Kapitel 4 Entwicklungsunterschiede und internationaler Handel

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 Präsentation transkript:

Kapitel 4 Entwicklungsunterschiede und internationaler Handel Prof. Dr. R. Schubert/ IED schubert@wif.gess.ethz.ch

Lernziele Vorzüge von Freihandel sicher kennen (Auffrischen des klassischen Freihandelsmodells und der komparativen Kostenvorteile) Wirkung von Zöllen und Handelsbeschränkungen kennen Handelspolitik einordnen und beurteilen können

4.1 Internationaler Handel als Ursache von „Unterentwicklung“? Aussenhandelsverflechtungen zw. einzelnen Regionen (Anteile in %) Quelle: WTO, 2000

Anteil einzelner Regionen am Welthandel an Waren und Dienstleistungen im Jahr 2005: Warenverkehr Dienstleistungen Quelle: World Trade Report, 2006

Gründe für Aufnahme von Handel Zur Erinnerung: Handel wird aufgenommen wegen unter- schiedlicher Verfügbarkeiten von Gütern oder wegen Preisunterschieden Schlüssel-Determinante sind Preisunterschiede Preisunterschiede können im wesentlichen durch Nachfrage(Präferenz-)Unterschiede oder Kostenunterschiede bedingt sein

Gründe für Aufnahme von Handel Zur Erinnerung: Kostenunterschiede können verursacht sein durch Unterschiede in der Faktorausstattung oder durch Unterschiede in der Faktorproduktivität (bzw. Faktorqualität) Beim Faktor „Arbeit“ bzw. „Humankapital“ spielt also die Grösse der Bevölkerung sowie die Bildung bzw. Ausbildung eine Rolle Bildung bzw. Ausbildung sind vor allem im dynamischen Zusammenhang wichtig

Handel und Wohlfahrt Theoretische Überlegungen, statisches Modell: Freihandelsargument: Länder, die mit anderen Ländern Handel treiben, können ihre gesamt- gesellschaftliche Wohlfahrt verbessern Idee dabei: Wenn Güter jeweils dort produziert werden, wo die Kosten am niedrigsten sind, kann insgesamt „ein grösserer Kuchen“ hergestellt werden

Handel und Wohlfahrt Theoretische Überlegungen, statisches Modell: Konsumierende profitieren hiervon und „landen“ auf einer höheren gesellschaftlichen Indifferenzkurve Bei Handel sind die Konsummöglichkeiten eines Landes nicht mehr direkt durch die Produktions- möglichkeiten dieses Landes bestimmt

Handel und Wohlfahrt Handel ist in diesem Sinne also Motor von Entwicklung und nicht Ursache von „Unterentwicklung“ Spezialisierung und Handel führen zur weltweiten Wohlfahrtssteigerung Je mehr Länder sich am Handel beteiligen, desto vorteilhafter ist es

Freihandelsmodell Zur Erinnerung:

Komparative Vorteile Zur Erinnerung: Komparative Kostenvorteile als Begründung für die Vorteilhaftigkeit des Handels (Ricardo) Handel ist vorteilhaft, wenn bzw. weil die Transformationskurven der Länder nicht identisch sind (selbst bei identischen Nachfragestrukturen) Transformationskurven sind nicht identisch wegen Kostenunterschieden (s.oben)

Komparative Vorteile Typen von Kostenunterschieden: Absolute Kostenvorteile, d.h. ein Land kann von allen Gütern mehr herstellen bzw. die absoluten Produktionskosten sind für alle Güter tiefer Komparative Kostenvorteile, d.h. ein Land hat bei der Herstellung eines Gutes einen besonders grossen Produktionsvorsprung bzw. besonders tiefe Kosten

Komparative Vorteile Beispiel für komparative Kostenvorteile:

Komparative Vorteile Auswertung: Das Weltmarktpreisverhältnis liegt zwischen den Preisverhältnissen der am Handel beteiligten Länder Einkommenssituation bzw. Konsummöglichkeiten in den beteiligten Ländern verbessert sich Ricardos Überlegungen begründen auch ganz generell die Vorteilhaftigkeit von Arbeitsteilung Man kann dann Güter zu tieferen Preisen als den eigenen Opportunitätskosten erwerben

Heckscher-Ohlin-Theorem Fortsetzung - Das Heckscher-Ohlin-Theorem: (Komparative) Kostenvorteile können durch unterschiedliche Faktorausstattungen und – in der Folge – unterschiedliche Preise der Produktionsfaktoren bedingt sein Länder, die besonders reichlich mit einem Faktor (z.B. Arbeit) ausgestattet sind, haben bei diesem Faktor einen besonders tiefen Preis (z.B. Lohn)

