Unternehmensbewertung im Squeeze-out-Verfahren Workshop am 4. April 2016 in Wien IVA - Interessenverband für Anleger Austrian Shareholder Association.

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 Präsentation transkript:

Unternehmensbewertung im Squeeze-out-Verfahren Workshop am 4. April 2016 in Wien IVA - Interessenverband für Anleger Austrian Shareholder Association

Erfahrungsbericht aus Deutschland Rechtsanwalt Dr. Martin Weimann, Berlin Daten aus einer empirischen Studie der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V. (VzfK), Berlin

Studie der VzfK zur quantitativen empirischen Justizforschung zu Squeeze-out- Spruchverfahren Erhebungszeitraum: 1. Januar 2002 bis 31.Dezember 2013 Umfassende Datensammlung und –auswertung bei max. 125 Angaben je Fall 477 Beschlüsse auf Hauptversammlungen Abfindungswert der übertragenen Aktien: EUR 11,2 Milliarden 397 Spruchverfahren Nachzahlungen in 217 Squeeze-outs (Vergleich Anfechtungsklage/Abschluss Spruchverfahren) bis zum 31. Dezember Summe der Nachzahlungen: EUR , Verlag Walter de Gruyter

Wie ergibt sich die „richtige“ Abfindung? -Verkehrswert (Unternehmensbewertung) -Börsenkurs (BGH: DAT - Altana / Stollwerck) -Vergleich Übernahmeangebot – Squeeze-out (HV / Spruchverfahren)

Bundesverfassungsgericht: Verkehrswert BVerfG, Beschluss vom 27. April 1999 – 1 BvR 1613/94, DAT-Altana: „3a. Die "volle" Entschädigung darf jedenfalls nicht unter dem Verkehrswert liegen. Dieser kann bei börsennotierten Unternehmen nicht ohne Rücksicht auf den Börsenkurs festgesetzt werden. 3b.Für die zur Bestimmung der angemessenen Abfindung und des angemessenen Ausgleichs notwendige Wertermittlung von Unternehmensbeteiligungen hat sich in der Praxis die sog Ertragswertmethode durchgesetzt, der die Annahme zugrundeliegt, daß der Wert eines Unternehmens in erster Linie von seiner Fähigkeit abhängt, künftig Erträge zu erwirtschaften. 3c. Es ist aber mit GG Art 14 Abs 1 unvereinbar, wenn dabei der Kurswert der Aktie außer Betracht bleibt. Das Aktieneigentum ist nicht zuletzt durch seine Verkehrsfähigkeit geprägt. Das gilt vor allem für die börsennotierte Aktie.“

BGH: Referenzzeitraum - Änderung der Rechtsprechung - BGH, Beschluss vom – II ZB 15/00 (DAT-Altana): 3 Monate vor der Hauptversammlung BGH, Beschluss vom II ZB 18/09 (Stollwerck) 3 Monate vor der Bekanntmachung einer Strukturmaßnahme Praktische Auswirkungen des vorgezogenen Referenzzeitraums: Hauptaktionär kann günstige Phase auswählen. Finanzmarkt kann Informationen aus Unternehmensbewertung nicht mehr reflektieren. Ertragswert liegt jetzt fast immer knapp unter dem Börsenwert.

Information – Kursentwicklung I BGH, Beschluss vom – II ZB 15/00 (DAT-Altana): „Die Gleichstellung von Börsen- und Verkehrswert beruht auf der Annahme, daß die Börse auf der Grundlage der ihr zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Gesellschaftsunternehmens, um dessen Aktien es geht, zutreffend bewertet, der Erwerber von Aktien sich an dieser Einschätzung durch den Markt orientiert und sich daher Angebot und Nachfrage danach regulieren, so daß sich die Marktbewertung in dem Börsenkurs der Aktien niederschlägt.“

Information – Kursentwicklung II Markteffizienzhypothese (Eugene Fama, 1970, Nobelpreis 2013) Die Markteffizienzhypothese geht davon aus, dass alle Marktteilnehmer – also Käufer ebenso wie Verkäufer – vollständig rational und auf der Basis gleicher Informationen agieren und die Summe dieser Informationen jederzeit bereits in den Kursen verarbeitet ist. Demnach wäre kein Teilnehmer in der Lage, den Markt auf Dauer zu schlagen. Abstufungen: schwache, mittelstarke und starke Effizienz.

