Zukunftsfähige Mobilität in ländlichen Räumen Dr.-Ing. Melanie Herget © ADAC Motorwelt 3/2014, S. 51 Wieso …? Zentrale Erkenntnisse Herausforderungen – und Lösungsansätze Fazit Regionale Entwicklung unter aktuellen Vorzeichen – Herausforderungen und Perspektiven von ländlichen Räumen in den Bereichen Mobilität und Gesundheit 22.3.2018 Schwerte-Villigst 1
… in ländlichen Räumen … Wieso …? … in ländlichen Räumen … Zukunftsfähige Mobilität ? © pixelio/ Andreas Hermsdorf 3
Wieso … ? Verkehrsausgaben = zweitgrößter Ausgabeposten für Privathaushalte Letzte 20 J.: Kraftstoffpreise deutlich stärker gestiegen als Lebenshaltungskosten Statistisches Bundesamt (2011): Datenreport 2011. PDF-Dokument. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Querschnittsveroeffentlichungen/Datenreport/Downloads/Datenreport2011,property=file.pdf (Stand: 9.10.12), Seite 141 Verkehrskosten in ländlichen Räumen höher als in Städten Öffentl. Finanzierung spätestens 2030 unsicher (GVFG-Fortführung mit „Versteinerungsklausel“) 4
Caritas-Werbung 2015 www.caritas.de/magazin/kampagne/stadt-land-zukunft/kampagne/presse/
Zentrale Erkenntnisse: Verkehrsverhalten in Ländlichen Räumen: mehr PKW, mehr Wege, längere Tagesstrecke, mehr PKW-Wege … als in der Stadt aber: geringere Reisezeit © pixelio/ Andreas Hermsdorf Haushalte mit Kind: mehr PKW, mehr Wege, längere Tagesstrecke, mehr PKW-Wege … als ohne Kind keine Unterschiede in der Reisezeit © Kzenon / Fotolia Quelle: Herget 2013; Daten: Mobilität in Deutschland 2008; eigene Auswertungen 6
Zentrale Erkenntnisse: Rolle des Autos für Familien Baby / Kleinkind Grundschulalter Teenager außer Haus – und alles dabei sofort startklar für Notfälle Beginn eigenständig zurücklegbarer Wege (insb. zur Schule) Verkehrstraining: ja – aber bitte ohne Risiko selbstständig zur Schule lange Wege, viel ‚Eltern-Taxi‘ eigenständig mobil: ja – aber bitte ohne Risiko Sicherheit für Notfälle Sicherheit im (Schul-)Verkehrschaos Sicherheit für Diskobesuch
Zentrale Erkenntnisse: Die Alternativen im Kopf ??? Was würden Sie ohne Auto tun? © www.hdr-photos.com/img131.htm
Zentrale Erkenntnisse: Die Alternativen im Kopf „Die beste Alternative zum Auto ist … das Auto.“ Alternativen zum Privat-PKW kaum vorstellbar Wenn nur ein Auto leistbar: 1. Auto von (Schwieger-)Eltern 2. Auto von Nachbarn und Freunden Auto teilen = favorisierte Variante Stefanie Kettner 9
Zentrale Erkenntnisse: Emissionen – Der Besetzungsgrad ist entscheidend ! © Daten: DB Umweltmobilcheck; Grafik: Ahrend & Herget 2012
Herausforderungen … und Lösungsansätze ! 1. Reisezeit entscheidend Bahn, Bus, Rad >> Pkw a. Magistralisierung + Takt b. Zubringerlösungen mit der Bevölkerung c. Umstiege optimieren
Verkehr verlagern – im ländlichen Raum ÖV dort stärken, wo er Stärken hat !
Verkehr verlagern – im ländlichen Raum Rufbus, Sammeltaxi Bürgerbus, Bürgerauto Rideselling, Mitfahr-Netzwerk Kommunales oder privates Carsharing Autonomer Shuttle Radwegenetz + Abstellanlagen + Pedelec-Leasing ÖV dort stärken, wo er Stärken hat ! Zubringer – nur mit der Bevölkerung !
