Scham – Schamabwehr - Mobbing Die tabuisierte Emotion
Literaturgrundlage SCHAM Scham - die tabuisierte Emotion (Gebundene Ausgabe) von Stephan Marks, Patmos; Auflage: 1 (15. August 2007) SCHAM Warum ich fühle, was du fühlst: Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone (Taschenbuch) von Joachim Bauer, Heyne Verlag (4. September 2006) Das Gedächtnis des Körpers: Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern (Taschenbuch) von Joachim Bauer Piper; Auflage: 15 (1. September 2004)
Bedeutung des Wortes Scham Das Wort stammt von dem altgermanischen Begriff Skam oder Skem und hat die Bedeutung Schamgefühl, Beschämung und Schande. Es geht zurück auf die indogermanische Wurzel kam/kern: "zudecken, verschleiern, verbergen". Das vorangestellte s (skam) fügt die reflexive Bedeutung hinzu - "sich zudecken, sich verbergen". SCHAM 3
Scham - Entstehung Schamgefühle entstehen nur dann, wenn ich mich mit dem anderen sozial verbunden bzw. in einer sozialen Gemeinschaft fühle. Scham ist entwicklungspsychologisch sehr früh begründet Entscheidend ist die Kommunikation zwischen Eltern und Kind, die über Körper und Blick stattfindet. Zentrale Bedeutung hat der Blick ( auch im Hinblick auf die verächtlichen Blicke bei späterem Mobbing.) SCHAM Findet mich jemand oder mein Verhalten unakzeptabel, den ich nicht als meiner sozialen Gruppe zugehörig empfinde, und werden ich und mein Verhalten gleichzeitig von meiner sozialen Bezugsgruppe akzeptiert und gutgeheißen, entsteht keine Scham.
Typische Themen von Personen, die Schamgefühle plagen Quelle: Dipl.-Psych. Ortwin Meiss / www.mei-hamburg.de Was mir passiert ist oder wie ich mich verhalten ist verachtenswert Ich bin schwach, inkompetent, ich versage oder habe versagt. Ich bin dreckig, schmutzig und ekelhaft. Ich bin mit einem Makel behaftet. Wenn jemand sieht, wie ich bin, werde ich bestraft (z.B.durch Ausschluss aus der Gemeinschaft). Alle (mir wichtigen Menschen) ziehen sich von mir zurück. Ich stehe alleine da. SCHAM
Die Formen der Scham die Anpassungsscham die Körperscham die Gruppenscham die Empathische Scham die Intimitätsscham die traumatische Scham die Gewissensscham SCHAM Quelle: Stephan Markus: Scham - die tabuisierte Emotion
Die Anpassungsscham … Ist nach außen gerichtet, orientiert sich an Blicken und erwartet eine Bewertung durch Mitmenschen. Sie wird ausgelöst: NO BLAME APPROACH durch Verletzung der Höflichkeitsregeln (unschickliches, flegelhaftes, ordinäres, unfaires oder unsportliches Verhalten) durch Mangel an Bildung (Sprechen eines Dialekts, durch Sprachfehler, Legasthenie oder Dyskalkulie , schlechte Noten) durch soziale Schwäche (Mitschüler werden gemobbt, die bestimmte »coole« Statussymbole [Handy, Kleidung oder Turnschuhe bestimmter Hersteller] nicht besitzen.) durch Verletzung der Höflichkeitsregeln, z.B. durch »unschickliches«, flegelhaftes, nachlässiges, vulgäres, respektloses, schamloses, geschmackloses, ordinäres, unangemessenes, unfaires oder unsportliches Verhalten. Etwa, wenn man zu spät kommt oder wenn der Reißverschluß der Hose versehentlich nicht geschlossen ist; durch Mangel an Bildung (der tatsächliche oder scheinbare Mangel an Bildung zeigt sich etwa im Sprechen eines Dialekts, durch Sprachfehler, eine Lese-Rechtschreibstörung [Legasthenie] oder Rechenschwäche [Dyskalkulie]), durch Versagen, schlechte Noten, Fehler, Nichteinhalten eines Versprechens, Verlieren oder Inkonsequenz (»Wer A sagt, muss auch B sagen«). Durch psychische Probleme, durch unsicheres Auftreten, Erröten oder wenn Gefühle (z.B. Schamgefühle) sichtbar zu werden drohen; Unter Jugendlichen zeigt sich diese Scham etwa daran, dass Mitschüler gemobbt werden, die bestimmte »coole« Statussymbole (Handy, Kleidung oder Turnschuhe bestimmter Hersteller) nicht besitzen;
