28.01.121 Das Elterngeldgesetz: Unsozial diskriminierend verfassungswidrig Johannes Resch.

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 Präsentation transkript:

Das Elterngeldgesetz: Unsozial diskriminierend verfassungswidrig Johannes Resch

Erziehungsgeld (bis 2006): Zwei Jahre 300 €/Monat Bei höheren Einkommen Minderung Elterngeld (ab 2007): Ein Jahr 300 bis 1800 €/Monat Steigt mit Einkommen im Jahr vor Geburt

Wer hat verloren / gewonnen? Verloren: Junge Eltern (Ausbildung!) Eltern mehrerer Kinder Gewonnen: Gut verdienende Eltern mit erstem Kind

Unsozial? Ärmere (junge Eltern, große Familien) erhalten weniger Reichere (Gutverdiener, Ein-Kind-Eltern) erhalten mehr

Erklärung der Bundesregierung Das Elterngeld habe „Einkommensersatzfunktion“ vergleichbar dem Krankengeld und Arbeitslosengeld I

Aber: Krankengeld und Arbeitslosengeld I sind Versicherungsleistungen! Die Beiträge steigen mit dem Einkommen! Deshalb sind auch Krankengeld und Arbeitslosengeld einkommensabhängig.

Stattdessen: Elterngeld ist steuerfinanziert. Steuergelder sind zum sozialen Ausgleich vertretbar. Aber hier werden Steuergelder zur Erhaltung sozialer Gegensätze eingesetzt.

Umverteilung von Arm zu Reich Das Erziehungsgeld begünstigte Ärmere (junge Eltern, große Familien). Das Elterngeld halbierte die Ansprüche der Ärmeren zugunsten der Besserverdiener.

Wo liegt die politische Erklärung? Ganz einfach: Die gesellschaftliche Oberschicht (Wirtschaft, Politik, Medien, Justiz) machte ein Gesetz, das der gesellschaftlichen Oberschicht nützt.

Diskriminierend? Diskriminierung nach dem Alter, weil junge Eltern häufig noch in Ausbildung sind und deshalb nichts verdienen. Diskriminierung nach der Kinderzahl, weil Eltern wegen Betreuung älterer Kinder meist geringeres Einkommen haben.

Verfassungswidrig? – Art. 3,1 GG Allgemeiner Gleichheitssatz (zu Art. 3, 1 GG): „ Art 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs.1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten.“

Verfassungswidrig – Art 3, 1 GG Wer noch in Ausbildung ist oder kleine Kinder betreut, ist in seinen Möglichkeiten, Einkommen zu erzielen, „wesentlich ungleich“. Er / Sie darf daher nach dem Allgemeinen Gleichheitssatz nicht „gleich“ behandelt werden.

Verfassungswidrig? Art.6,1 GG Art.6 Abs.1 GG lautet: Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Jedoch: Der Schutzbedarf steigt mit der Kinderzahl. Aber das Elterngeld sinkt mit der Kinderzahl.

Verfassungswidrig? – Art 6, 2 GG Art 6, Abs.2 GG lautet: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Aber: Wer dieses Recht wahrnimmt und ihr /sein Kind länger als 13 Monate selbst betreut, wird bei einem weiteren Kind mit einer Minderleistung beim Elterngeld von bis zu € bestraft.

Zur Thematik ein früheres Urteil des Bundesverfassungsgerichts (kein Nichtannahmebeschluss) „1. Art. 6 Abs. 1 GG enthält einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen. Dieses Benachteiligungsverbot steht jeder belastenden Differenzierung entgegen, die an die Existenz einer Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) oder die Wahrnehmung des Elternrechts in ehelicher Erziehungsgemeinschaft (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) anknüpft.“

Daraus folgt: Da die Betreuung eines Kleinkindes über den 13. Lebensmonat hinaus bei einem nachfolgenden Kind zu einer Minderung des Elterngeldes von bis zu € führt, liegt zweifellos eine „belastende Differenzierung“ vor, die an die „Wahrnehmung des Elternrechts anknüpft“ und dem „Benachteiligungsverbot“ unterliegt.

Verfassungswidrig? – Art 20, 1 GG Art. 20 Abs.1 GG (Sozialstaatsgebot) lautet: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Aber: Ist es sozial, wenn Steuergelder bevorzugt zugunsten Reicherer eingesetzt werden?

Was sagt das Bundesverfassungsgericht dazu? Eine Kammer (eine Richterin, zwei Richter) beschließt, dass Verfassungsbeschwerden zum Elterngeldgesetz „nicht zur Entscheidung angenommen“ werden. Das ist möglich, wenn einer Beschwerde keine „grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung“ zukommt (§ 93a Bundesverfassungsgerichtsgesetz).

Was bedeuten diese „Nichtannahmebeschlüsse“? Sie bedeuten, dass es nach Ansicht dieser Kammer keine „grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung“ hat, wenn junge Leute oder Eltern mehrerer Kinder bis zu € weniger Elterngeld erhalten als andere. Ab welchem Geldbetrag die „grundsätzliche“ Bedeutung beginnt, wird nicht gesagt.

Was ist aus den Beschlüssen der Kammer zu schließen? Es ist offensichtlich: In Übereinstimmung mit der Bundesregierung soll mit Hilfe des Schlüsselworts „Einkommensersatzfunktion“ ein Gesetz legitimiert werden, dass in mehrfacher Beziehung verfassungswidrig ist, wenn die bisherige (alle Gerichte bindende) Auslegung des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht zugrunde gelegt wird.

Vorgeschobene Absicht bei Einführung des Elterngeldes Bundestagsdrucksache 16/1889, S. 15 (2006): Moderne Familienpolitik hat auf die Tatsache zu reagieren, dass Männer und Frauen sich immer später und seltener für Kinder entscheiden. Aber: Benachteiligung junger Eltern schafft einen Anreiz, Geburten hinauszuschieben. Benachteiligung von Mehr-Kind-Eltern bestraft die Verwirklichung des Kinderwunschs Ergebnis: Weiterer und verstärkter Geburtenrückgang

Auswirkungen des Elterngeldgesetzes Zunahme armer Familien (junge Eltern, Mehr-Kind-Familien) Geburtenrückgang wird nicht gebremst, eher noch beschleunigt.

Das Elterngeldgesetz auf dem Hintergrund des „Generationenbetrugs“ (Näheres in der Power-Point-Präsentation zum „Generationenbetrug“)

Konsequenz: Verstärkung der bereits 2006 bestehenden Familienarmut (laut Armutsberichten 1998 und 2005) Familien mit drei und mehr Kindern sind 9- mal so häufig arm wie kinderlose Ehepaare (7,2 % gegen 0,8 %) Allein erziehende Frauen sind 6-7mal so häufig arm wie allein stehende Frauen (28,1 % gegen 4,4 %) Unter 18-Jährige sind 5-6mal so häufig arm wie über 65-Jährige (6,8 % gegen 1,3 %)

Ursachen der bisherigen Familienarmut? Enteignung der Eltern

26 Früher: Vor der Sozialgesetzgebung familiärer private Generationenvertrag Vermögensbildung arbeitsfähige Eltern Arbeitsfähige ohne Kinder Ersparnisse Rentner ohne Kinder Kinder ===================================- Arbeitsfähige Eltern im Rentenalter Eltern sorgen für Ihre Kinder. Kinderlose sparen. Die arbeitsfähig gewordenen Kinder sorgen für ihre Eltern. Kinderlose zehren von ihren Ersparnissen. Eltern und Kinderlose haben als Arbeitsfähige und im Alter bei vergleichbarer Lebensarbeitsleistung ähnlichen Lebensstandard.

27 Heute: Seit der Rentenreform von 1957 (verfälschter Generationenvertrag) arbeitsfähige Eltern Kinder ================================== Arbeitsfähige alte Leute ohne Kinder alte Eltern Arbeitsfähige ohne Kinder Eltern haben als Arbeitsfähige und im Alter bei vergleichbarer Lebensarbeitsleistung niedrigeren Lebensstandard als Kinderlose. Die Pfeildicke deutet den Umfang der geldwerten Leistungen an. Es erfolgt eine stetige Umverteilung zu Lasten der Eltern.

Als Folge des Geburtenrückgangs: (aufgrund unseres Alterssicherungssystems) Enteignung der Jugend

Die Generationenbilanz vor dem Geburtenrückgang ErwerbsfähigeRentner/ innen MinderjährigeErwerbsfähige KindesunterhaltUmlagerenten Zeit 1. Generation 2. Generation war ausgeglichen.

Die Generationenbilanz nach dem Geburtenrückgang ErwerbsfähigeRentner/ innen MinderjährigeErwerbsfähige KindesunterhaltUmlagerenten 1. Generation 2. Generation (2/3) Zeit überfordert die nachfolgende Generation.

Enteignung der Jugend durch überhöhte Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung wegen Mitfinanzierung des zunehmenden kinderlosen Bevölkerungsanteils Einschränkung der Lebensgestaltung für jüngere Erwachsene Verzögerte und erschwerte Familienplanung Abwanderung von Leistungsträgern Fortschreitende Aushöhlung des Sozialstaats

Was sagen unsere Juristen dazu ? (Vergleiche dazu die Zitate in der Power-Präsentation zum „Generationenbetrug“ Folien 22 bis 26)

Autor: Dr. Johannes Resch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Arzt für Arbeitsmedizin Zusatzbezeichnung Sozialmedizin Weiterverbreitung in unveränderter Fassung uneingeschränkt erlaubt Datum: