1 Pharmakotherapie in der Hausarztpraxis Seminar Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin Donnerstag, 22. September 2016 Etzel Gysling.

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1 Pharmakotherapie in der Hausarztpraxis Seminar Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin Donnerstag, 22. September 2016 Etzel Gysling

Programm des Seminars 1. Präambel 2. Less is more 3. Placebo in der Praxis 4. Schwangere & Kinder 5. Die schwierigen Alten 6. Interaktionen

3 1. Kapitel: Präambel Seminar Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin Donnerstag, 22. September 2016 Etzel Gysling

Interessenkonflikte? Ich erkläre, von keinerlei finanziellen Interessen beeinflusst zu sein. Weder erhalte ich finanzielle Unterstützung seitens der Pharmaindustrie noch Gelder von Standesorganisationen oder Versicherungen. Mein Referat wird von der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin entschädigt 4

Fortbildung: alles oK? Industrie-gesponserte Fortbildung ist oft einseitig auf sogen. günstige neue Entwicklungen ausgerichtet Dabei spielen Studienresultate, die Vorteile neuer Mittel zeigen sollen, eine wichtige Rolle Tatsächlich haben echte Vorteile neuer Mittel Seltenheitswert 5

Interessenkonflikte! Was wir zu wenig bedenken: Der grösste Teil der Fachleute, die an Fortbildungsveranstaltungen sprechen, erhält für sich selbst oder für ihr Institut Gelder von der Industrie Die allermeisten Publikationen zu Arzneimitteln sind direkt oder indirekt von der Industrie beeinflusst – zum Teil (unter anderen Namen) auch von Angestellten der Industrie verfasst 6

Irreführende Aussagen Wie kann man Daten manipulieren? Ungenügendes Studienprotokoll Studienziele nachträglich umdeuten Subgruppen ohne Aussagekraft bilden Nebenwirkungen vernachlässigen Interpretation so «umlenken», dass ein negatives Resultat in das Gegenteil verkehrt wird 7

Konsequenz: schlechte Studien! 8 Richard Horton (Chefredaktor Lancet), 11. April 2015

Andere Konsequenzen? Interessenkonflikte sollten transparent gemacht werden – vermeiden lassen sie sich wohl kaum Wir sollten dies stärker beachten und die Aussagen entsprechend zurückhaltend interpretieren Es gibt einige wenige Publikationen ohne nennenswerte Interessenkonflikte 9

Keine Interessenkonflikte Die meisten unabhängigen Drug Letters sind weitgehend frei von Interessen- konflikten pharma-kritik arznei-telegramm Arzneimittelbrief Ricerca & Pratica Focus Pharmacovigilanza 10

11 2. Kapitel: Less is more Seminar Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin Donnerstag, 22. September 2016 Etzel Gysling

Minimaler Arzneimittel-Einsatz Allgemeine Überlegungen Minimaler Einsatz Optimaler Nutzen Mögliche Vorteile Mitarbeit der Patientin/des Patienten essentiell Beispiele aus der täglichen Praxis Schlussfolgerungen 12

13 Möglichkeiten der Minimierung Überhaupt keine Arzneimitteltherapie Niedrig dosierte Arzneimittel („ALARA“ = as low as reasonably possible) Kurze Behandlungsdauer Limitiertes Arzneimittel-Sortiment Individuell limitierte Arzneimittel-Zahl Vermeiden bestimmter Medikamente (z.B. Antibiotika) Häufigkeit der Einnahme reduzieren

Gar keine medikamentöse Therapie Überhaupt gar keine Therapie Nicht alle Probleme erfordern eine Therapie Andere Behandlungs-Optionen Physiotherapie / Ergotherapie Psychotherapie Chirurgie Radiotherapie 14

Niedrig dosieren Besonders initial sind sehr oft reduzierte Dosen angebracht (bes. bei alten Pat!) Niedrige Dosen haben das Potential, genügend erwünschte, aber weniger unerwünschte Wirkungen hervorzurufen Viele Kranke schätzen niedrige Dosen Nicht immer möglich – manchmal ist eine zeitliche Einschränkung vorzuziehen 15

Nur kurzfristig behandeln Abhängig vom klinischen Problem Für verschiedene Antibiotika- Anwendungen relativ gut dokumentiert Unerwünschte Wirkungen einzelner Mittel oft erst nach längerer Anwendung manifest Intermittierende Kurztherapie kann eine Option sein (Schlafmittel, Kortikosteroide) 16

