Wertschöpfungsketten im Mittelgebirge – Was ist, wenn die Kette reißt?

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 Präsentation transkript:

Wertschöpfungsketten im Mittelgebirge – Was ist, wenn die Kette reißt? „Landwirtschaft in Mittelgebirgen – Herausforderungen und Perspektiven“ A. Heißenhuber TU München – Weihenstephan 14. Juni 2018

Ausgewählte Ziele der Landwirtschaft in den Mittelgebirgsregionen Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Bewirtschaftung der traditionellen Kulturlandschaften Erhaltung und Förderung einer standortgerechten und umweltverträglichen Landwirtschaft Schutz der natürlichen Ressourcen samt Ökosystemen Förderung zusätzlicher Erwerbsquellen und Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Erhalt von Beschäftigung und Wertschöpfung)

Überlegungen zur Erreichung der genannten Ziele Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Erzeugung Zukunfts- und leistungsfähige GAP Kompensation erhöhter Produktionskosten Honorierung der Erbringung öffentlicher Güter Verbesserung der Wertschöpfung Lösung bestehender Konflikte

1. Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Erzeugung Multifunktionalität als Leitbild Kernstück der europäischen Landwirtschaft Ziel der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik Mittelgebirgslandwirtschaft flächengebundene Viehhaltung (Rauhfutterfresser) nachhaltige Produktionsverfahren (Diversifizierung, Forschung, Beratung) Herkunftsbezeichnung der Erzeugnisse Kompensation der Mehrbelastung

Kulturlandschaft als Koppelprodukt Quelle: Kapfer und Ziesel, 2010

Landschaft nach Rückzug der Landwirtschaft Quelle: Kapfer und Ziesel, 2010

2. Zukunfts- und leistungsfähige GAP Fragen zur GAP Ist die jetzige GAP gegenüber der Gesellschaft noch vermittelbar? Ist die jetzige GAP innerhalb der Landwirtschaft begründbar? Wie hoch ist das zukünftige Finanzvolumen? Weiterentwicklung der GAP Neukonzeption oder Zwei-Säulen-Modell modifiziert 1. Säule Kappung Neue Elemente (z.B. Punktemodell für Ressourcenschutz) 2. Säule Kofinanzierung Umfang Mehr finanzieller Spielraum für die Unterstützung der Landwirtschaft in regionaler Verantwortung

KOM Mitteilung „GAP nach 2013“ „Es herrscht breites Einvernehmen darüber, dass die Verteilung der Direktzahlungen überprüft und dem Steuerzahler verständlicher gemacht werden muss.“

3. Kompensation erhöhter Produktionskosten Erhöhte Produktionskosten (betriebsindividuell) Aufrechterhaltung einer standortgemäßen Viehhaltung (Hofnachfolge) Zahlungen für (wirtschaftlich) benachteiligte Gebiete Investitionsförderung zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft

Grundlegende Weichenstellung vor 50 Jahren „Statt immer hektischer zu produzieren, sollen fünf Millionen Hektar Acker- und Weideland brachgelegt werden“ Mansholt 1968 „Ökonomisches Denken beherrscht den modernen Menschen und läßt ihn dabei leider übersehen, daß er auf dem beste Wege ist, seine Umwelt und seine Lebensgrundlagen zu zerstören“ Eisenmann: Bayerischer Landtag, 28. April 1970

Beginn der Förderung „benachteiligter“ Gebiete

Produktionskosten in Abhängigkeit vom Standort (Veränderung durch technischen Fortschritt) Euro/ha Produktionskosten Standortqualität Bergland Flachland Hügelland

Produktionskosten und Zusatzkosten Euro/ha Externe Kosten Gesamtkosten Zusatzkosten (Erosion, Eutrophierung, Gülletransport etc.) Produktionskosten

4. Honorierung der Erbringung öffentlicher Güter

Öffentliche Güter – Multifunktionale Landwirtschaft Nahrungsmittel (Produktionsfunktion) Kulturlandschaft Tierschutz (ökologisch und visuell) Qualität der Luft Agrobiodiversität Mindestanforderungen THG - Emissionen Kohlenstoffsenke Reduzierung Wasserverfügbarkeit Hochwassergefahr Wasserqualität Reduzierung Brandgefahr Bodenfunktionen Quelle: nach Institute for European Environmental Policy (IEEP), London 2009

