Wie „PISA“ und „Bologna“ enstanden – und was sie erreichen wollten Roman Langer JKU Linz Abteilung für Pädagogik und pädagogische Psychologie ÖFEB-Sektion.

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 Präsentation transkript:

Wie „PISA“ und „Bologna“ enstanden – und was sie erreichen wollten Roman Langer JKU Linz Abteilung für Pädagogik und pädagogische Psychologie ÖFEB-Sektion Schulforschung und Schulentwicklung

1. Vorgeschichte (1) Verhältnis der wirtschaftlich und politisch mächtigsten Staaten(gemeinschaften): Konkurrenz um wirtschaftliche, politische, technologische, militärische Vormacht 50er Jahre: U.S.A. vs. Sowjetunion (2) Schockartiges Erleben: „Unsere Vormachtposition ist gefährdet! Wir müssen sie sichern!“ + Biltzschnelle Reaktion 1957: Sputnik-Schock 1958: „National Defense Education Act“

1. Vorgeschichte (3) Internationale Organisationen werden zu bildungspolitischen Akteuren 1961: Gründung der OECD – sie verfolgt von Anfang an bildungspolitische Ambitionen (4) Reaktion schwächerer Staaten auf die Aktivitäten internationaler Organisationen D 1964: „Bildungskatastrophe“ (Picht); 1973: „Bldungswesen: mangelhaft“ IRL 1965: „Investment in Education“

1. Vorgeschichte (5) Staaten: Internes Verhältnis Bundesregierung – Landesregierungen/ Bildungsinstitutionen D 1973: Bund VS. Länder/ KMK (=> kein einheitliches Eingehen auf OECD-Befunde)

1. Vorgeschichte (6) Verhältnis mächtiger Staaten zu internationalen Organisationen: Erwartungsdruck erzeugen und Reputation verleihen 60er: U.S.A.: „OECD – Vergleiche du die Bildungssysteme und finde Faktoren für lohnende Investitionen in Bildung!“ OECD: „Okay! Ich veröffentliche Daten, die die Staaten erhoben haben, für alle & stelle mich als Diskussionsforum zur Verfügung!“ Staatsregierungen: „Prima, OECD!“

2. Frühgeschichte (1) Verhältnis der ökonomisch und politisch mächtigsten Staaten 1970er (unverändert): USA und UdSSR ringen um Vormacht (2) Schock-Erlebnis + blitzschnelle Reaktion 1974: Ölkrise, anschl.: Stagflationskrise, U.S.A.: Sorge um negative Handelsbilanz Regierungen suchen nach neuer Wirtschaftspolitik

2. Frühgeschichte (3) Internationale Organisationen werden zu wirtschaftspolitischen Akteuren + (6) Verhältnis mächtiger Staaten zu internationalen Organisationen: Vorschläge übernehmen + Druck erzeugen + Reputation verleihen Mont Pélerin Society-Mitglieder beraten neue Regierungen in U.S.A. und GBR. (Friedman & Reagan; Rumsfeld) IWF & Weltbank (US-dominiert) werden auf neue neoliberale Wirtschaftspolitik ausgerichtet

2. Frühgeschichte (2') „Schock-Strategie“ (Naomi Klein) + blitzschnelle Reaktion U.S.A.: Gründung „National Commission on Excellence in Education“ => 1983 „A Nation at Risk“ („act of war“, „flood of mediocrity“) => zahlreiche Bildungsreformen (u.a. high stakes testing, standards, accountability)

2. Frühgeschichte (5) Staaten: Internes Verhältnis Bundesregierung – Landesregierungen/ Bildungsinstitutionen U.S.A.: Traditionell starke Staaten. Bundesregierung will nicht als Sündenbock für Bildungsreformen dastehen (Frankreich: Will auch eine Bildungsreform durchführen, Regierung hat aber Widerstand aus den traditionell starken Bildungsinstitutionen zu erwarten)

2. Frühgeschichte (6) Verhältnis mächtiger Staaten zu internationalen Organisationen: Erwartungsdruck erzeugen und Reputation verleihen U.S.A. + Frankreich machen Druck auf OECD U.S.A. drohen der OECD mit Ausstieg (vgl. UNESCO) OECD gibt nach (1988 INES, 1992 Education at a Glance) => U.S.A. und F nutzen OECD-Daten, um ihre Bildungsreformabsichten zu legitimieren.

