Armut und Reichtum in Niedersachsen und im Landkreis Diepholz Barnstorf, 7. Februar 2013 Prof. Lothar Eichhorn, LSKN Mail:

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Armut und Reichtum in Niedersachsen und im Landkreis Diepholz Barnstorf, 7. Februar 2013 Prof. Lothar Eichhorn, LSKN Mail:

2 Gliederung  Begriff der „relativen Armut“  Entwicklung der relativen Armut in Niedersachen  Struktur der relativen Armut in Niedersachsen 2011  Daten für den LK Diepholz: Bekämpfte Armut / Reichtum Armut und Reichtum in Niedersachsen

Relative Armut – Begriff  Absolute Armut = Hunger, Obdachlosigkeit, schwere Krankheit bei mangelnder medizinischer Versorgung, physische Bedrohung und Verfolgung  Der Begriff der „relativen Armut“ geht dagegen von normativen Zielen aus: Vermeidung von sozialer Ausgrenzung; Ermöglichung einer gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dazu ist ein materieller Mindeststandard nötig. Dieser ist in Zeit und Raum variabel.  Es erfolgt eine lebenslagenorientierte Nachweisung: Arbeitslose, Migranten, Kinderreiche, Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche, alte Menschen, gering qualifizierte Menschen

Armut und Reichtum in Niedersachsen4 Relative Armut  Armut wird also gemessen an der Ungleichverteilung von Einkommen. Man spricht von Armutsgefährdung, weil die tatsächliche Armut auch von anderen Faktoren (vor allem Bedarfe und Fähigkeiten) abhängt.  Armutsgefährdungsquote = Anteil der Menschen mit weniger als 60% des durchschnittlichen Einkommens; Reichtumsquote: über 200%  Bundesweites oder regionales Durchschnittseinkommen?  Niedersachsen 2011: Armutsschwelle 839 €; Reichtumsschwelle 2797 €  Datenbasis: Monatliches Haushaltsnettoeinkommen lt. Mikrozensus; daraus wird das Nettoäquivalenzeinkommen berechnet.  Äquivalenzskala: neue OECD-Skala (Skalenwerte 1,0 – 0,5 – 0,3)  Durchschnitt: Median, nicht arithmetisches Mittel

Relative Armut in Niedersachsen  Ein langjähriger Trend zur sozialen Spaltung war bis 2005 messbar. Ab 2005 ging die Armutsgefährdungsquote leicht zurück, 2011 gab es aber wieder einen starken Anstieg: 2005: 15,1% 2006: 14,3% 2009: 14,6 % 2010: 14,5 % 2011: 15,2 %: Gut 1,2 Millionen Einwohner  Die Reichtumsquote blieb konstant. Der Abstand des unteren Sechstels/Siebtels der Gesellschaft zu den Mittelschichten ist gewachsen. Armut und Reichtum in Niedersachsen5

Struktur der relativen Armut 2011  „Die“ Armen gibt es nicht. Sie sind eine völlig heterogene Gruppe. Von Armut betroffen sind vor allem kinderreiche Familien (26, 8%), Alleinerziehende (44,2%), Kinder und Jugendliche (20,1%), Haushalte von Geringqualifizierten (38,5%), Migranten (28,9%), Ausländer (35,5 %), Erwerbslose (56,7 %)  Altersarmut war lange kein Problem, aber sie wächst rasch an. Bei den Frauen über 65 liegt sie bei 16,2% (Männer: 11,5)  Problemballung in den Großstädten  Geringe Risiken haben Hochqualifizierte, Erwerbstätige, Zwei- Personen-Haushalte ohne Kinder  Besonderes Problem in Niedersachsen: viele schlecht qualifizierte junge Leute Armut und Reichtum in Niedersachsen6

