Magen-Darm-Tag 2011 Der informierte Patient: Hilfe zur Selbsthilfe bei Verdauungskrankheiten 5 . November 2011.

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Magen-Darm-Tag 2011 Der informierte Patient: Hilfe zur Selbsthilfe bei Verdauungskrankheiten 5 . November 2011

Redaktionelles Die Folien wurden erstellt unter Federführung von Dr. Sebastian Haag, Essen Prof. Dr. Gerald Holtmann, MBA, Brisbane

Häufigkeit ausgewählter Krankheitsbilder

Häufigkeit/ 100.000 Einwohner Zahl der Betroffenen in Deutschland Häufigkeit verschiedener Erkrankungen des Verdauungstraktes Häufigkeit/ 100.000 Einwohner Zahl der Betroffenen in Deutschland M. Crohn C. ulcerosa Dickdarmkrebs Reizdarm/ Reizmagen Divertikelkrankheit 200 50-80 70 20.000 50- 2000 (altersabhängig) 160.000 40.000-64.000 56.000 12.000.000

Verdauungsstörungen sind sehr häufig Verdauungsbeschwerden Verdauungsstörungen sind sehr häufig 1/3 der Bevölkerung leidet unter immer wieder auftretenden Beschwerden Nur bei jedem zweiten mit wiederkehrenden Beschwerden findet sich eine Ursache (z.B. ein Geschwür, eine Entzündung oder selten ein Krebs), wenn er sich in ärztliche Behandlung begibt Ist keine Ursache erkennbar  funktionelle Störung z.B. Reizdarmsyndrom Funktionelle Dyspepsie

Funktionelle Magendarmerkrankungen

Rom-III Diagnosekriterien für Funktionelle Dyspepsie Beschwerden müssen enthalten Mindestens eines der folgenden Symptome Postprandiales Völlegefühl Vorzeitiges Sättigungsgefühl Oberbauchschmerzen Brennen im Oberbauch und Kein strukturelles Korrelat für die Beschwerden (einschliesslich ÖGD), das die Beschwerden erklären kann Die Beschwerden müssen seit mindestens 3 Monaten bestehen und 6 Monate vor Diagnosestellung begonnen haben

Funktionelle Dyspepsie (FD) Rom-III Einteilung der Funktionellen Dyspepsie Funktionelle Dyspepsie (FD) Postprandial Distress Syndrom  Essens-abhängig Vorzeitige Sättigung Postprandiales Völlegefühl Epigastric Pain Syndrom  Essens-unabhängig Oberbauchschmerzen Oberbauchbrennen Gastroenterology. 2006 Apr;130(5):1466-79.

Definition des Reizdarmsyndroms im Wandel der Zeit Manning Kriterien für RDS (BMJ 1978) Kruis Kriterien für RDS (Gastroenterology 1984) Rom-I Kriterien für RDS, FD (Gastroenterol Int 1990) Rom-II Kriterien für RDS, FD (Gut 1999) Rom-III Kriterien für RDS, FD (Gastroenterology 4/2006) ??? Bauchschmerzen oder Unwohlsein >3Tage/ Monat/ 3 Monate und Linderung durch Defäkation Verbunden mit Änderung der Stuhlfrequenz Verbunden mit Änderung der Stuhlkonsistenz Beginn vor > 6 Monaten

Definition des Reizdarmsyndroms: Neue S3-Leitlinie der DGVS Layer et al. Z f Gastroenterologie 2011

Definition des Reizdarmsyndroms: Neue S3-Leitlinie der DGVS Die Krankheit des Reizdarmsyndroms (RDS; Irritable Bowel Syndrome/IBS) liegt vor, wenn alle drei Punkte erfüllt sind. 1. Es bestehen chronische, d. h. länger als 3 Monate anhaltende Beschwerden (z. B. Bauchschmerzen, Blähungen), die von Patient und Arzt auf den Darm bezogen werden und in der Regel mit Stuhlgangsveränderungen einhergehen. 2. Die Beschwerden sollen begründen, dass der Patient deswegen Hilfe sucht und / oder sich sorgt und so stark sein, dass die Lebensqualität hierdurch relevant beeinträchtigt wird. 3. Voraussetzung ist, dass keine für andere Krankheitsbilder charakteristischen Veränderungen vorliegen, welche wahrscheinlich für diese Symptome verantwortlich sind.