Limitiertes Arzneimittelsortiment Wahrscheinlich der wichtigste Aspekt von „minimalem Arzneimittel-Einsatz“ Je kleiner das Sortiment, desto besser kenne ich die einzelnen Mittel Besseres Wissen = weniger unerwünschte Wirkungen, weniger Interaktionen Zusammenarbeit innerhalb einer Region erleichtert Schnittstellenproblem Krankenhaus/ambulante Praxis 17

Arzneimittel-Überbelastung vermeiden Viele Patienten müssen heute eine sehr grosse Zahl verschiedener Mittel nehmen Deshalb ist es gar nicht so selten, dass sie von sich aus das eine oder andere absetzen Viel besser diskutiert man schon primär darüber, als dass lebenswichtige Mittel vernachlässigt werden 18

Offizielle Indikationen beachten Gewisse Mittel werden besser vermieden, wenn die Indikation nicht eindeutig gegeben ist Antibiotika Neuroleptika Opioide Patienten müssen gut informiert werden (nicht immer einfach) 19

„Innovative“ Mittel meiden Nicht alles, was von Spezialisten empfohlen wird, muss verschrieben werden Neue Mittel sind sehr selten besser als ältere, gut erprobte Mittel In den ersten Jahren nach der Einführung ist das Potential für noch unerkannte Probleme beträchtlich 20

Tablettenzahl reduzieren Viele Kranke benötigen langfristig mehrere Medikamente Hypertonie, Diabetes, Hyperlipidämie, HIV... Sofern die Tablettenzahl reduziert werden kann, ist die Compliance besser Das Konzept der „Polypill“ gewinnt langsam an Boden 21

Definition des optimalen Nutzens Symptome oder Krankheit so gut verbessert wie möglich So wenig unerwünschte Wirkungen wie möglich Resultat: bessere Lebensqualität! 22

Optimaler Nutzen (2) Weniger Mittel = geringeres Risiko Weniger unerwünschte Wirkungen Weniger Interaktionen Weniger Mittel = geringere Kosten Weniger Mittel = bessere Compliance Bessere Lebensqualität 23

Mitarbeit der Patienten Die Arzneimittel-Verschreibung soll nicht mehr ein paternalistischer Akt sein Die Patienten sollten so viel wie möglich von der Intervention verstehen Entscheide lassen sich oft erst nach ausführlicher Diskussion fällen Patienten sollten auch „nein“ sagen dürfen 24

Patienten sollten nicht nur verstehen, weshalb sie ein Mittel nehmen müssen müssen auch über mögliche Probleme mit rezeptfreien Mitteln (OTC) informiert sein sollten die Dosierung nicht willkürlich verändern, aber sollten Mittel auch einmal von sich aus stoppen dürfen (Ausnahme: lebensbedrohliche Situationen) 25

Schnittstelle mit Krankenhaus Beim Austritt aus dem Krankenhaus werden nicht selten zu viele Arzneimittel verschrieben Es entspricht einer wichtigen Rolle des Hausarztes, hier im Interesse des Patienten einzugreifen und Unnötiges zu reduzieren oder abzusetzen! 26

Warum ist der Hausarzt so wichtig? Anhand von Beispielen lässt sich zeigen, dass dem Hausarzt eine Schlüsselrolle in der rationalen Pharmakotherapie zukommt Er oder sie sollte sich berechtigt fühlen, Verordnungen seitens der Spezialisten zu stoppen oer zu ändern 27

Fall 1 78-Jährige mit multiplen Schmerz- problemen Beim Austritt aus Krankenhaus wurde Paracetamol 4mal 1 g täglich verordnet Die Angehörigen empfahlen ihr dann, in Anbetracht der Harmlosigkeit des Mittels mehr davon zu nehmen (bis 7x) 28

Fall 1 / Schlussfolgerungen In den letzten Jahren werden immer häufiger 1-g-Paracetamol-Tabl verordnet 1 g nützt nur marginal mehr als 500 mg Hepatotoxizität: ab 6 g pro Tag! Etwa ein Drittel aller Personen, die 4 g täglich einnehmen, haben erhöhte Leberwerte Besser 500-mg-Tabletten verordnen! 29