7 Regionalstruktur der Kinderarmut 2010

Armut und Reichtum in Niedersachsen8 Reichtum und Armut im Landkreis Diepholz  Auf regionaler Ebene und für kleinere Städte und Gemeinden stehen keine Daten über die relative Armutsgefährdung und über den relativen Reichtum zur Verfügung. Man muss auf statistisch ausgewertete Verwaltungsdaten zurückgreifen, und zwar Lohn- und Einkommensteuerstatistik für den Reichtum (Stand: 2007) Daten über Mindestsicherungsempfänger für die Armut (Stand 2011)  Einkommensreichtum im Landkreis Diepholz Lohn- und Einkommensteuerpflichtige Pro Steuerpflichtigen entfallen 31805€ Gesamtbetrag der Einkünfte, das ist im Landesvergleich (30387 €) überdurchschnittlich. Höchste Einkünfte in Stuhr (36497 €) und Weyhe (35125 €) im „Bremer Speckgürtel“, niedrigste in Wagenfeld (26752 €) Steuerpflichtige (1,8%) hatten einen Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als €. Diese erzielten 14,4% aller Einkünfte. Der „Reichenanteil“ ist damit im LK Diepholz ähnlich wie in Niedersachsen insgesamt: Hier liegen die entsprechenden Werte bei 1,7% bzw. 15,0%.

Bekämpfte Armut im LK Diepholz: Mindestsicherungsleistungen 2011  Mindestsicherungsleistungen sind Leistungen nach Sozialgesetzbuch II und XII  ALG II und Sozialgeld („Hartz IV“)  Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung  Sozialhilfe  Asylbewerberleistungsgesetz  Kriegsopferfürsorge (nicht regionalisierbar)  Daten für Gemeinden und Kreise von 2007 bis 2011  Es ergibt sich ein Gesamtbild der „bekämpften Armut“  Rechtsänderungen (vor allem Kinderzuschlag ab 2008) mindern die Vergleichbarkeit der Daten Armut und Reichtum in Niedersachsen9

10 Weniger Bezieher von Mindestsicherungsleistungen Niedersachsen – – – – – Landkreis Diepholz – – – – – Niedersachsen: Rückgang um 11% seit 2007, Diepholz Rückgang um 13,4%.

Regionalstruktur im LK Diepholz 2011 Armut und Reichtum in Niedersachsen11 6,8 Prozent der Diepholzer bezogen Mindestsicherungsleistungen. Das ist im Landesvergleich (8,8%) relativ wenig. Die Werte der Gemeinden und Samtgemeinden liegen zwischen 11,5 % (Stadt Diepholz) und 11,1 % (Stadt Sulingen) einerseits, 4,5 % (Stuhr), 4,7 % (SG Rehden und SG Siedenburg) andererseits. Nur Sulingen und Diepholz weisen im Landkreis sehr hohe Werte auf. Aber Achtung: Armut hat auf dem Lande ein anderes Gesicht als in der Stadt! Problem hier: Isolation durch Ausschluss aus der Dorfgemeinschaft, Probleme der Erreichbarkeit (Verkehr)

Struktur der Mindestsicherung im LK Diepholz 2011 (1)  Struktur der Mindestsicherung 2011  ALG II 8287 (57,1 %)  Sozialgeld 3649(25,2 %)  Sozialhilfe 196(1,4 %)  Asyl373(2,6 %)  Grundsicherung 2000(13,8 %)  ALG II ging zurück, Grundsicherung im Alter nahm zu:  2007: ALG II 9745 Personen, Grundsicherung 1722 Personen  Von 2007 bis 2011 beim ALG II ein Minus von 15 %, bei der Grundsicherung im Alter ein Plus von 16,1 %. Armut und Reichtum in Niedersachsen12

Struktur der Mindestsicherung im LK Diepholz 2011 (2)  In den Kleinstädten Diepholz und Sulingen ist die „bekämpfte Armut“ stärker als auf dem Land und im unmittelbaren Bremer Umland.  Geschlecht: Unter 1000 männlichen Diepholzern sind 66 Mindestsicherungsempfänger. Bei den Diepholzerinnen sind es 70 (Durchschnitt: 68). Es gibt also derzeit keine großen geschlechtsspezifischen Unterschiede.  Unter 1000 Deutschen in Diepholz gab es 61 Mindestsicherungsempfänger. Bei den Nichtdeutschen waren es 189. In Niedersachsen insgesamt lagen die Werte bei 78 und 230.  Die Differenz Deutsche – Ausländer ist also viel stärker ausgeprägt als Männer-Frauen. Armut und Reichtum in Niedersachsen13

Weitere Informationen    hier: Statistische Monatshefte Niedersachsen, Heft 3 und Heft 10/  hier: Handlungsorientierte Sozialberichterstattung Niedersachsen (HSBN), Ausgabe Kontakt: Armut und Reichtum in Niedersachsen14