Ist die Evolutionstheorie naturwissenschaftlich? oder woher wissen wir, was wir von Evolution zu wissen meinen? - ein Exkurs in die Wissenschaftstheorie - Dr. Andreas Beyer, Prof. für Molekulare Biologie, Westfälische Hochschule Ge, Boh, Re AG EvoBio - Evolution in Biologie, Kultur und Gesellschaft http://AG-Evolutionsbiologie.de Dieser Vortrag darf kopiert und weiter gegeben werden, der Autor ist lediglich davon in Kenntnis zu setzen. Dennoch empfiehlt sich vor einem eventuellen öffentlichen Vortrag eine Rücksprache mit dem Autor, um unklare Punkte so weit wie möglich zu beseitigen: Ein ppt-File kann nunmal nicht die Breite und Tiefe eines Lehrbuchs erreichen ... Veränderungen am Vortragsinhalt ohne Genehmigung sind hingegen nicht gestattet!
Gliederung Befragung Wissenschaftstheorie (und Evolution) Beispiele
Begriffe & Konzepte Wie würden Sie "Naturwissenschaften" definieren, also was ist eine Naturwissenschaft, was zeichnet sie aus im Vergleich zu Geistes- wissenschaften, Jura oder Mathematik? Wie arbeitet man naturwissenschaftlich? Was - ganz allgemein gesprochen – muss der Wissenschaftler tun, um eine Frage wissenschaftlich anzugehen und aufzuklären? Welche Art von Methoden verwenden Naturwissenschaftler, welche nicht? Was heißt es, was ist gemeint, wenn man sagt „Aussage XY ist wissenschaftlich bewiesen“?
Begriffe & Konzepte: Laien 1. Definition: reale, irgendwie „fassbare“ Gegenstände, Wissensentwicklung (kein Stillstand), Einteilung nat.wiss. Disziplinen, sinnlich erfahrbar 2./3. Methoden & Methodologie: Beobachtung, Messung, Experiment, Beschreibung, Nachvollziehbarkeit, Reproduktion, anerkannte Methodologie, Empirie, Suche nach Gesetzmäßigkeiten, keine Subjektivität / keine Interpretationen 4. „Wissenschaftlicher Beweis“: Bestätigung von aufgestellten Hypothesen, Reproduzierbarkeit gezeigt, keine Beweise, sondern Belege es wird zweifelsfrei gezeigt, es ‘ist bewiesen‘, bis Falschheit nachgewiesen wurde rot: Fehlvorstellungen
Fehlkonzepte: Studis NW ist objektiv Alles ist relativ Mathematik ist eine NW „Analyse – was ist das Problem? Nur Fakten zählen!“ Beweis = Schlussfolgerung Beweis = vielfache Bestätigung, keine Gegenbeweise „Beweis zeigt unwiderlegbare Tatsächlichkeit auf“ Beweis = Berechenbarkeit Es gibt theoretische und praktische Beweise Eindeutigkeit der Methoden und Ergebnisse rot: Fehlvorstellungen
Anfragen des Laien Evolution ist nicht reproduzierbar, aber Experiment und Reproduktion sind notwendige Aspekte der Naturwissenschaften. Evolution kann man nicht beobachten: Wer war denn damals dabei? Der „Zufall“ in der Evolution verhindert eine wissenschaftliche Untersuchung des Prozesses. Es sind nur „Hypothesen“ & „Geschichten“ Die Evolutionstheorie verstößt gegen Naturgesetze wie den 2.HS der Thermodynamik
Die empirische Wissenschaft skeptischer Realismus es gibt eine Realität, und sie ist (er)fassbar „intrinsisch-ontologischer Naturalismus“ alle Vorgänge im Universum haben natürliche {und damit prinzipiell erfassbare} Ursachen die empirische Methode: method. Zirkel Hypothesengewinnung durch In- / Abduktion Hypothesenprüfung durch Deduktion Möglichkeit der Falsifikation Naturalismus kann unterschieden werden in „ontologischen“ und „methodischen“ N. Der ontologische N. ist eine Weltanschauung – und somit eine philosophische Denkweise-, die postuliert, dass es nichts anderes als natürliche Entitäten und Ursache-Wirkungsbeziehungen gibt. Der methodische N. macht keinerlei Aussagen über den „Urgrund“ dieser Welt und bestreitet auch nicht die Möglichkeit der Existenz supranaturaler Entitäten – also Gott (oder Götter oder Geister etc.). Allerdings postuliert er, dass natürliche Vorgänge gänzlich ohne solche Einflüsse verstehbar sind. Wenn man mag, kann man einen „pragmatischen N.“ abgrenzen, der Supranatur schlicht ignoriert, der sich also ausschließlich um natürliche bzw. natürlicherweise erklärbare Vorgänge kümmert, alles andere links liegen lässt und dann einfach schaut, wie weit er damit kommt. Die empirische Methode „sattelt“ auf dem N. auf, der N. ist also die wissenschaftstheoretische Grundlage. Ein "intrinsisch-ontologischer Naturalismus" ist insofern ontologisch, dass er Seins-Aussagen macht - schlicht gesprochen: "in dieser Welt geht alles mit rechten Dingen zu. Supranatur, so es sie gibt, wirkt nicht und die Welt folgt auch keinem inneren Telos". Da er aber ausschließlich innerweltliche Aussagen macht ("intrinsisch"), ist er fallibel, hat also den Status einer Hypothese bzw. Theorie und kann somit überprüft werden.
