Homeoffice und Mobile Working – Praxis, Risiken, rechtlicher Rahmen

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 Präsentation transkript:

Homeoffice und Mobile Working – Praxis, Risiken, rechtlicher Rahmen Kiel – 5. Juli 2018

I. Einleitung – Rechtslage Vertragliche Vereinbarung eines HO Arbeitszeit und Dokumentation Weisungsrecht und Mitarbeiterkontrolle EDV-Nutzung und Datenschutz im HO Kosten des HO Versicherungs- und Haftungsfragen Mitbestimmung

I. Einleitung – Rechtslage

Home-Office: Arbeitsort vollständig oder teilweise zuhause grundsätzlich keine Auswirkungen auf Arbeitszeitmodell oder Arbeitsinhalte Varianten: Mobile-Office, Crowd-Working-Modelle

Aktuelle Entwicklungen: Anspruch auf Home-Office in den Niederlanden seit 2015 Deutschland: Grünbuch Arbeiten 4.0 des BMAS Trend: Vereinbarung von Teilzeit-Home-Office (noch) wenige Rechtsstreitigkeiten um Home-Office

Rechtslage in Deutschland: kein Rechtsanspruch auf Home-Office teilweise diskutiert aus Fürsorgepflicht oder Gesundheits-/Schwerbehindertenschutzvorschriften aber: Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst örtliche Festlegung des Arbeitsortes (kein Wahlrecht des Arbeitnehmers)  Home-Office beruht auf freiwilliger Regelung

Rechtslage in Deutschland: keine eigenständigen gesetzlichen Regelungen zum Home-Office ingesamt nur überkommene Regelungen, meist zur Definition ohne echte Regelungsinhalte („Telearbeit“, „Heimarbeit“)

Homeoffice und Heimarbeit eines Programmierers – BAG Urt. v. 14.06.2016 – 9 AZR 305/15 Kläger begehrt Feststellung des Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nach Beendigungsmitteilung (Kündigungsschutz!), hilfsweise Feststellung des Bestehens eines Heimarbeitsverhältnisses nach HAG auch Arbeiten nach höherwertiger Qualifikation kann Heimarbeit sein maßgebliches Unterscheidungskriterium sind selbstgewählte Arbeitsstätte und Überlassung der Arbeitsergebnisse an Auftraggeber

Sachgrundlose Befristung und Vorbeschäftigung in Heimarbeit – BAG Urt. v. 24.08.2016 – 7 AZR 625/15 frühere Beschäftigung in Heimarbeit nach HAG steht einer sachgrundlosen Befristung nicht entgegen Heimarbeit nach HAG ist kein Arbeitsverhältnis persönliche Abhängigkeit fehlt

Zuweisung eines Home-Office durch Arbeitgeber? Eingriff in Privatsphäre des Arbeitnehmers Zugriff auf private Ressourcen des Mitarbeiters  gegen den Willen des Arbeitnehmers nicht möglich

Vorteile von Home-Office-Modellen für Mitarbeiter: Wegfall von Wegezeiten/-kosten zum Arbeitsort geringere Kontrollmöglichkeiten bei der Arbeitsausübung u.U. bessere Koordination familiärer Pflichten u.U. mehr Arbeitsruhe

Vorteile von Home-Office-Modellen für Arbeitgeber: Einsparung von Präsenz-Ressourcen Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit Entzerrung betrieblicher Abläufe und Raumsituationen u.U. Auflösung von Mitarbeiterkonflikten

Nachteile von Home-Office-Modellen für Mitarbeiter: Ablenkungspotenziale fehlende Sozialkontakte mangelnde Austausch- und Hilfsmöglichkeiten durch Kollegen/Vorgesetzte eigener heimischer Ressourceneinsatz Abkopplung von betrieblichen Entwicklungsprozessen eingeschränkte Lernpotenziale

Nachteile von Home-Office-Modellen für Arbeitgeber: eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten der Arbeitszeit mangelnde Unterstützungsmöglichkeiten bei technischen Problemen (z.B. bei IT-Problemen) fehlender Motivationszugriff auf Arbeitnehmer u.U. verminderte Kontrolle von Arbeitsergebnissen „politischer“ Vorwurf der Vermischung von Arbeit und Freizeit

Offline im Homeoffice Betriebsrisiko § 615 BGB? Aus welcher Sphäre stammt die Ausfallursache? Computergestützte Arbeit alleiniger Tätigkeitsinhalt?

Gerichtsstand des Homeoffice: § 48 ArbGG (1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.  Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

Mobile-Office: keine Vorgabe/Vereinbarung des Arbeitsortes Arbeit an beliebigen Orten möglich wesentlicher Unterschied zum Homeoffice: keine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers (Problem)Variante: Mobile-Office mit Rooming-In

Koalitionsvertrag 2018 – S. 41 „Wir wollen mobile Arbeit fördern und erleichtern. Dazu werden wir einen rechtlichen Rahmen schaffen. Zu diesem gehört auch ein Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber über die Entscheidungsgründe der Ablehnung sowie Rechtssicherheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber im Umgang mit privat genutzter Firmentechnik. Auch die Tarifpartner sollen Vereinbarungen zu mobiler Arbeit treffen.“

II. Vertragliche Vereinbarung eines HO

Home-Office-Vereinbarungen: als neuer – einziger – Arbeitsvertrag im Rahmen einer Vertragsänderung/-ergänzung schriftlich oder mündlich möglich empfehlenswert: schriftlich „Vereinbarung“ per Direktionsrecht?

Befristung einer Home-Office-Vereinbarungen: problematisch, da wesentlicher Vertragsgegenstand/wesentliche Arbeitsbedingung BAG: Sachgrund § 14 Abs. 1 TzBfG erforderlich Ziff. 4 – Eigenarbeit der Arbeitsleistung Ziff. 5 – Erprobung (des Arbeitnehmers) Ziff. 6 – in der Person liegende Gründe

Inhalte einer Home-Office-Vereinbarungen: Grundsatz der Vertragsfreiheit aber: AGB-Kontrolle, §§ 305 ff. BGB

Typische Vertragsgegenstände: Arbeitsort/-zeit Tätigkeiten Kostentragung Kontrolle/Überwachung (Art. 13 GG!) IT-Nutzung Arbeitszeitdokumentationen Wahrung von Vertraulichkeit

Beendigung einer Homeoffice-Vereinbarung: durch aufhebende Vereinbarung durch Änderungskündigung durch Widerruf? durch Teil-Kündigung? per Direktionsrecht? freies Rückkehrrecht des Arbeitnehmers?

Befristung einer Homeoffice-Vereinbarungen: problematisch, da wesentlicher Vertragsgegenstand/wesentliche Arbeitsbedingung BAG: Sachgrund § 14 Abs. 1 TzBfG erforderlich Ziff. 4 – Eigenarbeit der Arbeitsleistung Ziff. 5 – Erprobung (des Arbeitnehmers) Ziff. 6 – in der Person liegende Gründe

Befristete Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit – BAG Urt. v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 befristet Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit (hier: halbe auf volle Stelle für 3 Monate) ist wesentliche Vertragsänderung wesentliche befristete Vertragsänderung wird nach AGB-Recht geprüft (nicht: TzBfG) AGB-rechtlicher Maßstab sind aber die Wertentscheidungen des § 14 Abs. 1 Ziff. 1 - 8 TzBfG übertragbar auf befristete Homeoffice-Vereinbarung?

Ideale Regelung von Homeoffice-Vereinbarungen: durch Betriebsvereinbarung freiwillige BV, keine Erzwingbarkeit  keine Nachwirkung unmittelbare Wirkung zugunsten und zu Lasten der Mitarbeiter keine AGB-Kontrolle von BV-Regelungen (Widerrufsregel pp.) nach Kündigung der BV entfällt Grundlage der Gestattung zum Homeoffice

III. Arbeitszeit und Dokumentation

Home-Office und Arbeitszeit: es gilt universell das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) besonderes Problem im Home-Office: Ruhezeitunterbrechungen