Vergleich zwei Produktionsverfahren Nahrungsmittel/ Rohstoffe/Energie David Baldock Executive Director IEEP Email: dbaldock (at) ieep.eu Phone: +44 (0) 20 7340 2670 Quelle: nach Institute for European Environmental Policy (IEEP), London 2009

Zur Honorierung der Erbringung öffentlicher Güter Honorierung von erhöhten Anforderungen an den Naturschutz (Mehrarbeit, Erschwernis) Honorierung der Beibehaltung einer aus ökologischen oder landschaftsästhetischen Gründen erwünschten Wirtschaftsweise, wenn unter Marktbedingungen diese nicht sichergestellt wird (Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung) Anreizkomponente zur Erhöhung der Akzeptanz Artenschutz contra Landbewirtschaftung (Zielkonflikte)

Kulturlandschaft als Koppelprodukt Differenz in den Bewirtschaftungs-kosten 150 €/ha

Agrarlandschaft in der Lommatzscher Pflege – Flächenprämie wofür? Quelle: Kulturkreis Schloss Scharfenberg (Hrsg.): 500 Jahre Meißener Umland und Lommatzscher Pflege. 2017

5. Verbesserung der Wertschöpfung Qualitätsstrategie (Produkt und Prozeß) Premiummarken Kennzeichnung g.g.A. : eine Herstellungsstufe im Gebiet (z.B. Schwarzwälder Schinken) g.U. : Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung in einem Gebiet g.t.S. :garantiert bestimmte Herstellung, keine Herkunft z.B. Heumilch Milchnummern (nur Abfüllort) Nachweis, z.B. Rationsgestaltung Abgrenzung (Importfuttermittel?) Phantasiebezeichnungen

geschützte geografische Angabe (g. g. A.) Produktkennzeichnungen – aber richtig geschützte geografische Angabe (g. g. A.) geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) garantiert traditionelle Spezialität (g. t. S.)

Konzept „VonHier“ seit 1998 Erzeugerbetriebe liegen im 100 km Radius um Kempten Bio-Verbandsbetriebe (Bioland, Naturland, Demeter) langfristige Liefer- und Abnahmeverträge 600 Erzeuger, 40 Verarbeiter, 450 Produkte

Merkmale einer Region (Ökomodell Hindelang) Verein „Natur und Kultur“ bündelt die Interessen der Bauern Merkmale einer Region (Ökomodell Hindelang) Offenhaltung der Landschaft: Kommune fördert seit 25 Jahren die Bewirtschaftung Zentrale Vermarktung scheiterte, viele Betriebe haben neue Absatzwege mit höherer Wertschöpfung aufgebaut. Auch Zu- und Nebenerwerbsbetriebe investieren in neue Ställe. Die Hofnachfolge ist in vielen Fällen gesichert. Der landwirtschaftliche Strukturwandel verläuft viel langsamer als in anderen Regionen Quelle: Wirthensohn, E. in top agrar-Südplus, 5/2016

6. Lösung bestehender Konflikte Schäden durch Beutegreifer Konflikte mit Freizeitnutzung (Wanderer, Radfahrer) Akzeptanz der Haltungsform im Winter Entnahme von Beutegreifern? Schutz vor Beutegreifern (Schutzhunde, Zäune); Schadensregulierung; Konflikt zwischen Wanderern, Radfahrern und den Landwirten bzw. den Weidetieren; Frage des Versicherungsschutzes; Akzeptanz der winterlichen Anbindehaltung, Förderung von Umbaumaßnahmen Abgrenzung der Bergbauernprodukte, Frage des Futtermittelimportes

Fazit Eine umweltverträgliche Landwirtschaft in den Mittelgebirgsregionen hat in der Bevölkerung ein sehr hohes Ansehen, weil sie unter schwierigen Bedingungen durch nachhaltige Nutzung vielfältige Leistungen erbringt, dabei ist die Produktionsfunktion der Landwirtschaft ein wesentliches Element der Multifunktionalität. Wegen der deutlich höheren Erzeugungskosten sind Vernünftige Rahmenbedingungen (siehe Konflikte), öffentliche Gelder und innovative Vermarktungsmaßnahmen erforderlich.