Prävalenz funktioneller Magen-Darmerkrankungen 15 % 13 % 13 % 13 % 25 % 17 % 17 %

Epidemiologie gastrointestinaler Symptome Erwachsenenbevölkerung in Deutschland: 60 Mio 25 % Personen mit Symptomen bezogen auf den unteren Verdauungstrakt :15 Mio 33 % Patienten mit Arztbesuch 5 Mio 40 % Im Unterschied zu vielen organischen Erkrankungen geht beim Reizdarmsyndrom nur ein geringer Teil der Patienten zum Arzt. Dieser Selektionsprozess erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen durch die Betroffenen selbst und durch das medizinische Versorgungssystem. Aber nur 25% der beim Arzt als Patienten mit funktionellen Störungen diagnostizierten Patienten erhalten die Diagnose Reizdarmsyndrom. Die prozentualen Angaben stammen aus unterschiedlichen Veröffentlichungen der letzten Jahrzehnte. Mit Reizdarmsyndrom: 2 Mio Aber korrekt diagnostiziert als Reizdarmsyndrom nur: 0,5 Mio 75 % 25 %

Indirekte medizinische Kosten Gesundheitsökonomie: Kosten Indirekte medizinische Kosten Überträgt man die Daten einer Untersuchung in den USA und GB (Hahn et al., Digestion 60; 1999:77-8) auf die deutsche Bevölkerung, so ergeben sich folgende Zahlen: fehlen 24 Tage/Jahr 28.8 Mio Fehltage 80 Mio. 40 Mio. 6 Mio. 1.2 Mio. = Bevölkerung Erwerbstätige RDS Patienten

Funktionelle Magen-Darmerkrankungen …. Zusammenfassung Funktionelle Magen-Darmerkrankungen …. sind klinisch eindeutig definiert, finden sich häufig in der Bevölkerung, nicht alle Patienten gehen zum Arzt, aber wer zum Arzt geht, leidet sehr, ist häufig krank und arbeitsunfähig und verursacht der Gemeinschaft hohe Kosten. Rom HH

Ursachen von Reizmagen und Reizdarmsyndrom

Viszerale Hypersentitivität Pathophysiologie funktioneller Magen-Darmerkrankungen Darm/ Hirn-Achse Autonome Dysfunktion Motilitätsstörung Viszerale Hypersentitivität fMDE Psyche Angst/ Panik Depression Somatisierung Immunologie Post-infektiös Mastzellen-dysfkt Zytokine Genetik Zwillingsstudien SERT-Polymorph. G-Protein

Darm/ZNS-Interaktion Evolution Pathophysiologischer Konzepte Gastrointestinale Motilität Viszerale Überempfindlichkeit Darm/ZNS-Interaktion Transmitter z.B. Serotonin ?? Immunologie Genetik 1950 2011

ZNS ENS Peristaltik und Sekretion Darm-Hirnachse - Signalsubstanzen Motorik/Sensorik Serotonin, NO, VIP, Acetylcholin CGRP, Substanz P Acetylcholin Neben der Vermittlung von motorischer und sekretorischer Aktivität im Darm, die über 5-HT3 und 5-HT4 Rezeptoren vermittelt werden, konnte in zahlreichen Studien gezeigt werden, dass Serotonin primäre sensorische afferente Nervenfasern, die bei der Vermittlung von Schmerzen eine große Rolle spielen, über 5-HT3-Rezeptoren stimulieren kann.

Theorien zur Entstehung der Symptome: Störung der Empfindlichkeit des Enddarmes bei Dehnung mit Ballon 100 Pat. mit RDS Gesunde Probanden 80 60 Probanden mit Schmerz, % 40 20 20 40 60 100 200 300 Ballonvolumen (ml) Ritchie, Gut 1973

Theorien zur Entstehung der Symptome: Wahrnehmungsstörungen: verminderte Gewöhnung, veränderte Projektion 10 8 6 4 2 0 10 Anzahl Dehnungen Schmerzskala Erste Dehnung Letzte +228% Schmerzbereich Munakata J, et al., Gastroenterolology 1997

Theorien zur Entstehung der Symptome: Genetische (hereditäre) Faktoren In monozygoten Zwillingen ist die Konkordanz für fMDE 2-3fach erhöht Es gibt familiäre Häufungen von funktionellen Magen-Darmerkrankungen Genetische (hereditäre) Faktoren beeinflussen die Entstehung von Symptomen

auf bakterielle Stimuli Theorien zur Entstehung der Symptome: Genetische (hereditäre) Faktoren – Aufklärung molekularer Grundlagen N C Extrazellulär Intrazellulär a b g GTP Hormone Funktionen 5HT1/2/4 Rezeptor Effekte a2-Adreno- Immunantwort auf bakterielle Stimuli G-Protein (Gß3) Polymorphismus

Theorien zur Entstehung der Symptome: Genetische (hereditäre) Faktoren G-Protein-Polymorphismus -> zentrale Verarbeitung, Völlegefühl, Schmerzen Holtmann et al. Gastroenterology 2004, Camilleri et al. AJG 2006, Andresen et al. Gastroenterology 2006 Erniedrigter IL-10 (antiinflammatorisches Zytokin) Spiegel bei RDS-Patienten -> viszerale Hyperalgesie Gonsalkorale et al. Gut 2003, van der Veek et al. AJG 2005 Serotonin-reuptake-Transporter Polymorphismus (SERT) -> Serotoninstoffwechsel, affektive Störungen Yeo et al. Gut 2004, Caspi et al. Science 2003, Park et al. NGM 2006 Alpha-2-Adrenozeptor Polymorphismus -> GI Motilität Kim et al. Gut 2004

