DAS Maklerforum 2016 Rücktrittsrechte bei Lebensversicherungen unter dem Blickwinkel der Maklerhaftung Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch LL.M. (NYU)

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 Präsentation transkript:

DAS Maklerforum 2016 Rücktrittsrechte bei Lebensversicherungen unter dem Blickwinkel der Maklerhaftung Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch LL.M. (NYU)

Weinrauch Rechtsanwälte GmbH  7 Juristen  Wien – Steiermark  Schwerpunkte  Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht  Versicherungsrecht  Immobilienrecht

Thema  Medienberichte Klagewelle: Mega-Skandal um Lebensversiche­run­gen (Kurier, März 16) Sammelaktion zur Lebensversicherung: VKI prüft mögliches Rücktrittsrecht (Wirtschaftsblatt, März 16) Etc.  Einzelfälle ODER Millionen von Fällen?

Inhalt  Besprechung der Entscheidung 7Ob107/15h  Offene Fragen  Auswirkungen der Entscheidung auf den Versicherungsmakler

Ausgangslage  Pacta sunt servanda  Rücktrittsrechte: Rücktritt bedeutet eine rückwirkende Abwicklung, sodass ein Zustand hergestellt wird, als ob dieser Vertrag zu keinem Zeitpunkt bestanden hätte. Sämtliche Auswirkungen des Vertragsabschlusses sind so zu stellen, als ob es diesen nicht gegeben hätte

Gesetzliche Grundlagen  § 165a VersVG:  § 165a. (1) Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, binnen 30 Tagen nach seiner Verständigung vom Zustandekommen des Vertrags von diesem zurückzutreten. Hat der Versicherer vorläufige Deckung gewährt, so gebührt ihm hiefür die ihrer Dauer entsprechende Prämie.  (2) Hat der Versicherer der Verpflichtung zur Bekanntgabe seiner Anschrift (§ 252 Abs. 1 Z 1 VAG 2016) nicht entsprochen, so beginnt die Frist zum Rücktritt nach Abs. 1 nicht zu laufen, bevor dem Versicherungsnehmer diese Anschrift bekannt wird.  (2a) Ist der Versicherungsnehmer Verbraucher (§ 1 Abs. 1 Z 2 KSchG), so beginnt die Frist zum Rücktritt nach Abs. 1 und 2 erst dann zu laufen, wenn er auch über dieses Rücktrittsrecht belehrt worden ist [VersRäg 2012].

7Ob107/15h vom  Sachverhalt Ein Konsument schloss im Jahr 2006 eine fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung ab. Eine ihm bei Vertragsabschluss übergebene Verbraucherinformation enthielt eine Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 165a VersVG mit einer Rücktrittsfrist von zwei Wochen – statt 30 Tagen entsprechend der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage. Mit Schreiben vom März 2014 trat er vom Vertrag zurück. VKI begehrt Rückzahlung des Sparanteils der LV infolge Vertragsrücktritt

7Ob107/15h  Argumente Kläger §165a ist gem. Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung dahin auszulegen, dass einem Versicherungsnehmer im Falle einer fehlerhaften Belehrung über Rücktrittsfrist das Rücktrittsrecht unbefristet zusteht Verweis auf Entscheidung des EuGH Walter Endress gegen Allianz Lebensversicherungs AG  Argumente Beklagter Verpflichtung zur Bekanntgabe der Anschrift entsprochen, 30-tägige Rücktrittsfrist hat daher mit Zustandekommen des Vertrages zu laufen begonnen, Unrichtige Belehrung führt nach innerstaatlicher Regelung nicht dazu, dass dem Versicherungsnehmer ein unbefristetes Rücktrittsrecht zusteht, 7 Jahre Prämien bezahlt schlüssig auf Geltendmachung des Rücktrittsrechts verzichtet, Rücktritt verstößt gegen Treu und Glauben

