Mitglied des Deutschen Bundestages

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 Präsentation transkript:

Mitglied des Deutschen Bundestages  Johannes Pflug Mitglied des Deutschen Bundestages „Soll die Türkei EU-Mitglied werden?“ Referat beim AWO-Ortsverein Hochfeld/Stadtmitte am 27.08.2006 - Es gilt das gesprochene Wort -

Organe der Europäischen Union Europäisches Parlament (EP) Europäischer Rat (ER) Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer - Rechtlich kein Organ, aber wichtigste politische Instanz Festlegung der politischen Zielsetzungen der EU Vorschläge EU-Kommission) 25 Kommissare aus jedem EU-Mitgliedsland Beschlussfassung: mit der Mehrheit der Stimmen „Hüterin der Verträge“ und „Motor der Integration“ Rat der EU (Rat) - 25 Minister (Vertreter der Mitgliedsländer) Beschlussfassung einstimmig/qualifizierte Mehrheit Stimmgewichtung von 29 (D, F, GB, I) bis 3 (Malta) Entscheidungen Mitentscheidung Zustimmung Anhörung Anfragen Kontrollen Europäisches Parlament (EP) Direkt gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger Beschlussfassung in der Regel mit einfacher Mehrheit 732 Abgeordnete (davon 99 aus Deutschland) – Sitzverteilung 2004-2009: EVP (263) / SPE (201) / Liberale (89) / Grüne (42) / Linke (41) / UEN (30) / Ind/DEM (29) / fraktionslos (37) Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) (BERATEND) Europäischer Gerichtshof (EuGH) Europäischer Rechnungshof (EuRH) Ausschuss der Regionen (AdR) (BERATEND)

Der EU-Beitritt der Türkei die unendliche Geschichte? 1950 erste demokratische Wahl 1952 Aufnahme in die NATO 1960 Militärputsch militärische Kontrolle zur Einführung freier Wahlen 1964 ANKARA-ABKOMMEN Assoziationsabkommen zwischen Türkei und EWG 1971 Militärultimatum => Rücktritt Regierung Demirel bis 1973Regierung durch Technokratenkabinette 1974 Zypernkrise 1980 Militärputsch 1982 AUSSETZUNG DES ANKARA-ABKOMMENS

Der EU-Beitritt der Türkei die unendliche Geschichte? 1983 erste freie Wahlen nach dem Putsch 1987 ANTRAG DER TÜRKEI AUF VOLLMITGLIEDSCHAFT Wurde Ende 1989 abgelehnt 1987 Rückkehr der „alten Politiker“ nach Referendum 1988 WIEDER-INKRAFTTRETEN DES ANKARA-ABKOMMENS 1995 ZOLLUNION EU-TÜRKEI Alle Zölle zwischen der Türkei und der EU wurden abgebaut und ein gemeinsamer Außenzoll bestimmt. 1997 „kalter Putsch“ erzwingt Rücktritt Erbakans

Der EU-Beitritt der Türkei die unendliche Geschichte? 1999 Wiederaufnahme der Gespräche vor dem Hintergrund des Erdbebens 1999 ANERKENNUNG ALS BEITRITTSKANDIDAT mit Beschluss von Helsinki – jedoch ohne zeitliche Perspektive 2000 VERTRAG ÜBER DIE BEITRITTSPARTNERSCHAFT Der Vertrag mit der Türkei wurde während des EU-Gipfels in Nizza unterzeichnet. 2001 Angleichung von 34 Artikeln der türkischen Verfassung an den Acquis 2002 erneute Verfassungsänderungen z.B. zur Verbesserung der Menschenrechtsgarantien u. Eingrenzung der Todesstrafe 3. Dezember 2005 DER EUROPÄISCHE RAT BESCHLIESST AUFNAHME VON BEITRITTSVERHANDLUNGEN, DIE SOFORT BEGINNEN

Demokratie und Menschenrechte gelten in einem erweiterten Europa Die „Kopenhagener Kriterien“ als Basis für einen Beitritt POLITISCHE KRITERIEN: Demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, Menschenrechte, Schutz von Minderheiten RECHTLICHE KRITERIEN: Unterstützung der Ziele der EU, Übernahme des Rechts der Europäischen Gemeinschaft WIRTSCHAFTLICHE KRITERIEN: Marktwirtschaft muss Wettbewerbsdruck innerhalb des europäischen Binnenmarktes standhalten können