Information – Kursentwicklung III Beispiele für praktische Auswirkungen: Rechtsstand DAT-Altana: Verkehrswert kann wieder über Ertragswert liegen. Delisting: Ankündigung löst mit Verkaufsdruck fallende Preise aus. Squeeze-out nach Übernahmeangebot: Abfindung liegt meist über Preis für im Übernahmeangebot.

Ermittlung der „richtigen“ Abfindung: 1.Unternehmensbewertung nach Ertragswertverfahren 2.Referenzzeitraum beginnt mit der Bekanntmachung der Unternehmensbewertung (Ladungsfrist: 30 Tage) und umfasst auch Hauptversammlung. 3.Märkte preisen die Bewertungspotentiale im Hinblick auf ein mögliches Spruchverfahren ein (DAT-Altana).

Übernahmeangebot / Squeeze-out / Spruchverfahren I

Übernahmeangebot / Squeeze-out / Spruchverfahren II Der Unterschied zwischen dem Übernahmeangebot und dem Vorschlag an die Hauptversammlung liegt bei 16,82 Prozent. Stellt man dagegen auf die von Gerichten in Spruchverfahren als angemessen beurteilten Abfindungen ab, betrugen die Differenzen sogar 29,13 Prozent. Stand: 31. Dezember 2013

Übernahmeangebot / Squeeze-out – Auswirkungen in EUR I Aktionären, welche vor einem Squeeze-out das Übernahmeangebot angenommen hätten, wären so – ungewichtet – Werte in Höhe von fast 250 Mio. Euro entgangen. Abschluss der Spruchverfahren bis zum 31.Dezember 2013.

Übernahmeangebot / Squeeze-out / Spruchverfahren – Auswirkungen in EUR II Noch deutlicher wird das Missverhältnis bei einem Vergleich zwischen Übernahmeangebot mit den Ergebnissen bereits entschiedener Spruchverfahren Bis zum 31. Dezember 2013 wären Kapitalanlegern, welche das Übernahmeangebot angenommen hätten, Vermögenswerte in Höhe von mehr als 450 Mio. Euro verloren gegangen.

Übernahmeangebot / Squeeze-out / Spruchverfahren – Zusammenfassung Die Grafiken verdeutlichen, dass die Preise laut Übernahmeangeboten regelmäßig deutlich ( 250 Mio. EUR / 450 Mio. EUR) unter den „wahren Unternehmenswerten“ liegen. Zugleich wird klar, dass effektiver Rechtsschutz nur durch die gerichtliche Überprüfung der Kompensation in einem Spruchverfahren gewährt wird. Anders ist nicht zu erklären, dass die Barabfindungen von Gerichten nochmals um mehr als 600 Mio. Euro angehoben wurden. DIESE BETRACHTUNG ERFASST NUR BIS ZUM ABGESCHLOSSENE SPRUCHVERFAHREN!

Ergebnis – Voraussetzungen für „richtige“ Abfindung: 1.Investoren erwerben den Zukunftserfolgswert. 2.Bei einer Deinvestition preist der Börsenwert nur dann den Zukunftserfolgswert ein, der Referenzzeitraum erst dann beginnt, wenn die Unternehmensbewertung nach dem Ertragswertverfahren bekannt gemacht wird. 3.Ohne effektiven Rechtsschutz gibt es keinen Eigentumsschutz bzw. keine angemessene Teilhabe am Zukunftserfolgswert.

Ziel: Investorenschutz / Eigenkapitalausstattung Wettbewerb der regulatorischen Rahmenbedingungen um Investoren Hohe Eigenkapitalquote verschafft unternehmerische Spielräume Hohe Aktionärsquote legitimiert Wirtschaftsordnung Eigenvorsorge über Kapitalmärkte entlastet öffentliche Daseinsvorsorge