Die Körperscham Scham oder Beschämungen in Bezug auf den Körper können ausgelöst werden: durch Krankheiten wie Krebs, Aids, Geschlechtskrankheiten oder sichtbare Hautkrankheiten wenn jemand dem herrschenden Leistungsideal nicht entspricht (durch schmächtigen Körperbau (»Schwächling«) , schlechten Leistungen im Sport, Übergewicht (»Fettsack«), wenn jemand das Gefühl hat, dem herrschenden Schönheitsideal nicht zu entsprechen durch kurzfristigen Kontrollverlust über den Körper (Erröten, Stolpern, Stürzen, Rülpsen, Blähungen) SCHAM Scham oder Beschämungen in Bezug auf den Körper können ausgelöst werden: durch Krankheiten wie Krebs, Aids, Geschlechtskrankheiten oder sichtbare Hautkrankheiten. Durch körperliche Merkmale wie z.B. Körpergeruch, abstehende Ohren, auffallende Körpergröße oder durch Deformationen, vor allem wenn diese öffentlich sichtbar sind, wie bei Buckel, Behinderungen oder hervorstehenden Zähnen; wenn jemand dem herrschenden Leistungsideal nicht entspricht, etwa durch schmächtigen Körperbau (»Schwächling«) oder bei schlechten Leistungen im Sport. Oder durch Übergewicht (»Fettsack«), Alter, Gebrechlichkeit oder verminderte Leistungsfähigkeit. wenn jemand das Gefühl hat, dem herrschenden Schönheitsideal nicht zu entsprechen, etwa übergewichtig zu sein oder einen zu kleinen Penis bzw. zu kleine, zu große oder hängende Brüste zu haben und dergleichen. Besonders schwierig ist diesbezüglich die Pubertät mit ihren raschen körperlichen Veränderungen, mit Pickeln und Selbstwertproblemen. wenn jemand in einer rassistischen Gesellschaft die »falsche« Hautfarbe hat. durch kurzfristigen Verlust von Kontrolle über den Körper etwa bei Erröten, Stolpern, Stürzen, Ungeschicklichkeiten, Fehlleistungen oder -griffen, Rülpsen, Blähungen oder wenn man schmutzig oder mit Essensresten bekleckert ist. Oder durch Kontrollverlust in der Sexualität, z. B. eine Erektion zum unpässlichen Zeitpunkt. durch langfristigen Kontrollverlust über den Körper, etwa durch Impotenz, Frigidität, Inkontinenz oder neurologische Erkrankungen.
Die Gruppenscham Gruppenscham kann ausgelöst werden Durch die Nähe oder Zugehörigkeit zu einer Person oder Familie, die mit Schande behaftet ist. ( für ein uneheliches, behindertes, »unerzogenes«, »schwieriges« oder »missratenes« Kind) durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, oder Nation, die mit Schande behaftet ist. (Viele Deutsche schämen sich für das Verhalten deutscher Urlauber im Ausland oder für die Gewalt von Neo- Nazis.) SCHAM So schämt man sich vielleicht für ein uneheliches, behindertes, »unerzogenes«, »schwieriges« oder »missratenes« Kind; für die mangelnde Bildung der Eltern; für die exzentrische, »verrückte« oder geschiedene Tante oder für das »schwarze Schaf«, den Versager, Kommunisten, Nazi, Straftäter oder »Selbstmörder« in der Familie; 07.07.2010
Empathische Scham Empathische Scham befähigt uns zu Mitgefühl, Solidarität und Freundschaft. Sie treibt uns an, Schwachen beizustehen, sie zu schützen oder zu verteidigen. Empathische Scham ist die Scham, die wir mit-fühlen, wenn wir Zeuge der Scham eines Mitmenschen sind, etwa wenn dieser erniedrigt wird. (Quelle: Joachim Bauer, Warum ich fühle, was du fühlst) SCHAM 07.07.2010