3. PISA's Geburt (7) Internationale Organisation wird selbstständig aktiv und initiativ – beschafft sich selbst Reputation OECD gründet nationale PISA-Konsortien, die „Indikatorkultur“ verbreiten sollen OECD lässt über 300 Wissenschaftler mitarbeiten, davon viele mit „unantastbarer Reputation“, um die eigenen Studien zu legitmieren (aber: einseitige Orientierung) INES-Datenbasis „nicht hinreichend“ => OECD will eigene Daten erheben = Geburt von PISA

3. PISA's Geburt (7) Internationale Organisation wird selbstständig aktiv und initiativ – beschafft sich selbst Reputation 1995 erste Vorstellung von PISA – OECD- Mitgliedstaaten lehnen ab OECD-Bildungsdirektor Tom Alexander betreibt Lobbying 1997 zweite Vorstellung von PISA – Mitgliedstaaten stimmen zu!

3. PISA's Geburt Warum stimmen plötzlich alle Mitgliedstaaten zu? (1) OECD-Lobbying (2) peer pressure: Erwartungsdruck, mitzuziehen – aber warum? (3) Furcht vor Gesichtsverlust – kein „guter Europäer“ zu sein – aber warum? ? (4) Furcht vor Einflussverlust in Europa/ vor Verlust an Rechten, Geldern, Exklusion? ? (5) Unkritisches Glauben: „Ist bestimmt richtig“/ Selektives Wahrnehmen?

X. Fragen Warum fragt man nicht nach den (höchst ambivalenten) empirischen US-Erfahrungen mit Standards, Kompetenzmodellen, accountability usw.? Woher hat die OECD ihre Wissenschaftler? Wer wurde wie rekrutiert? Warum werden Kompetenzprozessmodelle nicht erstellt? Warum wurden Mindeststandards zu Regelstandards? Warum fragt niemand, wer PISA mit welchen Interessen entwickelt hat?

3. PISA's Performance (1) Verhältnis der EU-Staaten zueinander + (2) Schockerlebnis und Blitzreaktion PISA 2000: Schock für Deutschland und Schweiz PISA 2003: Schock für Deutschland, Schweiz und Österreich Reaktion: Versuche, politisches Kapital aus Abhilfs-Maßnahmen zu schlagen + Ratlosigkeit

3. PISA's Performance (3) Internationale Organisationen werden zu wirtschaftspolitischen Akteuren + (6) Verhältnis mächtiger Staaten zu internationalen Organisationen: Vorschläge übernehmen + Druck erzeugen + Reputation verleihen Einer weiß Rat: Die OECD. Ihre Wissenschaftler verkaufen als „Stand der Forschung“: => Kompetenzmodelle + Bildungsstandards (2004: „Klieme-Studie“, 2005: Einführungsbeschlüsse)

4. Bologna-Vorgeschichte Eine internationale Organisation – die EU (EG) – wird zum bildungspolitischen Akteur 1976: EG-Aktionsprogramm „Joint European Studies“, Ziel: Förderung internationaler Mobilität => 1987 ERASMUS-Programm 1992: Maastricht-Vertrag räumt der EU- Kommission begrenzten bildungspolitischen Handlungsspielraum ein Kommission nutzt ihn mit 10 Veröffentlichungen zu Bildung und Hochschulbildung

4. Bologna-Vorgeschichte Verhältnis Regierung (Kommission) – Länder (Mitgliedsstaaten) und Bildungsinstitutionen EU-Staaten nehmen die Ambitionen der EU- Kommission als Bedrohung ihrer bildungspolitischen Autonomie wahr Verhältnis der mächtigsten Länder innerhalb einer Staatengemeinschaft D, F nehmen zugleich „brain drain“ nach U.S.A. und GB wahr: Die heimischen Universitäten werden immer unattraktiver für ausländische Studierende

5. Bologna's Geburt: Der Urknall 1997 D, F und GB haben Gesetze zur Hochschulreform fertig ausgearbeitet. Lissabon 1997: UNESCO + Europararat: Anerkennung von Hochschulabschlüssen. 1998: Sorbonne-Erklärung durch F, D, I, GB. Claude Allègre lädt strategisch ein (800-Jahr- Feier der Sorbonne): „Wenn diese vier Staaten voran schreiten, werden die anderen schon folgen“

5. Bologna's Geburt: Der Urknall Verhältnis von Regierungen zu Ländern/ Bildungsinstitutionen I + Internationale Organisationen als Druckmittel gegen interne Opposition F und D wollen mit Hilfe der internationalen Zusammenarbeit die Länder/ Bildungsinstitutionen im Inland übertrumpfen

5. Bologna's Geburt 1999: Bologna-Deklaration: 29 (!) Unterzeichnerstaaten Warum stimmen plötzlich so viele Staaten zu? (1) Schriftliche Aufforderungen und persönliche Einladungen durch frz. Und ital. Bildungsminister (2) Scheinbar sofortige Umsetzung in D, F („Die meinen es ernst – nicht abkoppeln lassen!“) (3) Ländern mit jungen Universitäten (Island, Dänemark) und teils bereits vorhandenen „Bologna- Strukturen“ (Norwegen, Finnland) kommt die Reform entgegen

5. Bologna's Geburt Warum stimmen plötzlich so viele Staaten zu? [Fortsetzung] (4) ? Katastrophale Zustände an den Universitäten – Bologna als erhoffte richtige Antwort? (5) Öffnung des Hochschulraumes/ der qualifizierten Arbeitsmärkte für die osteuropäischen Länder (6) Der Reiz der (scheinbaren) Freiwilligkeit/ Autonomie

5. Der Bologna-Prozess Wer nimmt am Bologna-Prozess teil? Die Bildungsminister der Staaten Der europäische HRK-Dachverband Ab 2001: EU-Kommission. Verband europ. Unis (EUA) und europ. Studierender (ESIB) – als Beobachter Ab 2003: UNESCO Ab 2005: Gewerkschaften (EI), Akkreditierungsagenturen (ENQA), Industrie und Arbeitgeber (UNICE)

5. Der Bologna-Prozess Was sind die Ziele des Bologna-Prozesses? 1. Leicht verständliche + vergleichbare Abschlüsse 2. Zweistufige Studienstruktur (1999: kein BA/MA!) 3. Leistungspunktsystem 4. Mobilitätssteigerung 5. Europäischer Hochschulraum (Vorbild: Binnenmarkt; Erfolg vs. AUS, CAN, USA)

5. Der Bologna-Prozess Was sind die Ziele des Bologna-Prozesses? [Fortsetzung] 6. (seit 2001) Qualitätssicherung/ Akkreditierung 7. (seit 2001) Lebenslanges Lernen 8. (seit 2001) Steigerung der Attraktivität der Unis für Externe 9. (seit 2003) Doktorandenausbildung als dritte Stufe des Studiums (Studien- statt Berufsphase!)

6. Intergouvernementalität Verhältnis der mächtigsten Staaten(gemeinschaften) zueinander Globalisierung: Verschärfung des Wettbewerbs, Beschleunigung der Innovationen März 2000: Lissabon-Strategie Die Europäische Union ist mit einem Quantensprung konfrontiert, der aus der Globalisierung und den Herausforderungen einer neuen wissensbasierten Wirtschaft resultiert. […] Die raschen und immer schneller eintretenden Veränderungen bedeuten, daß die Union jetzt dringend handeln muß, wenn sie die sich bietenden Chancen in vollem Umfang nutzen möchte.“ (ER 2000, 1)„Neues strategisches Ziel“: „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen […]. Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es einer globalen Strategie, in deren Rahmen der Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft durch bessere Politiken für die […] Bereiche Forschung und Entwicklung [...] vorzubereiten ist.“ (ER 2000)