Empirische Methodologie: ... entnimmt ihre Hypothesen der beobachtbaren Realität (anstelle einer „Offenbarung“) Realismus ... überprüft ihre Hypothesen an der Realität ergo – wesentliche Merkmale: Hypothesen können scheitern! Hypothesen müssen sich bewähren! ( Falsifikationismus) empirische Wissenschaft bleibt ergebnisoffen Eine Hypothese hat zwei Wurzeln: 1.) Ihr Anlass, ihre Initialzündung liegt in der Beobachtung der Natur. Ohne Kenntnis natürlicher Vorgänge und Begebenheiten können keine Hypothesen gewonnen werden. 2.) Hypothesen werden „erfunden“, also konstruiert. Das ist nötig, weil sinnvolle Hypothesen immer einen mehr oder weniger hohen Abstraktionsgrad aufweisen, der ja erst einmal erreicht werden muss – und das ist eine intellektuelle Leistung. Für die Überprüfung von Hypothesen ist ihre Herkunft und Entstehung jedoch unwichtig: Sie muss sich an der Empirie – also am Experiment und an Beobachtungsdaten – messen lassen. Wie gut verträglich ist sie mit anderem ,gesichertem Wissen? Wie gut bildet sie die Realität ab? Können sinnvolle Vorhersagen getroffen werden? Können diese Vorhersagen bestätigt werden?
Die empirische Wissenschaft Skeptischer Realismus Realität Induktion Bewährung / Falsifikation Deduktion Theorie Funktion der empirischen Wissenschaft: (A) Hypothesegewinnung durch Beobachtung der Realität & anschließende Konstruktion der Modelle (B) Überprüfung letzterer durch Deduktion: „messen an der Realität). Dieses Vorgehen wurde von K. Popper (und partiell ergänzend von T.Kuhn beschrieben, wobei sich Kuhn am Ende sehr „verzettelt“ hat, wie er selbst zugibt, und außerdem leider sehr verzerrt wahr genommen wird – Stichwort „Paradigmenwechsel“). Leider haben sich Legionen von Philosophen ohne die nötige Sachkenntnis mit empirischer Wissenschaft befasst, so z.B. Paul Feyerabend: „Regentänze sind genauso gut wie Wettervorhersagen, Wahlprognosen nicht besser als Astrologie“ - „anything goes“ – soweit ich weiß, hat er allerdings niemals versucht, auf einem fliegenden Teppich zu einer Konferenz zu kommen, auch hat er niemals einen Schamanen gerufen, wenn sein Auto kaputt war… Hypothese (formale Beschreibung des Prozesses) rationale und intuitive Konstruktion logische Umfor- mungen
Die empirische Methode Forderungen an (akzeptierte) Theorien: Ein abstrahierendes, formalisiertes, kohärentes Ideengebäude = Modell innere & äußere Widerspruchsfreiheit d.h. Verträglichkeit mit gesichertem Wissen anderer Disziplinen Deduktionsfähigkeit Bewährung, nicht-Falsifikation Def. „Modell“: Ein konkretes und/oder abstraktes und/oder formales Konstrukt, das die relevanten (= interessierenden) Aspekte des betrachteten Gegenstands (Gegendstand = Ding, Phänomen, Vorgang etc.) kongruent (also im Wesentlichen der Realität entsprechend) abbildet und dabei irrelevante Aspekte vernachlässigt.