Memo zu Paracetamol (2016) Neue Studien haben gezeigt, dass Paracetamol im Mittel nicht entscheidend wirksamer ist als Placebo bei Rückenschmerzen bei Arthrose-bedingten Knieschmerzen Selbst die Annahme, Paracetamol sei in der Schwangerschaft problemlos, wird in Frage gestellt 30

Fall 2 66-Jähriger, der wegen leichter Prostata- Beschwerden beim Urologen war Nimmt eine kleine Dosis eines Antihypertensivums und misst seinen Blutdruck täglich mehrfach Erkundigt sich nach den Auswirkungen von Tolterodin (Detrusitol), das vom Urologen verschrieben wurde 31

Fall 2 / Schlussfolgerungen Nach der Diskussion über die Tolterodin- Wirkung entscheidet sich der Patient gegen die Einnahmen Argumente sind: Relativ gutartige Symptome Möglichkeit unerwünschter Wirkungen Viele Männer mit «Prostata»-Symptomen sind glücklich ohne Medikamente 32

Memo zu Prostatabeschwerden Das Konzept, nur die Vergrösserung der Prostata könne für Harnwegsprobleme bei Männern verantwortlich sein, ist heute verlassen Man spricht deshalb eher von «Symptomen der unteren Harnwege» (Lower Urinary Tract Symptoms = LUTS) 33

Fall 3 17-Jährige, die wegen eines Angst- Zustandes auf der Notfallstation war Erhielt Verordnung für Mirtazapin (Remeron) Hat Remeron gegoogelt und fürchtet jetzt Nebenwirkungen Nahm das Mittel nicht, erkundigt sich dann bei mir 34

Fall 3 / Schlussfolgerungen Mirtazapin ist für Personen unter 18 nicht zugelassen Ob Antidepressiva jungen Leuten überhaupt nützen, ist sehr fraglich Ich habe der Patientin von Mirtazapin abgeraten; verschiedene nicht- medikamentöse Empfehlungen 35

Memo: Antidepressiva (2016) Generell ist der Nutzen von Antidepressiva bei jungen Leuten ungenügend dokumentiert Zudem sind offenbar zwischen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren Antidepressiva häufiger mit aggressiven Handlungen assoziiert Unter Antidepressiva Suizide häufiger 36

Fall 4 73-Jähriger mit der Anamnese einer koronaren Bypass-Op vor 15 Jahren Aktuell keine grösseren Gesundheits- Probleme, keine koronaren Symptome Ist seit koronarem Ereignis ständig oral antikoaguliert (Vit-K-Antagonist) Fragt, ob ein Wechsel zu Acetylsalicyl- säure sinnvoll wäre 37

Fall 4 / Schlussfolgerungen Das Risiko einer grösseren Blutung ist mit niedrigdosierter Acetylsalicylsäure kleiner als mit oralen Antikoagulantien Primär kein guter Grund ersichtlich, weshalb man nicht auf den Plättchen- hemmer wechseln sollte Empfehlung: soll Frage mit Hausarzt besprechen 38

Memo Antikoagulantien (2016) Auch die neuen oralen Antikoagulantien (NOAC) wie z.B. Pradaxa oder Xarelto haben ein relevantes Blutungsrisiko Kein Antidot bekannt Besondere Gefahr bei der Kombination von NOAC und Plättchenhemmern! 39

Fall 5 81-jährige Pflegeheiminsassin mit einer chronischen Depression Die psychiatrische Konsiliaria verschreibt Olanzapin (Zyprexa, 2x 5 mg/Tag), wegen gelegentlichen Erregungs- zuständen Die Pflegenden fragen, ob die Frau weniger Pillen schlucken könnte, weshalb ich die Zyprexa-Dosis reduziere 40

Fall 5 / Schlussfolgerungen Der Nutzen von Neuroleptika ist bei alten Leuten fragwürdig Neuroleptika erhöhen die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität Die negative Nutzen/Risiko-Bilanz bei alten Leuten wird von den Psychiatern oft übersehen 41

Nochmals: Rolle des Hausarztes Hausärzte = die besten Fachleute für die Arzneimitteltherapie Unabhängige Informationsquellen können jeden Hausarzt auf dem Laufenden halten Nur Hausärzte kennen ihre Patienten gut genug, um über wichtige Arzneimittel entscheiden zu können 42

Quintessenz zum 2. Kapitel Pharmakotherapie ist heute eine komplexe Wissenschaft – wir sollten uns alle darum bemühen, up to date zu bleiben Medikamente können (oder müssen) nicht selten abgesetzt werden Unerwünschte Wirkungen werden häufig vernachlässigt 43

