Schrumpfende Städte und Stadtumbau

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 Präsentation transkript:

Schrumpfende Städte und Stadtumbau Birgit Glock, Humboldt-University Berlin

Vier Fragen an den Stadtumbau Ost Warum gibt es das Programm? Wie sieht das Programm aus? Wie gestaltet sich die Umsetzung auf der Ebene der Städten und Gemeinden? Was kann man aus dem Programm ‚lernen‘?

I. Warum gibt es das Programm Stadtumbau Ost?

Wittenberge (Source: Kil 2004: 23)

Bevölkerungsentwicklung in ostdeutschen Städten 1990-2006* (in %) Sources: see following slides (* Halle/Saale and Magdeburg 1991-2006)

Neubauboom (Steuerabschreibungen, verbilligte Kredite…) Bevölkerungsverlust (Abwanderung nach Westdeutschland, Suburbanisierung, Rückgang der Geburtenraten) Wohnungsleerstand

Wohneinheiten und Leerstand in Ostdeutschland (2000) Gesamter Bestand (in 1000) Darunter leere Wohneinheiten (in %) Ein- und Zweifamilienhäuser 2.496 7,1 Innerstädtische Häuser (Gebäude mit 3–6 Einheiten gebaut bis 1948) 791 32,9 DDR-Neubauten (Gebäude mit 7 und mehr Einheiten gebaut zwischen 1949-1990) 2.375 12 Source: Kommission 2000: 18; Statistisches Bundesamt 1998 (eigene Berechnungen)

Folgen des Wohnungsleerstandes … Fiskalisches Problem für Wohnungseigentümer Stillstand im Erneuerungsprozess Erhöhte Mobilität von Mittelschichthaushalten Kumulativer Abwärtstrend in besonders betroffenen Stadtteilen (‘Leerlaufen der sozialen und technischen Infrastruktur’)

… und warum der Staat ein Marktproblem löst … „Gefangenendilemma“ Soziale Polarisierung in den Städten

II: Wie sieht das Programm Stadtumbau Ost aus?

Stadtumbau Ost - Zieldimensionen „Die Ziele des Programms sind einerseits die Stabilisierung der städtischen Wohnungsmärkte durch den Rückbau dauerhaft leerstehender Wohnungen sowie andererseits die Stärkung der Innenstädte und erhaltenswerter Stadtquartiere durch gezielte Aufwertungsmaßnahmen. … Die Zielsetzungen des Programms gehen damit weit über die Bekämpfung des Wohnungsleerstands hinaus“ (BMVBS/BBR 2007: 11).

Instrumente des Stadtumbau Ost Integrierte Stadtentwicklungspläne Abriss / Teilrückbau Aufwertung

Integrierte Stadtentwicklungspläne Langfristige und auf die Gesamtstadt abzielende Strategie Einbindung aller Akteure in einer Stadt Situationsanalysen (Arbeitsmarkt, Wohnungsmarkt, Bevölkerungsentwicklung) für die Gesamtstadt sowie für einzelne Teilräume Zukünftige Entwicklung (Arbeitsmarkt, Wohnungsmarkt, Bevölkerungsentwicklung) für die Gesamtstadt sowie für einzelne Teilräume  Politisch definierte Schwerpunkte des Stadtumbaus!

Abriss bzw. Teilrückbau Zuschuss von 30 Euro pro Quadratmeter vom Bund, der durch das Land in mindestens gleicher Höhe aufgestockt wird Leerziehen von WE Rückbau Einfache Herrichtung des Grundstücks

Aufwertung Maßnahmen zur Wiedernutzung der freigelegten Flächen Verbesserung des Wohnumfelds Aufwertung des vorhandenen Wohnungsbestands Anpassung der städtischen Infrastruktur  50% für Abriss, 50% für Aufwertung!

