Interaktive Fallbesprechung Abklärung von Transfusionsnebenwirkungen im Labor …Wir haben trotzdem gemeinsam schon einiges erreicht damit. Das und die aktuellen Herausforderungen darf ich Ihnen heute präsentieren Fortbildungsveranstaltung BSD Bern, 29. Nov. 2011 M. Jutzi, Clinical Reviewer Haemovigilance
Schritte im Transfusionsprozess Soviel wurde letztes Jahr in der Schweiz transfundiert…
Blutentnahme / Bestellung Arbeitsschritt Risiko Prävention BE für T&S Patienten- bzw. Probenverwechslung Korrekte Pat-ID, Visum Beschriftung Probe / Auftrag Verwechslung -> Fehltransfusion! SOP, Kontrollen, Visum, Audits Bestellung Blutprodukte Missverständnisse falsches Produkt, falscher Patient, etc. Bestellungen immer schriftlich!! Kontrolle ID Schritte im Transfusionsprozess – kritische Schritte Haemovigilance Workshop März 2011
Beispiel 1 (11-001 NM) Für einen 47j Patient wird eine Transfusion verordnet. Die Blutentnahmen für T&S werden noch in der Nachtschicht ausgeführt und ins Labor gesandt, die BG wird mit A+ bestimmt. Das Laborinformationssystem weist als Vorwert 0+ aus.
Beispiel 1 (11-001 NM)
Schwein gehabt, Keinem ist was passiert, vergessen wirs …? Nein, sondern: Wie war das mit den zwei Blutentnahmen für eine Transfusion ? Gibt es noch weitere Fragen die wir uns dazu stellen müssen ?
Beispiel 1 (11-001 NM)
Beispiel 2 (11-001 IBCT) Ein 71j Patient (BG A+) erhält intra- und postoperativ EK-Transfusionen. Nachdem alle A+ EK aufgebraucht sind, werden noch 2 0+ EK transfundiert. Zusätzlich wird im Aufwachraum (AWR) die Transfusion von Plasma verordnet. Das AWR-Team entnimmt aus dem Gefrierschrank 2 FFP der BG 0+ Diese werden aufgetaut und transfundiert. 8
Beispiel 2 (11-001 IBCT) … am nächsten Morgen im Labor die Überprüfung der Blutlagerdokumentation 9
Beispiel 2 (11-013 IBCT) 10 10
Wichtige Punkte aus 1 & 2 Wer ist der Patient Von wem stammt die Blutentnahme Wie stelle ich die korrekte Zuordnung sicher Welche Blutkomponente transfundiere ich Welchem Patienten transfundiere ich sie Welche Risiken bei Abweichungen von Transfusionsempfehlungen (BG kompatibel statt BG identisch) 11 11
Schritte im Transfusionsprozess Soviel wurde letztes Jahr in der Schweiz transfundiert…
Die ersten 10-15 Minuten beim Patienten bleiben Überwachung Zeitpunkt / Intervall Parameter Vor Transfusionsbeginn BD, Puls, AF Temperatur (>37°C Rücksprache Arzt) Haut Allgemeinzustand / Wohlbefinden Die ersten 10-15 Minuten beim Patienten bleiben In Regelmässigen Abständen bis zum Transfusionsende Nach der Transfusion Kontrolle Transfusionswirkung Hb / Gerinnung / Tc-Zahl
Der aktuelle Fall 1. 11. 2011 11:15 allogene HSZT (enthält Gefrierschutz Dimethylsulfoxid = DMSO) 14:10 Beginn TK-Transfusion 14:15
Der aktuelle Fall 14:15 Herz-Kreislaufstillstand Reanimation, IPS-Aufenthalt ~ 24h 2.11.2011 Zustand wie vor Tk-Transfusion Abklärungen unauffälig: Keine klinischen Hinweise für eine allergische TR Weitere TK-Transfusionen komplikationslos Immunhämatologie unauffällig Hämolysezeichen negativ Blutkultur negativ Produktekultur (TK)mit Koagulase negativen Staph. Parallelprodukt (TK) steril