Intimitätsscham SCHAM Intimitäts-Scham oder Schamhaftigkeit hat die Aufgabe die körperlichen und seelischen Grenzen und die Identität des Menschen zu wahren. Sie wird verletzt wenn die Intimitätsgrenzen nicht respektiert werden (unfreiwillige Entblößen von Körperteilen, z.B. bei der Musterung, medizinischen Untersuchungen, Pflege wenn etwas von uns öffentlich wird, das wir für uns behalten wollten, (ein intimer Gedanke oder ein Gefühl) wenn unsere Würde verletzt wird… durch Anprangerung, Mobbing, Geringschätzung, Kritik »unter der Gürtellinie«, Erniedrigung, Beschämung, Verachtung, Gewalt oder Respektlosigkeit Dadurch, dass wir ausgeschlossen oder wie Luft behandelt, stigmatisiert, angestarrt, verspottet, blamiert oder lächerlich gemacht werden. wenn wir zu einem Objekt oder zu einer Zahl gemacht werden. SCHAM
Traumatische Scham Traumatische Scham entsteht, wenn die Intimitäts-Grenzen oder Würde eines Menschen in traumatischer oder kumulativ-traumatischer Weise (Mobbing) verletzt wurden. Traumatische Scham ist eine charakteristische Nachwirkung von Grenzverletzungen wie Missbrauch, Vergewaltigung oder Folter. Traumatisierte können sich nirgends mehr, auch nicht in ihrem eigenen Körper, zu Hause fühlen. SCHAM
Gewissensscham Gewissens- oder moralische Scham meldet sich wenn wir unsere eigenen Werte, Ideale oder unsere Würde verletzt haben. wenn wir unsere Menschlichkeit aufgegeben haben. wenn wir uns materiell, politisch oder seelisch haben korrumpieren lassen wenn wir unseren Lebenssinn verfehlen. wenn wir einem Mitmenschen die Hilfe verweigern haben. SCHAM
Die Folgen von Schamgefühlen Das Ich befindet sich im Zustand existenzieller Angst Das Nervensystem reduziert sich dazu auf die simpelsten Muster: Angriff Flucht im Boden versinken wollen. (Tot stellen) Scham ist so schmerzhaft, dass sie abgewehrt werden muss. Scham-Abwehr ist ein Schutz-Mechanismus weil er oder sie psychisch um sein Überleben kämpft. SCHAM
Die Formen der Schamabwehr Jemand anderen lächerlich machen Schadenfreude mit Macht und Unterdrückung verhindern, dass man beschämt wird besondere Leistungen bringen, um sich unangreifbar zu machen Arroganz und Überheblichkeit (protzige Männlichkeit) Projektion (Andere mit den Eigenschaften ausgestatten, für die man sich selber schämt.) Zynismus und Negativismus Rechtfertigungszwang, Rechthaberei SCHAM ausgestattet, für die man sich Durch Projektion werden Andere mit den Eigenschaften selber schämt (z.B. Schwäche) und mit den entsprechenden Ausdrücken beschimpft („Schwächling“). - Durch Beschämung und Verachtung wird passiv in aktiv verwandelt: Andere werden gezwungen sich zu schämen. Dazu werden sie verhöhnt, gedemütigt, schikaniert, zu Zahlen und Objekten gemacht, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen oder vernichtet – insbesondere diejenigen, die als schwach betrachtet werden. Wer so übervoll mit Schamgefühlen ist, dass er oder sie darin zu ertrinken droht, der braucht Objekte, um seine Scham abzuführen. Der braucht Personen, die er beschämen, verachten usw. kann. Dies kann man etwa bei gewaltbereiten Jugendlichen gut beobachten – wie eine englische Redensart treffend zum Ausdruck bringt: „looking for trouble“. - Das Kerngefühl, ein Nichts zu sein, kann auch abgewehrt werden durch Arroganz oder protzige Männlichkeit, mit der Selbstsicherheit vorgetäuscht wird. Durch herrisches, heroisches Auftreten wird jeder Gedanke an Schwäche ausgemerzt. - Weitere Formen von Scham-Abwehr sind Zynismus und Negativismus (die häufig mit Kritik verwechselt werden). Wer sich immer nur negativ äußert, ist vermeintlich immer auf der ‚sicheren Seite’. - Rechtsfertigungszwang, Rechthaberei: Hinterfragen, Kritik oder Zweifel