Exkurs: EuGH Endress gegen Allianz  Deutsches Ausgangsverfahren  EuGH hat RL dahingehend ausgelegt, dass RL einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Rücktrittsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist.  EuGH ging in Entscheidung davon aus, dass VN nicht ausreichend belehrt wurde.  Ziel der Richtlinie: insb. Sicherstellung über die Belehrung des Rücktrittsrechts  Daraus folgt, dass fehlerhafte Belehrung über Rücktrittsrecht dem Beginn des Fristenlaufes entgegensteht und damit zu einem unbefristeten Rücktrittsrecht führt

 Erstgericht – Rücktrittsrecht nur dann unbefristet wenn KEINE Belehrung über Rücktrittsrecht erfolgt ist Artikel 15 Abs 1 Zweite Richtlinie Lebensversicherung (14T Frist ausreichend) Übereilungsschutz als Leitgedanke, 30tägige Rücktrittsfrist hat mit Zustandekommen des Vertrages zu laufen begonnen

7Ob107/15h  Berufungsgericht + Fehlerhafte Belehrung über Rücktrittsfrist führt dazu, dass 30-tägige Frist nicht zu laufen begonnen hat  OGH + Belehrung war fehlerhaft (statt 30 T nur 14T) Fehlerhafte Belehrung über Dauer des Rücktrittsrechts führt bei richtlinienkonformer Auslegung zu unbefristetem Rücktrittsrecht

Fallkonstellationen  Problematisch ist jeder Fehler Gar keine Belehrung über Rücktrittsrecht Fehlerhaft in Bezug auf Dauer der Rücktrittsfrist

Offene Fragen  Kann Versicherer durch nachträgliche Rücktrittsbelehrung ursprünglichen Fehler sanieren?  Wann liegt eine fehlerhafte Rücktrittsbelehrung vor? Wie umfassend, übersichtlich und genau muss diese sein?  Reicht der Verweis auf den Gesetzestext aus?  Wie hoch ist der Verzinsungsanspruch anlässlich des aktuellen Zinsniveaus?  Wie genau wird der Risikoanteil berechnet?  Was gilt für bereits gekündigte und rückgekaufte Verträge?  Verjährung des Rücktrittsrechtes?

FAZIT  Komplexe Fragestellung zT unklare Rechtslage Verschiedenste Produkte am Markt Unterschiedliche Herangehensweise Produktvergleich nötig Genaue Prüfung im Einzelfall erforderlich

Versicherungsmakler  Themen: Mögliche Haftung Schicksal der Provisionen bei Vertragsrücktritt

Pflichten des Versicherungsmaklers Best Advice ( § 28 Z 3)  Der nach den Umständen bestmögliche Versicherungsschutz; alle Facetten des Preis- Leistungsverhältnisses: Höhe der Prämie, Fachkompetenz des VU, Gestion bei Schadenabwicklung, Kulanzbereitschaft, Laufzeit, Selbstbehalte, Möglichkeit von Schadenfallkündigungen etc.  Interessenwahrung kann sich aus sachl. gerechtf. Gründen auf bestimmte örtl. Märkte oder bestimmte Vers.produkte beschränken, sofern der VM dies dem Kunden bekannt gibt  Zwingend

Pflichten des Versicherungsmaklers Betreuung des Kunden nach Abschluss des Vertrages (§ 28 Z 6-7) - abbdingbar  Z 7: muss Versicherungsschutz weiterhin bestmöglich gestalten (sowohl Veränderungen des Kunden als auch Veränderungen am Versicherungsmarkt rasch registrieren); VM hat für Versicherungsschutz einzustehen der bei zumutbarem Mitteleinsatz vernünftigerweise erwartet werden kann

Schicksal der Provision  Frage der Vereinbarung  § 30 Abs 2 MaklerG: Der Anspruch auf Provision entsteht mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts, wenn und soweit der Versicherungskunde die geschuldete Prämie bezahlt hat oder zahlen hätte müssen, hätte der Versicherer seine Verpflichtungen erfüllt. Wenn der Versicherer gerechtfertigte Gründe für eine Beendigung des Versicherungsvertrags oder eine betragsmäßige Herabsetzung der Versicherungsprämie hat, entfällt bzw. vermindert sich der Provisionsanspruch  Belehrungsfehler (k)ein gerechtfertigter Grund

Versicherungsmakler VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! Sie erreichen uns gerne für Rückfragen unter