Meldeweg und Akteure Betreuungsteam (Station) meldet Symptome , Patienten-ID und Produkte-Art und -Nummer an zuständigen Arzt und/(oder) IH-Labor, stellt Produkt sicher Erkennen einer vermuteten UTW Wissen um Meldepflicht Kennen der primären Ansprechperson „Niederschwellige“ Anlaufstelle von Vorteil Minimaler Datensatz Patient-ID Leitsymptom(e) Produkt und Produkte-Nr
Akute Transfusionsreaktionen unspezifische Symptome FIEBER Schüttelfrost hämolytisch < Blutdruckabfall > Ø hämolytisch Hypertonie Tachykardie Dyspnoe mögliche Ursachen Inkompatible BAKTERIEN Transfusion Allergie/IgA Mangel TACO FNHTR etc. Akute TR manisfestieren oft mit unspezifischen Symptomen……, Fieber ist das häufigste. Als erstes ist die Unterteilung in hämolytisch / nicht hämo wichtig….. Es könnte sich um eine AHTR handeln..das kann hässlich enden. Bei nicht hämolytisch ist eine weitere TR, die schnell fatal enden kann die bakterielle Kontamination…. Wir gehen jetzt kurz auf das Beispiel einer febrilen Reaktion ein… Meldung febrile Reaktion….heisst Ausschluss akute hämolytische / bakterielle Kontamination
Meldeweg und Akteure HV Team Team IH-Labor/ BSZ IH-Labor/ BSZ Labor 1 Swissmedic
Vorgehen bei TR Transfusionsreaktion = Notfall !! Transfusion unterbrechen !! Meldung an Arzt und Labor, Therapie Patient Sicherstellen der Konserve(n) Dokumentenkontrolle (Verwechslung?) Laborabklärungen Meldung an Hersteller / Lieferanten TR=NF. Als Basis-untersuchungen stehen uns die ….zur verfügung. Dokumentenkontrolle auf Station, aber auch im Labor..
Labor-Abklärungen bei TR Hämolyseparameter Hämoglobin* LDH * Bilirubin* Haptoglobin* freies Hb im Plasma, Hb im Urin, ev.Nierenfunktion * prä- und posttransfusionell (wenn immer möglich) Bakteriologie Kulturen von Patientenblut und Blutprodukt Workshop 30. März 2010
Labor-Abklärungen bei TR Bei allergischen TR allenfalls Tryptase, IgA, Anti-IgA Zusätzliche Untersuchungen im Einzelfall zu entscheiden (z.B. BNP, Anti-HNA und Anti-HLA-AK beim Spender, Anti-HPA-AK beim Empfänger, korrespondierende Leukozyten- resp. Thrombozytenantigene beim Empfänger, cross-match) Workshop 30. März 2010
Fall 1 (11-289) 52j Patient mit GI-Blutung und Hb von 7.6 g/dl erhält 1 EK innerhalb 50 Minuten. 1 h nach Transfusions-ende Schüttelfrost und Temperaturanstieg von 37.1 auf 38.8°C (BD 120/60 -> 140/60, Puls 70 -> 80).
Fall 1 Frage A Welche Abklärungen schlagen Sie vor? 52j Patient mit GI-Blutung und Hb von 7.6 g/dl erhält 1 EK innerhalb 50 Minuten. 1 h nach Transfusionsende Schüttelfrost und Temperatur-anstieg von 37.1 auf 38.8°C (BD 120/60 -> 140/60, Puls 70 -> 80). Welche Abklärungen schlagen Sie vor? Dokumentenkontrolle Immunhämatologie Hämolyseparameter Blutkulturen, Produktekulturen Spenderabklärung / Produktgeschichte Weitere?