Gehirn Gestörte Schmerzverarbeitung z.B. nach einer Infektion Theorien zur Entstehung der Symptome: Periphere und zentrale (spinale) Sensibilisierung Entzündungsvermittler (Histamin, Serotonin, Prostaglandine, Leukotriene, Zytokine etc.) Gehirn Schmerzschwelle erniedrigt Schmerz-Projektion vergrößert Das z.Zt. plausibelste Modell der postinflammatorischen Hyperalgesie ist in diesem Dia dargestellt. Während normalerweise nur ein geringer Teil der reizaufnehmenden Nervenbahnen, die zu Hinterwurzelneuronen des Rückenmarks projiezieren, durch physiologische Stimuli erregt wird, führen Entzündungen oder eine fortlaufende unphysiolgisch starke Stimulation im Gastrointestinaltrakt durch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren zu einer Überaktivität oder peripheren Sensibilisierung zahlreicher afferenter Nervenbahnen. Hierdurch werden ebenfalls als Ausdruck einer zentralen oder spinalen Sensibilisierung Hinterwurzelneurone im Rückenmark aktiviert, wodurch die erniedrigten Schmerzschwellen und die veränderten Schmerzprojektionen, die bei gastrointestinalen Entzündungen beobachtet werden erklärt werden können. Neuere Untersuchungen zeigen, dass diese Sensibilisierung der Hinterwurzelneurone auch nach Abklingen der Entzündung fortbestehen kann. Dieses Schmerzgedächtnis, das im Rückenmark postuliert wird, kann durch die funktionelle Plastizität der Nervenzellen erklärt werden. Gestörte Schmerzverarbeitung z.B. nach einer Infektion

Persistierende Symptome nach akuter Infektion…?

Metaanalyse: Post-infektiöses Reizdarmsyndrom No heterogeneity p = 0.41 Halvorson et al. Am J Gastroenterol 2006

...auch geeignet als Erklärung von Symptomen nach Divertikulitis 28

Prädiktoren für GI Beschwerden Risikofaktoren für eine postinfektiöse fMDE Dauer der Bauchschmerzen Dauer des Brechdurchfalls Weibliches Geschlecht Prädiktoren für GI Beschwerden Junges Alter Psychische Co-Morbidität Neal R et al, BMJ 1997, Gwee KA et al, Gut 1999 Marshall et al, Gastroenterology 2006

Kontrollierte Entzündung CED und RDS sind unterschiedliche Reaktionen auf Infektionen Kontrollierte Entzündung Akute Entzündung Post entzündlich Sensibilisierung Infektion Immun- dysregulation Erholung Deutliche Entzündung CED Normal ENS / ZNS RDS Collins SM et al., Gut 2001 Drossman DA, 2001

Normales Jejunum Schweres RDS Eine Untergruppe von RDS ist eine CED Erhöhte Zahl intraepithelialer Lymphozyten (Pfeile) (41 IELs/100 Epithelialzellen). CD3 IPO Vergrösserung ×380 Schweres RDS IPO = Immunoperoxidase Tornblom et al, Gastroenterology 2002

ZNS (höhere Zentren) Hirnstamm Theorien zur Entstehung der Symptome: - Zentrale Modulation Entzündungsvermittler (Histamin, Serotonin, Prostaglandine, Leukotriene, Zytokine etc.) ZNS (höhere Zentren) Schmerzschwelle erniedrigt Schmerz-Projektion vergrößert Hirnstamm Absteigende hemmende Bahnen - Diese vermutete erhöhte oder veränderte Reizaufnahme bei Patienten mit funktionellen gastrointestinalen Beschwerden kann normalerweise über die Aktivierung von absteigenden hemmenden Bahnen, die in diesem Dia gelb dargestellt sind, vom Gehirn zu den Hinterwurzelneuronen des Rückenmarkes unterdrückt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Habituation, d.h. die zunehmend schwächere Empfindung unangenehmer gastrointestinaler Stimuli, die ich ihnen zu Beginn meines Vortrages gezeigt habe.