44 3. Kapitel: Placebo Seminar Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin Donnerstag, 22. September 2016 Etzel Gysling

Placebointervention? Herr Gysling, ich bin immer so müde, kann man da nichts machen? Sie wissen ja, dass wir keine schwere Krankheit gefunden haben Ja, aber müde bin ich eben schon Würden Sie gerne ein Mittel nehmen? Das kommt darauf an, ob Sie es mir empfehlen Woran haben Sie denn gedacht? 45

Placebo: eine schwierige Definition Meistens handelt es sich um eine therapeutische Intervention, der in der gegebenen Situation keine „naturwissenschaftlich“ nachweisbare Wirkung zukommt 46

Placebo: weitere Aspekte Auch diagnostische Interventionen können Placebowirkung haben „Unwirksame“ Interventionen können sich gut oder schlecht auswirken Neben den „reinen“ Placebos sind die „unreinen“ oder Pseudo-Placebos in der Praxis von grosser Bedeutung 47

48 Placebowirkungen Placebowirkungen = Effekte, die vom Zusammenhang (Kontext) der Intervention abhängen Keineswegs auf Placebointerventionen beschränkt! Wichtige Mechanismen: Erwartung einer Wirkung Konditionierung

49 Psychologische Mechanismen Erwartung einer Wirkung Durch Erläuterungen beeinflusst Konditionierung Wiederholte Kombination eines „neutralen“ Stimulus mit aktiver Therapie Andere Mechanismen Lerneffekte, Erinnerungen, „Belohnung“, reduzierte Angstgefühle

50 Neurobiologische Mechanismen „Opioid-Wirkung“ Endogene Opioidwirkung: kann antagonisiert werden Andere Mechanismen Beeinflussung von Neurotransmittern Metabolische Veränderungen

51 Vereinfachte Sicht Placebowirkungen entsprechen gesamthaft einer “Komfortwirkung“ Bestandteil jeder therapeutischen Intervention Bedeutung kann nicht überschätzt werden Nocebowirkungen sind unspezifische Störwirkungen Unabhängig von „naturwissenschaftlich“ erklärbaren Wirkungen

Gründe für ein Placebo? Keine gute Therapie anzubieten Ut aliquid fieri videatur Überzeugung, dass es sich um ein psychosomatisches Problem handelt Wunsch der Patientin / des Patienten 52

53 Keine gute Therapie anzubieten? Wirklich? Es muss nicht immer eine Pharmakotherapie sein (Aber auch eine nicht-medikamentöse Therapie kann Placebo-Therapie sein) Entscheidend: das Gespräch

Ut aliquid fieri videatur? Mehr und mehr hat man sich angewöhnt, (auch) für alle kleinen Bobos eine Pille bereit zu haben Die Industrie, z.T. auch die Medien und die Ärzteschaft, unterhalten den Glauben, es sei für jedes Symptom „ein Kraut gewachsen“ 54

Eine präventivmedizinische Chance Der Wunsch nach einer Behandlung gibt die Gelegenheit, präventive Anliegen zu besprechen Rauchen Ernährung Alkohol Überflüssige Arzneimittel 55

Szenario 1 (a) Herr Gysling, ich bin immer so müde, kann man da nichts machen? Sie wissen ja, dass wir keine schwere Krankheit gefunden haben Ja, aber müde bin ich eben schon Würden Sie gerne ein Mittel nehmen? Das kommt darauf an, ob Sie es mir empfehlen Woran haben Sie denn gedacht? 56

Szenario 1 (b) Vielleicht ein Anregungsmittel, Vitamine? Gegen die Vitamine habe ich nichts einzuwenden. Ob sie Ihnen aber nützen? Ich kann es ja einmal versuchen Gut, dann verschreibe ich Ihnen ein Multivitaminpräparat Würden Sie es an meiner Stelle auch nehmen? Nein 57

Szenario 1: Charakteristika Der Patient oder die Patientin hat den Wunsch nach einer Therapie in einer Situation, in der keine Therapie mit „naturwissenschaftlich“ nachgewiesener Wirkung existiert Der Arzt oder die Ärztin geht auf den Wunsch ein, offeriert ein „unechtes“ Placebo, bezeichnet dieses aber eindeutig als nicht sicher wirksam 58