- + Status quo der türkischen Entwicklung nach dem Fortschrittsbericht der EU-Kommission vom 9. November 2005 Politische Kriterien – Tendenz: eher negativ Institutionelle Stabilität als Garantie für die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung Wahrung der Menschenrechte Achtung und der Schutz von Minderheiten - + Waffenstillstand mit PKK (bis 1999: 30.000 Tote) seit 2004 gebrochen. März 2006: Bei Kurdendemonstrationen sterben 16 Menschen. Verletzungen der Menschenrechte und des Minderheitenschutzes zwar seltener, aber immer noch existent Das grundsätzliche Problem: große Lücke zwischen politischen Reformen und ihrer Umsetzung in der Verwaltung Freiheiten für kurdische Minderheiten (z.B. Zulassung kurdischer Medien) Abschaffung der Todesstrafe Folterverbot Versammlungs- und Demonstrationsrecht Gleichstellungsgesetze Deutliche Beschränkung der Souveränitäten der Streitkräfte

- + Status quo der türkischen Entwicklung nach dem Fortschrittsbericht der EU-Kommission vom 9. November 2006 Wirtschaftliche Kriterien – Tendenz: eher positiv Marktwirtschaft muss dem Wettbewerbsdruck innerhalb der EU standhalten halten - + 16,5 bis 27,5 Mrd. Euro würden bei einem Beitritt pro Jahr an Unterstützungsleistungen in die Türkei fließen (Berechnungen EU-Kommission) starke Steigerung des Leistungsbilanzdefizits Einkommensniveau zwischen industrialisiertem Westen und ländlichem Osten differiert bis zu 500% (jede Dritte arbeitet in der Landwirtschaft) funktionierende Marktwirtschaft, die mittelfristig dem Wettbewerbsdruck in der EU standhalten könne Wirtschaftswachstum 7,4% (2005); Inflation von 65% (1999) auf 7,7% (Dezember 2005) Deregulierung der zentralen Märkte (z.B. Tabak, Elektrizität, Telekommunikation, Gas) Sozialversicherungsreform (z.B. Einführung der Arbeitslosenversicherung) BNE (2004) der Türkei liegt bei 3436 Euro p.P., in Bulgarien liegt die Zahl bei 2.248 Euro / in Rumänien bei 2.100 Euro

+ - Status quo der türkischen Entwicklung nach dem Fortschrittsbericht der EU-Kommission vom 9. November 2006 Rechtliche Kriterien Übernahme des "Acquis communautaire" + Schwächen im Verwaltungsbereich, der für die Umsetzung des Acquis zuständig ist (struktureller Mangel an Personal, Finanzmitteln und Autonomie) - Verfassungsangleichung Positive Veränderungen in den Sektoren Banken, Telekommunikation, Energie und Landwirtschaft Fortschritte im öffentlichen Beschaffungswesen, in den Bereichen - Energie - Justiz - Inneres

- + Das Strategie-Argument Die Türkei als Brücke zwischen Abendland und Morgenland? - + Konflikte im Nahen Osten rücken an die Grenzen von Europa Türkei war Kolonialmacht in der arabischen Welt und hat dadurch angekratzten Ruf Vorbildcharakter für die Vereinbarkeit von Islam und Demokratie EU-Beitritt der Türkei erweitert und stärkt die globale Machtposition der EU NATO-Partner seit 1949 EU als „Friedensmacht“ für Nahen Osten

   Status quo der türkisch-europäischen Beziehungen Weitere Themen mit hoher Beitrittsrelevanz  Herrschaft von Eliten  unterentwickeltes Bürgertum  Bevölkerungssituation (67,8 Mio. Einwohner) - hoher Anteil junger Menschen => Auswanderungsdruck - Verteilung von Mandaten auf der Grundlage von Bevölkerungszahlen innerhalb der EU  starkes soziales Gefälle => hoher Finanzhilfebedarf

Perspektiven der Beitrittsverhandlungen Fazit von Erweiterungskommissar Olli Rehn zum Fortschrittsbericht 2005: „Der Wandel geht(…)langsamer voran“ Verhandlungen werden mindestens 10 Jahre dauern, die Türkei geht selbst von 14 Jahren aus „Ergebnisoffene Verhandlungen“ mit Ausstiegschancen: wenn von einem Drittel der Mitgliedsländer gewollt wenn sich der Reformprozess verzögert wenn der Beitrittsvertrag nicht ratifiziert wird wenn der EU im Beitrittsjahr die wirtschaftliche und politische Aufnahmefähigkeit fehlt „Werden die Kopenhagener Kriterien erfüllt, wäre die Botschaft einer Nicht-Aufnahme: Auch wenn ein mehrheitlich muslimisches Land noch so modern ist, ist es niemals gleichberechtigt mit den Europäern“