Peter Fischer Psychiatrische Abteilung, Donauspital / SMZ-Ost, Wien

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 Präsentation transkript:

Peter Fischer Psychiatrische Abteilung, Donauspital / SMZ-Ost, Wien Akute Verwirrtheit: das Stiefkind der Psychiatrie Delir mit und ohne Demenz Behandlung, Behandlungsfehler Peter Fischer Psychiatrische Abteilung, Donauspital / SMZ-Ost, Wien Vortrag: 7. Fachtagung Demenz, Eisenstadt, 19.10.2013

Akute Verwirrtheit (Delir) ein folgenschweres Syndrom Verlängerung des Krankenhausaufenthalts Schlechtere Ergebnisse der Grundkrankheit Häufigere Übernahme in Pflegeinstitution Höhere Sterblichkeit Selbstgefährdung Fremdgefährdung Bleibende kognitive Störungen

Akute Verwirrtheit (Delir) Deskriptive Epidemiologie 50 % der hospitalisierten Patienten sind über 70 Jahre alt Delir in 30 – 50 % der hospitalisierten über 70-Jährigen ! Etwa 40 % der Patienten an Intensivstationen entwickeln oder leiden an akuter Verwirrtheit Postoperatives Delir: Koronarer Bypass: 30 – 40 % Endoprothetik elektiv: 10 – 15 % Schenkelhalsfraktur: 50 – 70 % Akute Verwirrtheit wird bis 2050 weiter zunehmen Prävention ist möglich (40 % der Fälle verhinderbar) Zwei Drittel der Delirien werden nicht diagnostiziert !!!

Confusion Assessment Method CAM Akuter Beginn der Symptomatik Störungen der Aufmerksamkeit Hat der Patient Schwierigkeiten, seine Aufmerksamkeit gezielt zuzuwenden, ist der Patient also leicht ablenkbar oder hat der Patient Schwierigkeiten dem Gespräch zu folgen? und Schwankte diese Störung der Aufmerksamkeit während der Exploration, kam es also zu Phasen gestörter Aufmerksamkeit oder abwechselnd zu stärkerer bzw. schwächerer Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit?

Confusion Assessment Method- CAM (Folie 2) Desorganisiertheit des Denkens War der Gedankengang des Patienten desorganisiert oder inkohärent, sprach er also unzusammenhängend oder sinnlos, bzw. war seine Gedankenabfolge unklar oder unlogisch oder sprangen seine Gedanken nicht nachvollziehbar von Thema zu Thema? und/oder Quantitative Bewusstseinsveränderung wach übersensibel schläfrig, stuporös comatös

Confusion Assessment Method- CAM (Folie 3) Items 5-11 fließen nicht in die Diagnose ein 5. Desorientiertheit 6. Gedächtnisstörung 7. Wahrnehmungsstörungen (Halluzinationen,..) 8. Agitiertheit – Hemmung 9. Geänderter Schlaf-Wach-Rhythmus 10. Dauer der Symptomatik 11. Affektive Auffälligkeiten

Dementia Among Medical Inpatients Evaluation of 2000 Consecutive Admissions Erkinjuntti et al, Arch Intern Med 1986;146:1923-6 Universitätskrankenhaus, Interne Klinik 14 Monate, > 55 Jahre, mittleres Alter ~ 72 Jahre Prävalenzen: Demenz 5 % Delir 15 % Nachuntersuchung: 25 % der deliranten Patienten leiden auch an Demenz 41 % der Demenzpatienten und 12 % der nicht-dementen Patienten erlitten ein Delir

DELIRURSACHEN PRÄDISPOSITION EXOGENE NOXE Hohe Vulnerabilität Hohes Lebensalter Hohe somatische Komorbidität Hör-/ Sehbehinderung Dehydratation Malnutrition Anämie Niedriges Serumalbumin Alkoholismus Angst/ Depression Benzodiazepingebrauch Schmerz Kognitive Störung Einsamkeit Niedrige Intelligenz Niedrige Vulnerabilität EXOGENE NOXE Potente Noxe Chirurgischer Eingriff Anticholinergika Intensivpflichtigkeit Blutverlust Organversagen (Leber, Niere) Hypo-/ Hyperglykämie Arterielle Hypertonie Akute Infektion Elektrolytentgleisung Respiratorische Komplikationen (Hypoxie) Entzugssyndrom (Alkohol, Sedativa) Einnahme psychoaktiver Medikamente Immobilisation/ körperliche Beschränkung Fremde Umgebung Schwache Noxe