Die empirische Methode Grundsätzlicher Unterschied zu Supranaturalismus / Esoterik etc. Überprüfbarkeit, d.h.: Widerlegbarkeit (per Deduktion / Falsifikation) dabei: Intersubjektivität (auch Realismus & Naturalismus sind fallibel!) Reproduzierbarkeit (Bewährung) Praktischer Erfolg (die Masse generierten Wissens / der Erfolg der Technik und Wissenschaft) Dies sind die rein praktischen Erfahrungen, welche die empirische Methode bisher bestärken: Ein Flugzeug fliegt, ein Teppich auch mit den schönsten Beschwörungsformeln nicht. Forensische Techniken funktionieren, Hellsehen nicht.
Historisch vs. Gegenwart Skeptischer Realismus Historischer Prozess Bewährung / Falsifikation Induktion Deduktion Theorie „Geschichten“ sind die Theorien der historischen Forschung. Hypothese (formale Beschreibung des historischen Vorgangs) rationale und intuitive Konstruktion logische Umfor-mungen
Evolutionstheorie Theorie Skeptischer Realismus Evolutions- wissenschaft Historischer Prozess Evolution Bewährung / Falsifikation Induktion Deduktion Theorie Und hier die Ausformulierung der diskutierten Zusammenhänge im Bereich Evolution Hypothese (formale Beschreibung des Evolutionsvorgangs) rationale und intuitive Konstruktion logische Umfor-mungen
– quote mining / cherry picking – Das hier Dargestellte: K.Popper / T.Kuhn Paul Feyerabend: Wissenschaftstheorie = „anything goes“, „Meteorologie = Regentanz“, „Wahlprognose = Astrologie“ ABER: „Anything goes“ gilt offenbar, und zwar ganz offensichtlich NUR in der Philosophie. Was soll denn auch passieren, wenn ein Solipsist behauptet, er wäre allein auf der Welt, trüge die ganze Welt in seinem Geist? Soll sich dann die Erde auftun, ihn zu verschlingen, ein Blitz ihn treffen, weil er solchen Unfug von sich gibt? Mitnichten… In der empirischen Wissenschaft entscheidet hingegen der Erfolg – die heuristische Fruchtbarkeit; der prüfbare, reproduzierbare und (zumindest partiell) planbare Erfolg – ein Jet fliegt, ein Teppich nicht, Forensik funktioniert, Hellsehen nicht, Telefon & TV funktionieren, Gedankenübertragung nicht.
Falsifikationen Praktische Beispiele einer möglichen Falsifikation: Experiment, in dem ein Stein konstant schnell fällt. Fund zu junger Münzen im Hort von Kalkriese. Eine Schraube im präkambrischen Sedimenten. Eine Pflanze mit vogeltypischen Federn. Phylogenetische Linien, die sich trennen und danach wieder vereinen. Grundsätzliche Ungereimtheiten zwischen Ähnlichkeitsmustern in Embryologie, Anatomie, Biochemie, Genetik. Konkrete Beispiele in den folgende Folien Die Falsifikation wird hier arg verkürzt dargestellt, denn schließlich kann eine (scheinbar) widersprüchliche (also falsifizierende) Beobachtung ja selbst falsch sein. Aber in diesem Fall ist besagte Beobachtung selbst falsifizierbar und wird auch falsifiziert werden. Hier kann nur konstatiert werden, dass das Prinzip Falsifikation komplexer ist als hier dargelegt; als Lektüre sei Poppers letzte Ausgabe von „Die Logik der Forschung“ empfohlen.
Falsifikationen Stammbaum nach Kriterien der Morphologie Embryologie Molekularbiologie Ultrastruktur Paläontologie Reptilien Fische Amphibien Säuger Vögel Amphibien Reptilien Reptilien Fische Vögel Amphibien Inkongruente Stammbäume aus UNABHÄNGIGEN Quellen (hier: 3 Stück; ultrastrukturelle Befunde und die Paläontologie hätte man noch als vierte & fünfter Kategorie anführen können) Säuger Säuger Fische Vögel
Jeweilige Seq-Divergenz: Falsifikationen Ähnlichkeitsbeziehungen, die definitiv durch „common descent“ nicht erklärbar sind. Jeweilige Seq-Divergenz: Seq 1 Seq 9 Seq 2 ≈ 4% ≈ 8% ≈12% etc. Seq 8 Seq 3 Wenn 2 Gene sich in der Evolution trennen (z.B. weil aus einer Art zwei neue entstehen), werden ihre Sequenzen langsam unähnlicher. Wiederholt sich dieser Vorgang, so bekommt man eine Gruppe von Gensequenzen, deren Ähnlichkeitsbeziehung bauartig dargestellt werden kann – als sog. Dendrogramm. Im Fall einer Schöpfung sollten aber auch Ähnlichkeitsmuster möglich sein, die sich wie hier dargestellt verhalten (und die NICHT als baumartiges Dendrogramm darstellbar wären). Das wäre falsifizierend, so etwas ist allerdings noch niemals gefunden worden. Seq 7 Vergleich von Gensequenzen, die über die komplette Vergleichslänge homolog sind Seq 4 Seq 6 Seq 5
Falsifikationen „Ringschluss“ in Stammbäumen höherer Taxa Rüssel Nase, Beine kürzer, etc. Zwischen-formen Nase Rüssel, Körper stämmiger, etc. Zwischen-formen Beine & Hals kürzer, Ohren, etc. Zwischen-formen „Anastomose“ = „wieder-Vereinigung von getrennten Zweigen“. Im Rahmen einer Schöpfung ist dieses Szenarium gut denkbar: Der Designer erschafft zuerst den Bären, daran anschließend Tiere, die ihm immer weniger ähnlich sind (bis zu Gieraffe und Elefant), daran anschließend wiederum immer weniger ähnliche Tiere, aber diese beiden getrennten „Design-Serien“ münden schließlich BEIDE beim Flusspferd. Das wäre für die Evolutionstheorie falsifizierend. Zwischen-formen Beine & Hals länger, Ohren, etc.
inkongruente Musterbeziehungen Bei „designten“ Dingen an der Tagesordnung ( KFZ-Technik: Lacke, Pumpen, Navis, etc.) KFZ-Technik: Autoradios, Kraftstoffpumpen, Lacke, Navis etc. verteilen sich in jeweils VOLLKOMMEN anderen „Stammbäumen“. Analogien bei erschaffenen Tieren würden so wie abgebildet aussehen.
Falsifikationen ?!? Mehrfach vorkommende Synapomorphien Schulp als Innenskelett Knochen als Innenskelett Tintenfische Wirbeltiere Synapomorphie Knochen: Ca-Apatit Knorpelvorstufe mesodermal Osteoblasten Osteoclasten Compacta Knochenhaut Kopflose Weichtiere Manteltiere Eichelwürmer „Protostome Würmer“ Synapomorhie = unverwechselbarer Merkmals Komplex aus logisch voneinander unabhängigen Einzelmerkmalen (der Wirbeltierknochen könnte durchaus exakt dieselben Merkmale haben wie aufgeführt, dabei allerdings von anderer Materialbeschaffenheit). Falsifizierend wäre das Vorkommen derartiger, von Struktur & Aufbau einmaliger Merkmalskomplexe bei voneinander völlig isolierten Gruppen von Lebewesen: Auch Tintenfisch haben ein (simples) Innenskelett, das könnte (im Rahmen einer Schöpfung) durchaus aus Knochen vom Wirbeltier-Typus sein. Ist es aber nicht. „Deuterostome Würmer“ Hohltiere
Stammbäume Rekonstruktion mit Hilfe der vorgestellten Methodik Warum sich kreationistische und evolutionswissenschaftliche Stammbäume so sehr unterscheiden Kreationistische Darstellungen von Stammbäumen wimmeln immer von Lücken und Fragezeichen, entsprechende Darstellungen von Evolutionswissenschaftlern viel weniger oder gar nicht. In den nächsten Folien wird dargestellt, warum das so ist. Ferner wird dargelegt, wie Stammbäume tatsächlich rekonstruiert werden.
