt das System eher verlassen. Dies bedeutet aber auch, dass letztlich die arbeitsmarktfernen Personengruppen im System verbleiben, die nicht in der Lage sind, eine Arbeit zu einem Existenz sichernden Lohn zu bekommen

Schlussfolgerungen für Deutschland Aktivierung ist mittlerweile das zentrale Leitmotiv der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Europa Deutschland ist dabei ein Nachzügler, aber mit dem SGB II hinsichtlich der Zielgruppe besonders ambitioniert Alle Staaten kämpfen mit ähnlichen Problemen und entwickeln zunehmend ähnlichere Strategien Aktivierung ist nicht mit kurzfristigen Einsparungen verbunden, aber notwendig, um soziale Ausgrenzung und längerfristig auch staatliche Ausgaben bei ausgebauter sozialer Sicherung zu begrenzen

Schlussfolgerungen für Deutschland Rückkehr zu einer rein kompensatorischen Sozialpolitik („mehr Geld“) wäre falsche Antwort Aktivierung (kurativ) ist ohne Alternative über die Perspektive einer schnellen Erwerbsintegration hinaus müssen Work First Strategien ergänzt werden um die Überwindung von Aktivierungs-, Niedriglohn- und Einstiegsjobfallen Integrierte Strategie zur Förderung von Qualifikationen und Beschäftigungsfähigkeit (Bsp. Großbritannien) um Maßnahmen zur Stabilisierung von Erwerbsverläufen und eine höhere Durchlässigkeit von atypischen Arbeitsverhältnissen notwendig (Bsp. Niederlande) – aber daneben auch Aufstiegsmobilität aus Niedriglohnsektor -> wie? Nach mehr als einer Dekade von „Welfare-to-Work“- Politik in Großbritannien und den USA zeigt sich, dass kurzfristig erfolgreiche Integrationsstrategien nicht zwangsläufig auch langfristig wirksam sind. Erzwungene Abgänge in „prekäre“ Formen der Beschäftigung sind nicht immer von Dauer, weil sie mit „Drehtüreffekten“ einhergehen. Der hohe Anteil von Wiederholern in den britischen New Deal-Programmen oder an „Wisconsin Works“ zeigt, dass insbesondere die vielen Geringqualifizierten unter den Teilnehmern in einer Art „Niedriglohn- und Einstiegsjobfalle“ sitzen. Dies bedeutet aber auch, dass die Philosophie der aktivierenden Sozialpolitik, nämlich dass über die Aufnahme einer Niedriglohntätigkeit der Sprung in gut bezahlte Arbeit möglich ist, nur bedingt richtig ist. Daraus folgt, dass insbesondere für arbeitsmarktferne Gruppen unter den Hilfebeziehern, die im arbeitsmarktpolitischen Sinne nicht (unmittelbar) beschäftigungsfähig sind, Druck allein nicht ausreicht. Ohne Formen der Nachbetreuung von vermittelten Hilfebeziehern oder stärker differenzierten Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit läuft das „Fördern und Fordern“ ins Leere. Work First kann und sollte deshalb nie Selbstzweck sein.

Über das „Fördern und Fordern“ hinaus … Kann die Weiterentwicklung und Anpassung der beruflich nutzbaren Qualifikationen durch breit angelegte Qualifizierungsprogramme (Bsp. Schweden) das Risiko des Arbeitsplatzverlustes und der Langzeitarbeitslosigkeit vermindern In einer Gesellschaft, in der alle arbeiten (können) sollen, wird eine vorsorgende (präventive) Politik jedoch immer wichtiger z.B. die frühzeitige Förderung von Kindern mit ungünstigen familiären Startbedingungen

Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) eichhorst@iza.org Werner Eichhorst Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) eichhorst@iza.org Regina Konle-Seidl Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) regina.konle-seidl@iab.de