Heckscher-Ohlin-Theorem Solche Länder haben besondere Vorteile bei der Produktion derjenigen Güter, die relativ viel des reichlich vorhanden Faktors einsetzen (z.B. arbeitsintensive Produktion) Es ist dann allerdings davon auszugehen, dass sich die Faktorpreise im Zuge des Handels inter- national angleichen (Mehrnachfrage nach Faktor Arbeit, so dass Lohn steigt; Mindernachfrage nach anderen Faktoren, so dass diese billiger werden) (Faktorpreisausgleichstheorem)

Heckscher-Ohlin-Theorem Anschliessend stabilisiert sich dann die bei Aufnahme des Handels gefundene internationale Arbeitsteilung Veränderung der internationalen Arbeitsteilung bei Veränderung der Faktorpreisstruktur (Faktor- oder Länderbezogen) oder der Produktions- technologien (Veränderung der Faktor- intensitäten)

Handel- Dynamische Sicht Theoretische Überlegungen, dynamisches Modell: Die klassischen Überlegungen beziehen sich auf einen Zeitpunkt: Ein Land nimmt Handel auf und stellt sich dadurch besser Aber: gerade auch mittel- und langfristige Aspekte sind relevant Der Vorteil von Handel liegt dann darin, dass die Transformationskurve eines Landes nach aussen verschoben werden kann

Handel – Dynamische Sicht

Handel – Dynamische Sicht Gründe für Erweiterung der Produktions- möglichkeiten: Vorteile aus der Spezialisierung (Exportseite) (Fixkostendegression, spezifisches Know-How, intensivere Forschung, spillovers für andere Produktionen) Lerneffekte (Importseite) (Imitation und Weiterentwicklung von Produkten und Produktionsverfahren anderer Länder; Innovationen)

Handel – Dynamische Sicht Wachstumsperspektive:

Situation für Entwicklungsländer Bisher: EL produzieren und exportieren vor allem landwi. Produkte, Rohstoffe Textilien, IL produzieren und exportieren vor allem industrielle Produkte Problem 1: Früher entsprach dies den komparativen Kostenunterschieden zwischen EL und IL, heute jedoch nicht mehr. IL verhindern die Anpassung oft durch Subvention an eigene Produzenten oder durch Zölle

Situation für Entwicklungsländer Problem 2: Wegen Zollstruktur der IL müssen EL ihre Rohstoffe oft unverarbeitet exportieren und verlieren dadurch Wertschöpfungsmöglichkeiten Vermutung: Es ist nicht der Freihandel, sondern vielmehr dessen Behinderung, was die Möglich- keiten der Entwicklungsländer einschränkt, vom Handel für ihre Entwicklung zu profitieren  Nächster Abschnitt (4.2)!

4.2 Handelshemmnisse als Ursache von „Unterentwicklung“? Handelshemmnisse können tarifär oder nicht- tarifär sein (Sicherheits-Normen, Umweltstandards, Mengenkontingente) Zölle spielen allerdings die wichtigste Rolle Hauptmotiv von Importzöllen: Schutz der heimischen Wirtschaft Folge solcher Zölle: Verglichen mit Freihandel geht die Nachfrage zurück und das inländische Angebot steigt

Handelshemmnisse

Handelshemmnisse Zölle bedeuten Wohlfahrtsverluste Zölle belasten die Konsumenten, bereichern den Staat und schützen die einheimischen Produ- zenten Zusatzlast durch ineffiziente Verzerrung von Produktion und Konsum Zölle können „altersschwache“ Branchen (in IL) oder „sich entwickelnde“ Branchen (EL) schützen  „Infant industry“ Argument

Handelshemmnisse Handelshemmnisse sind für alle Länder entwicklungsbehindernd und vor allem für EL nachteilig Wegen der „effektiven Protektion“ (und wegen Subventionen) sind landwirtschaftliche Produkte aus EL besonders benachteiligt Effektiver Zollsatz = Zoll/ Wertschöpfung

Handelshemmnisse Effektiver Zollsatz = (Preis mit Zoll – Vorleistungen)–(Wertschöpfung)/ Wertschöpfung Beispiel: Produktpreis 100 Rohstoffe 60  WS 40 Nominalzoll 15% Effektiver Zoll (55 – 40)/40 =0, 375 Im Beispiel beträgt der Effektivzoll 37,5% und ist um 150% höher als der Nominalzoll

Handelshemmnisse Effektiver Zollsatz ist c.p. um so grösser, je kleiner die WS ist: Im Bsp.: Rohstoffe 90; WS 10  Effektiver Zollsatz = (115-90-10)/10 =1,5  150% Da EL vielfach Rohstoffe kaum verarbeitet exportieren, sind sie auch bei niedrigen Nominalzöllen stark betroffen Effektiver Zoll gibt den Spielraum an, um den die WS im importierenden Land höher als im exportierenden Land sein kann

Handelshemmnisse IL bzw. Gütern einer hochwertigeren Produktions- stufe sind von hohen Effektivzöllen weniger betroffen Fazit: wegen effektiver Protektion und IL- Subventionen an die heimische Landwirtschaft sind Handelsbarrieren für EL besonders hoch