1 Pflegebedürftigkeit Eine Entwicklungsaufgabe für die Gesellschaft Prof. Dr. Astrid Elsbernd 18.01.2016 Hochschule Esslingen Uni der Generationen.

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 Präsentation transkript:

1 Pflegebedürftigkeit Eine Entwicklungsaufgabe für die Gesellschaft Prof. Dr. Astrid Elsbernd Hochschule Esslingen Uni der Generationen

2 Hochschule Esslingen Inhalte 1Zum Stellenwert des Alterns und der Pflege in der Gesellschaft 2Pflegebedürftigkeit 3Pflegereform Ausblick, Prognosen und Thesen

3 „Altern in den hoch individualisierten Gesellschaften verlangt sehr viel mehr Persönlichkeitsleistung als in den traditionellen Gesellschaften mit ihren engen und starren Altersrollen.“ „Es gibt nicht nur einen großen Spielraum, Leben im Alter individuell zu gestalten, sondern es entsteht auch ein gewisser Zwang, diesen Spielraum zu nutzen, wenn man nicht einsam und düster im Abseits enden will.“ (Herrad Schenk 2011, S. 37)

4 Die sich entwickelnde Gesellschaft  Individualisierung der Gesellschaft und Freiheit für die Menschen (Pluralismus, Lebensstile)  Stabilisierende soziale Rahmen müssen aktiv gesucht, geschaffen und mitgestaltet werden  Identitätssuche und Identitätskrisen nehmen zu (besonders bei den „Übergängen“)  Generationenbeziehungen verändern sich und werden komplexer

5 „Veränderungen in den Generationenbeziehungen“  „Biografisierung der Lebensalter“, d. h. bestimmte Lebensstile (Gefühle, Konsum, Geschmack) sind nicht mehr an bestimmte Altersgruppen gebunden. Sport und Tourismus (z. B.) stehen bei den „Alten“ wie „Jungen“ hoch im Kurs.  Neue Qualitäten gelebter Generationenbündnisse durch gemeinsame Interessen und/oder Konkurrenzen um gleiche begehrenswerte Aktivitäten  „Relativierung des Wissens“ als ein bisher strukturierendes Element in den Generationenbeziehungen: Die alten Menschen verfügen nicht mehr selbstredend, qua höherem Lebensalter, über Wissens- und Erfahrungsvorsprünge auf jedem Gebiet.  Neue Qualitäten gelebter Generationenbündnisse durch wertschätzende Lehrbeziehungen auch der Jungen gegenüber den Alten oder Entwertung und Marginalisierung der Alten

6 Veränderung der Familiensituation Schwierige Balancen in den Familien zwischen  Zeitrhythmen,  Aufenthaltsorten,  Lebensplänen,  Anforderungsstrukturen,  Wohnbedingungen,  Ökonomische Bedingungen, die im Familienverbund auseinanderdriften.

7 Erstes Fazit  Das Leben und die damit verbundenen Entwicklungsaufgaben sind komplex.  Gesellschaftliche Bedingungen wirken sich auf alle Generationen aus  und dies in Teilen unterschiedlich und in Teilen vergleichbar.  Generationenbeziehungen sind komplexer, keineswegs aber konfliktbeladener!  Wirtschaftliche Bedingungen haben eine hohe Relevanz für die Lebensführung – vielleicht vor allem im Alter  Zentrale Risikogruppen der Gesellschaft: Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen, niedrigen Berufsqualifikationen, Menschen mit Migrationshintergründen, Arbeitslosigkeit, Gesundheitsprobleme, Behinderungen und Pflegebedürftigkeit Hochschule Esslingen

8 Vorsichtige Prognosen  Die finanzielle Situation der „Alten von morgen“ wird angespannter sein, die sozialen Unterschiede größer.  Demografische Entwicklungen sind bekannt!  Zunahme von pflegebedürftigen Menschen!  Drastischer Fachkräftemangel!  Ein Entwicklungsdefizit beim Ausbau ambulanter Hilfen als einer gelungenen Mixtur von Pflege, hauswirtschaftlichen Hilfen, sich ergänzenden professionellen und lebensweltlichen Hilfen  Ein Entwicklungsdefizit beim Ausbau stationärer Hilfen (differenzierte Betreuungssysteme)

9 Pflegebedürftigkeit  Pflegebedürftigkeit betrifft insbesondere hochaltrige Menschen  Pflegebedürftigkeit ist weiblich (ca. 75 %)  Definition Pflegebedürftigkeit  Pflegebedürftigkeit und Krankheit: Top 5 Schlaganfall, Parkinson, Demenzielle Erkrankungen, Herz- und Kreislauferkrankungen, Tumorerkrankungen  „Der geriatrische Patient“ Hochschule Esslingen

10 Pflegebedürftigkeit und familiäre Betreuung  Mit der gestiegenen Hochaltrigkeit hat die Dauer und Schwere der Pflegebedürftigkeit zugenommen. Trotzdem:  In neun von zehn Fällen wird die Pflege vom engeren Familienkreis übernommen  80% der Hauptpflegepersonen sind Frauen.

11 Familien zwischen Be- und Entlastung Pflegebedürftigkeit im Alter betrifft alle Generationen  Fast 50 % der Hauptpflegepersonen sind zwischen 40 und 64 Jahre alt.  10 % der Hauptpflegepersonen sind älter als 75 Jahre alt. Und Familienpflege ist prekär:  Einschränkung der Lebensgestaltung  Psychische, soziale, zeitliche, körperliche, finanzielle Probleme  Hohe Depressionswerte  Ansteigen von häuslicher Gewalt

12 Hochschule Esslingen Pflegereform 2017: Eckpunkte  Stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse von Demenzkranken  Neue Begutachtungsrichtlinien: 5 Pflegegrade - Hilfe bei den Alltagsverrichtungen - Psychosoziale Unterstützung - Nächtlicher Hilfebedarf - Präsenz am Tag - Unterstützung beim Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen - Organisation von Hilfen  Insgesamt höhere Ausgaben für Pflege - 4,8 Milliarden Euro bis 2017 (Preisangleichung) - ab ,8 Milliarden Euro jährlich - 0,5 % mehr für die Pflegeversicherung

13 Wie kann die Zukunft der Alten aussehen?  „Die Alten“ sind heterogen und tragen für ihr erfolgreiches Altern hohe Eigenverantwortung.  Hochaltrigkeit geht oft mit Pflegebedürftigkeit einher. Für die Betroffenen müssen hoch differenzierte und individualisierbare Leistungen konzipiert werden.  Modellprojekte laufen (Generationenverbindendes Wohnen, WGs, Ausbau der ambulanten und stationären Hilfen).  Staatliche Verantwortung ist hoch: Rahmenbedingungen müssen politisch gestaltet werden; Quartiersbezogene Strategien müssen auf- und ausgebaut werden.  Persönliche Verantwortung ist hoch!

14 Entwicklungserfordernisse  Pflege muss neben der medizinischen Versorgung zu einer zweiten zentralen Säule im Gesundheitssystem werden (Finanzierung und Leistungsrecht).  Bildung in der Pflege muss sich den internationalen Gegebenheiten angleichen! (Akademisierung und Verbesserung der generalistischen Ausbildung)  Kompetenzmix und Leistungsmix: Ausbau ambulanter Hilfen als eine gelungene Mixtur von Pflege, hauswirtschaftlichen Hilfen, sich ergänzenden professionellen und lebensweltlichen Hilfen

15 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Für weitere Fragen und Anregungen stehe ich gerne zur Verfügung! Kontakt: Hochschule Esslingen Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege Flandernstr. 101, Esslingen Mail: