Umweltökonomie Prof. Dr. Renate Schubert, Markus Ohndorf,

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 Präsentation transkript:

Umweltökonomie Prof. Dr. Renate Schubert, Markus Ohndorf, Moritz Rohling Institut für Umweltentscheidungen (IED)

V Methoden zur Bewertung von Umweltgütern V.1 Gesellschaftliche Erträge und Kosten umweltpolitischer Programme V.2 Bewertung von Umweltschäden/-gütern 2.1 Grundlegende Vorgehensweise 2.2 Verschiedene Typen von Werten 2.3 Indirekte Methoden 2.4 Direkte Methode

Lernziele Kapitel V: Verfahren zur gesellschaftlichen Kosten-Nutzen- Bewertung kennen Verschiedene Verfahren kennen, mit denen man Umweltgütern Werte zuordnen kann Entscheiden können, wann welches Verfahren angebracht ist

V.1 Gesellschaftliche Erträge und Kosten umweltpolitischer Programme Grundidee: Verschiedene umweltpolitische Programme stehen in Konkurrenz miteinander Eines soll ausgewählt werden Es soll dasjenige gewählt werden, das den höchsten gesellschaftlichen Nutzen erbringt

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Kernfragen: Welche Kategorien von Nutzen und Kosten gibt es und bei wem fallen sie an? Wie können die Nutzen und Kosten monetär bewertet werden? Wie können Nutzen und Kosten über einen längeren Zeitraum verglichen werden?

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Wie ist mit der Unsicherheit über künftige Kosten und Nutzen umzugehen? Wie ist mit der unterschiedlichen Verteilung von Kosten und Nutzen umzugehen?

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Grundlegende Vorgehensweise: Investitionskalkül:

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Konzept zur Identifikation der „besten“ Alternative: Kapitalwertmethode (Net Present Value (NPV) Method) Es ist diejenige Handlungsalternative zu wählen, die den höchsten NPV hat

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Sämtliche positiven und negativen Folgen einer Alternative Direkt vs. indirekt; tangibel vs. intangibel Auch zu beachten: Opportunitätskosten (entgangene Gewinne anderer Alternativen)

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Durch die Ermittlung von Nutzen und Kosten entstehen auch Kosten B und C fallen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und bei unterschiedlichen Gruppen an Beobachtungen, Inventare und Befragungen als Ermittlungs-Instrumente

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) In längerer Frist: Der Betrachtungszeitraum (T) ist festzulegen Aufsummierte monetär bewertete Kosten und Nutzen sind einander gegenüberzustellen

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Die Diskontrate ist „geeignet“ festzulegen (der gesellschaftlichen Zeitpräferenz entsprechend) Häufig wird der Marktzinssatz r verwendet Diskontsatz r vs. Diskontfaktor  Vorgehen bei Umweltprojekten?

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Im Zeitverlauf sinkende Diskontierungsrate (hyperbolisches Diskontieren) Beispiel Stern-Report: Diskontierungsrate von 1,4% (bei angenommener Wachstumsrate des SP von 1,3 %) Fazit: “Die richtige” Diskontierungsrate gibt es nicht

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Künftige Kosten und Nutzen sind in der Regel nicht mit Sicherheit bekannt Je weiter in der Zukunft die K und N liegen, desto unsicherer Unterschiedliche Formen von Unsicherheit: Risiko; Ambiguität; Unsicherheit i.e. Sinn

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Ausgangspunkt: Feststellung, dass K und N jeweils sehr unterschiedlich verteilt sind Frage: wie kann das in einer Gesamtaussage wie NPV zum Ausdruck kommen? Antwort: Eine Möglichkeit ist die Berücksichtigung von Kompensationszahlungen von Gewinnern an Verlierer

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Theoretische Basis: Pareto-Effizienz: eine Güterverteilung ist effizient, wenn jede andere mindestens ein Individuum schlechter stellen würde Potentielle Pareto-Effizienz: die besser gestellten könnten die schlechter gestellten Individuen aus ihrem Gewinn kompensieren

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Bei Überprüfen von Handlungsalternativen: NPV muss nicht nur möglichst gross sein, sondern auch Kompensationen zulassen Allerdings: Die Frage, wer in welchem Ausmass tatsächlich kompensiert wird, ist eine politische Frage; hier spielen Werturteile eine Rolle

V.1 Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) Grundsätzlich gut geeignetes Instrument zum Vergleich von Handlungsmöglichkeiten Allerdings: Vielzahl von Annahmen und Werturteilen geht ein; diese müssen möglichst transparent sein K-N-A basierte Entscheidungen können nie ein „objektiv richtiges“ Ergebnis liefern

V.2 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern

2.1 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Grundlegende Vorgehensweise Verschiedene Schritte bei Schadensbewertung: Zusammenhang zwischen Handlung und Veränderung der Umweltqualität Auswirkungen der Veränderung der Umweltqualität auf Individuen abschätzen Monetäre Bewertung dieser Auswirkungen

2.1 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Grundlegende Vorgehensweise

2.1 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Grundlegende Vorgehensweise Informationsbedarf: Inventare der Umweltveränderungen Inventare der Wirkungen Bewertung der Wirkungen Probleme: Infos fehlen Unterschiedliche Bewertungsmethoden Kausalitäten?