Das höchstzulässige Arbeitsvolumen wird durch das ArbeitszeitG bestimmt: werktägliche Arbeitszeit nicht mehr als 8 Stunden (ohne Pausen, da keine Arbeitszeit) Werktage sind Montag bis Samstag = 48 Stunden Verlängerung auf 10 Stunden am Tag möglich, wenn Durchschnitt in 6 Monaten nicht über 8 Stunden per Betriebsvereinbarung auf 48 Stunden/Woche in 12 Kalendermonaten veränderbar

grunds. Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit, grunds. Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit, Ausnahmen mit Genehmigung möglich Pausenregelung: - mehr als 6 Stunden  30 Min. - mehr als 9 Stunden  45 Min. teilbar in mind. 15 Minuten-Blöcke Ruhezeiten: - mind. 11 Stunden - per BV auf 9 Stunden verkürzbar Ausnahmeregelungen bei Behördengenehmigung

Ruhezeitunterbrechungen im Home-Office: z.B. durch Telefonate, Emails pp. lassen Ruhezeit nach § 5 ArbZG neu beginnen Graubereich oder echter Gesetzesverstoß?

Modellarbeitstag/-woche der Arbeit 4.0: keine Erbringung am Stück (mit Pause) Verteilung über Tag oder Woche mit Unterbrechungen und unterschiedlichen Arbeitszeiten Bearbeitung von digitalen Arbeitsvorgängen zu jeder Zeit, auch vor dem Frühstück oder abends noch vor dem Schlafengehen Arbeit gelegentlich auch nachts

Ordnungsrecht (ArbZG) Unterschiedliche Arbeitszeitbegriffe Ordnungsrecht (ArbZG) Vergütung BetrVG

Fallbeispiel („Sofa-Arbeit“): Der Arbeitnehmer hat bis 17 Fallbeispiel („Sofa-Arbeit“): Der Arbeitnehmer hat bis 17.00 Uhr keine Rückäußerung vom amerikanischen Kunden, ob dieser bestellen will oder nicht. Vereinbarungsgemäß meldet sich der Kunde um 23.00 Uhr auf dem Diensthandy des Arbeitnehmer für ein 15-minütiges Gespräch, in dem der Vertragsschluss über 1 Mio. Euro vereinbart wird.  Ruhezeitunterbrechung oder Graubereich?  Höchstarbeitszeit überschritten?

Fallbeispiel: Der Arbeitnehmer ist mit seiner Familie im 14-tägigen Urlaub auf Fuerteventura. Firmenlaptop und Handy sind ebenfalls dabei. Auf einen Anruf des Arbeitgebers wird A an zwei Vormittagen und einem Abend jeweils zwischen 2 und 3 Stunden tätig.  Urlaubsgutschrift für die jeweiligen Tage?  Stundengutschrift für die gearbeiteten Zeiten?  Zusätzlicher Lohnanspruch zum Urlaubsentgelt?

Dokumentation der Arbeitszeit im Home-Office: verpflichtend nur nach MiLoG und nach § 16 Abs. 2 ArbZG einforderbar ggf. durch den Betriebsrat

§ 16 Abs. 2 ArbZG: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 [= 8 Stunden] hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen …

Dokumentationspflichten, § 17 MiLoG für Beschäftigte in den § 2a SchwarzARbG – Branchen für alle geringfügig Beschäftigten in allen Branchen (§ 8 SGB IV) außer Privathaushalte Dokumentation: Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht: Pausen (aber: Dauer muss berechnet werden) bis spätestens zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags Aufbewahrung mindestens 2 Jahre ab dem maßgeblichen Aufzeichnungszeitpunkt