Theorien zur Entstehung der Symptome: Zentrale Modulation Kontrollen Reizdarm Schmerzhafte Rektumdehnung Schmerzerwartung Aktivierung li. dorsolat. präfrontaler Cortex anteriorer cingulärer Weitere Untersuchungen lassen vermuten, dass Patienten mit Reizdarm eine veränderte zentrale Reizverarbeitung und eine Störung der Aktivierung dieser hemmenden absteigenden Bahnen aufweisen. Nach diesen Studien, bei denen durch die Positronen Emissionstomographie bei Kontrollen und Patienten mit irritablen Darm die Aktivierung spezifischer Kortikaler Zentren im Gehirn während schmerzhafter Rektumstimulationen untersucht wurde, gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Patienten mit IBS im Vergleich zu Kontrollen genau diese Zentren nicht aktivieren, die Verbindungen zu den absteigenden hemmenden Bahnen haben, sondern demgegenüber kortikale areale aktivieren, die für die Vigilanz, d.h. für die vermehrte Aufmerksamkeit und Empfindlichkeit gegenüber Stimuli verantwortlich sind. Silverman DHS et al. Gastroenterology 1997

Theorien zur Entstehung der Symptome: Zentrale Modulation von Schmerzen ist unabhängig von Angst/ Depression Seminowicz DA, Labus JS, Bueller JA, Tillisch K, Naliboff BD, Bushnell MC, Mayer EA Regional gray matter density changes in brains of patients with irritable bowel syndrome. Gastroenterology. 2010 Jul;139(1):48-57 Seminowicz DA et al. Gastroenterology 2010

Drossman et al., Gastroenterology 2002 Das Krankheitsmodell Psychosoziale Faktoren Lebensereignisse Psyche Soziale Unterstützung Coping fMDE Symptome Verhalten Physiologie Motilität Wahrnehmung Entzündung gestörte bakt. Flora Individuum Genetik Umgebung Bauch ENS Gehirn ZNS Ergebnis Medikamente Arztbesuche tgl. Aktivität Lebensqualität Drossman et al., Gastroenterology 2002

“Entzündung” wichtiger Mechanismus Funktionelle Magen-Darmerkrankungen Ursachen sind multifaktoriell (angeborene Faktoren, Umwelt, moduliert durch Psyche) Patienten mit Reizmagen/ Reizdarmsyndrom haben eine gesteigerte Empfindlichkeit Störungen können im peripheren autonomen Nervensystem und/oder im Gehirn liegen “Entzündung” wichtiger Mechanismus

Diagnostik und Behandlung

Gezielter Ausschluss Typisches anderer Ursachen Symptommuster Funktionelle Magen-Darmerkrankungen: Diagnosesicherung Typisches Symptommuster Gezielter Ausschluss anderer Ursachen der Beschwerden Diagnosesicherung so früh wie möglich. Vermeidung unnötiger Wiederholungsuntersuchungen.

Wie sicher ist die Diagnose fMDE? Änderung Nachbeob. % Monate Owens 1995 1 24-360 Harvey 1987 0 60-64 Svendson 1985 4,5 60 Sullivan 1983 4 29 Holmes 1982 5 >72 Hawkins 1971 3,7 24-240 3 % 97 % der Fälle: Diagnose auf Dauer bestätigt Owens DM et al. Ann Int Med. 1995

Basisuntersuchungen: Diagnostik bei V.a. fMDE - Vorgehensweise Basisuntersuchungen: Körperliche Untersuchung Laboruntersuchungen (Blutbild, BSG, ggf. Hämoccult/ Stuhlkultur) Ultraschalluntersuchung ggf. Koloskopie (gleichzeitig 1. Schritt der Therapie) Spezielle Diagnostik: Blähungen/ Durchfall/ Milchunverträglichkeit: Laktoseintoleranz? Weitere Untersuchungen nur bei Verdacht auf bestimmte neu aufgetretene Erkrankungen Orientierende psychosomatische Beurteilung

Körperlich Anamnese Labor Ausschluss anderer Ursachen dringlich bei Alarmsymptomen Körperlich auffällige Untersuchung Fieber Hämoccult positiv Anamnese kurzer Verlauf Gewichtsverlust Beschwerden nachts älterer Patient progrediente Beschwerden FA positiv für CA/ CED Red Flags Labor Anämie Leukozytose BSG beschleunigt Laborchemie auffällig

I II III Behandlung funktioneller Magen-Darmerkrankungen Psycho- Allgemein- maßnahmen: Ärztliche Führung/ Ernährung Psycho- somatische Grundver- sorgung und Psycho- therapie Medika- mentöse Behandlung I II III

I Allgemeinmaßnahmen Ernährung Behandlung funktioneller Magen-Darmerkrankungen I Allgemeinmaßnahmen Aufklärung über Krankheitsbild Aufklärung über Wesen und Ursache der Beschwerden Vermeidung wiederholter Diagnostik unterstützende medikamentöse Maßnahmen Ernährungsberatung Ernährung Kleine Mahlzeiten Fettarme Kost Allgemein- maßnahmen: Ärztliche Führung/ Ernährung

Bessern Obstipation, aber… Ungünstig bei Schmerzen Metaanalysen: Ballaststoffe bei Reizdarmsyndrom I Bessern Obstipation, aber… Ungünstig bei Schmerzen Ungünstig bei Meteorismus Gasbildung gesteigert Gastransit verlangsamt Intraluminaler Gasgehalt nimmt dramatisch zu Ballaststoffe Bijkerk CJ et al, APT 2004 Quartero AO et al, Cochrane Rev 2005 Gonlachanvit S et al, Gut 2004

