Studien im Dialog Dr. Simone C. Ehmig, Stiftung Lesen

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 Präsentation transkript:

Zum beruflichen und privaten Umfeld von funktionalen Analphabet/inn/en – Studien im Dialog Dr. Simone C. Ehmig, Stiftung Lesen Dr. Wibke Riekmann, Universität Hamburg

Warum eine Studie zum Umfeld von funktionalen Analphabet/inn/en ?

Wie kann man das Umfeld identifizieren und „vermessen“ Wie kann man das Umfeld identifizieren und „vermessen“? Wie sind die Studien vorgegangen?

Making of: Umfeldstudie … Quantitative Teilstudie 1.511 Telefoninterviews mit Erwachsenen in Hamburg: Feld des Mitwissens Beziehung zur betroffenen Person Kenntnis von Unterstützungsmöglichkeiten und der Medienkampagne Art und Häufigkeit der Unterstützung Wird die Empfehlung gegeben, einen Kurs zu besuchen? Qualitative Teilstudie 30 leitfadengestützte Interviews mit Mitwissern: Beziehung zur betroffenen Person Art der Unterstützung Wird über die Problematik gesprochen? Wie groß ist die emotionale und zeitliche Belastung durch das Wissen? Werden Lernstrukturen entwickelt?

Zentrale Forschungsfragen Quote des Mitwissens: Wie viele Menschen kennen jemanden, der/die erhebliche Probleme beim Lesen und Schreiben hat? (QUANTITATIV) Felder des Mitwissens: In welchen gesellschaftlichen Bereichen existiert dieses Wissen? (QUALITATIV UND QUANTITATIV) Potenzial für die Weiterbildungsberatung Können Mitwissende das Scharnier zur Erwachsenenbildung sein? (QUALITATIV UND QUANTITATIV) Typologie des Mitwissens : Welche verschiedenen Typen des Mitwissens lassen sich unterscheiden? (QUALITATIV)

SAPfA-Studie: Methodensteckbrief Tiefeninterviews mit 23 Arbeitnehmern auf untersten Hierarchie-stufen Tiefeninterviews mit 13 Arbeitnehmern auf mittleren Hierarchie-stufen (Vorarbeiter, Poliere) jeweils deutschlandweit in besonders stark betroffenen Branchen Gruppendiskussionen mit Unternehmern derselben Branchen (2 Diskussionen mit je 10 Personen) Feldzeit Sommer 2013 Feldinstitut: Institut für Demoskopie Allensbach Baustein 1: Qualitative Sondierung Standardisierte Persönlich-mündliche Interviews mit Befragung 1.618 Arbeitnehmern auf untersten Ebenen und 545 Arbeitgebern aus besonders stark betroffenen Branchen Rekrutierung über Privathaushalte Feldzeit November 2013 (31.10. – 02.12.) Feldinstitut Institut für Demoskopie Allensbach Milieueinspielung durch SINUS Markt- und Sozialforschung Baustein 2: Quantitative Erhebung Begleitung aller Projektschritte durch einen 14-köpfigen Projektbeirat, der Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen, Verbände der Erwachsenenbildung und anderer zentraler Akteure vertritt Fachliche Expertise 14.10.2018 Stiftung Lesen

SAPfA-Studie: Partner … im Rahmen der Erhebungen … im Rahmen eines begleitenden Projektbeirats 14.10.2018 Stiftung Lesen

Mythos Tabu? Gibt es überhaupt „Mitwisser“ und, wenn ja, wie viele?

Ist die Indikatorfrage valide Ist die Indikatorfrage valide? Kennen und meinen die Mitwissenden tatsächlich funktionale Analphabet/inn/en?

Woher weiß das Umfeld Bescheid? Ist es ein Tabu/ist es kein Tabu?

Offenes versus verdecktes Mitwissen Sprechen Sie mit der/dem Betroffenen über die Lese- und Schreibprobleme? Anzahl  Anteil in % ausgefiltert: Betroffener nicht gut bekannt 23 4,2 wir sprechen offen darüber 206 36,6 wir sprechen eher indirekt darüber 67 12,0 wir sprechen nicht darüber 263 46,7 keine Angabe 3 0,5 Gesamt 562 100,0

Welche Bedeutung messen die Mitwissenden dem Problem zu?