§ 2a SchwarzArbG Baugewerbe Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe Personenbeförderungsgewerbe Speditions-, Transport- Logistikgewerbe Schaustellergewerbe Forstwirtschaft Gebäudereinigungsgewerbe Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen Fleischwirtschaft

keine Dokumentationspflicht bei Monatseinkommen ab EUR 2.958 brutto Vereinfachung der Dokumentation nach Verordnung des BMAS für Branchen nach § 2a SchwarzArbG („Mindestlohndokumenationspflichteneinschränkungs-verordnung“): keine Dokumentationspflicht bei Monatseinkommen ab EUR 2.958 brutto Monatseinkommen ab EUR 2.000 brutto, wenn zuvor bereits 1 Jahr lang gezahlt negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden

ausschließlich „mobile“ Tätigkeiten Vereinfachung der Dokumentation nach der Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (für alle Branchen): nur Dauer der täglichen Arbeitszeit (ohne Beginn, Ende und Unterbrechungen) zu dokumentieren, wenn ausschließlich „mobile“ Tätigkeiten Tätigkeiten keinen Vorgaben zu Beginn und Ende unterliegen und Arbeitnehmer die Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden

Dokumentationspflichten, § 19 AEntG gilt nur für AEntG-Branchen nach § 4 Abs. 1 AEntG und gilt nur, wenn anwendbarer allgemeinverbindlicher TV Mindestentgelt regelt oder bei tariflich geregelten Urlaubskassenverfahren

§ 4 AEntG Bauhaupt- und -nebengewerbe Gebäudereinigung Briefdienstleistungen Sicherheitsdienstleistungen Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken Wäschereindienstleistungen im Objektkundengeschäft Abfallwirtschaft einschl. Straßenreinigung und Winterdienst Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II und III Schlachten und Fleischverarbeitung

Vertrauensarbeitszeit im Home-Office? Arbeitspensum muss ohne zeitliche Vorgabe erledigt werden entbindet nicht von der Aufzeichnungspflicht nach § 16 Abs. 2 ArbZG kann Überstundenproblematiken entschärfen BR kann Mitteilung sämtlicher Arbeitszeiten trotz Vertrauensarbeitszeit verlangen

IV. Weisungsrecht und Mitarbeiterkontrolle

Direktionsrecht (Weisungsrecht): Nähere Bestimmung der im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig beschriebenen Leistungspflicht des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nach - Zeit - Art und - Ort der Leistung

Rechtsgrundlage: § 315 Abs. 1 BGB vorgegebene Grenze: Ausübung nur nach „billigem Ermessen“ grundsätzlich kein Zugriff auf: - Änderung der vertraglichen Tätigkeit des Arbeitnehmers - Höhe der vereinbarten Vergütung

Maßstab bei der Ausübung des Direktionsrechts damit allein: „Billiges Ermessen“ (§ 315 Abs. 1 BGB) Alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles müssen abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden.

Befolgungspflicht unbilliger Weisungen – BAG Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 Arbeitnehmer ist an unbillige Weisung gleichwohl solange gebunden, bis Unbilligkeit rechtskräftig feststeht bis dorthin Befolgungspflicht es darf keine Unwirksamkeit aus sonstigen Gründen vorliegen

Befolgungspflicht unbilliger Weisungen – BAG Urt. v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16 Arbeitnehmer ist an unbillige Weisung solange nicht gebunden, bis Unbilligkeit rechtskräftig feststeht bis dorthin keine Befolgungspflicht

Mitarbeiterkontrolle im Home-Office: Hausbesuche?  Art. 13 GG technische Kontrollen? erhebliche Praxisgrenze

Elektronische Überwachung des Heimarbeitsplatzes – LAG Köln Urt. v. 29.09.2014 – 2 Sa 181/14 Speichern des Bearbeiters und des letzten Änderungsdatums einer Datei verstößt nicht gegen das BDSG Eingabeüberprüfung in Online-Datenbank zur Überprüfung von Fehleingaben erforderlich Daten zur Überführung von Arbeitszeitbetrug am Heimarbeitsplatz verwertbar 15,76 Stunden Zeitbetrug kein Bagatellfall

Geltung der ArbeitstättenVO 2016 im Homeoffice? „Telearbeitsplätze“ nur solche, die im Privatbereich des AN vom AG fest eingerichtet worden sind (§ 2 Abs. 7 ArbStättVO) damit liegt bereit bei Nutzung des eigenen Schreibtisches kein Telearbeitsplatz vor falls Telearbeitsplatz, nur Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung, zur Unterweisung und zur Bildschirmarbeit (nun in ArbStättVO integriert)

