Repetitorium im öffentlichen Recht Rechtsstaat. Grundgehalt der Rechtsstaatlichkeit im eigentlichen Sinne: Beschränkung der staatlichen Machtentfaltung.

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Repetitorium im öffentlichen Recht Rechtsstaat

Grundgehalt der Rechtsstaatlichkeit im eigentlichen Sinne: Beschränkung der staatlichen Machtentfaltung durch Rechtsbin- dung der staatlichen Organe in einem weiteren Sinne: auch Bindung der Pri- vaten ans Recht (« ein Rechtsstaat kann das nicht dulden »; « law and order ») –aber eigentlich schon Gehalt der Staatlichkeit an sich –insofern allenfalls zutreffend, als Behörden gesetzlich zum Eingreifen verpflichtet sind

Historischer Ursprung Grundlagen: –England seit Magna Charta (1215): « rule of law »: Gesetzesvorbehalt –Montesquieu (18. Jht.): « de l’esprit des lois »; « de la séparation des pouvoirs » Begrifflichkeit relativ neue Erscheinung –Deutschland im 19. Jht. und dann insbes. nach 2. Weltkrieg (« Staat durch das Recht ») –ähnlich wie, aber nicht deckungsgleich mit « rule of law » –« état de droit » erst ganz neu Noch immer Ringen um Rechtsstaat –« Der Rechtsstaat hat nicht zu siegen, er hat auch nicht zu verlieren, sondern er hat zu existieren! » (Helmut Schmidt) –« Der Rechtsstaat ist manchmal unbequem. » (Richter des BL- Kantonsgerichts) –Auch wer selbst Rechtsstaat missachtet, kann sich darauf berufen (z.B. Diktatoren)!

Verfassungsrechtliche Verankerung für Schweiz Art. 5 BV verschiedene rechtsstaatliche Grundsätze in BV Verhältnis zur Selbst- und Mitverantwortung (Art. 6 BV)?

Materielle Rechtsstaatlichkeit Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns (Art. 5 BV) –Rechtsbindung (Legalität; eigentliche « rule of law ») –öffentliches Interesse –Verhältnismässigkeit –Treu und Glauben –Vorrang des Völkerrechts Grundrechte (Art. 7 ff. BV) Staatshaftung (Art. 146 BV) Enteignungen bzw. Entschädigungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BV)

Formelle Rechtsstaatlichkeit Verfahrensgerechtigkeit (Art. 29 ff. BV) Rechtsschutz (Art. 29a B) Gewaltenteilung (als Prinzip)

Gewaltenteilung besondere Nähe zum Demokratieprinzip Grundsatz: Machtbrechung durch Trennung der Staatsfunktionen –RechtsetzungLegislative –RechtsanwendungExekutive –RechtsdurchsetzungJudikative Durchbrüche –Rechtsetzung durch Exekutive: Verordnungen –Rechtsetzung durch Judikative: Justizverwaltung –Rechtsanwendung durch Legislative: besondere Bewilligungen (z.B. Rahmenbewilligung für KKW), Begnadigungen –Rechtsdurchsetzung durch Exekutive: verwaltungsinterne Rechtspflege

Gesetzesbindung Legalitätsprinzip –Herleitung: demokratisch (Rückführung auf Volkswillen) rechtsstaatlich (Rechtsbindung der staatlichen Organe) –Gehalt: Vorrang des Gesetzes –Gesetz im formellen Sinne (insbes. Bindung der Exekutive an Legislative) –Beachtung der Normenhierarchie Vorbehalt des Gesetzes –Gesetz im materiellen Sinne (allgemeinverbindlicher Rechtssatz) –Ausnahme: polizeiliche Generalklausel

Insbesondere die Gesetzesdelegation « delegierte Rechtsverordnung » Rechtsetzung durch Exekutive gestützt auf Kompetenzübertragung in einem Gesetz (und nicht direkt in der Verfassung) Zulässigkeitsvoraussetzungen: –kein rechtlicher (insbes. verfassungsrechtlicher) Ausschluss der Delegation –Übertragung der Kompetenz in formellem Gesetz –Bestimmtheitsgebot (Beschränkung auf bestimmtes, genau umschriebenes Sachgebiet) –Grundzüge der Regelung in Delegationsnorm selbst

Menschen- und Grundrechte Begriffe: Menschenrechte Grundrechte Bürgerrechte Freiheitsrechte Politische Rechte Sozialrechte Gleichheitsrechte Verfahrensrechte Grundpflichten

Grundgehalt der Menschenrechte Grundlegende zivilisatorische Errungenschaft Schutz vor willkürlicher, menschenunwürdiger Machtentfaltung staatlicher Organe teils unterschiedlicher Gehalt je nach Rechts- kreis (z.B. Sklaverei [historisch], Todesstrafe [aktuell]) « Eine ewige Erfahrung lehrt, dass jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu missbrauchen » (Montesquieu)

Historischer Ursprung Antike: lediglich Bürgerrechte Absolutismus: naturrechtliche Entwicklung der Idee von die Staatsmacht beschränkenden individuellen Rechten (John Locke) –(Magna Charta; 13. Jht.), Petition of Rights, Habeas Corpus (17. Jht.) Aufklärung: US-Verfassungen, französische Revolution (« déclaration des droits de l’homme ») 19. Jht.: nationale Kodifikationen 20.Jht.: UNO-Menschenrechte mit Anspruch auf weltweiter Geltung

Wirkung der Menschenrechte Negativ: –Abwehrrechte gegen staatliche Machtentfaltung (insbes. gegen Eingriffe) Positiv: –Gestaltungsrechte (an alle staatlichen Organe als Auftrag; konstitutiv-institutionell) –Leistungsrechte (nur ausnahmsweise) Drittwirkung (gegenüber Privaten): –regelmässig nur indirekt –ausnahmsweise direkt (z.B. Lohngleichheit)

Geltung der Menschenrechte grundsätzlich nicht absolut Ausnahmen: z.B. Folterverbot, Verbot der Todesstrafe, Recht auf Hilfe in Notlagen relativ, d.h. Eingriffe möglich aber Zulässigkeitsvoraussetzungen: gesetzliche Grundlage öffentliches Interesse oder Schutz von Grundrechten Dritter Verhältnismässigkeit Wahrung des Kerngehalts

Grundpflichten Schulpflicht Militärdienstpflicht Lohngleichheitspflicht Steuerpflicht evtl. weitere?

Rechtsschutz Thema einer eigenen Doppelstunde