Delirinduzierende Medikation Sedativa, Hypnotika: Benzodiazepine, … Anticholinergika: Atropin, Scopolamin, Antihistaminika Parkinsonmedikamente (Benzatropin, …) Spasmolytika (gastroenterologisch, urologisch) Heterozyklische Antidepressiva (Amitriptylin, …) Neuroleptika (Clozapin, Olanzapin...) Kardiaka, Antihypertensiva: Antiarrhythmika (Lidocain, Quinidin, Procainamid) Antihypertensiva (Methyldopa, Betablocker), Digitalisglykoside Antazida, Prokinetika: H2-Antagonisten (Cimetidin, Ranitidin, …) Metoclopramid Opiatanalgetika, Antikonvulsiva Aminophyllin, Theophyllin Chemotherapeutika (Penicilline, Metronidazol, Gyrasehemmer, ...) Kortikosteroide, Interferone Levodopa, Dopaminagonisten, Amantadine Lithium .....................

The Cause of Delirium in Patients With Hip Fracture Brauer C et al, Arch Int Med 2000;160:1856- Definitive cause: 7 % Probable cause: 20 % Possible cause: 11 % Unknown cause: 61 % The treatment of delirium can not be restricted to the treatment of the cause of the particular delirium, because this cause is frequently not known definitively.

Severity of Cholinergic Degeneration Increases Risk for Delirium in Dementia (Up – Down) Dementia with Lewy bodies Parkinson‘s disease with dementia Parkinson‘s disease without dementia Presenile Alzheimer‘s dementia Senile Alzheimer‘s dementia Others: Corticobasale Degeneration Progressive Supranuclear Palsy No cholinergic degeneration: FTD, Vascular Dem

APA Practice Guideline „Delirium“ Am J Psychiatry May 1999 (suppl): 156(5): 1-20 Antipsychotics often the treatment of choice (I): Haloperidol 1-2mg every 2-4 hours as needed Elderly: 0,25-0,5mg every 2-4 hours (and higher) i.v.: Haloperidol 10mg Bolus + 5-10mg/hour infusion Single cases: risperidone, olanzapine, quetiapine Benzodiazepines for withdrawal delirium (III). Cholinergics (physiostigmin) useful in delirium caused spedifically by anticholinergics (II).

Stufenschema zur Therapie eines Delirs: Allgemeines Th. auslösender Faktoren (Exsiccose, ...) Überprüfung der Medikation Überwachung des Patienten (ICU?, ..) Vitalparameter Orientierungsfördernde Maßnahmen Vermeidung Reizdeprivation Kontinuität der pflegerischen Betreuung Regelmässigkeit des Tag-Nacht-Rhythmus

Stufenschema zur Therapie eines Delirs bei Gefährdung Haloperidol 2-5 mg initial, bis 3 x / die Alternative: Risperidon 2 – 6 mg/die Weitere atypische Antipsychotika: Quetiapin ?? Cave: Benzodiazepine, außer bei Verdacht auf Substanzentzugskomponente des Delirs Problem: Fixierung Optimum: Sitzwache

CURRENT TREATMENTS FOR DELIRIUM

Fehler in der Pharmakotherapie akuter Verwirrtheit Kein Cholinesterase-Inhibitor bei Demenzanamnese Benzodiazepine Spätdyskinesien: Haldol > Risperidon > Quetiapin Antipsychotika (AP) zu früh reduzieren Wann von Haloperidol auf atypisches AP umstellen ? Sofort mit atypischem AP beginnen ? Sicherstellung der Nachtruhe womit ? …………..