V. EDV-Nutzung und Datenschutz im HO

Technisch-organisatorische Maßnahmen: Zugangsschutz durch Dritte, insbesondere Familienmitglieder Schutz des Übertragungsvorgangs (VPN) Nutzung zeitgemäßer Hardware Hardware- und Softwarenutzung ausschließlich zu dienstlichen Zwecken

Bring Your Own Device - BYOD: BYOD vs. COPE (Corporate Owned, Personally Enabled) Arbeitgeber als Diensteanbieter nach TKG? Gewährleistung der Datensicherheit Nutzungsentschädigung? Überwachungsrecht an BOYD-Endgeräten? lizenzrechtliche Fragen Nutzungsvereinbarungen (ggf. mitbestimmt?)

Arbeitgeber als Diensteanbieter nach § 88 Abs. 3 TKG? Verpflichtung des Diensteanbieters auf das Fernmeldegeheimnis bei Verstoß  i.d.R. Beweisverwertungsverbot umstritten

Arbeitgeber kein Diensteanbieter nach TKG – LAG Berlin-B. Urt. v. 14.01.2016 – 5 Sa 657/15 private Dauernutzung des Internets während der Arbeitszeit Nachweis durch Auswertung des Browserverlaufs private Nutzung in Pausen war gestattet kein Beweisverwertungsverbot, da AG nicht Diensteanbieter nach § 88 Abs. 3 TKG Vergleich der Parteien vor dem BAG  Rechtsstandpunkt des BAG weiter offen

Problem anlässlich der Beendigung von Arbeitsverträgen: Wie wird die Löschung von zuhause verbliebenen Daten sichergestellt?

I. EU-DSGVO in Kraft seit 25.05.2018 nach 2 Jahren Übergangszeit unmittelbare Geltung als EU-Verordnung Öffnungsklauseln zugunsten nationaler Vorschriften, insbesondere im Beschäftigtendatenschutz (Art. 88 DSGVO) Reform des BDSG ebenfalls zum 25.05.2018

Allgemeine Grundstrukturen der DSGVO Art. 5 – Grundsätze für die Datenverarbeitung (z.B. Zweckbindung, Datensparsamkeit u.s.w.) Art. 6 – Rechtmäßigkeit der Verarbeitung (Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt) Art. 9 – Verarbeitung besonderer Datenkategorien Art. 12 - 14 – Transparenz und Information

Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist: a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben; b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, c) die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen; die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;

d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen; e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde; f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

Aufsichtsbehörden kein ergänzendes Personal am ULD astronomische Strafdrohung nur für die Googles und Facebooks? Rüge statt Bußgeld (Öffentlichmachung)? Kontrollen nur auf Anzeige?

Beschäftigtendatenschutz nach BDSG § 26 BDSG neu (zuvor § 32 BDSG) wenig materielle Änderungen zahlreiche streitige Einzelfragen, Lösungen rechtsprechungsabhängig Gilt § 26 BDSG neu neben oder statt Art. 6 DSGVO?

§ 26 BDSG-E Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.

Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur dann verarbeitet werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Verarbeitung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse der oder des Beschäftigten an dem Ausschluss der Verarbeitung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.

Überwachung mittels Keylogger - Verwertungsverbot – BAG Urt. v. 27.07.2017 – 2 AZR 681/16 AG setzt mit Kenntnis des AN sog. Keylogger ein AN geht während der Arbeitszeit in erheblichem Umfang privaten Tätigkeiten nach, wie die Auswertung der Keylogger-Daten ergibt schwerer Eingriff in allg. Persönlichkeitsrecht des AN  Sachverwertungsverbot

Folgerungen aus der Keylogger-Entscheidung: Selbst weitreichende Technik-Eingriffe mit Mitteln wie Keylogger nicht per se unzulässig Ermittlungen nach § 32 Abs. 1 BDSG erfordern keinen Straftatverdacht, Pflichtverletzungen reichen aus Verletzung der datenschutzrechtlichen Eingriffsvoraussetzungen indiziert eine Unverwertbarkeit der gewonnenen Informationen Sachverwertungsverbot bei gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erlangten Informationen Beispiel: Monatsbestenlisten im Vertrieb

Beweisverwertungsverbot Sachverwertungsverbot setzt Bestreiten voraus sonst Sachvortrag unstreitig dann keine Beweiserhebung notwendig setzt kein Bestreiten voraus Gericht berücksichtigt von Amts wegen selbst wenn Vortrag eingebracht und nicht bestritten ist

Folgeproblem: Fernwirkungsverbot „Fruits-of-the-Forbitten-Tree“ Beispiel: Geständnis vor Zeugen nach Vorhalt rechtswidrig erlangter Beweismittel, z.B. Videosequenz keine Klärung durch Keylogger-Entscheidung, aber zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Grundrecht!) denkbar und konsequent Beispiel: Monatsbestenlisten im Vertrieb

Safe Harbor Entscheidung der EU-Kommission ungültig – EuGH Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14 Personendaten von EU-Bürgern auf amerikanischen Servern nicht hinreichend geschützt keine Kompetenz der EU-Kommission zur Beschränkung von Rechten nationaler Datenschutzbehörden fehlende Rechtsschutzmöglichkeiten betreffend US-Speicherung bewirken schwerwiegenden Grundrechtseingriff

Nachfolgeregelung zu Safe Harbor: Privacy Shield-Abkommen EU-USA 12.07.2016 von EU-Kommission anerkannt Funktionsweise ähnlich Safe Harbor, aber deutlich verschärft u.a. im Rechtsschutz

“Agencies shall, to the extent consistent with applicable law, ensure that their privacy policies exclude persons who are not United States citizens or lawful permanent residents from the protections of the Privacy Act regarding personally identifiable information.” Executive Order des US-Präsidenten vom 25.01.2017 (Section 14)

VI. Kosten des HO

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers: § 670 BGB analog – Aufwendungsersatz umfasst Einrichtung des Arbeitsplatzes einschl. EDV- Ausstattung umfasst auch anteilige Kosten für Einrichtung der „Bürofläche“ (Strom, Wasser, Gas, Telefon/Internet) Problem: „Arbeit am Küchentisch“

VII. Versicherungs- und Haftungsfragen

Versicherungsschutz: Home-Office von gesetzlicher Unfallversicherung umfasst daneben Haftungsprivileg des Arbeitgebers nach § 104 Abs. 1 SGB VII (nur Vorsatzhaftung) Hausrat- und Wohngebäudeversicherung: anteilige Kostentragung oder Pauschalierung nach § 670 BGB

Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz im Homeoffice – BSG Urt. v. 05.07.2016 – B 2 U 5/15 R gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht prinzipiell auch im Homeoffice Weg innerhalb der Wohnung ist i.d.R. kein Betriebsweg Wasserholen in Küche ist eigenwirtschaftliche Tätigkeit in Privatwohnung bestehende Risiken hat der Arbeitnehmer zu verantworten

Problem: Schäden durch den Arbeitnehmer Regeln zur Arbeitnehmerhaftung gelten unbeschränkt gelten auch für Schäden am Privateigentum des Arbeitnehmers im dienstlichen Einsatz hierdurch faktische Erstattungspflicht des Arbeitgebers

Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung: keine Haftung bei  einfacher Fahrlässigkeit Haftungsanteile bei  mittlerer Fahrlässigkeit Alleinhaftung des  grober Fahrlässigkeit Arbeitnehmers nur bei oder Vorsatz

Problem: Schäden durch Familienmitglieder streitig, ob generelle Haftungsfreistellung wegen Nutzung privater Ressourcen im Interesse des Arbeitgebers oder quotale Beteiligung des Arbeitnehmers

VIII. Mitbestimmung

Berührte Mitbestimmungsrechte des BR: § 87 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG – Arbeitszeit § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG – Überstunden § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG – Technik Überwachungsrecht des BR im Home-Office? (§ 80 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG)