Mediation in der Arbeitswelt Österreich (Forts.), Deutschl., NZ, USA ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Risak Institut für Arbeits- und Sozialrecht
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Inhaltsübersicht Österreich Diskriminierung von AN_innen mit Behinderung Beendigung von Lehrverhältnissen Praxisinput Dr. Hauska ( Deutschland Neues (schlankes), aber umfassendes MediationsG Güterichter_innen Neuseeland – Mediation Services des Department of Labour Staatliche (Pflicht-)Mediation Hybridmodel Ziel: effiziente Lösung von (Rechts-)Problemen USA – REDRESS-Programm des US Postal Service Privates Mediationsprogramm Transformatives Modell Ziel: (tw) Änderung der Unternehmenskultur
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Mediation bei Diskriminierung von Arbeitnehmer_innen mit Behinderung Diskriminierung auf Grund der Behinderung in der Arbeitswelt Vor gerichtlicher Geltendmachung -> Schlichtungsverfahren (§ 7k BEinstG, § 15 BGStG) Ziel: Einvernehmlicher Ausgleich von Interessengegensätzen Mediation durch externe (eingetragene) Mediatoren ist anzubieten (öffentl. Finanzierung max 10 Std à 84,- €) Aber: Unterschied zwischen Schlichtung und Mediation?
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Schlichtungsverfahren „Das Schlichtungsverfahren wird nach freiem Ermessen, aber unter Beachtung der Grundsätze der Unparteilichkeit, Unbefangenheit, Gerechtigkeit und Billigkeit durchgeführt. Der konkrete Verfahrensablauf wird in Abstimmung mit den Beteiligten festgelegt. Die SchlichtungsreferentInnen unterstützen die Schlichtungsbeteiligten im Bemühen, den Streit gütlich beizulegen. Die Einigung selbst kann aber nur einvernehmlich zwischen den Schlichtungsparteien erfolgen.“ Quelle:Informationsblatt des Bundessozialamts
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Schlichtungsgespräch „Das Schlichtungsgespräch findet unter der Leitung ausgebildeter SchlichtungsreferentInnen statt. SchlichtungsreferentInnen sind neutrale Vermittler im Konflikt zwischen den beiden Parteien. Ihre Aufgabe ist es in erster Linie, einen optimalen Rahmen für die Einigungsgespräche zu schaffen. Das Verfahren ist bewusst formlos, eine anwaltliche Vertretung ist nicht erforderlich. Es können auf Wunsch auch Vertrauenspersonen hinzugezogen werden.“ Quelle:
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Lehrlingsmediation § 15a BAG – Ausbildungsübertritt Zwingende Durchführung eines Mediationsverfahrens Zweck: nachvollziehbare Darstellung der Problemlage für die Beteiligten und Erörterung der Voraussetzungen für Fortsetzung des Lehrverhältnisses Verfahren Fristen Auswahl des Mediators Kostentragung Mediationsverfahren Ende des Mediationsverfahrens
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Problembereiche der Lehrlingsmediation Freiwilligkeit des Mediationsverfahrens Wesentliches Elemement des Mediationsverfahrens – Rechtsqualität – Änderung durch BAG? Lehrberechtigter/Lehrling Einleitungs- oder Einlassungszwang? Folgen des erfolglosen Mediationsverfahrens Kaum praktische Bedeutung Wien 2010: 11 Fälle von rd 3000 Beendigungen (0,4%) Wien 2009: 0,3% Österreichweit: Fälle, Fälle
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Bewertung und Ausblick Rechtliche Regelungen führen (noch) zu keiner Akzeptanz unter den Akteuren im Arbeitsleben Gesetzliche Änderungen Propagierung der Mediation – Argumente aus anderen Rechtsordnungen nur eingeschränkt verwendbar Besonderheiten des Arbeitslebens Rolle der Sozialpartner_innen Tendenz zur Kollektivierung von Konflikten Bedeutung der Berücksichtigung institutioneller Rahmenbedingungen
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Deutschland Grundzüge des MediationsG Mediationsgesetz vom (BGBl. I S. 1577) online bspw unter keine Beschränkung auf Zivilrechtssachen (wie in RL und Ö) Kernthemen: Freiwilligkeit, Vertraulichkeit, Unabhängigkeit/Neutralität, Vollstreckbarkeit, Qualitätskontrolle Flankierende Regelungen in anderen Gesetzen Vorschlag externer/Verweisung zu interner Mediation (Güterrichter_innen) Angabe in Klageschrift, ob Mediation versucht Kostenanreize