Mangel an Ballaststoffen nur selten ein Problem Funktionelle Magendarmerkrankungen werden nicht durch schlechte Ernährung verursacht Mangel an Ballaststoffen nur selten ein Problem Ballaststoffe können Beschwerden verstärken (Blähungen)

Behandlung funktioneller Magen-Darmerkrankungen II Nur für ausgewählte Patienten mit offensichtlicher psychiatrischer Begleiterkrankung Verhaltenstherapeutische Kombinations-verfahren psychoanalytische Kurzzeittherapie kognitive Verhaltenstherapie Hypnotherapie Stressbewältigungsprogramme Psycho- somatische Grundver- sorgung und Psycho- therapie

Ziele der Therapie bei einer Erkrankung ohne erhöhte Mortalität?

Drossman D et al., Gastroenterology 2002 Das Krankheitsmodell II Psychosoziale Faktoren Lebensereignisse Psyche Soziale Unterstützung Coping fMDE Symptome Verhalten Physiologie Motilität Wahrnehmung Entzündung gestörte bakt. Flora Individuum Genetik Umgebung Bauch ENS Gehirn ZNS Ergebnis Medikamente Arztbesuche tgl. Aktivität Lebensqualität Drossman D et al., Gastroenterology 2002

Van Oudenhove L et al., AP&T 2011 Die Lebensqualität bei fMDE ist signifikant herabgesetzt II IQR 7 PCS=Physical Component Score MCS=Mental Component Score Van Oudenhove L et al., AP&T 2011

II Zunehmende Evidenz für Psychotherapie bei fMDE Drossman DA et al Gastroenterology 2003 Randomisierte, kontrollierte Studie, n=431 Kognitive Verhaltenstherapie  Verbesserung der QOL, Beschwerdeintensität, -frequenz Cheng C et al Psychosom Med 2007 Randomisierte, kontrollierte Studie, n=75 Verbesserung der Krankheitsverarbeitung (coping)  Langzeit (12 Monate) Reduktion von Beschwerdefrequenz/-intensität Haag S et al AP&T 2007 Randomisierte, kontrollierte Studie, n=100 Med. Standardtherapie vs. Zielgerichtete, intensivierte med. Therapie plus Psychotherapie  Langzeit (12 Monate) Reduktion von Beschwerdefrequenz/-intensität, Verbesserung der QOL bei additiver Psychotherapie

Oft wichtige Komponente des Beschwerdekomplexes Psychotherapie II Oft wichtige Komponente des Beschwerdekomplexes Depression Angst Somatisierung Psychotherapeutische Stützung generell hilfreich Antidepressiva bei depressiver Komponente wirksam Wirkung auf Schmerzen, andere Symptome ungesichert Cave Nebenwirkungen Nicht generell empfohlen (Nur) bei Untergruppe: Psychische Morbidität dominant! Hier Psychotherapie ± Psychopharmakotherapie obligat

(Postprandial Distress) Medikamentöse Behandlungsoptionen Leitsymptom-orientiert: Reizmagen III Nahrungs-abhängig (Postprandial Distress) Nahrungs-unabhängig (Epigastric Pain) Psychische Comorbidität Prokinetika Metoclopramid Domperidon Erythromycin PPI Spasmolytika Phytotherapeutika Ergänzen oder wechseln refraktär refraktär Psychische Co-Morbidität Antidepressiva TCA/ SSRI

III Psychische Comorbidität Bauchschmerzen/ Blähungen Unwohlsein Medikamentöse Behandlungsoptionen Symptom-orientierte Behandlung: Reizdarmsyndrom III Psychische Comorbidität Blähungen Bewegung Diät Simethikon Probiotika [Rifaximin] Bauchschmerzen Spasmolytika Probiotika Phytotherapie Antidepressiva TCA/ SSRI Blähungen Bauchschmerzen/ Unwohlsein Veränderte Darmfunktion Durchfall Opioide Probiotika Cholestyramin Verstopfung Faserreiche Kost Laxanzien PEG-E‘lyte Prucaloprid (5-HT4) Lubiproston (Cl-Kanal ) Wasser-lösliche Ballaststoffe bei RDS-O: Flohsamenschalen, Ispaghula, Kalziumpolycarbophil Wasser-unlösliche Ballaststoffe bei RDS-D: Weizenkleie Prucaloprid: 5HT4 Agonist (Dosis 2mg 1-0-0, >65j 1mg 1-0-0) Lubiproston: Chloridkanalaktivator (Dosis: 8mcg 1-0-1) Rifaximin: oral nicht resorbiertes AB (Dosis 200mg 1-0-1 für 2 Wochen NEJM-Studie 2001 sagt 3x400/2Wochen) Brandt LJ et al., AJG 2002, Saad & Chey Exp Op Inv Drugs 2007 Layer et al. ZfG, 2011

