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Traumazentrierte Psychotherapie der chronifizierten, komplexen PTBS vom Phänotyp der Borderline-Persönlichkeitsstörung (Luise Reddemann, Ulrich Sachsse)

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Präsentation zum Thema: "Traumazentrierte Psychotherapie der chronifizierten, komplexen PTBS vom Phänotyp der Borderline-Persönlichkeitsstörung (Luise Reddemann, Ulrich Sachsse)"—  Präsentation transkript:

1 Traumazentrierte Psychotherapie der chronifizierten, komplexen PTBS vom Phänotyp der Borderline-Persönlichkeitsstörung (Luise Reddemann, Ulrich Sachsse) Referenten: Carmen Baschab, Edeltraud Müller

2 Borderline-Störungen WS 2005/06
Gliederung Traumabegriff Prävalenz sexualisierter Gewalt bei Kindern und Jugendlichen; Wetzels Studie (1997) Prävalenz sexualisierter Gewalterfahrung bei Borderlinern Psychodynamik der BST als chronifizierte, komplexe PTBS Diagnostik und allgemeine Behandlungstheorie Konkrete Therapieschritte Stabilisierung Begegnung mit dem Trauma zur Traumasynthese Trauer und Neuorientierung Fazit Borderline-Störungen WS 2005/06

3 Borderline-Störungen WS 2005/06
Trauma Was ist ein Trauma ? Typ I Trauma Typ II Trauma Verwendung des Begriffs Trauma bei Reddemann und Sachsse Chronifizierte, komplexe Posttraumatische Belastungsstörung vom Phänotyp der Borderline-Persönlichkeitsstörung Als Trauma wird ein katastrophales Ereignis verstanden, das durch seine überwältigende Intensität, Plötzlichkeit und Bedrohlichkeit die Möglichkeit des betreffenden Menschen überfordert, dieses Ereignis ohne dauerhafte Folgen und Einschränkungen zu verarbeiten. Das Opfer erlebt sich an das unkontrollierbare Ereignis hilflos ausgeliefert, da Flucht oder Angriff und sonstige Strategien zum Selbstschutz nicht wirksam oder möglich sind. Traumatisierungen können durch andere Menschen (z.b. durch einen Überfall) oder im Rahmen von Unfällen und Naturkatastrophen stattfinden. Handelt es sich um ein kurzes punktuelles, akutes und begrenztes Trauma-Ereignis spricht man vom Typ 1-Trauma. Die meisten Typ 1-Trauma können dank vorhandener Selbstheilungsmechanismen von den betroffenen Menschen in den dem Trauma folgenden Wochen ohne bleibende Symptome verarbeitet werden. Sozialer Beistand, Schutz und Entlastung fördern diese spontanen Heilungsvorgänge. Von einem Typ 2-Trauma spricht man, wenn Menschen wiederholte länger andauernde und schwere Bedrohungen und/oder Gewalt durch andere Menschen erfahren müssen, meist in der Kindheit und häufig auch in Form sexualisierter Gewalt. Kinder entwickeln besondere Fähigkeiten und charakteristische Schutzmechanismen, die ihnen ein seelisches Überleben in solchen ausweglosen Situationen ermöglichen, z.b. lernen sie, sich von ihren Gefühlen oder ihren körperlichen Schmerzen oder ihrem wachen Bewusstsein abzutrennen (Dissoziation); oder sie übernehmen anstelle des Täters die Verantwortung und Schuld für das Geschehen (Introjektion). Als Folge einer Typ 2-Traumatisierung und der erlernten Bewältigungsstrategien kann es im späteren Lebensalter zu gravierenden Problemen und Symptomen kommen, die als chronifizierte, komplexe posttraumatische Belastungsstörung zusammengefasst werden. Neben der Symptoamtik der posttraumatischen Belastungsstörung nach ICD 10: Anhaltende Erinnerungen oder wiedererleben des Traumatischen Ereignisses durch durchdringende Nachhallerinnerungen (Flashbacks), lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume sowie innere Bedrängnis in Situationen, die der ursprünglichen Belastung ähneln Umstände, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen, werden vermieden Anhaltende Symptome eines erhöhten physiologischen Erregungsniveaus wie Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Wachsamkeit und Schreckhaftigkeit besteht bei der chronifizierten komplexen posttraumatischen Belastungsstörung eine anhaltende Störung der Gefühls-und Impulsregulation, eine ausgesprochene negative Selbstwahrnehmung (während der Täter oft idealisiert wird), gravierende Probleme mit Beziehungen, Nähe und Sexualität und eine sehr negativ gefärbte Weltsicht. Traumata (Typ1/2) können von weiteren gravierenden psychischen Erkrankungen begleitet werden: Depression, Angststörung, somatoforme Störung, psychogene Essstörung, Suchterkrankung, Persönlichkeitsstörungen (wie z.B. Borderline) Verwendung des Begriffs Trauma bei Reddemenn und Sachsse Traumatisierung nicht im psychoanalytischen Sinne als Reizüberflutung des Ichs durch überwältigende Affekte von innen, sondern für von außen auf die Person einwirkende Ereignisse.. Das traumatische Ereignis beinhaltet das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes , einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat, oder die Beobachtung eines Ereignisses, das mit Tod, Verletzung oder Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person zu tun hat oder das Miterleben eines unerwarteten oder gewaltsamen Todes, schweren Leids oder Androhung des Todes oder Verletzung eines Familienmitgliedes oder einer nahe stehenden Person Sie beziehen Formen nicht-physischer Gewaltanwendung wie verbale Übergriffe oder verbale Gewalttätigkeit oder narzistische Ausbeutung bzw. Parentifizierng nicht in das Begriffsfeld Trauma mit ein Chronifizierte, komplexe Posttraumatische Belastungsstörung vom Phänotyp der BPS die Störung wurde durch ein Trauma hervorgerufen, welches sich festgesetzt hat Borderline-Störungen WS 2005/06

4 Prävalenz sexualisierter Gewalt bei Kindern und Jugendlichen
Verschiedene Studien in der Allgemeinbevölkerung Ergebnis Finkelhor 1979, Russel 1986, Fromuth (USA) jede 4. bis 5. Frau der Allgemeinbevölkerung wird wenigstens 1x Opfer einer sexuell motivierten Straftat vor ihrem 16. Lebensjahr Bestätigung durch Studien in den Niederlanden, Neuseeland, Holland, BRD (Raupp u. Eggert 1993; Bange 1992; Wetzel 1997), wobei in Deutschland im Gegensatz zu den anderen Ländern bei Bange und Wetzel Männer und Frauen befragt wurden Definitionsbereiche: nicht einheitlich Nur / mit / ohne Körperkontakt; inner- und außerfamiliär; Altergrenze 14 bis 18 Jahre Methode: nicht einheitlich Fragebogen; Tiefeninterview Altersgrenze: nicht einheitlich 14 bis 18 Jahre Stichprobengrößen: Zwischen 482 und 1661 Frauen 343 bzw Männer Borderline-Störungen WS 2005/06

5 Wetzels Studie für die Bundesrepublik (1997)
Sexualisierte Gewaltanwendung an Kindern und Jugendlichen vor dem 16. Lebensjahr in der Allgemeinbevölkerung Mindestprävalenzen Ergebnis Was ist das Besondere an der Studie von Wetzel? (repräsentativ für Deutschland) Er untergliedert den breiten Raum des juristischen Straftatbestandes der sexualisierte Gewaltanwendung vor dem 16 Lebensjahr Warum? es besteht ein breiter Spielraum und damit keine Unterscheidung bei der Diskussion dieses juristischen Straftatbestandes von Exibitionismus bis hin zur Vergewaltigung und damit verbunden von´leichten bis hin zu schweren Traumata Sein Ziel Mindestprävalenzen zu finden für sexualisierte Gewaltanwendung( schwere Form) Er fand dafür - Penetration mit Objekt, Finger oder Zunge Bei Frauen einmalig 0,7%, mehrfach 0,8% Bei Männern einmalig 0,1%, mehrfach 0,3% - Vaginale Penetration mit Penis bei Frauen einmalig 1,1%, mehrfach 0,8% - anale/orale Penetration mit Penis Bei Frauen einmalig 0,4%, mehrfach 0,2% Bei Männern einmalig 0,1%, mehrfach 0,4% Stichprobe 1661 Frauen, 1580 Männer Definitionskriterien mit und ohne Körperkontakt Methode Fragebögen: Mehrfachnennungen waren möglich Ausmaß w= 13,8%(292) m = 4.3%(68) Ergebnis: 1% der weiblichen Allgemeinbevölkerung ist Opfer einer vaginalen Penetration mit dem Penis 1 bis 2 % beträgt interessanterweise auch die Prävalenz der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Wetzel hebt hervor, dass körperliche Gewalt gegen Kinder zwar in allen sozialen Schichten vorkommt, in den unteren sozioökonomischen Statusgruppen jedoch signifikant häufiger. Dieser Zusammenhang findet sich beim sexuellen Missbrauch demgegenüber nicht. Jegliche Form interfamiliärer Gewalt nimmt deutlich zu, wenn eine Familie unter sozialen Druck gerät. Borderline-Störungen WS 2005/06

6 Prävalenz sexualisierter Gewalterfahrung bei Borderlinern
Zahlreich fundierte Studien und Ergebnis Studie von Mullen und Mitarbeiter 1993 Klinische Erfahrung Reddemann/Sachsse Allgemein liegen zahlreiche fundierte Studien aus den USA vor, die eine hohe Korrelation zwischen Kindheitstraumatisierungen und insbesondere der Borderline- Persönlichkeitsstörung feststellen. Studien zur Prävalenz sexualisierter Gewalteinwirkung bei Borderlinern Die Stichproben (n= meist < 30) setzen sich zusammen aus teilweise nur Frauen oder gemischten Gruppen (Frauen und Männer), bei denen laut DSM III – R eine BPS festgestellt wurde und die entweder ambulant oder stationär behandelt wurden. Definitionskriterien  Altersgrenze 16 bis 18 Jahre bzw. nicht erwähnt Nur Körperkontakt; mit/ ohne Körperkontakt oder keine expliziten Angaben;Inner- und außerfamiliär; beides Methode Interview, halbstrukturiertes Interview, Aktendurchsicht oder unklare Methode Bei diesen Studien ist die Definition des Missbrauchs weitgehend unpräzise oder nicht bekannt bzw. nicht veröffentlicht. Dennoch lässt sich die Tendenz ablesen stationär behandlungsbedürftige Borderlinepatientinnen sind als Kinder 2x, wahrscheinlich sogar 3x so häufig sexualisierter Gewalt ausgesetzt gewesen wie Frauen aus der Allgemeinbevölkerng Studie von Mullen und Mitarbeiter 1993(Neuseeland) Thema welche Kindheitserfahrungen( traumatische Ereignisse) können als Prädiktoren von Symptombildungen im Jugend- und Erwachsenenalter angesehen werden? Ergebnis der Studie Faktoren wie Scheidung; Tod eines Elternteils, schwere Kinderkrankheiten und anders die Wahrscheinlichkeit dadurch klinisch relevante Symptome zu entwickeln sind entweder überhaupt nicht statistisch relevant oder höchstens um den Faktor 25 wahrscheinlicher Für das Ereignis sexueller Missbrauch mit Koitus war der Faktor dagegen 74!!!!! Auch Fegert hat 1993 als einzigen Prädiktor für schwere seelische Symptombildung Kindesmissbrauch nachgewiesen. Auffassung Reddemann und Sachsse Aufgrund langjähriger klinischer Erfahrung ist gewaltsame Penetration der Körpergrenzen das seelisch Schädlichste, was einem Kind angetan werden kann. Sexuelle Erfahrungen im Kindesalter auch ohne Gewaltanwendung oder ohne Penetration machen konfus und sind kognitiv unverarbeitbar; Sie vertreten die Auffassung, dass dieses mit zu den schädigendsten Faktoren, denen ein Kind ausgesetzt werden kann, gehört Häufige, wiederholte, länger andauernde, demütigende körperliche Misshandlung ist der äthiologisch wichtigste Faktor für Dissozialtät und die Entwicklung der Antisozialen Persönlichkeitsstörung. Traumatische Ereignisse schaden um so mehr, wenn sie von Familienmitgliedern verursacht werden, die biologisch Schutz und Trost geben sollen. Dann ist das Kind aufgrund seines angeboren Bindungsverhaltens gezwungen, Schutz vor der Traumatisierung bei dem Traumatisierenden zu suchen (klassische Situation des Double-bind) Reddemann und Sachsse vertreten die Auffassung, dass Traumatisierungen als solche schon schädlich sind im Gegensatz zu Autoren, die der Meinung sind, dass die Entwicklungspathologie das eigentlich Pathogene ist und Traumatisierungen allenfalls verstärkende Akzente. Es gibt aber auch Menschen mit einer stabilen Konstitution, mit glücklichen Familienkonstellationen oder anderen stabilisierenden Faktoren, die trotz Traumatisierung nicht dauerhaft seelisch krank werden. Sind diese stabile Faktoren nicht vorhanden, können Traumatisierungen nicht verarbeitet werden und entfalten eine erhebliche pathogene Wirkung. Persönlichkeitsstörungen entstehen multifaktoriell und müssen auch so begründet werden. Unter vielen Faktoren ist aber der der Traumatisierung mit Sicherheit der Vorrangigste. Borderline-Störungen WS 2005/06

7 Psychodynamik der BST als chronifizierte, komplexe PTBS
Traumatisierende Situation und ihre Auswirkungen Art und Weise der Integration der Erfahrungen Peritraumatische Dissoziation und posttraumatische Verarbeitung Bewältigungsmechanismen Sichtweise Reddemann/Sachsse Bei einer Traumatisierung kommt es durch die massive Reizüberflutung zu verschiedenen Veränderungen: der Gedächtnisprozesse, der Stressphysiologie, der Affektregulation und damit auch in der zwischenmenschlichen Beziehungsgestaltung. Die Erlebnisse bleiben unverändert als „Videos“, „Dias“ oder innere „Tonbänder“ bestehen und werden nicht wie übliche Erfahrungen in der Grosshirnrinde gespeichert. Die Integration dieser Erfahrungen über Gespräch, Ablenkung und die Verarbeitung im Traum sind erheblich erschwert. Die Erfahrungen drängen sich als Bilder (Flahbacks), sich aufdrängende Gedanken. als Affekte (Intrusionen) oder Körpersensationen ohne Organbefund (Körper-Flahbacks) immer wieder ins Erleben  nicht in der Form der Erinnerung, sondern als ein Wiedererleben Intrusionen und Flahbacks erzeugen zudem Angst vor Kontrollverlust, zwanghafte Rituale und phobisches Vermeidungsverhalten. Darüber hinaus kann es zu Drogen-, Medikamenten-, oder/und Alkoholabusus kommen, damit das Triggern unverarbeiteten Erinnerungen verhindert werden kann. Bei einer längeren oder absehbaren Traumatisierung kann das Erleben peritraumatisch fragmentiert werden = Dissoziation. Diese Fragmentierung/Dissoziation geschieht entweder automatisch (biologisch jedem Menschen verfügbar) oder wird gezielt eingesetzt, damit das Körpererleben bzw. die traumatisierende Realität verlassen werden kann = induzierte Depersonalisation. Diese peritraumatische Dissoziation ist eine wichtiger Copingmechanismus, um traumatisierende Erfahrungen zu überleben und zu bewältigen. Man hat festgestellt, dass Ereignisse posttraumatisch umso schlechter verarbeitet werden, je intensiver peritraumatisch dissoziiert wurde (Triggern von Intrusionen+ Flahbacks+ Depersonalisation+Derealisation  alptraumhafte Verarbeitung bis hin zu heftigen Affekten wie Ausrasten, Einbrechen, Wegrutschen). Diese Ausnahmesituationen sind für die Betroffenen extrem ängstigend und sie entwickeln auch hierfür Bewältigungsmechanismen (phobische, zwanghate oder hysterische Strategien und Symptombildung) Das gesamte Spektrum der Borderlinesymptomatik kann also verstanden werden als ein Ensemble von Copingstrategien zur Bewätigung von posttraumatischen Symptomen, die sich chronifiziert haben, weil sie in der traumatischen Situation und danach nicht verarbeitet wurden Beispiele dafür sind: Zwanghaftes Verhalten  Selbstkontrolle; Kontrolle der Umwelt Esstörungen Bewältigung von Ekel Misstrauen, paranoides Verhalten Schutz/Vorsicht Reddenmann und Sachsse sehen in der Mehrzahl der Borderline Patienten Menschen mit einer posttraumatischen Störung und nicht rein aus der entwicklungspathologischen Sicht (Beispiel Patientinnen, die im Erwachsenenalter vergewaltigt werden, können eine Borderline-Symptomatik entwickeln). Sie verstehen solche Patientinnen als solche mit einet somatischen Erkrankung  gestörte Stresssymptomatik. Diese Sichtweise führte zu einer völlig veränderten Behandlungsstrategie dieser Frauen, in deren Mittelpunkt ein behutsamer und vorsichtiger Umgang mit der fragilen Stressphysiologie steht. Borderline-Störungen WS 2005/06

8 Borderline-Störungen WS 2005/06
Diagnostik Allgemeine Vorgehensweise Screening Instrumente Traumakonzept/ posttraumatische Störung Allgemeingültigkeit Während der Anamnese ist der Patient in der Gesprächsführung auch von Seiten seiner Mimik, Gestik und über offen gezeigtes Verhalten zu beurteilen. Weggehen mit dem Blick oder der Aufmerksamkeit, ein Nicht-Richtig_Dasein, ein Tunnelblick und eine vorübergehende Abwesenheit können Hinweise auf eine Borderlinsstörung sein. Erfragt und registriert werden sollten auch Zeichen von Überregung, Schreckhaftigkeit, Gereiztheit und Dünnhäutigkeit. In der Gegenübertragung lassen sich Gefühle von Misstrauen oder dedektivische Tendenzen finden. Ist da ein Träume und wie gehe ich damit um? Wenn der Verdacht auf eine posttraumatische Störung besteht stehen Fragebögen zur Messung von Intrusionen, Dissoziation und Vermeidungsverhalten zur Verfügung Verdichten sich die Hinweise auf eine posttraumatische Störung, informiert man sich über das Traumakonzept und die posttraumatische Belastungsstörung nur an der Oberfläche, d.h. man geht nicht tief und näher auf bestimmte Einzelheiten des Traumas ein ( Vertiefung der Anamnese und nicht Thematisierung des Gesprächs) Nützlich dabei kann auch sein, den Patienten zu fragen, wie er sich gefühlt hat, wenn jemand über ein Trauma in der Vergangenheit oder eine Belastungsstörung allgemein gesprochen hat : positive Reaktion/Erfahrung Verarbeitung der Situation über vorhandene Bewältigungsmechanismen; Negative Reaktion/Erfahrung- unmittelbar oder einige Stunden danach entstehen Symptome wie z.b. Alkohol- oder Medikamentenabusus, Schneidedruck, Intrusionen, Flashbacks, Erregungszustände. Eine negative Reaktion kann ein Hinweis darauf sein, dass traumatische Erfahrungen dissoziiert gespeichert wurden Vor allem ist es in diesem Fall dann wichtig keine vertiefte Trauma-Exploration durch zu führen ebensokeineeindringliche Gespräche. Auch ist bei der Diagnostik unbedingt darauf zu achten, dass nicht alle Patienten mit einer Borderlinesymptomatik automatisch traumatisiert sind und umgekehrt ( Borderline und Trauma - keine Allgemeingültigkeit!!) Borderline-Störungen WS 2005/06

9 Allgemeine Behandlungstheorie
Integrative Methode Patientenzentriert Containment Selbstheilungskräfte Ressourcenenorientiert Integrative Behandlungsstrategie  primär psychoanalytisch gekoppelt mit Interventions- und Behandlungstechniken und –verfahren verschiedener Schulen für traumazentrierte Menschen Patientenzentriert und nicht methodenzentriert  nicht eine Methode ist der Weg, es können auch mehrere kombiniert sein( Psychoanalyse, Systemtheorie, Familientherapie, Hypnosetherapie, Verhaltenstherapie) „psychoanalytisch verstehen – systemisch Denken – suggestiv Intervenieren“(Fürstenau 1990) Die Therapie ist auf den Patienten zugeschnitten (alles, was ihm gut tut) Containment Art der Kommunikation und wesentlicher Aspekt zwischen Therapeut und Patient Im interaktiven Prozess zwischen Therapeut und Patient arbeitet man mit dem Konzept, bei dem die wesentlichen Verarbeitungs- und Reifungsprozesse in dem Therapeuten stattfinden und dann in veränderter Form dem Patienten wieder zur Verfügung gestellt werden  der Therapeut ordnet und strukturiert  der Therapeut entscheidet, was er dem Patienten zumuten kann bzw. was dieser ertragen kann. Das abgespaltene Unertragliche wird Schritt für Schritt versucht zu integrieren  der Therapeut wird zu einem Hilfs-Selbst. Containment setzt somit eine sehr gute Arbeitsbeziehung zwischen Therapeut und Patient voraus. Der Therapeut zeichnet sich zudem durch sein gutes Einfühlungsvermögen, seine Wärme und seine Empathie gegenüber dem Patienten aus Containment geschieht in einem sogenannten imaginären Intermediärraum, wo alle Manifestationen traumabedingter Verzerrungen des Selbst- und des Objekterlebens, aber auch alle Schritte zum Aufbau guter innerer Objekte gedanklich vollzogen und festgehalten werden; Verzerrungen werden in den Raum der Imaginationen verortet. In der therapeutischen Arbeit und im Verständnis der therapeutischen Beziehung setzt man auf die Selbstheilungskräfte und die Ressourcenorientierung des Patienten Alle Entwicklungsmöglichkeiten sind prinzipiell im Patienten angelegt und vorhanden, der Heilungsprozess ist ein therapeutisch begleiteter Selbstheilungsprozess Kräfte werden geweckt und gefördert. Borderline-Störungen WS 2005/06