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Mediation im arbeitsgerichtlichen Verfahren Vor MediatG in den Ländern Richter_innenmediation (gerichtsinterne Mediation) International als deutsche Besonderheit wahrgenommen Bei Entstehung des MediatG massiver Konfliktpunkt § 54 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) Güteverhandlung vor Vorsitzender/m inkl. Erörterung und Aufklärung des Sachverhaltes Verweisung zu nicht entscheidungsbefugtem/r Güterichter_in – „kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.“ § 54a ArbGG: Vorschlag von Mediation oder anderem Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Arbeitsrechtliche Mediation in NZ – Employment Relations Act (ERA) 2000 promoting mediation as the primary problem-solving mechanism, reducing the need for judicial intervention (s 3 (a) (vi)) prompt and efficient solution of Employment Relationship Problems (ERPs) – s 144 (2) (d) parties to any proceedings must be directed by either ERA or the Employment Court to attend mediation (ERA 2000, ss 159, 188) chief executive has to employ or engage persons to provide mediation services to support all employment relationships (s 144 (1)) derzeit: DoL’s Mediation Services mit angestellten Mediatoren Andere Form der Leistungserbringung theoretisch möglich (und in anderen Bereichen auch gewählt) Private Mediation bleibt möglich
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Text: Using mediaton services effectively Lesen What is mediation? (Seite 6) When should a mediator get involved? (Seite 7) What is the mediator‘s role? (Seite 8) What happens at a mediation meeting? (Seite 10, 11) Can the mediator make a recommendation? Is the mediator allowed to decide the outcome? (Seite 12) Identifizieren Sie die Hinweise auf unterschiedliche Mediationsmodelle
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Daten (Studie 2009/10) 34 angestellte Mediatoren beim Department of Labour’s (DoL) Mediation Service 7 regionale Büros (Auckland, Christchurch, Dunedin, Hamilton, Napier, Palmerston North and Wellington) Jährlich durchgeführte Mediationen (ERP): 6,122 (2009/10) Vergleichsquote: durschnittl. 77% in den letzten 4 Jahren (Fragebogenstudie: 72%) DoL Parteienzufriedenheit-Studie 2009: 83% zufrieden (Fragebogenstudie: 87%)
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Forschungsfragen Wie funktioniert das neuseeländische System arbeitsrechtlicher Mediation? Menschen: Wer sind die Mediator_innen? Theorie: Was ist die zugrunde liegende Mediationstheorie? Welches Mediationsmodel wird eingehalten? Verfahren: Wie sieht ein “standard” Mediationsverfahren aus? Kultur/Einstellungen: Was erwarten Parteien von einer Mediation/einer Mediator_in?
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Wer mediiert arbeitsrechtliche Streitigkeiten? Der/die typische Arbeitsrechtsmediator_in Älter als 50, Universitätsausbildung (idR Jus), Mediation ist eine 2. oder 3. Karriere DoL-Mediatoren_innen: Erfahrungen mit dem Arbeitsleben (Arbeitsrecht, Personal, Gewerkschaft/AG-Verband), idR viele Jahre (zumeist > 10 Jahre) DoL’s Mediation Services dominieren den Markt Private arbeitsrechtliche Mediation nur in Nischen Angestellte Mediator_innen als Teil der Unternehmenskultur /niederschwellige Mediationsprogramme Nur wenig gerichtsnahe Mediation: Manager_innen, besondere rechtliche Expertise der Mediatorin, facilitativer Mediationsstil
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Mediationsmodel des DoL Mediation Service politische Entscheidungen Keine explizite Richtungsentscheidung Mediator_innen werden im klassischen Model ausgebildet (CDR Associates, LEADR) Mediator_innen haben häufig wesentliche Kenntnsise des Arbeitsrechts/der Arbeistbeziehungen aus früheren Berufen s 147 (3) ERA 2000 (since ERA Amendment Act 2004) nicht ausdrücklich auf ein evaluatives Model Bezug: “to avoid doubt”, the mediator “also decides the procedures that will be followed, which may include (...) expressing to any party his or her views on the substance of 1 or more of the issues between the parties (...) expressing to any party his or her views on the process the party is following or the position the party has adopted about the employment relationship problem” Vergleichsquote und Parteienzufriedenheit sind Erfolgsparameter
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Mediation Model des DOL Mediation Service Was passiert tatsächlich? Mediator_innen unterscheiden zwischen beendeten und weitergehenden Arbeistverhältnisses Zeitaufwand Mediationszugang und Problemdefinition Mediator_innen haben den Status eines öffentlich Bediensteten Ein Großteil der Parteien ist qualifiziert vertreten Mediator_innen werden immer interventionistischer (sowohl in der Substanz alsauch dem Verfahren) wenn sie es als notwendig ansehen Rechtliche Information wird idR erteilt Evaluative Elemente sind omnipräsent und angeblich von den Parteien/Vertreter_innen erwartet “robuste” Risikoanalyse (insb Kosten) Analyse der Stärken und Schwächen der Parteienposition
