Das sensorische Gedächtnis beim Hören

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Untersuchungs-Methoden in der sozialen Kognition
Advertisements

Lehrbücher Anderson, J.R. (2001). Kognitive Psychologie (3. Aufl.) Heidelberg: Spektrum. Parkin, A.J. (1996). Gedächtnis. Weinheim: Beltz. Zimbardo, P.G.,
Sozialer Einfluss durch Minderheiten und Mehrheiten
Empirisches Praktikum
Praktikum Musikpsychologie
Wie beeinflusst der Kontrast und die Symmetrie von Mustern
Selbstbezogene Implizite Einstellungen - IAT und GNAT im Vergleich Anna-Konstanze Schröder, Kati Dorsch, Kristina Geue, Friederike Lipka, Anja Pörschmann,
EEG – Korrelate der Aktivierung kortikaler Objektrepräsentationen-2
Stephen M.Carcieri Adam L. Jacobs Sheila Nirenberg
Vorlesung Christian Kaernbach Teil 2: Gedächtnis
Entscheidungstheorien
Gleich oder verschieden
Automatische Verfahren zur Bestimmung der Hörschwelle
Vorlesung Christian Kaernbach Teil 1: Lernen
Vorlesung Christian Kaernbach Teil 2: Gedächtnis
Visuell-motorische Adaption unter optischen Transformationen
Entscheidungstheorie für Unentschlossene Indecision Theory.
"On-line" und erinnerungsgestützte Urteilsbildung
Aligning pitch targets in speech synthesis: effects of syllable structure T. Rietveld and C. Gussenhoven Präsentiert von Anja Moos.
Adaptive Dispersion in der Wahrnehmung von Vokale
Ist Intonation kategorial? Empirische Methoden und Evidenzen
Wirkungen von Mediengewalt
Visual, Presaccadic, and Cognitive Activation of Single Neurons in Monkey Lateral Intraparietal Area Colby, Duhamel & Goldberg (1996) 26. Juni 2006 Visuelle.
3.Juli.06 Handlungssteuerung
Kognitive Robotik. – oder – Wie spielt man Roboter-Fußball? Vortrag Allgemeine Psychologie Universität Tübingen 15. Mai 2002 Dirk Neumann
Some experiments bearing on the hypothesis that the visual system analyses spatial patterns in independent bands of spatial frequeny Henning, Hertz &
Pattern detection and object recognition
Neuronale Grundlagen der Gestaltwahrnehmung
Einführung in die visuelle Wahrnehmung, Illusionen und Neurobiologie
Form Analysis in Visual Cortex Rüdiger von der Heydt
An Ideomotor Approach to Imitation
Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund
Mixture Regression Modelle
S. Moscovici, E. Lage, M. Naffrechoux (1969)
Entdeckung des Myon-Neutrinos
Infancy: The physical world
-> Sprachpsychologie -> Blickbewegungen
Ein zentraler Flaschenhals
Visuelle Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit Serieller Flaschenhals Filtertheorie Dämpfungstheorie
Auditive Wahrnehmungsstörungen und Verarbeitungsstörungen – AVWS
Einführung in das Gedächtnis
9 Internet: Animationen und Simulationen
Kann Schrödingers Katze tot und lebendig sein?
Einleitung ins Projekt
KOMOD Konzeptstudie Mobilitätsdaten Österreich AP3 Erhebungsmethoden und -komponenten Gerd Sammer, Roman Klementschitz Institut für Verkehrswesen, Universität.
Kann man Originalität trainieren ?
Wahrscheinlichkeitsrechnung
Bedingungen für ein aktives Altern
Mathematik im 1. Schuljahr
Visualisierung als Unterstützung des Denkens Visualisierung semantischer Information
Kreativität und Ideenlatenzen
Biologische Psychologie II
Tonhöhenwahrnehmung Wozu?
Using latent semantic analysis to find different names for the same entity in free text Präsentation und Diskussion des Papers Im Rahmen des PS Web-Information.
Kognitive Architekturen und Produktionssysteme
MÜSC Münsteraner Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten Von Gerd Mannhaupt.
Emotion-Kognition-Interaktion (B.Sc. /M.Sc.)
Gedächtnis An dem Phänomen, das wir als Gedächtnis bezeichnen,
EEG-Korrelate der Aktivierung kortikaler Objektrepräsentationen-1
Plakatwerbung: Wie wichtig sind Farben wirklich? Andreas Fährmann, André Räthe, Mike Zschocher Institut für Allgemeine Psychologie Universität Leipzig.
Plakatwerbung: Wie wichtig sind Farben wirklich?
Entscheidungstheorie für Unentschlossene Indecision Theory.
Gedächtnis / Gedächtnismodelle Störungen der Gedächtnisfunktionen
Elizitierung von Versprechern
Planungsreferat Petra Wimmer Carina Heuschober
Fachdidaktik Informatik Repräsentationstrias Paul Miotti Riedstr Kriens
3. Gedächtnis und Lernen.
Klassische rezeptive Felder im Sehsystem höherer Säuger
Unterschiedliche Wellenlängen der Spektralfarben sind ein abstrakter Lerninhalt. Unterschiedliche Wellenlängen sind hingegen bei Schallwellen als Tonhöhe.
 Präsentation transkript:

Das sensorische Gedächtnis beim Hören Christian Kaernbach Institut für Allgemeine Psychologie Universität Leipzig Einleitung: Gedächtnismodelle Diskussion sensorischer Stimuli Akategorialer auditiver Stimulus: weißes Rauschen Ähnlichkeiten auditives Gedächtnis / kategoriales KZG Lebensdauer Kapazität Interferenz Gegenstand und Mechanismus des auditiven Gedächtnisses Auditives Gedächtnis bei Wüstenrennmäusen und Katzen Unterschiede auditives Gedächtnis / kategoriales KZG rehearsal

Einleitung: Gedächtnismodelle Ikone ... Echogedächtnis Cowan (1984): kurzer auditiver Speicher: Phänomene bis 200 ms Maskierung Informationsintegration Persistenz langer auditiver Speicher (ca. 10 s): Teilbericht Suffixeffekte periodisches Rauschen kurze sensorische Speicher sensorische Register Kurzzeitgedächtnis Langzeitgedächtnis Langzeitgedächtnis sensorische Areale ... semantische Areale zentrale Exekutive KZG Aufmerk- samkeit Atkinson & Shiffrin (1968) Cowan (1988, 1995) Shiffrin & Schneider (1977)

Einleitung: Gedächtnismodelle sensorisches Gedächtnis kategoriales KZG sensorische Areale ... semantische Areale kurze sensorische Speicher kurze sensorische Speicher sensorische Areale ... semantische kurze sensorische Speicher sensorische Areale ... semantische Hypothesen (nach Cowan, 1988) Das KZG ist eine Software, die auf unterschiedlicher Hardware läuft. Das Echogedächtnis ist KZG auf auditiven Arealen. Ähnlichkeiten und Unterschiede von Echogedächtnis und KZG

Stimuli für Experimente zum sensorischen Gedächtnis eindimensionale Stimuli visuell: Helligkeit, Orientierung, Länge... auditiv: Lautstärke, Tonhöhe, ... wenigdimensionale Stimuli visuell: Farbe, Shepard-Formen, ... auditiv: Klangfarbe, amelodiöse Tonsequenzen, ... semantisches Material visuell: Buchstaben, Silben, Worte auditiv: Phoneme, Silben, Worte, Melodien, Akkorde komplexe, hochdimensionale, akategoriale Stimuli visuell: Zufallspunktemuster, ... auditiv: Rauschen

Akategorialer Stimulus: Rauschen Digitales weißes Rauschen  = 3.141... e = 2.718... 5 s = 100,000 Ziffern Periodisches weißes Rauschen  e 5 s = 10 x 10,000 Ziffern www.periodic-noise.de

Lebensdauer des Echogedächtnisses Maximale Zyklen für periodisches Rauschen 20 VPn, Perioden 0.5 - 20 Sekunden, 3 Durchgänge Brown (1958) / Peterson & Peterson (1959): Konsonantentrigramme wiedergeben, während Behaltensintervall rückwärts zählen

Lebensdauer für kategoriale Information zusammen mit Lutz Munka Sind Brown/Peterson&Peterson-Daten kategorial? 2403 5161 NTZ * ??? * * F B * C D G H 7564

Kapazitätsbeschränkung zusammen mit Lutz Munka Miller (1956): The magical number seven plus or minus two. Cowan (2001): The magical number four in short-term memory. 10 VPn, Auswahl von ca. 10 optimalen 200-ms Segmenten pro VP Präsentation als semiperiodisches Rauschen, Zyklen mit 3 - 5 Segmenten Paarvergleich. Einzelversuch: 2 intakte Zyklen, 1. Test, intakter Zyklus, 2. Test ohne (7783 EV) / mit (5454 EV) Randomisierung der Reihenfolge zwischen EV A B C D E F ? 1 ? 2 Daten post hoc Wahrscheinl. Modell mit 3 Parametern: Kapazität, ganzzahlig Zuverlässigkeit des Einzelsegmentes Zuverlässigkeit der Gesamtantwort post hoc Wahrscheinlichkeit für Kapazität  maximal bei 3

Interferenz im klassischen „sensorischen Register“: hoch Averbach & Coriell (1961): Ikone überschreibbar im KZG (solange im Kapazitätslimit): niedrig im langen auditorischen Speicher: niedrig Hauptaufgabe (Ja/Nein) Störaufgabe Behaltensintervall: 8,25 s

Inhalte des Echogedächtnisses Was ist eigentlich der Erinnerungsgegenstand des Echogedächtnisses?