Pflanzliche Arzneimittel (STW7) beim RDS Multizenter, randomisiert, doppel-blind, plazebo-kontrolliert 7 Tage „wash-out“, 4 Wochen Therapie n = 208 (abdominal sum score) N=208 db, randomized, 7 day washout * * p<0.001 * In dieser Studie wurde das in Deutschland unter dem Handelsnamen Iberogast (STW 7) erhältliche Präparat untersucht. Im Vergleich zu Plazebo zeigte sich eine signifikant stärkere Reduktion der Symptome. Madisch, Holtmann et al APT 2004

Probiotika beim Reizdarmsyndrom (S3 Leitlinie DGVS) „Ausgewählte Probiotika können in der Behandlung des RDS eingesetzt werden, wobei die Wahl des Stammes nach der Symptomatik erfolgt.“ [Evidenzgrad A4, Empfehlungsstärke ↑, starker Konsens] 2 Layer Peter et al., Zeitschrift für Gastroenterologie 2011; 49: 237-293

Funktionelle Magen-Darmerkrankungen Zusammenfassung Funktionelle Magen-Darmerkrankungen Sind sehr häufige Krankheitsbilder Sind klinisch eindeutig definiert Sind eine Ausschlussdiagnose Die Pathogenese ist multifaktoriell Angeborene Faktoren Umwelt Moduliert durch Psyche Immunologie Die Diagnose erfolgt nach klaren Kriterien Das klinische Bild ist heterogen Die Therapie erfolgt symptomorientiert

Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Pathophysiologie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen Immunologische Faktoren Umweltfaktoren Genetische Faktoren Unspezifische Entzündung Gewebsverletzung Restitution und Reparatur

Auslösendes Agens/ Initiierung einer Entzündung Pathophysiologie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen Auslösendes Agens/ Initiierung einer Entzündung Infektionen Toxine Nichtsteroidale Antirheumatika Perpetuierung der intestinalen Entzündung Luminale Bakterien Bakterienprodukte Nahrungsbestandteile Genetische Prädisposition, erhöhte Permeabilität Mißverhältnis pro- und antiinflammatorische Zytokine Mißverhältnis von T- Zell Subpopulationen (TH1 vs. TH2) Störung der Antigenpräsentation Gestörte Immunregulation Gewebsschädigung Granulozyten, Makrophagen, Prostaglandine Leukotriene, PAF, Sauerstoffradikale, NO, Proteasen, Komplementfaktoren, TNF, IFN Klinische Symptome chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen Diarrhoe, intestinale Blutung Schmerz, Gewichtsverlust

Multifaktorielle Genese Pathophysiologie CU MC Herpes Masern E. coli Mykobakterien Infektiöse Faktoren Viren, Bakterien, Pilze Viren: Bakterien: Morbus Crohn Colitis ulcerosa Immunsystem Fehlregulation im Darm (MC) Autoimmunprozeß (CU) Diätetische Faktoren Zucker, Eiweiß? Rauchen Medikamente/ NSAR Genetische Faktoren Familiäre Häufung Eineiige Zwillinge: MC 44%, CU 6% Ethnische Differenzen Assoz. mit HLA-Typen bei CU M. Crohn-Gen NOD2 Psychische Faktoren Anarkastische/ zwanghafte Persönlichkeitsstruktur bei CU Veränderungen meist reaktiv

anti-inflammatorisch Ungleichgewicht des Immunsystems bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen Pathophysiologie Löslicher TNF- Rezeptor IL-1 Rezeptor- Antagonist IL-4 TNF-a IL-12 IL-6 IL-8 IL-10 IFN-γ IL-13 pro-inflammatorisch anti-inflammatorisch

Klinik chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen Klinisches Bild oft heterogen Charakteristischer Koloskopiebefund Neben Diarrhöen, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust auch extraintestinale Symptome möglich, u.a. Erythema nodosum Arthritiden Augenentzündungen Erstdiagnostik erfordert ausführliche bildgebende und endoskopische Diagnostik des Befallsmusters!

? Step-up Top-down Induktionstherapie Erhaltung 5-ASA, AZA/6-MP, TNF- Colitis ulcerosa Therapie Induktionstherapie Oral: 5-ASAs Mesalazin Olsalazin Sulfasalazin ± Rektale 5-ASA Step-up ? Top-down Orales Steroid AZA/6-MP TNF--AK Erhaltung 5-ASA, AZA/6-MP, TNF- DGVS Leitlinien Colitis ulcerosa, Z Gastroenterol 2004 ECCO-Leitlinien, JCC 2008

? Top-down Step-up Induktionstherapie Erhaltung Morbus Crohn Therapie Induktionstherapie Steroide Topisch: Budesonid Systemisch: Prednisolon ± Rektale Steroide (selten) Top-down Step-up ? AZA/6-MP MTX, Cyclosporin, FK-506 TNF--AK Erhaltung Steroide, AZA/6-MP, MTX/CyA/FK 506, TNF- DGVS Leitlinien Morbus Crohn, Z Gastroenterol 2008 ECCO-Leitlinien, JCC 2010

