Maßnahmen zum Gewaltschutz im deutschen Recht

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Maßnahmen zum Gewaltschutz im deutschen Recht

Maßnahmen zum Gewaltschutz können in Deutschland auf verschiedenen Ebenen und durch verschiedene staatliche Akteure getroffen werden: Polizeiliche Maßnahmen Strafrechtliche Verfolgung Familienrechtliche Maßnahmen Zivilrechtliche Gewaltschutzmaßnahmen

Polizeiliche Maßnahmen: Dazu im einzelnen: Polizeiliche Maßnahmen: In der Regel die „Erst“-Maßnahmen zur kurzfristigen Krisenintervention Große Bandbreite an möglichen Maßnahmen Aber: Maßnahmen der Polizei sind immer zeitlich begrenzt, wirken also nur kurzfristig Eingriffsbefugnisse der Polizei ergeben sich aus Landesrecht, sind also nicht einheitlich

2. Strafrechtliche Maßnahmen: - Ermittlungen durch den Staatsanwalt Dazu im einzelnen: 2. Strafrechtliche Maßnahmen: - Ermittlungen durch den Staatsanwalt - ggf. gerichtliche Hauptverhandlung - ggf. strafrechtliche Verurteilung Dauert lange Wirkt nicht präventiv zum Schutz des Opfers, sondern repressiv Auch bei Verurteilung keine in die Zukunft gerichteten Gewaltschutzmaßnahmen

§ 1666 BGB (Gefährdung des Kindeswohls Dazu im einzelnen: 3. Familienrechtliche Maßnahmen, z.B.: § 1361b BGB (Wohnungszuweisung unter Ehegatten bzw. Lebenspartnern, für den Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung) § 1666 BGB (Gefährdung des Kindeswohls

§ 1361b Ehewohnung bei Getrenntleben Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. ......... Hat der Ehegatte, gegen den sich der Antrag richtet, den anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, der Gesundheit oder der Freiheit verletzt oder mit einer solchen Verletzung oder der Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht, ist in der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist. ........ .........

§ 1666 Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. (2) ...... (3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere .............. Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, ............ die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge. (4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

Dazu im einzelnen: 4. Zivilrechtlicher Gewaltschutz nach dem Gewaltschutzgesetz Gesetz enthält nur 4 Vorschriften, bietet aber vor allem Erwachsenen umfassenden Schutz vor Gewalt und Nachstellungen

Grundgedanken des Gewaltschutzgesetzes: Zur Vermeidung weiterer Gewalt ist eine räumliche Distanz zwischen Täter und Opfer zu schaffen. Hierfür beschränken sich die Maßnahmen nicht nur auf den häuslichen Bereich, sondern bieten Schutz auch außerhalb. Eine besondere persönliche Beziehung zwischen Täter und Opfer ist nicht erforderlich.

Gewaltschutzgesetz Die Voraussetzungen und die einzelnen Maßnahmen sind in § 1 des Gesetzes geregelt, beispielhafte Aufzählung Wichtig ist § 1 Absatz3: „In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.“

Die Voraussetzungen sind also: Gewaltschutzgesetz Die Voraussetzungen sind also: Verletzungshandlung Körper- oder Gesundheitsverletzung Verletzung der Freiheit Drohung mit Rechtsverletzung Eindringen in die Wohnung Nachstellungen („stalking“) Vorsätzliche und widerrechtliche Begehungsweise Schuldfähigkeit (mit Besonderheit § 1 Abs. 3) Wiederholungsgefahr (die bereits bei einmaliger Verletzung bzw. Drohung vermutet wird – widerlegbar durch gefährdende Person)

Schutzanordnungen sind insbesondere: Gewaltschutzgesetz Schutzanordnungen sind insbesondere: Betretungsverbot Näherungsverbot Kontaktverbote Allgemeines Belästigungsverbot Schutzanordnungen müssen Verhältnismäßig sein und Befristet werden

Gewaltschutzgesetz Verfahren: Zuständig ist das Familiengericht, das nur auf Antrag tätig wird, der auch ohne Anwalt gestellt werden kann. Entscheidung setzt in der Regel persönliche Anhörung der Beteiligten voraus (die auch getrennt voneinander angehört werden können) In Eilfällen: Schutzanordnung durch einstweilige Anordnung (bei der Glaubhaftmachung durch den Antragsteller genügt) Schutzanordnung muss der Polizei mitgeteilt werden.

Gewaltschutzgesetz Vollstreckung: Rechtsmittel: Schutzanordnung muss der gefährdenden Person zugestellt sein Vollstreckung durch Gerichtsvollzieher Vollstreckung auch möglich durch Ordnungsgeld und Ordnungshaft Rechtsmittel: Beschwerde (Frist zur Einlegung: 1 Monat) Gegen einstweilige Anordnung: Beschwerde mit Einlegungsfrist 2 Wochen

Gewaltschutzgesetz Besonders bedeutsam: § 2: Wohnungszuweisung Setzt auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt voraus Wahlrecht der geschützten Person, ob nach § 1361b BGB oder nach „ 2 GewaltSchG vorgegangen wird § 3: Ausklammerung von Elterngewalt gegenüber minderjährigen Kindern Minderjährige Kinder haben bei häuslicher Gewalt durch Eltern kein Antragsrecht für Maßnahme nach § 1 (§ 1666 BGB ist Spezialregelung mit Vorrang) Bei häuslicher Gewalt durch andere (Geschwister, Großeltern) besteht dagegen zweispuriger Rechtsschutz Ausschluss nach § 3 gilt aber nicht, wenn Eltern durch Kinder misshandelt werden § 4: Strafbarkeit bei Zuwiderhandlung