Basiskrisenintervention Fortbildungsinhalte

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Fachberater Seelsorge in der Feuerwehr
Advertisements

Gesetzliche Bestimmungen zu
Kompetenzfeld Tod und Trauer
Vom Abbau des Engagements bis zum Burnout
Arbeiten mit der Pflege-Charta
Trauma und seine Auswirkungen auf das Familienleben
Wie führt uns Gott?.
Stabilisation: Was gehört alles dazu?
LEBEN MIT DER KRANKHEIT DIABETES
7 d Ursachen und Behandlung Angst - Sozialisation
Stressverarbeitung in der Krisenintervention
Die präventive Psychomotorik nach Bernard Aucouturier
Der Kriseninterventionsdienst des Justizvollzugs Baden-Württemberg
Einführung in die Notfallpsychologie
7 b Ursachen und Behandlung Angst - Lernen
Sicherheitsbedürfnisse von Senioren
Verein A-h-A 9900 Lienz, Egger-Lienz-Platz 2 Kontaktnr.: Gruppentreffen: Haus der Vereine – 2. Stock Jeden Montag um Uhr.
Kooperative Rettung Eine Initiative der Freiwilligen Feuerwehren Mengen, Sigmaringen und den Notärzten des Landkreises Sigmaringen.
Daniel Schütz, 3600 Thun Im Grossraumbureau Daniel Schütz, 3600 Thun
Was kleine Kinder brauchen, um stark zu werden
Trauma und Bindung Auswirkungen erlebter Traumatisierung
Psychische Störungen Schizophrenie Ralf Witzig Rolf Tröndle
G. Gatterer Geriatriezentrum am Wienerwald
Die Familie des schwerkranken Kindes
K&M 10 Gesellschaft für psychische und soziale Gesundheit.
Bezirksverband Oberbayern Lehrgruppe EH/SAN F o r t b i l d u n g f ü r d i e A u s b i l d e r S A N Bayerisches Rotes Kreuz Psychische Betreuung - lich.
Da ist was dran ! Michael war so eine Art Typ,
IHR meine lieben Freunde
Wie fit zu bleiben.
Burnout Dr. Margot Peters FÄ f. Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin.
Krisenintervention/ Akutbetreuung/ Stressverarbeitung
ES IST GENAU 21:36 Mit jedem Mausklick oder Leertaste folgt das nächste Bild und Gedanke. Es mögen Sekunden vergehen, vielleicht Minuten, Die Wahl ist.
TRANSAKTIONEN (Transaktionsanalyse)
Quelle: „Wege aus dem Labyrinth der Demenz“
Dipl. Sozialpädagogin Margit Bösen-Schieck
Erstbetreuer PSNV - Ausbildung
Psychosen By Kevin und Oliver.
Kompetenzentwicklung in schwierigen Zeiten: Wie man Jugendlichen dabei helfen kann, die eigene Biografie zu gestalten Perspektive Berufsabschluss, Offenbach.
Möglichkeiten des Umgangs mit emotionalem Stress
Die Bedeutung der Bewegung in einer guten und gesunden Kita
Schweizerische Tagung für Pflege in Onkologie Bern, 25. März 2004 Wie erleben Patienten die Bestrahlungstherapie ? wie kann die Psycho-Onkologie Pflegende.
Kinder Jugendliche Erwachsene
Prävention im Einsatzwesen
Notfallseelsorge Seelsorgerinnen und Seelsorger der ev. und kath. Kirche in besonderem Bereitschaftsdienst Teil und Ergänzung der Gemeindeseelsorge Seelsorgerliche.
Seit 2001.
PPS Das weise Buch Lassen Sie sich inspirieren! Franziska
Wenn ‚Helden‘ Hilfe brauchen
Das Kind und seine Kompetenzen im Mittelpunkt - Rückblick der Entwicklungs- und Bildungsangebote – Nanu? Was ist denn jetzt los? Ein Spiegel.
Betreuung von Kindern und Jugendlichen in Akutsituationen
Pizza Service Unterwegs? Persönlich Sozial Unabhängig?
seelische Belastung bei Einsatzkräften
Schulinterne Krisenteams
Sensible Themen Was Sie tun können, wenn die Unzufriedenheit mit dem Aussehen für eine/n Lernende/n oder KollegIn ein Problem darstellt LIFELONG LEARNING.
PPS Ein gutes Leben von Anonymus mit einem Text
VIA-Elterntraining Inhalt Besprechung der Hausaufgabe
„LERN VON MIR“ Modul 2 – Den Mensch als Ganzes betrachten
Samstagvormittag Thema: Gedanken.
Es gibt nichts Gutes außer man tut es!
Wenn  für einen Augenblick Gott vergessen würde, dass ich eine Stoffmarionette bin und er mir noch einen Fetzen Leben schenken würde: die Zeit würde ich.
Elternbefragung Krippe.
KRISENINTERVENTION IN DER PRÄNATALDIAGNOSTIK Karin Tordy AKH Wien, Univ. Klinik f. Frauenheilkunde Abt. pränatale Diagnostik und Therapie.
erfolgreich gestalten und gewinnen
Gedanken G.W
1 Als pädagogische Fachkraft in der Kita Mütter, Väter und Kinder mit Flüchtlingserfahrungen begleiten.
Definition/Merkmale psychischer Störungen
1Titel | Abteilung | Datum Psychsoziale Unterstützung.
Psychologische und psychotherapeutische Behandlung bei Krebs Birgit Hladschik-Kermer Univ. Ass.,Mag.phil., Dr.rer.nat. Klinische und Gesundheitspsychologin/
Opfer-Notruf Wohin nach Straftaten am Arbeitsplatz?
Zur Situation der Älteren Demografische Entwicklung Zunahme der Lebenserwartung Steigender Anteil Älterer an der Gesamtbevölkerung Zunahme der betreuungs-
Trauerarbeit und Bewältigung
 Präsentation transkript:

Basiskrisenintervention Fortbildungsinhalte Bedeutung der Akutbetreuung für Betroffene durch Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz Begriffserklärung Einführung in die Grundbegriffe der Psychotraumatologie Ablauf der Basiskrisenintervention Zielgruppe für die Schulung, Adressat der Schulung: alle FF-Angehörigen, die interessiert sind und vom Kommandant geschickt, FirstResponder, Peers mit SbE I, II oder Peer I. Einweisung der Fachberater und psychosozialen Fachkräfte für die Multiplikatorenschulung in ihren Landkreisen, die Schulung wird NUR im Rahmen einer Einweisung weiter gegeben und steht erst dann zur Verwendung zur Verfügung (2UE)

Basiskrisenintervention Akutbetreuung in der Freiwilligen Feuerwehr Kräfte der FF haben Kontakt mit Betroffenen an der Einsatzstelle – ob sie wollen oder nicht Nur im Auftrag (oder in Rücksprache mit) der Einsatzleitung! Kräfte der FF können psychotraumatologische Kompetenzen entwickeln und an der Einsatzstelle umsetzen! Von Basiskrisenintervention profitieren nicht nur Betroffene, sondern auch die Einsatzkräfte (weniger Hilflosigkeit und Unsicherheiten gegenüber Betroffenen)

Basiskrisenintervention Begriffserklärungen Basis-Krisenintervention kann von jeder Einsatzkraft - unabhängig vom Bestehen von KIT/KID oder Notfallseelsorge - als Akut-Betreuung im laufenden Einsatz durchgeführt werden Für Menschen, die Schaden erleiden an Leib und Leben, Hab und Gut z. B. Betroffene nach Zimmer-, Wohnungs- Hausbrand Betroffene und Ersthelfer nach (Verkehrs-) Unfällen Betreuungen bei Absperrungen oder Überbrückung bis zum Eintreffen von PSNV-Kräften

Basiskrisenintervention Begriffserklärungen Notfallseelsorge und Krisenintervention im Rettungsdienst sind Bestandteil der psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) Notfallseelsorge bezeichnet das Engagement der Kirche für alle Menschen, die vom plötzlichen Tod betroffen sind Krisenintervention im Rettungsdienst (auch ‚KIT‘ oder ‚KID‘) ist immer da für Patienten, Klienten, Trauernde, Hinterbliebene, akut psychisch Traumatisierte... im Rahmen einer eigenen Struktur und Institution. (aber nie für die [eigenen] Einsatzkräfte!)

Basiskrisenintervention Arbeitsfelder der Notfallseelsorge und/oder Krisenintervention Situationen, in denen PSNV zu alarmieren ist: Betreuung Hinterbliebener (z. B. VU, Selbsttötung, Herzinfarkt, etc.) ‘Person droht zu springen’ Betreuung nach Gewalterfahrung Betreuung nach Tod eines Kindes Betreuung von Kindern Überbringen einer Todesnachricht Betreuung von Lokführern nach Personenunfällen im Gleisbereich

Basiskrisenintervention Begriffserklärungen Streßbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SBE/CISM) ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, damit Einsatzkräfte mit einsatzspezifischen Belastungen psychotraumatologisch fundiert umgehen können. Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst bezeichnet die kirchliche Arbeit für das Einsatzpersonal und ist keine Notfallseelsorge! Die eigenen regionalen Strukturen erläutern und vorstellen