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Mediation Model des DOL Mediation Service Zusammenfassung Hybrid-Model mit großem Spielraum für die einzelnen Mediatoren Starke Präsenz evaluativer Elemente “Schatten des Rechts” Ausdrücklicher gesetzlicher Hinweis Anwesentheit rechtlich kompetenter Vertreter Unterscheidung zwischen beendeten und weitergehenden Arbeitsverhältnissen Problemdefinition Transformative Elemente zT auch präsent
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Mediation Prozess – 3 Phasen Preparatory phase No preliminary meetings Some written information provided by parties Caucus with parties on day of mediation Contentious phase Opening statement of mediator Opening statement of parties/representatives Discussions in joint session Cooperative phase Caucus – limited joint sessions – short lineout Shuttle mediation Closure - Settlement
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Vorbereitungsphase Request for mediation/referral to mediation Information offered by parties (briefs, documents) Assignment of mediator Additional information requested by mediator Separate preliminary sessions on day of the mediation
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Streitige Phase (Focus auf der Vergangenheit) Opening statement by mediator Opening statement by applicant (representative) Break Caucus Opening statement by respondent Break Caucus Discussion in joint session about issues raised in opening statements Problem statement by mediator – transition to cooperative phase
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Cooperative Phase (Focus auf der Zukunft) Caucus Shuttle mediation Joint Session Short lineout Caucus Signing of settlement
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Video – acas Mediation in action Fragen Welcher Zugang wird gewählt? Was ist das Ziel der Mediation? Was ist die Rolle des/der Mediator_in? Welche Interventionen können Sie erkennen?
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Transformative Mediation Bush/Folger, The Promise of Mediation: A Transformative Approach to Conflict (2nd edition, 2005) Konflikttheorie Macht/Recht/Interessen Effekt auf die Konfliktpartei – Machtlosigkeit – Entfremdung insb von der anderen Konfliktpartei – Auswirkung auf deren Kommunikation Quelle: Folger ua, Transformative Mediation: A Sourcebook (2010) 17
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Transformative Mediation Theorie Problem: Interaktion der Parteien geprägt durch Entfremdung, Schwächung und Dämonisierung Transformative Mediation Ziel: Wiederherstellung konstruktiver Interaktion durch Umdrehung der Konfiktspirale -> Transformation Technik: Ermächtigung der Parteien (empowerment) und Wahrnehmung des/der Anderen (recognition) Relationales Menschenbild: Kapazität für individuelle Stärke und gegenseitiges Verstehen sowie ein Bedürfnis dementsprechend zu handeln Mediator_in unterstützt „shifts“
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Quelle: Folger ua, Transformative Mediation: A Sourcebook (2010) 21
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt Video Robert A. Baruch Bush Joseph Folger
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt REDRESS - Program US Postal Service: – 1 Mio AN_innen Resolve Employment Disputes Reach Equitable Solutions Swiftly Diskriminierungsfälle Ursprünglich: Rechtsdurchsetzung durch Ombuds- System Neu auf Basis eines Vergleiches im Rahmen einer „class action“ Ursprünglich: klassische Mediation -> aber in der Folge transformative Mediation – Unterschied insb Parteieneinfluß auf den Ablauf
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt REDRESS Hauptkomponenten Verbot evaluativer Elemente Kein vorgegebener Prozess – Parteien vereinbaren diesen selbst Externe Mediator_innen: rd 1500 auf einer nationalen Liste Ausgebildete/geübte (10 Mediationen) Mediator_innen 20 Std spezifisches Training Keine arbeitsrechtlichen Vorkenntnisse nötig 44% Frauen, 17% Minderheiten Qualitätskontrolle
Martin RisakKU Mediation in der Arbeitswelt REDRESS Hauptkomponenten II Ziele Vergleich ist kein Ziel (aber eine Beendigungsrate von zwischen 70 – 80%) Teilnahmequote ist Hauptziel – derzeit rd 82 % Upstream-Effekte: Konfliktkompetenz „Zuhören – Anerkennen - Entschuldigen“ Evaluierung ( Fragebögen) Zufriedenheit: 90% Unabhängigkeit: 95% Nachhaltige Absenkung der Diskriminierungsverfahren und der Beschwerdeführer_innen