10 Konkrete Therapieschritte
Hypothese: Für den traumatisierten Patienten ist es sinnvoll, quasi eine BPS zu entwickeln Errichtung einer nur guten und nur bösen Welt Borderline-Welt nur innerseelisch Errichtung einer nur guten und nur bösen Welt: Um den traumatisierenden Überflutungen begegnen zu können, ist es günstig zu spalten und zu dissoziieren. -> Ordnung -> Klarheit -> Orientierung Nicht interpersonell, da in der Realität nicht nur gute Objekte existieren  innerseelisch -> imaginativ Angewandte Techniken zur Errichtung dieser gespaltenen Welt: Hypnotherapie nach Erickson Gestalttherapie Psychodrama Imaginative Techniken Kognitive Verhaltenstherapie  Ziel: bewusste und kontrollierte Selbststabilisierung Traumazentrierte Therapieverfahren arbeiten mit drei Phasen, die aufeinander aufbauen, sich aber auch abwechseln oder einander durchdringen können Borderline-Störungen WS 2005/06

11 Behandlungsphase I: Stabilisierung
angeborene Grundbedürfnisse (Maslow, 1971): Sicherheit soziales Eingebundensein ► äußere und innere Sicherheit = wesentliche Therapieziele Durch Traumatisierung Sicherheitsbedürfnis extrem verletzt und erschüttert, sie verlieren immer wieder die Kontrolle über ihr Inneres. Deshalb sind innere und äußere Sicherheit und Kontrolle die wesentlichen Therapieziele. Unterstützung der Ziele durch Information, Transparenz und Berechenbarkeit in der therapeutischen Beziehung Information über Traumatisierung und Traumafolgen so sachlich wie bei jeder anderen Krankheit Erläuterung der Therapieschritte Patienten sollen erwachsene Partner in der Behandlung sein Wichtig ist die Vermeidung von Stress durch Längeres Schweigen Emotionale Reaktionslosigkeit Undurchsichtigkeit (Pokerface) Konflikt verstärkende Interventionen Borderline-Störungen WS 2005/06

12 Behandlungsphase I: Stabilisierung
Entwicklung eines „sicheren inneren Ortes“ in der Vorstellung Sollen sich dort völlig sicher und geborgen fühlen Das ist der Ort, an dem man sich allein völlig sicher und geborgen fühlt. Anleitung z. B.: „Wenn Sie diesen Ort erreicht haben, dann schauen Sie bitte, ob alles, was Sie sehen, nur gut für Sie ist. Wenn etwas nicht gut ist, ändern Sie bitte Ihre Vorstellung.“ Genauso auch mit anderen Sinnen, riechen, hören Ziel: Vermittlung, dass die Patienten Kontrolle über ihre Vorstellungswelt ausüben können, innere Schemata sollen entwickelt werden und Außenerfahrungen innen wirken können Borderline-Störungen WS 2005/06

13 Behandlungsphase I: Stabilisierung
Entwicklung von „nur guten inneren Helfern“ Gute Wesen für: Gesundheit, Mut, kluge und weise Ratschläge, Sicherheit Sollen Fabelwesen sein ► Menschen sind nie nur gut Vorstellung von nur guten Wesen, Fabelwesen, sprechende Tiere, Märchengestalten, Pflanzen oder Steine Oft monatelange Arbeit, bis das Ziel, eine „nur gute innere Welt errichten“, erreicht ist Borderline-Störungen WS 2005/06

14 Behandlungsphase I: Stabilisierung
Tresorübung Alle Gedanken, die stören, in einen Tresor packen Baumübung Auftanken, sich öffnen für gute äußere Einflüsse Techniken des Dissoziationsstopps Inneres Video des traumatischen Ereignisses wird mit einer imaginativen Fernbedienung angehalten und zurückgespult ► Flashbacks im Ablauf gestört Dissoziationsstopp: Wahrnehmung der Flashbacks wird gestört Borderline-Störungen WS 2005/06

15 Behandlungsphase I: Stabilisierung
Arbeit mit Gegenbildern Arbeit mit dem inneren Kind ►Form des Selbstmanagements und Selbsttröstung Arbeit mit Gegenbildern: Auf der einen Seite im Inneren bedrängendes Bild Auf der anderen Seite ein nur gutes Gegenbild entwickeln Blick soll immer hin und her wandern Belastendes Bild kann sich dadurch verändern, indem es kleiner oder weniger bedrängend wird Patient soll Alter angeben, das er fühlt, wenn er Angst hat oder mit Kinderstimme spricht Soll sich dem Kind als Erwachsener zuwenden, die inneren Kinder sind gestörte Kinder: verletzt, unkontrolliert, schwierig, harte therapeutische Arbeit Borderline-Störungen WS 2005/06

16 Behandlungsphase I: Stabilisierung
Arbeit an Täterintrojekten Bei schweren Traumata Täter oft als Täterintrojekt ins Selbst aufgenommen Täterintrojekt: undifferenziert und unzensiert wird Handeln des Täters übernommen, ohne kritisch beleuchten zu können Wut, Destruktivität oft nicht als Äußerung des Selbst erlebt Fühlen sich fremd gesteuert, erschüttert „Du bist schlecht“, „Das schaffst du nie“ Gestalten werden zugeordnet, nicht real Bei ambivalent erlebten Tätern zwei Gestalten, z. B. ideale Vater-Mutter-Gestalt und nur schlechte Gestalt (die zu den Kommentaren passt) Mit guten Bildern, inneren Helfern sollen die Feinde bekämpft werden Erstaunlich wirksam Alle diese Übungen sind wichtig für die weitere therapeutische Arbeit. Ziel ist es nicht, Probleme zu bagatellisieren oder zu übergehen, die Patientinnen sollen sich schulen, wenigstens für einige Minuten aus der Alltagsbelastung herauszutreten. Körpertherapeutische Arbeit Aromatherapie Qi Gong Konzentrative Bewegungstherapie Feldenkrais Borderline-Störungen WS 2005/06

17 Behandlungsphase II: Begegnung mit dem Trauma zur Traumasynthese
Ziele: Traumasynthese Traumaintegration Früher wurden Traumaexpositionen als ein Mittel zur „Reinigung“ verstanden. Traumazentrierte Psychotherapie bedeutete anfangs oft „die Sachen so heftig, so rasch noch einmal zu durchleben“ Es sollte „raus“. Überflutungen haben aber nur wenigen, die sehr stabil waren, genutzt, andere oftmals destabilisiert. Heute zwei andere Ziele: Traumasynthese: Aufhebung der peritraumatischen Dissoziation Traumaintegration: Traumatische Erfahrung soll ins verbale Wachbewusstsein integriert werden ► am Ende aus Intrusionen und Flashbacks erträgliche Erinnerungen an ein schlimmes Ereignis der Vergangenheit, d. h. Bewusstseinsfähigkeit, Soll schonend erreicht werden, kontrolliert und gesteuert Drei Techniken kommen heute überwiegend zur Anwendung: Nächste Folie Borderline-Störungen WS 2005/06

18 Behandlungsphase II: Begegnung mit dem Trauma zur Traumasynthese
Drei Traumaexpositionstechniken Verhaltenstechnische Konfrontationsverfahren (Eßlinger, 1998) - prolongierte Exposition (Rothbaum und Foa, 1997) traumatische Szenen imaginiert und alle begleitenden Affekte so lange aushalten wie möglich Dabei werden PTBS als Angststörung gesehen: Wie bei der Phobie soll Desensibilisierung durch Habituation an den gefürchteten Reiz herbeigeführt werden. Borderline-Störungen WS 2005/06

19 Behandlungsphase II: Begegnung mit dem Trauma zur Traumasynthese
Drei Traumaexpositionstechniken A) Bildschirmtechnik (Bandler, 1988) B) Beobachter-Technik (Reddemann, in Vorbereitung) „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“ (EMDR, Shapiro 1995) Bildschirmtechnik: traumatisches Ereignis wird wie ein alter Film betrachtet, zuerst möglichst neutral und affektarm, „wie ein Reporter“ - Wiederholung der Durchgänge, gesteuert werden immer mehr Affekte zugelassen - danach oft Abreaktionen, wie Zittern, Tränen - Begleitung durch den Therapeuten dabei wichtig - am Ende Trost des traumatisierten Menschen durch den erwachsenen Patienten in Erprobung: Beobachtung mit den Augen des inneren Beobachters, ist modifizierte Bildschirmtechnik, distanzierte, beobachtende Perspektive Eye Movement Desensitization and Reprocessing: belastende Bilder, negative Kognitionen, Affekte und Körpersensationen der traumatischen Situation werden mobilisiert durch horizontale Augenbewegungen - traumähnliche Verarbeitungsprozesse, sehr intensiv und wirksam. Wiederholung der Sequenzen von Augenbewegungen, bis Material verarbeitet ist und subjektiv als nicht mehr sehr belastend erlebt wird. Borderline-Störungen WS 2005/06