können nicht angenommen werden, da sie als beschämend und bedrohlich für das Selbstwertgefühl erlebt werden. Daher werden sie durch Rechtfertigungs-Tiraden abgewehrt. - Zur Abwehr seiner Scham träumt man sich durch Größenphantasien aus einer erniedrigenden Existenz heraus. Oder durch Idealisierung einer Person, Gruppe oder Nation. - Schamgefühle können auch dadurch abgewehrt werden, dass demonstrativ Schamlosigkeit gezeigt wird: Unverfroren wird Rücksichtslosigkeit, Verachtung von Idealen, Gewalt, Betrug oder Missbrauch zur Schau getragen. - Durch Gewalt wird Ohnmacht in Macht gewendet. Dies wird etwa durch den Abschiedsbrief deutlich, den
Mobbing, Scham und Macht Mobbingstrategien sind Formen der Schamabwehr: sinnlose oder den Selbstwert verletzende Arbeiten nicht mehr mit einem sprechen – Soziale Isolation lächerlich machen verbal bedrohen, anschreien, demütigen Androhung oder Ausübung körperlicher Gewalt Gerüchte verbreiten SCHAM
Gründe für Beschämungen Menschen zu beschämen, dient der Abfuhr eigener Schamgefühle. Dazu braucht man Opfer Schamgefühle stellen das Potenzial zu instrumentalisieren dar: SCHAM Beschäme und herrsche! Scham ist ein Wirtschaftsfaktor – Werbung setzt bei Schamgefühlen an. (jung, stark, schön, reich, erfolgreich, Viagra …) Pädagogische Praxis ist Beschämung und Selbstbeschämung
Scham und Beschämung im Umfeld der Pädagogik Beschämungen in der Kindheit, Schule, Ausbildung, Hochschule werden verinnerlicht und in der eigenen Tätigkeit wiederholt. Lehrer werden öffentlich demontiert Politik: „faule Säcke, faule Hunde“1 Medien:“Lehrerkollegien sind Auffangbecken für Studienversager, Ängstliche und Labile, Doofe, Faule und Kranke“ Folge: auch Schüler attackieren verbal & massiv Lehrer SCHAM 1Günther Öttinger im März 1999 vor dem CDU Wirtschaftsrat Reutlingen/Tübingen
Scham und Beschämung im Umfeld der Pädagogik Beschämungen durch Eltern ( abfälliges Reden, Intervenieren, Klagen, Einschüchtern) Beschämung durch Kollegen Beschämung durch Schulleitungen SCHAM Folge: Erschöpfung, Resignation, Burnout, PTS Der Betroffene ist auf die einfachsten Überlebensmechanismen zurückgeworfen. Gelingendes Lehren ?
These Vieles von dem, was vorschnell als irrationaler Ausbruch von Gewalt oder als Dummheit, Faulheit, mangelnde Begabung oder soziale Inkompetenz etikettiert ist, ist die Folgewirkung einer Pädagogik von Scham und Beschämung. Kreativität, Lebensfreude, Motivation und Gesundheit werden durch diese Pädagogik kaputt gemacht. SCHAM
Genesis 1,3 Und das Weib schaute an, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er lieblich anzusehen und ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte; und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann auch davon, und er aß. Da wurden ihrer beiden Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und sie schämten sich ihrer Nackheit.
Dr. Stephan Marks http://www.scham-anerkennung.de/ Dr. rer. soc. Sozialwissenschaftler, Supervisor Stephan Marks Kontakt Karthäuserstr. 61b 79104 Freiburg (DE) 0761/682915 marks@ph-freiburg.de Derzeitige Einrichtung: Pädagogische Hochschule Freiburg Abteilung/Institut: Forschungsprojekt Geschichte und Erinnerung Derzeitige Position:Projektleiter
Impressum Werner Ebner DK1VP Gutenbergstr.9 72585 Riederich Tel. 07123-381613 kontakt(at)mobbingberatung(dot)info Internet: http://www.schueler-mobbing.de Beratung: http://www.mobbing-help-desk.de/ http://www.mobbingberatung.info/ Informationen; auch Schulrechtliches: http://www.mobbing-in-schulen.de/ Blogs: Fälle und Lösungen http://blog.schueler-mobbing.de/