Entzündungsaktivität (CDAI, CDEIS, CRP) Exemplarische Erkrankungsprogression bei M. Crohn Striktur Operation Entzündungsaktivität (CDAI, CDEIS, CRP) Darmschädigung Fisteln / Abszesse Striktur Krankheits- beginn Diagnose Frühe Erkrankungsphase Präklinisch klinisch CDAI: Crohn’s Disease Activity Index; CDEIS: Crohn’s Disease Endoscopic Index of Severity; CRP: C-reaktives Protein Pariente B, et al. Inflamm Bowel Dis 2010 65 65 65 65 65 65

Toruner M, et al., Gastroenterology 2008 Möglichkeit opportunistischer Infektionen unter CED-Therapie Odds Ratio (95% CI) p-Wert Jede Medikation (5-ASA, AZA/6-MP, Steroide, MTX, TNF--AK) 3,50 (1,98-6,08) <0,0001 5-ASA 0,98 (0,61-1,56) 0,94 Kortikosteroide 3,35 (1,82-6,16) AZA/6-MP 3,07 (1,72-5,48) 0,0001 MTX 4,00 (0,36-4,11) 0,26 TNF--AK 4,43 (1,15-17,09) 0,03 Ein Medikament 2,65 (1,45-4,82) 0,0014 Zwei Medikamente 9,66 (3,31-28,19) Toruner M, et al., Gastroenterology 2008

Kontrollierte Entzündung CED/ RDS Unterschiedliche Reaktionen auf Infektionen Kontrollierte Entzündung Akute Entzündung Post entzündlich (CED Patient in Remission mit persistierenden Beschwerden) Sensibilisierung Infektion Immun- dysregulation Erholung Deutliche Entzündung CED Normal ENS / ZNS RDS Collins SM et al., Gut 2001 Drossman DA, 2001

„Gebote“ und „Verbote“ der IBD Behandlung Identifizierung der Patienten mit schlechter Prognose Frühzeitige Intervention mit Immunsuppressiva Kritische Beurteilung des Ansprechens auf Therapie Prednison‑Gabe nach 2‑4 Wochen Azathioprin‑Gabe nach 10‑12 Wochen Steroidfreie Remission als Behandlungsziel Symptombesserung nicht als alleiniges Behandlungsziel Biomarker Endoskopische Mukosaheilung Optimierung der Immunmodulation möglichst früh im Verlauf der Erkrankung Exzessiver Einsatz von Kortiko-steroiden (stark verlängerte oder wiederholte Akutphasenbehandlungen mit Kortikosteroiden Unterschätzen der Langzeittoxizität von Kortikosteroiden Unkritischer Einsatz von Azathioprin (Toxizität, Interaktionen fehlendes Ansprechen) 2

Divertikel im Dickdarm und Divertikelkrankheit

Divertikel und Divertikelkrankheit des Darmes Ausstülpungen des Dickdarmes, in den westlichen Länder meist linksseitig (sogenanntes Sigma und Colon descendens) Häufigkeit steigt mit dem Alter (5 % bei unter 40-Jährigen, > 60 bei über 80 40-Jährigen Divertikel verursachen meist keine Beschwerden Ballststoffarme Diät wird neben einer angeborenen Bindewebsschwäche als Risikofaktoren angesehen

Divertikel und Divertikelkrankheit des Darmes Divertikel verursachen per se meist keine Beschwerden (sind oft mit Verstopfung assoziiert) Divertikel können aber Probleme bereiten (Divertikelkrankheit, bei 15 – 20 %) Schmerzen (meist nur bei Reizdarmsyndrom) Blutungen Entzündungen (Divertikulitis) Perforationen (mit Bauchfellentzündung)

Divertikel und Divertikelkrankheit des Darmes Ausreichend Ballaststoffe (ausgewogene Ernährung) Bei akuter Entzündung Nahrungskarenz, (Ruhigstellung des Darm, ggf. durch den Arzt verordnet Antibiotika) Zur Vermeidung von Rezidiven ggf. Ballaststoffe Bei häufigen Rückfällen oder mit Medikamenten nicht beherrschbaren Entzündung ggf. Entfernung des betroffenen Drmabschnitt

Gallensteinleiden

Gallensteinleiden Die Gallenblase speichert die von der Leber produzierte Galle. Nach einer Mahlzeit entleert the Gallenblase die Galle in den Zwölffingerdarm und die Galle hilft dort bei der Fettverdauung. In der Gallenblase können sogenannte Gallensteine durch ein Ungleichgewicht löslicher Stoffe in der Galle entstehen. Das Vorhandensein eines Gallensteins in der Gallenblase wird als Cholezystolithiasis bezeichnet