Verkehr verlagern – im ländlichen Raum Universelle Sich ergänzende Spezialisten Komplettlösung Linien-bus Privat-Pkw Rad Zubringer Car- sharing Ride- sharing Kein Selbstgänger !!! Reisezeit ist entscheidend benötigt reibungslose Übergänge Wettbewerbsvorteile des Umweltverbundes stärken, wo er dem MIV überlegen! Förderung innerstädtischen Wohnens und der Nutzungsmischung Parkraumbewirtschaftung / Stellplatzsatzungen Intermodalitätsoptionen stärken: P + R / B + R in der Relation Umland – Stadt Förderung von Car-Sharing und Call-a-Bike als Ergänzung zum ÖV Schaffung integrierter Mobilitätsangebote, wo alle Verkehrsmittel ihre Aufgaben dort wahrnehmen, wo es jeweils am sinnvollsten ist! Stärken einzelner Verkehrsmittel des Umweltverbunds nutzen helfen Zugangsbarrieren abbauen ! Radfahren und ÖV-Nutzung muss einfacher als der Zugang zum Auto sein Schwächen einzelner Verkehrsmittel des Umweltverbunds durch Komplementarität
Umstiege optimieren alle Mobilitäts-Informationen barrierefrei, direkte Sichtbeziehungen sichere Abstellmöglichkeiten kurze Wartezeiten, Aufenthaltsqualität Co-Working Tante Emma © InnoZ GmbH
Herausforderungen … und Lösungsansätze ! 1. Reisezeit entscheidend Bahn, Bus, Rad >> Pkw a. Magistralisierung + Takt b. Zubringerlösungen mit der Bevölkerung c. Umstiege optimieren www.sozial-pr.net b. Fahrzeuge besser auslasten + ökologischer antreiben a. Neue Erfahrungen fördern (z.B. biografische Umbrüche nutzen) 2. Erfahrung / Haltung „Auto ist alternativlos“ Wenig genutzte „Reserve-Autos“
Fahrzeuge besser auslasten – im ländlichen Raum Wiederbelebung der Mitfahr-Kultur (z.B. HÖRI-MIT am Bodensee, flinc-App, Mitfahrbank Speicher) Kombination von Personen- und Güterverkehr (z.B. KombiBus Uckermark) Kommunales Fahrzeug-Sharing (z.B. Dörpsmobil Klixbüll) Wettbewerbsvorteile des Umweltverbundes stärken, wo er dem MIV überlegen! Förderung innerstädtischen Wohnens und der Nutzungsmischung Parkraumbewirtschaftung / Stellplatzsatzungen Intermodalitätsoptionen stärken: P + R / B + R in der Relation Umland – Stadt Förderung von Car-Sharing und Call-a-Bike als Ergänzung zum ÖV Schaffung integrierter Mobilitätsangebote, wo alle Verkehrsmittel ihre Aufgaben dort wahrnehmen, wo es jeweils am sinnvollsten ist! Stärken einzelner Verkehrsmittel des Umweltverbunds nutzen helfen Zugangsbarrieren abbauen ! Radfahren und ÖV-Nutzung muss einfacher als der Zugang zum Auto sein Schwächen einzelner Verkehrsmittel des Umweltverbunds durch Komplementarität
Herausforderungen … und Lösungsansätze ! 1. Reisezeit entscheidend Bahn, Bus, Rad >> Pkw a. Magistralisierung + Takt b. Zubringerlösungen mit der Bevölkerung c. Umstiege optimieren www.sozial-pr.net b. Fahrzeuge besser auslasten + ökologischer antreiben a. Neue Erfahrungen fördern (z.B. biografische Umbrüche nutzen) 2. Erfahrung / Haltung „Auto ist alternativlos“ Wenig genutzte „Reserve-Autos“ a. Dezentrale Versorgung fördern https://de.123rf.com/profile_yayayoy 3. Besetzungsgrad zählt – aber keine Mitfahr-Kultur
Verkehr vermeiden – im ländlichen Raum Dorf 2: Nix los Dorf 1: Nix los Dorf 3: Nix los Dorf 4: Nix los Dorf 5: Nix los Mittelzentrum: Kitas, Schulen, Arbeitgeber, Klinik, Einkaufszentrum, Seniorenheim, Bürgeramt
Verkehr vermeiden – im ländlichen Raum Dorf 3: Kita, Tagespflege Dorf 1: Kita, Dorfladen + Service-Bus Bürgerdienste, Leihmedien, Post + Vereins-Bus Sportverein, Chor, Jugendgruppe Mittelzentrum: Kitas, Schulen, Arbeitgeber, Klinik, Einkaufszentrum, Seniorenheim, Bürgeramt Dorf 4: rotierende Arztpraxis Dorf 2: Zwergschule, Jugendtreff Dorf 5: Zwergschule, VHS-Raum
Herausforderungen … und Lösungsansätze ! 1. Reisezeit entscheidend Bahn, Bus, Rad >> Pkw a. Magistralisierung + Takt b. Zubringerlösungen mit der Bevölkerung c. Umstiege optimieren www.sozial-pr.net b. Fahrzeuge besser auslasten + ökologischer antreiben a. Neue Erfahrungen fördern (z.B. biografische Umbrüche nutzen) 2. Erfahrung / Haltung „Auto ist alternativlos“ Wenig genutzte „Reserve-Autos“ a. Dezentrale Versorgung fördern b. Langfristiger geförderte Experimentierräume (z.B. für Rideselling) c. Neue „Mitfahr-Fahrzeuge“ https://de.123rf.com/profile_yayayoy 3. Besetzungsgrad zählt – aber keine Mitfahr-Kultur