Fall 1, Abklärungen Die Symptome sind selbstlimitierend. 1) Dokumentenkontrolle unauffällig 2) IH: Blutgruppenkontrolle, Verträglichkeitsprobe unauffällig, DAT negativ, AKST vor und nach Transfusion ++, (identisch), AK-Spezifität Anti-C, EK AG-negativ, VP negativ 3) Hb-Anstieg auf 8g/dl bei aktiver Blutung 4) Blutkultur und Produktekultur negativ 5) Spenderabklärung: Spendehistorie unauffällig (62 Spenden ohne Zwischenfall), Doppel-EK aus Apherese, VP beider Produkte für diesen Empfänger negativ
Fall 1, Frage B Wie klassieren Sie das Ereignis? (milde) allergische TR akute hämolytische TR FNHTR Infektion als Folge der TR TACO Andere Keine TR
Fall 1, Antwort B Wie klassiert der HV (und wir) das Ereignis? (milde) allergische TR akute hämolytische TR FNHTR, sicher Infektion als Folge der TR TACO Andere Keine TR
Fall 2 (11-207) 65j Patient mit anämisierender oberer GI-Blutung und Leberzirrhose wird mit insgesamt 7 EK, 9 FFP und 2 TK transfundiert (von 16.00 bis 05.00). Einige Stunden nach Transfusion der letzten 2 EKs entwickelt sich ein progredientes Lungenoedem. Der Patient muss im Verlauf intubiert werden.
Fall 2, Frage A (11-207) 65j Patient mit anämisierender oberer GI-Blutung und Leberzirrhose wird mit insgesamt 7 EK, 9 FFP und 2 TK transfundiert (von 16.00 bis 05.00). Einige Stunden nach Transfusion der letzten 2 EKs entwickelt sich ein progredientes Lungenoedem. Der Patient muss im Verlauf intubiert werden. Welche weiteren Informationen sind essentiell ? 1) Vitalparameter vor und nach Transfusion 2) Thorax-Rö 3) genauer zeitlicher Ablauf, Verlauf 4) Diagnose, Komorbiditäten 5) Blutkulturen, Laborwerte 6)1-3 7) 2-4 8) 1-5 9) keine, alles klar
Fall 2, Antwort A (11-207) Welche weiteren Informationen sind essentiell ? 1) Vitalparameter vor und nach Transfusion 2) Thorax-Rö 3) genauer zeitlicher Ablauf, Verlauf 4) Diagnose, Komorbiditäten 5) Blutkulturen, Laborwerte
Fall 2, Fortsetzung (11-207) Vitalparameter vor Tr: T 38°C, BD 70/35 mmHg, P 100 bei TR T 38.8°C, BD 125/88 mmHg, P 80 Thorax: bilaterale Infiltrate Zeitlicher Ablauf: 28/29.2. zw. 16.00 und 04.00: 5 EK, 7 FFP, 2 TK 29.2. um 05.00: 2 weitere EKs 29.2. ab 08.00 zunehmende Oxigenationsstörung, radiologisch Lungenödem 29.2. ab 13.00 nicht invasive Ventilation 30.2. um 10.00 Intubation, invasive Ventilation bis 2.3., 10.00 Uhr. 3.3. um 04.00 Rückverlegung auf Abteilung Dg: Leberzirrhose, GI-Blutung, keine kardiale Vorbelastung Blutkulturen: steril, Urinstatus und Urikult pathologisch (Klebsiellen) Laborwerte: leicht pathologische Leberparameter, leichte Hämolyse Tendenz zu Hypovolämie, keine Besserung unter negativer Bilanzierung
Fall 2, Frage B (11-207) Meldung als / Verdachtsdiagnose: TACO TRALI Akute HTR Allergische Reaktion TAD ARDS im Rahmen der Grundkrankheit
Fall 2, Fortsetzung (11-207) Überprüfung Spender: unauffällig; alle Spender sind Männer… ??? 1) TRALI ausgeschlossen 2) TRALI möglich Überlegungen: aufgrund Klinik am ehesten nicht immunologisches, TAD, DD ARDS durch Grunderkrankung + Massentransfusion. Identifikation des auslösenden EKs nachträglich nicht mehr möglich und alle Spender Männer, daher keine HLA/HNA-Abklärung bei den Spendern
Fall 2, Frage C (11-207) Schweregrad: Nicht schwerwiegend Lebensbedrohlich
Fall 2, Frage D (11-207) Imputability: Ausgeschlossen Unwahrscheinlich Möglich Wahrscheinlich Sicher
Fall 2, SMC-Klassierung (11-207) TAD (Massentransfusion Risikofaktor für ALI) Imputability: wahrscheinlich (klinische Einschätzung HV & Intensivmediziner) Schweregrad: lebensbedrohlich
Fall 3 (11-202) Elektive Knie-TP bei 69j Patienten in gutem AZ. Tc-wert prä-operativ 32’000 → 09.30 Beginn TK-transfusion 09.45 Akute Dyspnoe und Hypoxie, Entwicklung eines akuten Lungenoedems
Fall 3, Fortsetzung Elektive Knie-TP bei 69j Patienten in gutem AZ.Tc-wert prä-operativ 32’000 → TK 09.30 Beginn TK-transfusion 09.45 Akute Dyspnoe und Hypoxie, Entwicklung eines akuten Lungenoedems Intubation bei zunehmendem Sättigungsabfall, bei der Intubation wird der Patient REA-pflichtig. REA, protrahierter Schock behandelt mit Adrenalin, Solumedrol, Ca, Mg, Lasix, Verlegung auf IPS. Bei Intubation schaumiges Sekret im Tubus
Fall 3, Frage A Woran denken Sie? Anaphylaktische Transfusionsreaktion TRALI TACO Akute HTR TAD Infektion als Folge der TR
Fall 3, Antwort A Anaphylaktische Transfusionsreaktion TRALI TACO Akute HTR TAD Infektion als Folge der TR
Fall 3, Frage B Was machen Sie als Erstes im Labor? Ich wiederhole die Blugruppenbestimmung Ich bestelle ein 2. TK Ich kontrolliere, ob andere TK des gleichen Spenders am Lager sind und sperre sie, resp. ich informiere den Blutspendedienst Ich veranlasse die Bestimmung der anti- Leukozyten-AK 40 40
Fall 3, Antwort B Ich wiederhole die Blugruppenbestimmung Ich bestelle ein 2. TK Ich kontrolliere, ob andere Produkte des gleichen Spenders am Lager sind und sperre sie, resp. ich informiere den Blutspendedienst Ich veranlasse die Bestimmung der anti- Leukozyten-AK 41 41
Fall 3, Frage C Welche weiteren Untersuchungen schlagen Sie vor? Immunhämatologie Thorax Röntgen Tryptase, IgA-Spiegel, Anti-IgA-Nachweis Spenderabklärung auf Anti-Leukozyten-AK Blutkulturen und Kulturen aus den TK Zeichen für kardiale Dysfunktion
Fall 3, Antwort C Welche weiteren Untersuchungen schlagen Sie vor? Immunhämatologie Thorax Röntgen Tryptase, IgA-Spiegel, (Anti-IgA-Nachweis) Spenderabklärung auf Anti-Leukozyten-AK Blutkulturen und Kulturen aus den TK Zeichen für kardiale Dysfunktion
Fall 3, Fortsetzung Elektive Knie-TP bei 69j Patienten in gutem AZ. Tc-wert prä-operativ 32’000 → TK 09.30 Beginn TK-transfusion 09.45 Akute Dyspnoe und Hypoxie, Entwicklung akutes Lungenoedem Intubation bei zunehmendem Sättigungsabfall, bei der Intubation wird der Patient REA-pflichtig. REA, protrahierter Schock behandelt mit Adrenalin, Solumedrol, Ca,Mg, Lasix, Verlegung auf IPS. Bei Intubation schaumiges Sekret im Tubus.Pat. blieb einige Tage intubiert, hat sich vollständig erholt. Spenderprobe stark positiv für HLA-Antikörper Klasse I und II Kreuzprobe: aus logistischen Gründen nicht möglich Immunhämatologie unauffällig, Bakteriologie unauffällig Tryptase, IgA-Spiegel n.d. Kein Hinweis für kardiale Dysfunktion
Fall 3, Klassierung Wie lautet Ihre Klassierung für dieses Ereignis? Anaphylaktische Transfusionsreaktion TRALI (immunologisch) TACO Akute HTR TAD Infektion als Folge der TR
Fall 3, Klassierung Wie beurteilen Sie die Imputability? 0) Nicht beurteilbar 1) Ausgeschlossen / unwahrscheinlich 2) Möglich 3) Wahrscheinlich 4) Sicher
Fall 3, Klassierung Wie beurteilen Sie den Schweregrad? Nicht schwerwiegend Schwerwiegend / bleibende Schädigung lebensbedrohlich
Fall 3, Klassierung Immunologisches TRALI Imputability: wahrscheinlich Schweregrad: lebensbedrohlich