Investigativer Journalismus und ökonomischer Realismus

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 Präsentation transkript:

Investigativer Journalismus und ökonomischer Realismus 9. Herzberg-Tagung des Vereins „Qualität im Journalismus“ 7. November 2007 in Basel PD Dr. Armin Scholl (Münster)

Wo hört Journalismus auf, wo beginnt PR? praktische Differenzierung: der Streit zwischen DJV und Netzwerk Recherche theoretische Differenzierung: Fremdbeobachtung und Selbstbeobachtung empirische Differenzierung: deutsche Schwermut und schweizer Leichtigkeit

Das Verhältnis von PR und Journalismus Yin und Yang, Interdependenz, Symbiose (wechselseitige Bedingtheit, gemeinsames System) Parasit und Wirtstier (einseitige Ausbeutung) Antagonismus (feindliche Brüder mit gegenläufigen Interessen und Handlungen) Dependenz, Determination, Informationssubvention (einseitige Abhängigkeit) …

Ökonomische Probleme des Journalismus – ökonomischer Reichtum der PR Die Seite des Journalismus Auslagerung von Redaktionskosten  erhöhter Bedarf nach Informationssubvention  Content statt journalistischer Berichterstattung Zunahme von freien Mitarbeitern, schlechte Bezahlung  zunehmender Rollenmix von Journalismus und PR  Deprofessionalisierung des Journalismus professionelle Differenzierung  berufliche Normen keine verbindliche Standards mehr  Unterscheidung zwischen Qualitätsjournalismus und …

Ökonomische Probleme des Journalismus – ökonomischer Reichtum der PR Die Seite der Public Relations riesige Etats in großen Unternehmen, Verbänden, Parteien  erhöhtes Angebot von Informationssubvention  kommunikatives Ungleichgewicht Zunahme von PR-Tätigen, gute Bezahlung  PR ist immer und überall zur Stelle  keine unprofessionellen Informationsquellen mehr Professionalisierung  Informations- und Kommunikationsmanagement sind wichtiger als Serviceinformationen  PR-Praktiker kennen die Gegenseite und die Regeln der journalistischen Berichterstattung

Das Problem Gefährden PR den (investigativen) Journalismus? ja, wenn in der Konsequenz die Differenzen unsichtbar werden ja, wenn dem (investigativen) Journalismus die ökonomische und publizistische Basis fehlt  Instrumentalisierung des Journalismus durch die PR nein, wenn der (investigative) Journalismus professionell ist oder bleibt nein, wenn es um ganz normale informations- und service-orientierte PR geht  Unabhängigkeit des Journalismus gegenüber der PR

Die Ursachenforschung Wieso können Public Relations Journalismus gefährden? (neutraler) Informationsjournalismus als trojanisches Pferd prinzipielle Abhängigkeit des Journalismus von Quellen konjunkturell unsichere journalistische Ressourcen Journalismus durch Skandale gesellschaftlich delegitimiert  Das Immunsystem des Journalismus versagt. omnipräsente, ressourcenstarke, professionelle PR informelle Komplizenschaft zwischen PR und Journalismus PR schafft sich eigene Medien (Stakeholder-Ansatz)  Der Parasit wird immun.

Die Problemlösung Gibt es Hoffnung für eine „Befreiung“ des Journalismus aus der PR-Klammer? zynische Lösung: Es ist eh alles „content“! verantwortungslose Lösung: Das Publikum ist der Richter! professionelle Lösung: Alles auf Recherche! systemische Lösung: Existenz in Differenz …

Schlussbemerkungen Warum war von Qualität nicht die Rede? weil die Entdifferenzierung von Journalismus und PR bereits das Problem ist weil Qualität und Journalismus nur in einem denkbar sind weil es „die“ Qualität des Journalismus nicht geben kann weil PR nicht immer Schuld an journalistischen Qualitätsdefiziten ist Wovon sollte die Rede sein? von journalistischer Qualitätssicherung mit und ohne PR von professionellen Schutzmaßnahmen gegenüber PR