6. Intergouvernementalität 2003: Bologna-Follow Up-Treffen in Berlin. Die Deklaration nimmt positiv Bezug auf die Lissabon-Strategie (The Empire strikes back: EU-Kommission ist federführend) Parallelen: Bis 2010 „dynamischster Wirtschaftsraum“, „eur. Forschungsraum“, „europäischer Hochschulraum“ - und in D „Agenda 2010“ 2004 verschärft der „Kok-Report“ die Lissabon- Strategie: Die Krise (der EU droht der Verlust ihrer Position am globalen Markt) erfodert und rechtfertigt drastische Handlungen

6. Intergouvernementalität 2003: CHE (Bertelsmann und HRK) und DFG veröffentlichen Uni-Ranking (D ab Platz 50, beste 8 Unis aus den U.S.A., Ö-Unis abgerutscht) Anfang 2004: D (SPD) und A (SPÖ) starten Elite- Uni-Initiative Bologna als Teil des sozialdemokratischen „dritten Weges“ - der aber neoliberal wird

6. Intergouvernementalität Rahmenbedingung für eur. Forschungsraum: NPM. OECD 2004: 6 Szenarios. OECD 2006: 4 Szenarios – offene Kollaboration, internationaler Forschungsmarkt, NPM, Promotion nationaler Interessen Rahmenbedingung GATS/ WTO: Liberalisierung des Handels mit (Bildungs-)Dienstleistungen (Bildung als Markt für öffentliche und private Anbieter) Gründung neuer Akteure (IQB, bifie, Akkreditierungs- und Evaluierungsagenturen)

6. Intergouvernementalität Die große Erzählung. 1. Auf Grund der Globalisierung (= verschärften internationalen Konkurrenz) sind neue Anstrengungen nötig, den Wohlstand zu sichern 2. Wohlstand wird gesichert über ökonomische Überlegenheit durch technologische und Innovationen 3. Wir brauchen Menschen, die Innovationen „machen“ können 4. Wir müssen Unis + Schulen so reformieren, dass sie diese Menschen hervor bringen

6. Intergouvernementalität Was die große Erzählung nicht erzählt 1. Um soziale Innovationen geht es nicht 2. Es wird nicht gesagt, was mit den globalen und nationalen Konkurrenzverlieren geschieht 3. Dass die gegenwärtigen Reformen auf voraus eilenden Gehorsam und ängstliche Anpassung hinaus laufen – und gerade nicht auf Kreativität 4. Was, außer Wirtschaft, noch zum Wohlstand der Völker beiträgt

7. Bewertung Die Reformen „PISA & Co.“ und „Bologna“ sind Aktivitäten der Regierungen und transnationalen Organisationen Sie dienen ökonomischen Interessen in der globalen Konkurrenz Bildung ist Mittel zum Zweck ökonomischer Prosperität – der Staaten und Unternehmen, nicht aber der gesamten Bevölkerung (soziale Ziele werden nur genannt, nicht verfolgt)

Z. Bewertung Verpflichtung zum lebenslangen Lernen = Verpflichtung für die Bevölkerung, sich jedem Trend anzupassen, den die „global player“ aus Wirtschaft und Politik erzeugen Die „Bildungsarbeiter“ werden bei den Reformen nicht gefragt, sondern mit vollendeten TINA- Tatsachen konfrontiert Probleme und Herausforderungen vor Ort interessieren nicht

Z. Bewertung Die PISA- und Bologna-Wege beruhen auf starkem Glauben und definierten Problemen, aber nicht auf empirischer Basis. Akteure vor Ort glauben in gutem Gewissen an die „bildungsnahen“ Ziele – und übersehen die „wirtschaftsnahen“, auf die internationale Konkurrenz bezogenen Ziele PISA und Bologna führen zu einer enormen Re- Regulierung, im Extrem zum gehetzten, sinn- und fraglosen Befolgen abstrakter Anforderungen

Z. Bewertung Die politisch gewollte Verschärfung des Konkurrenzdrucks in quantitativen Dimensionen fördert und selektiert nach dem Matthäus- Prinzip Akteure vor Ort passen sich aus Furcht vor Verlusten (Stellen, Gelder, Arbeitsplätze) in voraus eilendem Gehorsam an – machen bei Dingen mit, die sie im Grunde nicht gutheißen Cui bono? Drei-Klassen-Bildungssystem: Elite, „Führerschein-Klasse“, Überflüssige