Warum nicht ein Pseudoplacebo? Man kann ein „unechtes“ Placebo verschreiben, ohne zu lügen! Eine ehrliche Information sichert das Vertrauensverhältnis Zu bedenken: alle therapeutischen Interventionen bewirken auch Placebo-Wirkungen! 59

Szenario 2 (a) Herr Doktor, ich bin immer so müde, kann man da nichts machen? Sie wissen ja, dass wir keine schwere Krankheit gefunden haben Ja, aber müde bin ich eben schon Es gibt da verschiedene Möglichkeiten Was empfehlen Sie mir? Ein homöopathisches Mittel wäre sicher wirksam 60

Szenario 2: Charakteristika Der Patient oder die Patientin hat den Wunsch nach einer Therapie in einer Situation, in der keine Therapie mit „naturwissenschaftlich“ nachgewiesener Wirkung existiert Der Arzt oder die Ärztin geht auf den Wunsch ein, offeriert mit Überzeugung ein homöopathisches Mittel 61

Das „Super-Placebo“ Behandelnde, die von der Wirkung ihrer Mittel (homöopathische und ähnliche Mittel, Akupunktur usw.) überzeugt sind, verstärken wahrscheinlich bewusst oder unbewusst die Placebo-Wirkungen ihrer Intervention Für dieses Szenario hat Ernst den Begriff des „Super-Placebos“ geprägt 62

Szenario 3 (a) Der Sohn einer Patientin ruft an: ob ich seiner Mutter nicht Padma-28 (in Italien: Padma Basic) verschreiben könnte, er habe so viel Gutes davon gehört Ich zögere, da ich in diesem Fall Padma-28 für ein Pseudo-Placebo halte Es hat ihr aber früher gut genützt Bei welcher Gelegenheit? 63

Szenario 3 (b) Sie hatte damit weniger Rückenweh Aber jetzt hat sie ja gar keine Schmerzen Das stimmt, aber es würde ihr sicher gut tun, sie ist ja auch nicht mehr die Jüngste OK, dann verschreibe ich es ihr nächstens. Sie müssen aber wissen, dass ich es für unwirksam halte 64

Szenario 3: Charakteristika Ein Patient oder eine Patientin (oder die Angehörigen) sind vom Nutzen eines unechten Placebos überzeugt Sollen Behandelnde kategorisch NEIN sagen, wenn kein naturwissenschaftlich nachgewiesener Nutzen vorliegt? Ein individueller Entscheid, der von allen Beteiligten abhängt 65

Keine „Prinzipientreue“ Ich bin nicht „prinzipientreu“ – auch wenn ich überzeugt bin, dass ich es mit einem Pseudo-Placebo zu tun habe, gehe ich manchmal auf Wünsche von Patientinnen und Patienten ein (Immer unter der Voraussetzung, dass die Kosten in vernünftiger Relation zum wahrscheinlich subjektiven Nutzen stehen) 66

Szenario 3: noch ein Beispiel Ein Patient mit einem viralen Infekt der oberen Luftwege wünscht ein Antibiotikum Soll ich ihn davon überzeugen, dass er kein Antibiotikum benötigt und sich allenfalls damit auch schadet? Ich würde das versuchen, andere vielleicht nicht … 67

Szenario 4 Der Patient ruft am Vormittag an, er hätte unerträgliche Kopfschmerzen Da ich nicht abkömmlich bin, wird ihm ein Termin bei meinem Praxispartner angeboten, den er aber ausschlägt Am folgenden Tag sagt er den Termin ab, da die Kopfschmerzen völlig verschwunden sind 68

In der Praxis haben viele initial als äusserst dringend empfundene Beschwerden eine grosse Selbstheilungstendenz darf die Zeit durchaus auch einmal als Placebo eingesetzt werden 69

Szenario 5 Bei einem Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom sind die als wirksam bekannten Therapie- optionen ausgeschöpft Was kann ich ihm offerieren? Reine Palliation Ein unreines Placebo Teilnahme an einer Phase-I/II-Studie 70

Szenario 5: Charakteristika Möglicherweise hofft der Patient auf eine weitere Therapiemöglichkeit Kann in dieser Situation eine Placebotherapie ausserhalb einer Studie ethisch vertretbar sein? In einer Studie ist er jedoch eventuell bisher unbekannten Risiken eines Medikamentes ausgesetzt 71