Lesen und Schreiben kommt im beruflichen Alltag vieler Arbeitnehmer große Bedeutung zu Frage: „Was würden Sie sagen: Wie wichtig ist Lesen für Ihre berufliche Tätigkeit? Und wie wichtig ist Schreiben? Würden Sie sagen …“ | Basis: alle Arbeitnehmer (n=1.618); Angaben in Prozent Bedeutung des Lesens für die berufliche Tätigkeit 62 % Bedeutung des Schreibens für die berufliche Tätigkeit 51 % SAPfA-Studie: Befragung von 1.618 Arbeitnehmern aus ausgewählten Branchen, IfD Allensbach im Auftrag der Stiftung Lesen; November 2013 14.10.2018 Stiftung Lesen

Lesen und Schreiben sind für Arbeitnehmer je nach Branche unterschiedlich bedeutsam Frage: „Was würden Sie sagen: Wie wichtig ist Lesen für Ihre berufliche Tätigkeit? Und wie wichtig ist Schreiben? Würden Sie sagen …“ | Basis: alle Arbeitnehmer (n=1.618); Angaben in Prozent Sehr wichtig / wichtig 51 % 62 % SAPfA-Studie: Befragung von 1.618 Arbeitnehmern aus ausgewählten Branchen, IfD Allensbach im Auftrag der Stiftung Lesen; November 2013 14.10.2018 Stiftung Lesen

Welche Bedeutung hat das Problem faktisch in der Beobachtung der Mitwissenden?

Probleme mit Lesen und Schreiben werden nicht als große Belastung wahrgenommen … Frage: „Wenn Sie einmal an die Kollegen denken, mit denen Sie zusammenarbeiten: Was sind da die größten Probleme im Kollegenkreis? “ (Listenvorlage) | Basis: alle Arbeitnehmer (n=1.618); Angaben in Prozent SAPfA-Studie: Befragung von 1.618 Arbeitnehmern aus ausgewählten Branchen, IfD Allensbach im Auftrag der Stiftung Lesen; November 2013 14.10.2018 Stiftung Lesen

Probleme beim Lesen gehören für Viele zu den zentralen Störungen im Betriebsablauf Frage: „Was wäre für die Arbeit bei Ihnen im Betrieb ein sehr großes Problem, was ein großes, was ein weniger großes und was wäre gar kein Problem?“ Basis: Alle Befragten (n=1.618), Angaben in Prozent Es wäre ein sehr großes oder großes Problem, wenn ein Kollege … SAPfA-Studie: Befragung von 1.618 Arbeitnehmern aus ausgewählten Branchen, IfD Allensbach im Auftrag der Stiftung Lesen; November 2013 14.10.2018 Stiftung Lesen

Wie gehen die Mitwissenden mit dem Wissen um?

Bedeutet Mitwissen immer auch Unterstützung?

(nicht) Sprechen und (nicht) unterstützen 37 Prozent der Mitwissenden sprechen offen darüber (205 Personen) 20% haben noch nie beim Lesen und Schreiben unterstützt 8% haben schon einmal beim Lesen und Schreiben unterstützt 73 % haben schon mehrfach beim Lesen und Schreiben unterstützt 47 Prozent der Mitwissenden sprechen nicht darüber (263 Personen) 32 % haben schon mehrfach beim Lesen und Schreiben unterstützt 58 % haben noch nie beim Lesen und Schreiben unterstützt 10% haben schon einmal beim Lesen und Schreiben unterstützt

Was machen die Mitwissenden konkret?

Wollen die Betroffenen aus Sicht der Mitwissenden etwas an ihrer Situation ändern?

Ermutigt das Umfeld zum Lernen?

Wie sehen die Typen der Mitwisserschaft aus?

Typ der Mitwisserschaft Charakteristika Tabuisierende Mitwisserschaft Vor allem Familie, emotionale Belastung, häufig umfangreiche Übernahme von Aufgaben Pragmatische Mitwisserschaft Unterstützung durch gemeinsames Lernen, Bild Betroffener sehr positiv, „lernfähig“, keine Belastung Kümmernde Mitwisserschaft Umfangreiche Abnahme von Aufgaben, Bild Betroffener: „hilfsbedürftig“, emotional stark involviert Akzeptierende Mitwisserschaft Bild Betroffener: „kommt zurecht“, keine Belastung, wenig Unterstützung: „mehr ist nicht nötig“ Resignierte Mitwisserschaft Multiple Problemlagen bei Betroffenen, Vermittlung in Weiterbildung häufig gescheitert, Abnahme von Aufgaben Verunsicherte Mitwisserschaft „Wie soll ich mit dem Wissen umgehen?“, Bild Betroffener ist unklar, keine Unterstützung, keine Vermittlung in Weiterbildung Entfernte Mitwisserschaft Keine Unterstützung, da man nicht nah genug dran ist, keine Belastung

Wie können Mitwissende angesprochen werden?

Geht es immer um Verbesserung/Lernen?

Was können die Volkshochschulen aus den Studien mitnehmen?

Zum beruflichen und privaten Umfeld von funktionalen Analphabet/inn/en – Studien im Dialog Dr. Simone C. Ehmig, Stiftung Lesen Dr. Wibke Riekmann, Universität Hamburg