20 Behandlungsphase II: Begegnung mit dem Trauma zur Traumasynthese
Wirkfaktoren der Expositionsmethoden aus unkontrollierbarem Stress wird kontrollierbarer Stress (Hüther, 1997) State dependent learning: traumatische Erfahrungen werden durch erneutes Erleben in der therapeutischen Situation verändert (Kirsch, Krause, 1999) Bei EMDR möglicherweise spezifische hirnphysiologische Abläufe (van der Kolk 1997) Wesentlicher Faktor: mitfühlender Zeuge (Therapeut) Durch die therapeutische Begleitung werden Möglichkeiten und Techniken vermittelt, mit der Stressreaktion besser umgehen zu können State dependent learning (situationsabhängiges Lernen) vermutlich bei traumatischen Ereignissen, d. h. die Erfahrungen verändern sich nicht, wenn nur darüber geredet wird, wichtig ist, den traumatischen Zustand neu zu durchleben, dies machen Traumaexpositionen dadurch werden die Erinnerungen und auch das Gedächtnis verändert traumatische Erfahrung wird schrittweise ins Wachbewusstsein integriert Möglicherweise ist Dissoziation mit Lateralisierungsphänomenen im limbischen System verbunden. Lateralisierungen werden erschwert, wenn beide Hirnhälften im raschen Wechsel wechselseitig stimuliert werden. Geschieht bei EMDR durch Augenbewegungen. Nicht mitleidender Zeuge für das schlimme Ereignis zukünftig Diese Vorgehensweisen setzen die traumatischen Copingstrategien außer Kraft. Vorübergehend kommt es zu intensiverem Erleben von Schmerzen, Leiden und mit dem Trauma verbundenen Gefühlen. Deshalb gibt es Kontraindikationen. Borderline-Störungen WS 2005/06

21 Behandlungsphase II: Begegnung mit dem Trauma zur Traumasynthese
Kontraindikationen Personen, die noch in der traumatisierenden Situation leben Umgang mit intrusiven Phänomenen wurde nicht ausreichend stabil vermittelt → Retraumatisierung Oft Aufhebung von Kindheitsamnesien Diese Menschen benötigen ihre Fähigkeit zur Dissoziation Zu zwei: d. h. keine ausreichenden Vorarbeiten in Phase 1, Affekttoleranz noch zu niedrig Kindheitsamnesien: Sichtweise auf die zentrale Bezugsperson der Kindheit kann sich schlagartig verändern Wenn Traumasynthesen gelingen, nimmt die Angst vor den Erinnerungen ab, diese verändern sich, die Dissoziativität lässt nach, die Selbstidentität wird stimmiger Borderline-Störungen WS 2005/06

22 Behandlungsphase III: Trauer und Neuorientierung
Arbeit an Schuld- und Schamgefühlen, auch evtl. eigener Schuld (Hirsch, 1997a) Verzerrte Gegenwartsbeziehungen überdenken und umgestalten Meist schon parallel zur Phase II ist eine innere Neuorientierung und ein Abtrauern der eigenen Lebensgeschichte erforderlich. Bedeutsam ist die Arbeit an Schuld- und Schamgefühlen – und an möglicherweise realer Schuld. Eventuell sind Traumaerfahrungen von Opfern an eigene Kinder weitergegeben worden. Durch das Trauma-Coping oft verzerrte Gegenwartsbeziehungen müssen neu überdacht und gestaltet werden. Bisher tolerierte alltägliche Übergriffe, Abwertungen oder Herzlosigkeiten, die vielleicht gar nicht wahrgenommen wurden, werden nun zum Problem und müssen bearbeitet werden. Nach traumazentrierter Arbeit ist die Therapie nie abgeschlossen Jetzt ist sie beziehungs- und konfliktzentriert, auch Gegenwartsbeziehungen werden einbezogen Borderline-Störungen WS 2005/06

23 Borderline-Störungen WS 2005/06
Unser Fazit Bei einer komplexen, chronifizierten posttraumatischen Belastungsstörung vom Phänotyp der Borderline-Persönlichkeitsstörungen nachvollziehbare sinnvolle Therapieform Borderline-Störungen WS 2005/06

24 Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit !


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