Gibt es Leben auf dem Mars?

Marszeichnungen Leo Brenner, 1899 Viking, 1976

Zufallsstimuli  Basisperzepte ??? 

Inhalte des Echogedächtnisses Neurophysiologie: Spektrotemporale rezeptive Felder in A1 EEG: Frühe temporale Aktivierung a-b) de Charms, unpublished data, c-e) de Charms et al., 1998 Verhalten: Spektrotemporale Optimalstimuli für Basisperzepte in weißem Rauschen

Mechanismen des Echogedächtnisses Versuch, Perioden mit hochsignifikanten Segmenten zu füllen, scheitert. Kapazität: 3 Segmente Gegenseitige Hemmung kurze sensorische Speicher sensorische Areale ... semantische kurzer sensorischer Speicher = Anfangsphase? “four winners take all”

Echogedächtnis bei Tieren Wüstenrennmäuse (Kooperation mit Holger Schulze, Magdeburg) Naive Tiere (N=21, 4 pro Gruppe): shuttle box, go/no-go task Periodenlänge 20...100 ms 60 EV pro Tag Hochtrainierte Tiere (N=2), Periode wird bei guter Leistung verlängert: 160 Tage Training (9600 EV!) maximal 400 ms

Echogedächtnis bei Tieren Katzen (Kooperation mit Peter König, Zürich) Stimulus: fortlaufendes weißes Rauschen, darin eingebettet 1.8-s (...) PR „patches“ go/no-go task: Tastendruck. Feedback bei Treffern (Futterpumpe, Licht) und falschen Alarmen (verbal “Nein”) Periodenlänge 20... ms, ca. 50 EV pro Sitzung (9-118 ) 1. März 2002: Chala 375 ms, 66 Sitzungen, 3178 EV Merlin 175 ms, 56 Sitzungen, 2521 EV

Rehearsal zusammen mit Kathrin Hahn Sensorisches Rehearsal Demany, L., Clément, S., & Semal, C. (2001). Does auditory memory depend on attention? In D. J. Breebaart, A. J. M. Houtsma, A. Kohlrausch, V. F. Prijs, & R. Schoonhoven (Eds.), Physiological and Psychophysical Bases of Auditory Function. Maastricht: Shaker Publishing BV. Sensorisches Rehearsal Kategoriales Rehearsal Rehearsal von Tonhöhe Shepard-Töne (Tonklasse gut definiert, Oktave mehrdeutig) S1-S2 Paradigma, 6 s (0.5 s) Retentionsintervall, 3 Instruktionen: kein / stilles / offenes Rehearsal Tonaufnahme während offenem Rehearsal.

zusammen mit Kathrin Hahn Rehearsal zusammen mit Kathrin Hahn Beispielsdaten 1 VP Singtonhöhe 1 VP bei offenem Rehearsal, S2 4 cent tiefer als S1 vorhersagender Singfehler bei offenem Rehearsal gemittelt über 2 VPn Durchschnittswerte 3 VPn 0.5 s 4.9  0.5 cent 6.0 s kein Reh.: 10.3  1.7 cent 6.0 s stilles Reh.: 9.0  1.5 cent 6.0 s offenes Reh.: 11.8  0.4 cent

Fazit Einleitung: Gedächtnismodelle v.a. Cowan, nach Shiffrin&Schneider Diskussion sensorischer Stimuli Akategorialer auditiver Stimulus: weißes Rauschen  Ähnlichkeiten auditives Gedächtnis / kategoriales KZG Lebensdauer 5-10 Sekunden Kapazität N = 3 Interferenz gering Gegenstand und Mechanismus des auditiven Gedächtnisses Gegenstand: Frequenzkanten, Transientendetektoren, Doppelkanten... Mechanismus: “four winners take all” Auditives Gedächtnis bei Wüstenrennmäusen und Katzen bis 400 ms Unterschiede auditives Gedächtnis / kategoriales KZG rehearsal funktioniert nicht für Tonhöhen