Basiskrisenintervention Psychotraumatologie ist die Wissenschaft davon, wie Menschen extreme Ereignisse verarbeiten und wie man sie dabei unterstützen kann muss unterschieden werden nach Zielgruppen: Einsatzkräfte (z.B. ‚SbE‘, CISM) und andere Betroffene Gesunder Menschenverstand wichtig, aber nicht ausreichend Sie liefert die Grundlage für eine verantwortete, strukturierte und effektive Betreuung

Basiskrisenintervention Psychotraumatologie: Grundbegriffe Akute Belastungsreaktion: normale und angemessene Reaktion auf unnormales Ereignis, beginnt mit dem Ereignis, dauert meist einige Stunden oder Tage, maximal bis zu vier Wochen. Trauerreaktion: vor der Trauer steht häufig das Trauma; Trauer ist eine normale und angemessene Reaktion auf das Erleben eines Verlustes; wer weint und trauert, ist nicht krank Posttraumatische Belastungsstörung: schwere Krankheit, die die Lebensgeschichte der Betroffenen zersetzt; tritt nach Monaten oder Jahren ein. Hier Querverweis der Primären Prävention, LMU-München

Basiskrisenintervention Chancen der Akutbetreuung Am Anfang stehende Verarbeitung der belastenden Situation mit wenig Aufwand positiv beeinflussen! Am Anfang stehende Trauer mit wenig Aufwand positiv beeinflussen! Denn im Zeitraum unmittelbar nach einem eventuell traumatischen Ereignis lässt sich die Verarbeitung wie zu keinem Zeitpunkt später mehr positiv unterstützen! Krisenintervention durch Kräfte der FF ist nie Therapie, sondern immer Prävention!

Basiskrisenintervention Selbstverständnis Ist kein ‚humanitärer Luxus‘, sondern Bestandteil von ‚Retten, Löschen, Bergen, Schützen‘ Besteht aus psychotraumatologisch fundierten und gesicherten Handlungsempfehlungen für Einsatzkräfte (aus Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei) nur während des laufenden Einsatzes, keinesfalls darüber hinaus Zum 1. Spiegelstrich: konkrete Einsatzbeispiele aus Perspektive der Betroffenen

Basiskrisenintervention Akute Belastungsreaktion Primäre Symptome (sofort): Gefühl der Empfindungslosigkeit Fehlen der Möglichkeit, Gefühle auszudrücken Wahrnehmungsstörungen, Gedächtnisverlust Gefühl, als sei alles ‚wie im Traum‘ und unwirklich Gefühl, als ‚stehe man neben sich‘ Hilflosigkeit, Orientierungsverlust (‘Chaos’) Totaler Kontrollverlust, Gefühl, ausgeliefert zu sein Starke Angst, Grauen, Verzweiflung

Basiskrisenintervention Akute Belastungsreaktion Sekundäre Symptome (Stunden bis Tage später): Sich aufzwängende, sensorische Wiedererinnerung (Intrusionen) in Form von: Bildern, Geräuschen, Gerüchen, taktilen Eindrücken Appetitlosigkeit (Übelkeit, Erbrechen) Schlafstörungen, Albträume Konzentrationsschwierigkeiten, Gereiztheit, Schreckhaftigkeit, sozialer Rückzug

Basiskrisenintervention Akute Belastungsreaktion Die Folgen können sein: Selbstisolation Selbstzweifel Schuldgefühle Unfähigkeit, Freude zu erleben Vermeidung Hyperaktivität

Basiskrisenintervention Akute Belastungsreaktion Betroffene erleben die Symptome der Akuten Belastungsreaktion als quälend (‘da ist was mit mir los...’) und wissen nicht um die Normalität ihrer Gedanken und Gefühle. Dies kann zu starken Selbstwertzweifeln führen. Eine sachliche Aufklärung über die Symptome der Akuten Belastungsreaktion wird als entlastend und befreiend erlebt. Es besteht die Neigung zur Einnahme beruhigender Wirkstoffe (z.B. Alkohol, Valium) als Selbstmedikation

 Gefahr: Suizidalität Basiskrisenintervention Posttraumatische Belastungsstörung Schleicht sich in die Biographie der Betroffenen ein und zersetzt sie Verbirgt sich oft hinter einer Vielzahl unspezifischer, psycho-somatischer Symptome und ist daher schwer zu diagnostizieren Führt zu deutlicher Verminderung der Leistungsfähigkeit (Wechsel der Arbeitsstellen, hohe Unzufriedenheit) Führt zu deutlicher Verminderung der Beziehungsfähigkeit, soziale Isolation und Aufgabe von Hobbys und Freundeskreisen sind charakteristisch Häufig begleitet von Alkoholismus  Gefahr: Suizidalität Als nächste Folie ergänzen: aus Prim Praev: Trauma: körperlich versus psychisch