2.2 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Verschiedene Typen von Werten

2.2 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Verschiedene Typen von Werten Nutzungsabhängige Werte können direkt oder indirekt erfasst werden Nicht-nutzungsabhängige Werte sind aufgrund weiterer Überlegungen und Expertenurteile zu bestimmen

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Kompensationskostenmethode: Welcher Wert von privaten Gütern muss eingesetzt werden, um einen auftretenden Umweltschaden zu kompensieren? Anwendbar nur bei Kompensierbarkeit (Reversibilität)

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Kompensationskostenmethode: Beispiele: - schlechtere Bodenproduktivität wegen saurem Regen - trockene Böden wegen Klimaveränderung - geringer Fischfang wg. Wasserverschmutzung - Gesundheitsprobleme als Folge von schlechter Luft- und Wasserqualität

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Kompensationskostenmethode: Weiteres Beispiel: - Gesundheitliche Folgeschäden: Bewertung etwa mit Lohneinkommen, was zu grossen ethischen Probleme führt

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Kompensationskostenmethode: Probleme: - Marktwert vs. Faktoreinsatzmengen? - Zuordnung der Faktoreinsatzmengen? - Irreversible Schäden?!

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Aufwandmethode/Reisekostenansatz: Welcher Aufwand muss zur Nutzung eines Umweltgutes betrieben werden bzw. wird betrieben?  Anwendbar vor allem für Nutzen von Erholungslandschaften (Clawson 1959)

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Aufwandmethode/Reisekostenansatz: Empirische Berechnung der Nachfragefunktion: - Relative Besucherzahl = f (Reisekosten) - Vorhersage der absoluten Besucherzahlen für unterschiedliche hypothetische Eintrittspreise - Aus Nachfragefunktion lässt sich der Preis pro Einheit „Erholungslandschaft“ ablesen

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Aufwandmethode/Reisekostenansatz: Probleme: - Bedeutung unterschiedlich hoher Einkommen ist zu beachten - Bewertung der Zeitkosten ist schwierig - Trennung simultaner Reiseziele? - Nur für räumlich abgegrenzte Umweltgüter mit tatsächlichen Nutzungsaufwendungen

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Hedonische Preisfunktionen: Wie verändert sich der Preis eines Produkts, wenn sich dessen Eigenschaften/dessen Qualität ändern? Beispiel: wie verändert sich der Preis eines Hauses, wenn die Qualität der Luft um 1% steigt?

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Hedonische Preisfunktionen:  Anwendungsfelder: - Luftqualität, Lärm, Wasserqualität beeinflussen Hauspreise - Risikograd der Arbeit beeinflusst Lohnsatz- Höhe

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Hedonische Preisfunktionen: Vorgehen Der Preis des Gutes wird mit den Produkteigenschaften in Beziehung gesetzt, hier am Beispiel Häuserpreise demonstriert: pi = f(Hi, Ni, Ei) mit: i Index für verschiedene Häuser pi beobachtbarer Preis eines Hauses f hedonische Preisfunktion Hi hausspezifische Eigenschaften (Anzahl Räume, Grösse, ...) Ni Eigenschaften der Wohngegend, in der Haus i steht (Verkehrsanbindung, Schulen, ...) Ei Qualität von Umweltgütern, die für Haus i relevant sind df/dEi partielle Ableitung der Preisfunktion nach der Qualität eines Umweltguts; entspricht dem hedonischen Preis für das Umweltgut Ei.

2.3 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Indirekte Methoden Hedonische Preisfunktionen: Probleme: Viele Annahmen müssen erfüllt ein, z.B.: - vollständige Mobilität der Individuen - Lokale öffentlicher Güter existieren - Märkte passen sich an - Umweltveränderungen werden wahrgenommen

2.4 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Direkte Methode Idee: Hypothetische bzw. experimentell simulierte Märkte, auf denen Umweltgüter gehandelt werden Direkte Befragungen zu: - Willingness to Pay (WTP) (Umweltqualität steigt) - Willingness to Accept (WTA) (Kompensation bei schlechterer Umweltqualität)

2.4 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Direkte Methode Bezeichnung: Kontingente Bewertungsverfahren bzw. Contingent Valuation Method (CVM)

2.4 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Direkte Methode Vorteile: Ermittlung von „non-use“ values möglich (Existenz-/Options-/Vererbungswerte) Universelle Anwendbarkeit (Keine Infos über substituierende oder komplementäre Güter notwendig)

2.4 Bewertung von Umweltschäden/ -gütern – Direkte Methode Nachteile/Probleme: WTP und WTA divergieren ( WTP ist das Konservativere) Form und Formulierung der Befragung/Fragen spielen wichtige Rolle Unrealistische Antworten, weil es um hypothetische Situation geht Regionale/kulturelle Unterschiede im Umgang mit Befragungen

V.2 Fazit Viele, ganz unterschiedliche Methoden zur Bewertung von Umweltgütern Jeweils spezifische Anwendungs- voraussetzungen und Vor- bzw. Nachteile Methodenauswahl fallspezifisch vornehmen Werturteilselement ist immer vorhanden Interpretation und Beurteilung der Ergebnisse mit grosser Vorsicht