III. Wie wird das Programm bislang in den Kommunen umgesetzt?

Anzahl der Kommunen im Programm (2002-2007) Quelle: BMVBS 2008: Evaluierung, S. 62

Anteil der Einwohner in einer Stadtumbaukommune in Ostdeutschland (2006) Quelle: BMVBS 2008: Evaluierung, S. 62

Stadtumbaukommunen nach Gemeindegrößenklassen (2006) Quelle: BMVBS 2008: Evaluierung, S. 63

Gesamtfördervolumen 2002-2007 1.878,3 Mio. Euro

Umsetzung der Integrierten Stadtentwicklungskonzepte (INSEK) in den ostdeutschen Städten

Entscheidende Akteure neben der Verwaltung (in %) … Kommunale Wohnungsunternehmen 94,8 Genossenschaften 91,4 Ver- und Entsorgungsunternehmen 69 … Privatpersonen bzw. Verband Haus&Grund 32,9 Bürgerinitiativen 22,9 Mietervertretungen 11,4 Quelle: BMVBS/BBR 2007: Zweiter Statusbericht, S. 74

Unvereinbarkeit von wohnungswirtschaftlichen und städtebaulichen Zielsetzungen im Stadtumbau … Finanzielle Belastung und wirtschaftliche Eigeninteressen der Wohnungsunternehmen 41 mangelndes Problembewusstsein der Akteure / fehlende Akzeptanz des INSEK 37 heterogene Eigentümerstrukturen und/oder Konkurrenzsituation der Wohnungsunternehmen 27 Finanzausstattung der Kommunen, Mangel an Fördermitteln 19 hoher Zeitaufwand, Personalmangel 11 Quelle: BMVBS/BBR 2007: Zweiter Statusbericht, S. 78

Integrierte Stadtentwicklungskonzepte … ein kurzes Fazit … + notwendige Diskussion über neue Stadtentwicklungspolitiken in den Städten angestoßen, jedoch haben sich - die Interessen der organisierten Wohnungswirtschaft durchgesetzt, es handelt sich nur selten um wirklich integrierte, alle für die Stadtentwicklung relevanten Fachressorts berücksichtigende Stadtentwicklungskonzepte

Umsetzung des Rückbaus in den ostdeutschen Städten und Gemeinden

Rückgebaute Wohneinheiten von 2002-2007 !!! Quelle: BMVBS 2008: Evaluierung, S. 72

Reduzierung der durchschnittlichen Leerstandsquote in den Stadtumbaukommunen (2002-2005) - 1,4% Quelle: BMVBS 2008: Evaluierung, S. 202

Verteilung der Bundesfinanzhilfen nach Baualter (2002-2006, in %) Quelle: BMVBS 2008: Evaluierung, S. 71

Rückgang der Leerstandsraten (2002-2006) -1,4% - 3,8 Quelle: BMVBS/BBR 2008: Perspektiven, S. 17

„Soll der Eigentümer sich zum Nutzen der anderen Eigentümer, soll er sich aufopfern, damit der Wertzuwachs in den anderen Substanzen stattfinden kann? Und seine Substanz wird eine Grünfläche sein, auf die er dann noch Grundsteuern und Straßenreinigungsgebühren zahlen soll? Das sind die Probleme, die gelöst werden müssen in diesen heterogenen Eigentümerstrukturen“ (Beck 2002:82).

Abriss/Rückbau … ein kurzes Fazit Großwohnsiedlungen des DDR-Neubaus: Homogene Eigentümerstruktur ( handlungsfähige ET) Innerstädtische Altbaugebiete: Heterogene, fragmentierte Eigentümerstruktur (handlungsunfähige Kleineigentümer)

Umsetzung der Aufwertung

Verteilung der Bundesfinanzhilfen nach Programmteilen (2002-2007, in %) Quelle: BMVBS 2008: Evaluierung, S. 65

Aufwertung … Kommunaler Eigenanteil als Problem!

Zusammenfassung Die historischen Stadtquartiere konnten bisher kaum von dem Programm Stadtumbau Ost profitieren. Es profitieren die randstädtischen Großwohnsiedlungen. Abriss statt Aufwertung

Abriss eines „Plattenbau“ in Wolfen-Nord Source and Copyright: Oswalt 2004

Hoyerswerda, Zentrum Neustadt (Source: Kil 2004: 39)

Schwedt (Source: Kil 2004: 41)

IV. Was kann man aus dem Programm ‚lernen‘? Geld Viel Geld (!) Flexibel einsetzbares Geld Aktivierung von bürgerschaftlichen Potentialen Wohneigentumsförderung für Selbstnutzer mit geringem Einkommen Förderung von Genossenschaften Zwischennutzungen „Wächterhäuser“ in Leipzig Abrissflächen und Renaturierung (Frühe) Einbeziehung von Infrastrukturversorgern