Basiskrisenintervention Die traumatische Situation Ereignis, das außerhalb der üblichen menschlichen Erfahrung liegt Person erlebt intensiv Angst, Hilflosigkeit und Entsetzen Direktes, persönliches Erleben einer Situation, die mit Tod oder Androhung des Todes, schweren Verletzung oder anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat, oder Verlust der vertrauten Umgebung Zum Beispiel: Gewalterfahrungen, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle, Miterleben des Todes oder schweren Verletzung einer anderen Person, materielle Schäden Evt. Auf WHO, ICD 10 aufmerksam machen und erklären

Basiskrisenintervention 6 Grundsätze 1. Betroffene NICHT sich selbst überlassen 2. Kontinuierliche Betreuung 3. Floskeln vermeiden, eindeutige Ausdrucksweise 4. Abschiednehmen ermöglichen 5. Soziales Netz mobilisieren 6. Hinweis auf weitere Beratungsangebote Konkrete Handlungsempfehlungen! Zwei konkrete Betreuungsszenarien entwerfen und am Beispiel erläutern und Rollenspiele, unterschiedliche Zielgruppen beachten (‚normale FF, Firstresponder, Führungspersonal), konkret ausarbeiten

Basiskrisenintervention 6 Grundsätze 1. Betroffene nicht sich selbst überlassen! Betroffene aus Gefährdungsbereich bringen, jedoch keinesfalls sich selbst überlassen, sondern betreuen! Für geeignete Rahmenbedingungen sorgen Dennoch: Einsatztaktik vor Betreuung „Alles Menschenmögliche ist versucht worden!“ - Wahrnehmung vieler Betroffener Eventuell Angehörige in einfache Maßnahmen mit einbinden jedoch nicht im Gefährdungsbereich! Die Rahmenbedingungen erklären: geschützter, öffentlich nicht einsehbarer Raum

Basiskrisenintervention 6 Grundsätze 2. Kontinuierliche Betreuung Keine langen, unverständlichen Erklärungen Einfache Worte wählen Dem Informationsbedürfnis nachkommen Erklären, was abläuft, Orientierung vermitteln Betreuungsbedürfnis von außen erkennbar bzw. abfragbar? Wiedergewinnung der Handlungsfähigkeit unterstützen Sprachlosigkeit, Hilflosigkeit aushalten

Basiskrisenintervention 6 Grundsätze 3. Floskeln vermeiden, eindeutige Ausdrucksweise Floskeln sind Ausdruck eigener Unsicherheit … und oft falsch, z. B. ‚Zeit heilt alle Wunden‘ Klare Formulierungen Keine falschen und vergeblichen Hoffnungen erzeugen Eventuell auch eigene Gefühle ausdrücken (‘es tut uns leid, wir haben ihrem Verwandten nicht mehr helfen können’)

Basiskrisenintervention 6 Grundsätze 4. Bei Todesfällen: Abschiednehmen ermöglichen Abschiednehmen ist das Grundrecht Hinterbliebener Auf würdigen Zustand des/ der Toten achten Ort der Abschiednahme nicht öffentlich einsehbar Abschiednehmen vom Toten ist immer nur ein Angebot! Abschied vom Toten ist die wichtigste Maßnahme für den Verlauf der Trauer Falsch: ‘Behalten Sie den Toten so in Erinnerung, wie er lebend war’

Basiskrisenintervention 6 Grundsätze 5. Soziales Netz mobilisieren ‘Wen möchten Sie jetzt/in dieser Situation bei sich haben?’ Wenn keine nahen Verwandten greifbar, auch an Nachbarn und Freunde denken Den Betroffenen selbst wählen lassen: Wiedergewinnung der Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit  Gefahr der späteren sozialen Isolation

Basiskrisenintervention 6 Grundsätze 6. Erweiterte Psychosoziale Notfallversorgung einbeziehen Frühzeitig PSNV verständigen Übergabe möglichst nicht in Anwesenheit der Betroffenen Die eigenen Möglichkeiten nicht unterschätzen! (‚besser als keine Betreuung!‘) und zugleich nicht überschätzen!

Basiskrisenintervention Besondere Betreuungssituationen Basiskrisenintervention ist wichtiges Glied in PSNV-Kette, auf Chancen und Grenzen achten Aufbauende, motivierende Formulierung zum Abschluss, Motto! z. B. „Deine Betreuung ist besser als keine Betreuung“