Szenario 6 (a) Doppelblindstudie bei Personen mit einer arteriellen Hypertonie: geprüft wurde ein gefässerweiterndes Mittel (Hydralazin) gegen Placebo Hydralazin war bekannt dafür, dass es zu einer Pulsbeschleunigung führte Tatsächlich hatte besonders ein Patient eine ausgeprägte Tachykardie 72

Szenario 6 (b) Ich nahm an, ich hätte die Medikation „durchschaut“ – dieser Patient musste wohl das aktive Präparat nehmen Bei der Auswertung wurde klar, dass dieser Patient nie das aktive Mittel, sondern immer Placebo erhalten hatte Nocebo-Effekte gehören wie Placebo- Effekten zu jeder „normalen“ Therapie 73

Placebo / Nocebo Placebo- und Nocebo-Wirkungen sind bei der ersten Verschreibung besonders häufig Die Packungsbeilage ist eine häufige Quelle möglicher Nocebowirkungen Die Interaktion mit den Therapeuten ist von entscheidender Bedeutung 74

Placebowirkungen wichtig Dutzende von HeilpraktikerInnen leben von der Placebowirkung ihrer Aktivitäten Dies entspricht zweifellos einem Bedürfnis vieler Leute Wir dürfen unsere eigene Placebowirkung nicht unterschätzen! 75

Quintessenz zum 3. Kapitel (a) Ich verschreibe kein Placebo (auch kein „unreines“), ohne dies möglichst unmissverständlich mitzuteilen Ich stehe zu meinen Überzeugungen, lasse aber den PatientInnen (in vernünftigem Rahmen) ihren Willen 76

Quintessenz zum 3. Kapitel (b) Ich bin froh über die Placebowirkungen der meisten Therapien und suche sie nach Möglichkeit zu verstärken Die möglichen Nocebowirkungen sind mir bewusst; ich versuche, die negativen Auswirkungen der Packungsbeilage durch mündliche Information zu entschärfen 77

Quintessenz zum 3. Kapitel (c) Wer sich bei bedrohlichen Krankheiten (Infektionen, Malignomen) auf die Komfortwirkungen eines Placebos abstützt – ohne die Krankheit wirksam zu behandeln – handelt unethisch 78

79 4. Kapitel: Schwangere & Kinder Seminar Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin Donnerstag, 22. September 2016 Etzel Gysling

Symptomtherapie bei Schwangeren Brechreiz/Erbrechen (Hyperemesis) Schmerzen Banale Infekte (Grippe) Allergien Schlafstörungen

Schwangerschaft & Krankheiten - Hypertonie - Asthma - Epilepsie - Migräne - Psychosen - Depression - Kollagenosen - Diabetes - Thromboembolien - Hautleiden (z.B. Psoriasis, Neurodermitis - Gewisse Infektionskrankheiten - Herzkrankheiten - Transplantate

Schwangerschaft: Beispiel 1 Eine 28jährige gesunde Frau, aktuell in der 7. Woche schwanger, klagt seit etwa zwei Wochen über hartnäckigen morgendlichen Brechreiz. Welche der folgenden Therapien kann problemlos empfohlen werden?

Beispiel 1 A Pyridoxin (Vitamin B 6, z.B. Benadon) B Metoclopramid (z.B. Plasil) C Thiethylperazin (Torecan) D Akupressur

Schwangerschaft: Beispiel 2 Eine 33jährige Frau wird seit 2 Jahren mit Citalopram (Seropram, 20 mg/Tag) behandelt. Jetzt ist sie neu in der 5. Woche schwanger (erste Schwangerschaft) Was ist zu tun?

Beispiel 2 A Citalopram ersatzlos weglassen B Citalopram unverändert weiter verabreichen C Citalopram absetzen, stattdessen eine kleine Diazepam-Dosis (5 mg/Tag) geben D Citalopram-Dosis auf 10 mg/Tag reduzieren, ergänzend eine kleine Dosis Mirtazapin (Remeron, 15 mg/Tag) hinzufügen

Missbildungen am häufigsten infolge … A Isotretinoin (Roaccutan, Aisoskin) B Valproinsäure (z.B. Depakin) C Alkohol D Influenzaimpfstoff (z.B. Influvac)

Fetal Alcohol Syndrome Merkmale: Wachstumsverzögerung, Besonderheiten des Gesichtsschädels (kleine Augen, kurze Nase, kurze Oberlippe u.a.), unterschiedlich ausgeprägte mentale Defizite Bisher keine Alkoholmenge als absolut sicher bekannt – durchschnittlich 1 oder 2 Drinks pro Tag wahrscheinlich harmlos

Fetal Alcohol Syndrome

Die häufigsten Missbildungen Trisomie 21 (Down-Syndrome) Defekte des Neuralrohrs (Myelomeningozelen) Fetal Alcohol Syndrome

Isotretinoin: Warnung beachten! Unter den heute erhältlichen Medikamenten ist Isotretinoin (Roaccutan) wahrscheinlich dasjenige mit dem eindeutigsten teratogenen Potential: Missbildungen am Gesichtsschädel, Herz, Zentralnervensystem Frauen, die Isotretinoin nehmen, dürfen nicht schwanger werden (+ Wartefrist!)

Weitere Beispiele Clarithromycin (Klacid u.a.), Erythromycin ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor- Antagonisten Andere Retinoide Verschiedene MS-Medikamente Exenatid

Kategorie A und Kategorie X Nur diese beiden „Schwangerschafts- Kategorien“ sind einigermassen aussagekräftig: Ein A-Medikament sollte normalerweise keine fötalen Risiken hervorrufen Ein X-Medikament ist in der Regel bei schwangeren Frauen kontraindiziert

Kategorie C „Tierversuche zeigen fötale Schäden, aber es gibt keine Humanstudien“ oder „es gibt weder bei Tieren noch bei schwangeren Frauen Studien“ In Zukunft sollen die möglichen Risiken (soweit bekannt) genau beschrieben werden

Kategorie D „eindeutige Hinweise auf Risiken für den menschlichen Fötus“ aber es kann sein, dass der therapeutische Nutzen für die Mutter so beträchtlich und so wichtig ist, dass das Risiko für den Föten in Kauf genommen wird

Schwangerschaft: Beispiel 3 Eine 24jährige Frau klagt in ihrer zweiten Schwangerschaft zunehmend über hartnäckiges Magenbrennen. Nicht- medikamentöse Massnahmen haben bis zum 4. Monat keine nennenswerte Besserung gebracht. Welches ist die beste medikamentöse Behandlung?

Beispiel 3 A Ranitidin B Antazida C Omeprazol D Pantoprazol

Schwangerschaft: Beispiel 4 Eine 35jährige Frau am Anfang ihrer zweiten Schwangerschaft (6. Woche) hat starken vaginalen Ausfluss. Bisher wurde in Anbetracht der Schwangerschaft keine Therapie durchgeführt. Welches ist die beste therapeutische Option?

Beispiel 4 A Econazol vaginal (Pevaryl u.a.) B Povidon-Vaginaltabletten (Betadine) C Metronidazol (z.B. Flagyl) per os D Clindamycin (Dalacin C) per os

Schwangerschafts-Problematik Nur ganz wenige Medikamente gehören zur Kategorie A Fast alle Frauen benötigen im Laufe einer Schwangerschaft das eine oder andere Medikament In der Schwangerschaft ist die Kinetik oft verändert, manchmal auch die Pharmakodynamik

Unbehandelte Krankheiten Ist die Mutter wegen einer Krankheit entscheidend bedroht, so ist auch das ungeborene Kind bedroht Beispiele: HIV-Infektion, Epilepsie, schweres Asthma In diesen Fällen kann ein D-Medikament indiziert sein, wenn kein anderes zur Verfügung steht

Das Medikamenten-Dilemma (1) Einerseits werden schwangere Frauen in Arzneimittelstudien konsequent ausgeschlossen Anderseits würden wir verlässliche Daten benötigen, die uns eine risikofreie oder mindestens risikoarme Pharmakotherapie in der Schwangerschaft ermöglichen

Wissen beschränkt! Unsere Kenntnisse zu den Wirkungen von Medikamenten in der Schwangerschaft stammen aus Studien mit beschränkter Aussagekraft Oft nur Berichte zu Einzelfällen Einzelne Fall-Kontroll- oder Kohortenstudien Hauptsächlich Vermutungen, wenig Konkretes Missbildungs-Register teilweise nützlich

Das Medikamenten-Dilemma (2) Fazit der aktuellen Situation: Es gibt keine „evidence based medicine“ für diesen Bereich der Pharmakotherapie Ein weiteres Fazit: Forscherinnen und Forscher sind gefordert: es müssen neue Methoden entwickelt werden, die dieses Dilemma mindestens teilweise überwinden