Gallensteinleiden 10-15 % aller Menschen sind Gallensteinträger Frauen sind deutlich häufiger betroffen Nur 25 % aller Gallensteinträger entwicklen Symptome oder Komplikationen - Beschwerden im re Oberbauch nach Mahlzeit - Entzündung der Gallenblase - Verschluss des Gallengangs durch Stein (Gelbsucht, selten Bauchspeicheldrüsenentzündung)

Gallensteinleiden: Behandlung Gallensteine ohne Beschwerde: i.d.R. keine Behandlung erforderlich Komplikationen des Gallensteinleiden: - Meist chirurgische Entfernung der Gallenblase - Endoskopische Extraktion von Steinen aus den Gallengängen Medikamentöse Therapie: Steinauflösung (Litholyse) nicht ausreichend wirksam

Refluxerkrankung

Wie häufig ist Sodbrennen?

Sodbrennen in verschiedenen Altersgruppen 80 60 Irgendwann Reflux Symptome Prevalence (%) Männer 40 Frauen Mindestens einmal pro Woche Reflux symptome 20 Locke et al., 1997 25–34 35–44 45–54 55–64 65–74 Jahre Alter

Oberbauchbeschwerden 1% Sodbrennen 0.05% 3-Monats-Inzidenz Oberbauchbeschwerden 1% Sodbrennen 0.05% Agreus et al, Gastroenterology 1995

Häufigkeit der Refluxoesophagitis Endoskopie Pat: 10.3 % Scand J Gastro 1193;28:113-118 Zufallsstichprobe: 10.1 % BMJ 1991;302:749-752

Lebensqualität und Refluxerkrankung Normal Male Normal Female Heart Failure (mild) Angina Patients GERD, Untreated Psychiatric Patients 60 65 70 75 80 85 90 95 100 105 110 Psychological General Well- Being Score AJG 2000

Refluxoesophagitis (GERD)... Symptom und Befund ...gastroösophagealen Refluxoesophagitis (GERD)... ...und der nicht-erosiven Refluxkrankheit (NERD)

Schwere der Symptome und erosive Schleimhautveränderungen Patienten mit Oesophagitis Patienten ohne Oesophagitis Stärke der Symptome Sehr schwer Stark gering Smout 1997

Abgrenzung GERD/NERD vs. funktionelles Sodbrennen Sodbrennen } GERD NERD (Mikroscopische) Oesophagitis Gruppe 1 – abnormale AET Hypersensitiver Oesophagus Gruppe 2–normale AET + pos. SI Begriffe AET = Acid Exposure Time Funktionales Sodbrennen Gruppe 3–normale AET+neg SI  GERD

Refluxerkrankung: Langzeitverlauf N=759, mittlere Nachbeobachtung 4.5 Jahre, CHUV Lausanne Rezidivierend ohne Progress Rezidivierend mit Progress Eine Episode 45 % 32 % 23 % 4 3 2 1 4 3 2 1 4 3 2 1 80% 20% 60% 40% Time Time Relapse same grade Progress to grade 2 or 3 Time 4 3 2 1 4 3 2 1 Time Time Relapse lower grade Progress to grade 4 Monnier/Savary, 1995

Diagnostik und Behandlung

Behandlung von Refluxsymptomen Lifestyle Modifikationen: Umstellung der Ernährungsgewohnheiten und des Lifestyle empfehlenswert (Gewichtsnormalisierung, kleine fettarme Mahlzeiten etc. leider meist nicht ausreichen…)

Patienten ohne Sodbrennen (%) PPIs und H2-Receptor Antagonisten in der Behandlung der Refluxerkrankung 20 40 60 Patienten ohne Sodbrennen (%) 1–2 3–4 6–8 Weeks of treatment PPI H2-RA n=2198 p<0.0001 Chiba et al 1997 80

Digestion 2009

Ungenügendes Ansprechen auf Therapie Dosis des PPI nicht ausreichend? Steigerung der Dosis des PPI (oder verteilt auf zwei Einzeldosen) Diagnose nicht Refluxerkrankung? Herzerkrankung? (selten) funktionelle Beschwerden (irritabler Oesophagus)

Ungenügendes Ansprechen auf Therapie Weitere Optionen (in Abhängigkeit von Leidensdruck): Aufklärung insbesondere bei begleitenden Symptomen funktioneller Magendarmerkrankungen evidenzbasiert pflanzliches Arzneimittel Niedrig dosierte Antidepressiva Psychotherapeutische Interventionen

Gastro-Liga e.V. www.gastro-liga.de Weitere Informationen Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung Friedrich-List-Str. 13, 35398 Gießen

Mit freundlicher Unterstützung von Abbott GmbH & Co. KG, Wiesbaden Aptalis Pharma GmbH, Uetersen Bayer Vital GmbH, Leverkusen Dr. Falk Pharma GmbH, Freiburg i. Br. Merckle Recordati GmbH, Ulm Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH, Darmstadt