Was sind Emotionen? PD Dr Christoph Jäger.

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Was sind Emotionen? PD Dr Christoph Jäger

Schule der Stoa Schule der Stoa: ca. 300 v. Chr. – ca. 250 n. Chr Begründer: Zenon von Kition (Athen) 3 Phasen: ältere Stoa (3. Jhdt. v. Chr.): Zenon, Kleanthes, Chrysipp mittlere Stoa (2. u. 1. Jhdt. v. Chr.): Panaitios, Posidonius späte (römische) Stoa (Kaiserzeit): Seneca, Epiktet, Mark Aurel

Grundzüge der stoischen Anthroplogie und Ethik Anthropologie: der Mensch ist ein Vernunftwesen (hat logos) Gutes Leben ist vernunftbestimmt Nur die Tugend ist gut, alles andere gehört zu den indifferenten Dingen (adiaphora) Nur der Weise besitzt Wissen über die Tugend und verhält sich auch tugendhaft

Erkenntnistheorie Menschen verfügen über Meinung (doxa) = schwache/ unsichere Zustimmung (synkatathesis) zu einer Vorstellung (phantasia) Erkenntnis (katalepsis) = Ergebnis klarer u. deutlicher Vorstellung von dem, was tatsächlich ist Wissen (episteme) = Ergebnis fester und sicherer Zustimmung zu phantasiai kataleptikai

Die stoische Affektenlehre 1. Vier Grundaffekte/ der “stoische Tetrachord” epithymia (Begierde) Phobos (Furcht) hedone (Lust) Lype (Schmerz)

Anthropologische These Lust und Schmerz sind Ergebisse von Leben im Einklang mit/ gemäß der Natur (kata physin) bzw. gegen die Natur (para physin)

Emotionstheoretische Grundthese Diese Grundemotionen entstehen aus Urteilen, ob etwas gut oder schlecht und zukünftig oder gegenwärtig ist: epithymia (Begierde) bzgl. x: x ist gut, aber (noch) zukünftig phobos (Furcht) bzgl. x: x ist schlecht, aber (noch) zukünftig hedone (Lust) bzgl. x: x ist gut und gegenwärtig Lype (Schmerz) bzgl. x: x ist schlecht und gegenwärtig

Ordnung/Beziehungen Lust und Schmerz “folgen” Begierde bzw. Furcht - je nachdem, ob dann etwas Begehrenswertes oder zu Fürchtendes gegenwärtig ist

Die kognitivistische Affekttheorie der Stoa: Affekte und Urteile Affekte sind (verfehlte) Werturteile (Chrysipp) Affekte beruhen auf (verfehlten) Werturteilen “Zenon aber vertrat die Auffassung, Affekte seien nicht die Urteile selbst, sondern die auf sie folgenden Zusammenziehungenund Ausdehnungen, Hebungen und Senkungen der Seele” (Galen PHP, V, 1, 4)

Affekte und Urteile These: Affekte entstehen, wenn man Dinge, die zu adiaphora gehören, als gut bzw. schlecht bewertet (gut ist nur die Tugend, schlecht nur das Laster) adiaphora können sehr wohl indirekt die Tugend befördern Wertvorstellungen drängen sich auf; aber: wir können sie kritisch prüfen und uns entscheiden, ob wir ihnen zustimmen oder nicht

Affekte, Urteile, Handlungen Praktische Vorstellungen (phantasiai) führen zu Handlungsimpulsen (hormetike), wenn der logos ihnen zustimmt und ein Urteil fällt (“ist zu erstreben”/ “ist zu vermeiden”) Daher: Die Zustimmung, dass etwa der Verlust materieller Güter (durch Krieg) oder der Verlust eines geliebten Menschen schlecht ist, ist noch kein Affekt (etwa Furcht). Dieser entsteht erst, wenn auch bestimmte Handlungen als angemessen bewertet werden.

Affekte, Urteile, Handlungen Akratisches Handeln (Willensschwäche) ist demnach unmöglich: Es liegt kein Unterliegen der Vernunft vor, sondern diese hat ihre Zustimmung zu einer vormals vom logos anders bewerteten Handlung gegeben.

Weisheit und Affekte Der Weise hat keine Emotionen, wohl aber zeigt er affektartige Reaktionen (propatheiai) Insbesondere schreibt er auch der Lust keinen Wert zu; sie gehört zu den indifferenten Dingen (adiaphora) Begründung: Emotionen sind Meinungen, und der Weise hat keine Meinungen (sondern nur Wissen) Aus Wissen um Gutes oder Schlechtes (das der Weise besitzt) entstehen keine Affekte

Der Weise Die Urteile des Weisen sind stabil; daher handelt er nie akratisch oder quasi-akratisch Er prüft stets die betr. phantasia hormetike, bevor seine Zustimmung (synkatathesis) erfolgt

Ziel in Bezug auf Affekte Aufhebung der Affekte (apatheia)