Das Stammbaum-Problem ?? ?? ?? Links: Wir betrachten die Vögel und ihre wahrscheinliche Ahnengruppe, die theropoden Dinosaurier. Der Evolutionswissenschaftler freut sich, denn er darf aufgrund der Körperbaumerkmale eine Entwicklungslinie postulieren (gestrichelt). Der Kreationist freut sich auch, denn er kann auf die Lücke verweisen (Fragezeichen). Rechts: Nun wird ein Fossil gefunden, dass genau in diese Lücke hinein passt (z.B. Archaeopterix). Der Evolutionswissenschaftler freut sich, denn der Fund bestätigt eindrucksvoll seine postulierte Entwicklungslinie. Der Kreationist freut sich auch, denn nun kann er auf zwei Lücken verweisen statt nur auf eine. Jeder weitere Fund, egal wie gut er auch passen möge, erzeugt für ihn nur noch eine weitere Lücke. Da die Komplexität des Lebens und der im Vergleich dazu arme Fossilbericht es faktisch unmöglich machen, jemals eine wirklich absolut komplette Entwicklungslinie zusammen zu bekommen, muss der Kreationist nie fürchten, dass er je ohne Lücken da stehen wird. Dass diese Lücken aber immer und immer kleiner werden, verschweigt er oder will es nicht sehen. Nun zur nächsten Frage: Warum also zeichnet der Evolutionswissenschaftler nicht eine geschlossene und durchgehende Entwicklungslinie - dazu die nächste Folie...
Das Stammbaum-Problem Problemlösung: Cladogramm ? Abzweigungs- Reihenfolge !! Wie wir aus der paläontologischen Forschung wissen, waren die Gesetze der Ökologie und die Reichhaltigkeit des Lebensraumes „Erde“ immer (mehr oder weniger) gleich. Immer haben Millionen von Arten auf unserem Planeten gelebt. Nun wissen wir, dass alle heute lebenden Arten von Tieren auf eine einzige Stammform zurück gehen. Alle heute lebenden Tierstämme - gut ein Dutzend - gehen auf genau so viele „Gründerarten“ zurück (die dementsprechend deutlich später lebten als das eine „ur-Tier“, das im Satz zuvor genannt wurde). Wie groß also ist die Chance, gerade genau diesen einen Ahnen einer beliebigen Tiergruppe versteinert zu finden, und nicht etwa dessen Vorfahr oder einen Vettern, eine nah verwandte, später ausgestorbene Seitenlinie? Und wie will man beides voneinander unterscheiden? Links: Blau - Hier hätte man das Glück, tatsächlich zwei echte Ahnen gefunden zu haben. Grün - hier hätte man nur Vettern (= ausgestorbene Seitenzweige) gefunden. Beides ist ununterscheidbar. Rechts: ein sog. Cladogramm ist die Lösung - man macht überhaupt keine Aussage darüber, ob man den Fund denn nun als „echten Ahnen“ oder als „Abzweigung“ / „Vetter“ eines Ahnen betrachtet. Wichtig ist die Reihenfolge der Abzweigung, denn die ist in beiden Fällen die selbe. Damit hat man auch ein Mittel, den Stammbaum (genauer: das Cladogramm) zu überprüfen: Nachfolgende Funde aus der selben Entwicklungslinie müssen sich mit ihren (neuen und alten) Eigenschaften zwanglos und logisch in das Cladogramm einbauen lassen. Übergangsformen sind in aller Regel „Mosaike“, d.h. sie zeigen Ahnen-typische (in diesem Fall reptilienartige), neuartige (in diesem Fall vogelartige), eigene und Übergangsmerkmale. So lässt es die Evolutionstheorie erwarten, weil es natürlich keinen Grund (=Selektionsdruck) geben kann, der zu einer a) zielgerichteten und b) gleichmäßigen Entwicklung führt. Deshalb werden manche Merkmale in der Entwicklungslinie früher ausgebildet, das sind dann die schon vorhandenen modernen Merkmale: In diesem Beispiel die Federn, die u.a. wahrscheinlich als Wärmeisolierung bereits vor der Flugfähigkeit ausgebildet