Herausforderungen … und Lösungsansätze ! Navigation / smartphone Matching Bargeldlose Bezahlung Monatliche Abrechnung und Steuerbeleg Vertrauen durch Registrierung und Ortung Sitzplatz- reservierung Fahrzeugkonzept “Auto als Ruhezone” Mercedes-Benz S 600 © www.auto-bild.de „möchte meine Ruhe haben“ Fahrzeugkonzept “Auto als Begegnungszone” „habe Interesse an Gesprächen“ VW T5 Multivan © www.autobild.de www.designboom.com 24
Fazit: „Weiter so“ …? „Weiter so“ Mobilität = PKW-Besitz + Führerschein Abhängigkeit von Ölpreisentwicklung + Entfernungspauschale ÖPNV = Schülerverkehr + „Rest“ Fehlende Ausgleichszahlungen = Tod des ÖPNV www.fotolia.com 25
Fazit: „Weiter so“ oder „Mobilität neu denken“ ? Mobilität = Erreichbarkeit + Wahlmöglichkeit „Mobilität neu denken“ © KVG „Weiter so“ Mobilität = PKW-Besitz + Führerschein Abhängigkeit von Ölpreisentwicklung + Entfernungspauschale ÖPNV = Schülerverkehr + „Rest“ Fehlende Ausgleichszahlungen = Tod des ÖPNV 26
Fazit: „Weiter so“ oder „Mobilität neu denken“ ? Mobilität = Erreichbarkeit + Wahlmöglichkeit „Mobilität neu denken“ Elektromobilität mit erneuerbaren Energien vor Ort kombinieren ÖPNV = „Rückgrat“ für alle anderen Verkehrsmittel Bürgertickets, Kurtaxe, Nutznießerfinanzierung, … „Weiter so“ Mobilität = PKW-Besitz + Führerschein Fahrradfreundliche Mittelzentren, Radschnellwege, „Das Auto veröffentlichen“ Abhängigkeit von Ölpreisentwicklung + Entfernungspauschale ÖPNV = Schülerverkehr + „Rest“ Fehlende Ausgleichszahlungen = Tod des ÖPNV Trennung, Gegensätze, Feindbilder Synergien, Zusammenwirken, neue Kooperationen 27
Fazit: Gemeinsam unterwegs ! In Zukunft gemeinsam: Standortplanung + Verkehrsplanung Arbeitgeber + Verkehrsplanung Alle Anbieter von Mitfahrmöglichkeiten Alle Zielgruppen(vertreter/innen) … denn: Mobilität beginnt im Kopf ! Melanie Herget 28
Vielen Dank ! Dr.-Ing. Melanie Herget Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel GmbH Torgauer Str. 12-15 10829 Berlin-Schöneberg Tel. 030-2388 84-104 melanie.herget@innoz.de
Zum Weiterlesen Ahrend, Christine & Herget, Melanie (2013): Umwelt- und familienfreundliche Mobilität im ländlichen Raum. Handbuch für nachhaltige Regionalentwicklung. Berlin. URL: http://www.ivp.tu-berlin.de/ufm-handbuch.pdf Bauer, Ulrike.; Herget, Melanie; Manz, Wilko & Scheiner, Joachim (2015): Familienmobilität im Alltag. Herausforderungen und Handlungsempfehlungen. BMVI, Berlin. URL: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/LA/familienmobilitaet-im-alltag- herausforderungen-und-handlungsempfehlungen.pdf?__blob=publicationFile Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (2015): Von Hürden und Helden - Wie sich das Leben auf dem Land neu erfinden lässt. Berlin. http://www.berlin-institut.org/publikationen/studien/von-huerden-und-helden.html BMVBS – Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.) (2011): Nahversorgung und Nahmobilität: Verkehrsverhalten und Zufriedenheit. BMVBS-Online-Publikation 08/2011. Berlin. BMVI (Hrsg.) (2016): Mobilitäts- und Angebotsstrategien in ländlichen Räumen. Planungsleitfaden. https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/G/mobilitaets-und-angebotsstrategien-in-laendlichen-raeumen- neu.pdf?__blob=publicationFile Gipp, Christoph; Nienaber, Petra & Schiffhorst, Guido (2014): Mobilitätsoptionen Älterer im ländlichen Raum. ADAC-Studie zur Mobilität. Berlin. http://iges.de/content/e6/e34/e10216/e10546/e10547/e10549/attr_objs10550/IGESInstitut_MobilitaetsoptionenAeltererMenschen_ 052014_ger.pdf Heß, Anne & Polst, Svenja (2017): Mobilität und Digitalisierung: Vier Zukunftsszenarien. Bertelsmann Stiftung: Gütersloh. www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/Studie_LK_Mobilitaet-und-Digitalisierung__Vier- Zukunftsszenarien_2017.pdf ScMI – Scenario Management International (2015): Die Zukunft der ländlichen Räume in Deutschland. Paderborn. www.scmi.de/images/downloads/dateien/scmi_szenariostudie_zukunft-laendlicher-raeume_webversion.pdf Zukunftsnetz NRW (2016): Kosteneffizienz durch Mobilitätsmanagement. Handbuch für die kommunale Praxis. Köln. http://www.zukunftsnetz-mobilitaet.nrw.de/sites/default/files/downloads/znm-nrw-handbuch-kosteneffizienz-a4_rz-web_0.pdf