Gestagene in der Schw‘schaft stellen nach heutigem Wissen keine nennenswerte Gefahr für das Kind dar eine 100%ige Sicherheit existiert jedoch nicht ihr Nutzen bei „recurrent abortion“ ist jedoch nicht erwiesen – wahrscheinlich ist für dieses Problem nicht ein Defizit des Corpus luteum verantwortlich

Diäthylstilböstrol-Werbung

Diäthylstilböstrol Während Jahren glaubte man, mit dem synthetischen Östrogen Diäthylstilböstrol (DES) eine günstige Wirkung auf die Schwangerschaft ausüben zu können Heute weiss man, dass DES bedeutsame Spätfolgen bei Töchtern und Söhnen haben kann

Diäthylstilböstrol-Folgen Bei Töchtern: Erhöhtes Risiko eines Adenokarzinoms im Genitalbereich, Infertilität, Schwangerschaftsprobleme Bei Söhnen: Anomalien (Zysten, verminderte Entwicklung) der Geschlechtsorgane. Fertilität wahrscheinlich nicht beeinträchtigt

Antihypertensiva? Die Behandlung der Hypertonie in der Schwangerschaft ist ein gutes Beispiel für das Dilemma bei Schwangeren Verwendet werden ältere Substanzen wie Alpha-Methyldopa (Aldomet), Labetalol (Trandate) oder Dihydrazalin (Nepresol), obwohl die Sicherheit dieser Substanzen auch nicht absolut gewährleistet ist

Hypertonie (2) Die Daten zu den Thiaziden und zu den Betablockern sind nicht eindeutig – gesamthaft scheint es, dass die Diuretika besser vermieden werden. Betablocker sind aber wahrscheinlich nicht kontraindiziert ACE-Hemmer und Sartane müssen vermieden werden: Störungen der Nierenfunktion (des Kindes) möglich

Schwangerschaft: Beispiel 5 Bei einer 30jährigen Schwangeren findet sich in der 7. Schwangerschaftswoche ein asymptomatischer Harnwegsinfekt. Welches ist die beste Strategie?

Beispiel 5 A Reichlich trinken, keine Medikamente B Norfloxacin (Noroxin u.a., während 7 Tagen 2mal 400 mg/Tag) C Amoxicillin (Clamoxyl u.a., während 7 Tagen 3mal 375 mg/Tag) D Cotrimoxazol (Bactrim u.a., Einmaldosis von 3 Forte-Tabletten)

Schwangerschaft: Beispiel 6 Eine 33jährige Frau hat gegen das Ende ihrer zweiten Schwangerschaft zunehmend Schlafstörungen. Entspannungstechniken und eine Verbesserung der Schlafhygiene haben keine Besserung gebracht Was ist von folgenden Medikamenten zu halten?

Beispiel 6 A Oxazepam (Serpax, 15 mg abends) B Zolpidem (Stilnox, 10 mg abends) C Hydroxyzin (Atarax, 25 mg abends) D Melatonin (2 mg abends)

Pharmakotherapie für Kinder Auch die Pharmakotherapie bei Kindern ist grösstenteils nicht „Evidenz-basiert“ In vielen Fällen ist es zulässig, bei Kindern ein Medikament „off label“ einzusetzen Eigentliche Kontraindikationen beachten!

Problemmedikamente 1 (Kinder) Besonders problematische Mittel: Antidepressiva Neuroleptika Kortikosteroide Fluorochinolone Tetrazykline

Problemmedikamente 2 (Kinder) Besonders problematische Mittel: Metoclopramid Benzodiazepine Triptane Eisenpräparate Opiate/Opioide (auch Tramadol)

Kleinkinder Bei Neugeborenen, Frühgeborenen und Kindern bis zu 1 Jahr ist besondere Zurückhaltung angezeigt Vermeiden: Acetylsalicylsäure – Codein – Dextromethorphan – Diazepam – nicht- steroidale Entzündungshemmer – Povidon-Jod – Sulfasalazin- Valproat

Quintessenz zum 4. Kapitel Bei Schwangeren und Kindern ist die Pharmakotherapie mit vielen Unsicherheiten behaftet Entsprechend ist zu grosser Zurückhaltung (und möglichst optimalem Einsatz nicht- medikamentöser Massnahmen) zu raten