waren. Andere Merkmale erscheinen dann später erst (die voll ausgebildeten Schwingen der Vögel). Fast nie wird man das Glück haben, ein Fossil zu finden, das exakt in der Ahnenreihe, fast immer hat man es mit einem Seitenzweig zu tun. In diesem Fall sind auch Eigenentwicklungen zu erwarten, also einige Merkmale, die weder zu den Vorfahren, noch zu den Nachkommen passen. Kreationisten begreifen dieses Fakt nicht oder streiten es ab; für sie ist ein Merkmalsmosaik göttlich erschaffen. Dementsprechend fordern sie immer und immer wieder „Übergangsformen“, die in allen Merkmalen „Mittelformen“ sein sollen. Damit zeigen sie, dass sie das Wirken der Evolution und das analytische Prinzip der Kladistik nicht verstanden haben. 200Tsd Arten fossil überliefert 1 Mrd Arten ausgestorben
Wirbeltier - Cladogramme Diese Folie und die nächsten beiden zeigen ein sog. Cladogramm der Wirbeltiere, ausgehend von den sog „Agnatha“, den „Kieferlosen“ (man hätte noch früher, z.B. bei den „Acrania“, den „Kopflosen“ oder gar bei den Tunicata, den Manteltieren anfangen können). Kleine, rote Rechtecke markieren einzelne Merkmalsentwicklungen, die in der gesamten späteren Verwandtschaft beibehalten wurden, kleine, blaue Rechtecke markieren das Auftreten von Merkmalskombinationen, die in ihrer Reihenfolge (noch) nicht differenziert werden können. 1. Folie: Kieferlose & Fische
Wirbeltier - Cladogramme 2. Folie: Amphibien & Reptilien
Wirbeltier - Cladogramme Junker & Scherer S. 159 ? 3. Folie: Ende des Cladogramms der vorigen Folien (Therapsiden & Säuger) im Vergleich zu einem kreationistischen Stammbaum. Unterschiede: 1.) rote Pfeile: Kreationisten lieben Fragezeichen. Keine kreationistische Schrift kommt ohne Stammbäume aus, die mit einer Vielzahl von Fragezeichen gespickt sind. 2.) blaue Pfeile: Gemäß Cladogramm (links) geschahen die entsprechenden Entwicklungen (rote & blaue Rechtecke) in der Geschichte der Wirbeltiere genau ein einziges Mal, während der kreationistische Darstellung zeigt, dass ein Brustbeinkiel offenbar 5 Mal unabhängig entstanden ist (Vögel, Flugsaurier, Flattermakis, Fledermäuse, Maulwürfe). Dies wird als Argument gegen eine Evolution und für Schöpfung angesehen (Nach der Logik: Gott hat ein und die selbe Erfindung einmal gemacht und dann mehrfach unabhängig in verschiedenen Tiergruppen angewendet). In den folgenden Folien werden die Fragen behandelt: Wie kommen diese Diskrepanzen zustande? Was hat es konkret mit der parallelen Entwicklung der Brustbeinkiele auf sich? Kreationisten lieben Fragezeichen (19x)
parallel / singulär - Entwicklung Unverwechselbare Muster: Wirbeltierknochen Ca-Apatit distikte biochem. Matrix Compacta / Spongiosa Osteoblasten / -clasten Mesodermal Knorpelvorstufen (Syn-/ Aut-) Apomorphie Parallelentwicklingen: Brustbein- (Sternum)kiel Vergrößerung des Sternum wg. Muskelzunahme * Sternum schon vorhanden * Muskeln schon vorhanden * eine Vergrößerung ist nur nach vorn möglich Konvergenz Wird von Junker / Scherer ignoriert. Erklärung der Diskrepanz aus der vorigen Folie - blaue Pfeile. Es ist zu untersuchen, in welchem Ausmaß Parallelentwicklungen in der Evolution passieren können, wie hoch also die Wahrscheinlichkeit für solche Ereignisse ist. Dazu 2 Beispiele: Wirbeltierknochen sind durch ein komplexes und daher unverwechselbares Muster an Eigenschaften gekennzeichnet. Sie könnten genauso gut gleich aussehen, aber von anderen Zelltypen gebildet werden, oder aber eine anderen biochemische Matrix haben oder aber einen anderen strukturellen Aufbau. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass eine derart spezifische Merkmalskombination mehrfach und unabhängig entsteht - solche Eigenschaften bezeichnet man dann als „apomorph“. Ganz anders der Brustbeinkiel: Brustbein und daran ansetzende Muskulatur sind bei allen fraglichen Gruppen (und deren Vorfahren!) schon vorhanden (gewesen), so dass der Brustbeinkiel nur durch ein einziges Merkmal beschreibbar ist: Brustbeinerweiterung nach vorn (wg. Vergrößerung der ansetzenden Muskulatur). Vergleiche zu menschlichen Erfindungen sind möglich: Rampe, Rad & schiefe Ebene sind physikalisch simpel und wurden daher vielfach und unabhängig voneinander entwickelt. Der Wankelmotor ist hochkomplex, er wurde genau ein einziges Mal erfunden. Zur Charakterisierung dieses Tatbestands wurden in der Kladistik („Stamm- und Verwandtschaftsbaumkunde“, wenn man es so nennen will) die Begriffe „Apomorphie“ „Symplesiomorphie“ und „Konvergenz“ entwickelt, zusammen mit dem Instrumentarium ihrer Anwendung. Junker & Scherer (so wie alle mir bekannten Kreationisten) ignorieren das vollständig. Bei Junker & Scherer kommt erschwerend hinzu, dass sie gebildet genug sind, diese Begriffe zu kennen und zu verstehen !!
Homologisierungen Beine Känguruh Delfin Faultier Maulwurf Bär Schabe Welcher Designer würde für gänzlich andere Aufgaben denselben Bauplan verwenden ?!? Schabe Heu-schrecke Kopf- laus Maulwurfs- grille Schwimm- käfer
Vitamin C Synthesefähigkeit Mögliche Vorhersagen Vitamin C Synthesefähigkeit 31
Vitamin C Synthesefähigkeit ging parallel [ergo aus unterschiedlichen Gründen] verloren http://cs273a.stanford.edu [BejeranoFall13/14]
Fazit Die Evolution ist ein realer, natürlicher Vorgang. Dessen angemessene, korrekte, wissenschaftliche Beschreibung sind evolutionstheoretische Modelle. Evolutionskritiker konnten keinerlei prüfbare Fakten und Belege vorbringen; einen wissenschaftlichen Disput Evolutionstheorie vs. Evolutionskritik (z.B. Kreationismus) gibt es daher nicht. Unzählige Befunde sind im Licht der ET sinnvoll interpretierbar, z.B. unter einem Schöpfungsszenario hingegen erscheinen sie völlig willkürlich. Schöpfungsmythen, esoterischer Evolutionskritik, steady-state Ideen / Panspermie etc. wohnen keine empirisch fassbare, reale Faktizität inne. DIE Evolutionstheorie gibt es in der Biologie selbstverständlich genauso wenig wie DIE mechanische Theorie in der Physik. Die biologischen Vorgänge sind zu komplex und vielschichtig, um von einer einzigen, geschlossenen Theorie beschreiben werden zu können. So z.B. WISSEN wir, dass es neutrale (d.h. +/- auswirkungslose) Mutationen gibt; deren Rolle und Verbreitung wird von der „neutralen Evolutionstheorie“ beschrieben. Die „Deszendenztheorie“ fragt nach den Verwandtschaftszusammenhängen („Stammbäumen“) zwischen den Arten, ohne sich dabei um Evolutionsmechanismen zu kümmern. Der „Punktualismus“ geht der Frage nach, wann und unter welchen Umständen Entwicklungsvorgänge langsam oder schnell ablaufen. Usw. usf. etc. etc. ... Im übrigen meint die getroffenen Aussage natürlich nicht, dass die Evolutionstheorie vollständig und komplett irrtumsfrei ist !! Das jedoch ändert wiederum nichts an ihrer prinzipiellen, mit den Methoden empirischer Wissenschaft bestätigten Richtigkeit. Die Aussagen der Evo.theorie sind – in den Grenzen ihrer heutigen Leistungsfähigkeit – völlig zufrieden stellend. Prinzipielle Erkenntnislücken existieren so gut wie keine mehr.