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NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

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Präsentation zum Thema: "NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN"—  Präsentation transkript:

1 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

2 Vorwort Noch ist eine Vielzahl von Aspekten in der Funktion der motorischen Endplatte, dem Ort wo die elektrischen Nervenimpulse in mechanische muskuläre Antwort umgewandelt werden, ungeklärt. Dennoch hat die Forschung insbesondere im Bereich der Neurophysiologie, Molekulargenetik und und Immunologie der letzten wenigen Jahre zu einer dramatischen Verbesserung der diagnostischen und, glücklicherweise auch der therapeutischen Möglichkeiten dieser mittlerweile klar definierten Krankheiten geführt. Das Flaggschiff der neuromuskulären Übertragungsstörungen, die Myasthenia gravis, gilt mittlerweile als die am besten definierte und erforschte Autoimmunkrankheit des Menschen überhaupt. Dennoch dauert es im Mittel mehr als 2 Jahre bis die korrekte Diagnose gestellt wird und die effiziente Behandlung eingeleitet werden kann. Dies liegt im wesentlichen an der sehr facettenreichen klinischen Symptomatik, hinter der sich die Myasthenie verstecken kann. Daran denken ist die halbe Miete. Aber wann? Drei Kernsymptome sollten stets erinnert bleiben: rein motorische Symptome; Fluktuation im tageszeitlichen und auch im Langzeitverlauf; belastungsabhängige Symptomintensivierung. Die therapeutischen Optionen nehmen laufend zu und beschränken sich nicht mehr auf die Kortikosteroide - auch wenn diese in vielen Fällen immer noch unverzichtbar sind. Oft muss eine lebenslange Immunsuppression erfolgen, deren Gestaltung vom Arzt viel Fingerspitzengefühl, aber auch Detailkenntnisse verlangt. Prof. Dr. med. Matthias Sturzenegger, Inselspital Bern NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

3 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

4 Gebrauchshinweise Ansichtsoptionen des Slide Kits Folien
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5 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

6 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen
1. Definition Neuromuskuläre Übertragungsstörungen Die neuromuskuläre Übertragungsstelle (motorische Endplatte) ist eine sehr komplex aufgebaute Synapse, welche eine hocheffiziente Transmission von Signalen zwischen Nerv und Muskel erlaubt (Nervenaktionspotential  Muskelkontraktion).  Neuromuskuläre Übertragungsstörungen sind Erkrankungen, die über verschiedene Mechanismen die Informationsübertragung vom Nerven auf den Muskel beeinträchtigen. Das Fehlen einer Blut-Nervenschranke in diesem Bereich macht die neuromuskuläre Endplatte für autoimmune und toxische Attacken anfällig. Die neuromuskuläre Übertragungsstelle [angelehnt an Farrugia, 2010] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

7 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

8 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen (Beispiele)
2. Klassifikation Neuromuskuläre Übertragungsstörungen (Beispiele) Präsynaptische Störung Lambert Eaton Myasthenes Syndrom, (LEMS) Kongenitale Myasthenie Botulismus Schlangengifte Synaptische Störung Organophosphate (irreversible Cholinesteraseinhibitoren) Mutationen der Acetylcholinesterase Postsynaptische Störung Myasthenia gravis (rein) okuläre Myasthenie generalisierte Myasthenie leichter/mittlerer/schwerer Ausprägung „paraneoplastische“ Myasthenie beim Vorhandensein eines Thymoms Kongenitale Myasthenie Muskelrelaxantien Klassifikation Die Störungen der neuromuskulären Signalübertragung sind vielfältig. Die Einteilung erfolgt meist aufgrund der Lokalisation der Funktionsstörung (prä-, postsynaptisch oder synaptisch). Daneben unterscheidet man erworbene – v.a. immunologische und toxische – sowie angeborene Endplattenerkrankungen. V.a. bei der Ach-R-AK pos. Myasthenia gravis gibt es weitere Einteilungen: Nach dem Vorliegen eines Thymustumors Mit und ohne Thymom 2. Nach dem Vorkommen spezifischer Auto-Antikörper Seropositive und seronegative Myasthenie 3. Nach betroffenen Muskelgruppen Okuläre MG und generalisierte MG (z.B. Einteilung nach Ossermann 1971) 4. Nach dem Manifestationsalter - z.B. vor dem 40. (infantil / juvenil) oder nach dem 40. (adult) sowie nach dem 60. Lebensjahr (Altersmyasthenie). NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

9 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen (Beispiele)
2. Klassifikation Neuromuskuläre Übertragungsstörungen (Beispiele) Myasthenia gravis Lambert-Eaton Syndrom Autoantikörper gegen den postsynaptischen Acetylcholin-Rezeptor (AchR) Autoantikörper gegen den präsynaptischen spannungsabhängigen Calcium-Kanal (VGCC=Voltage Gated Calcium Channel) NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

10 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

11 Physiologische Grundlagen der neuromuskulären Impulsübertragung
3. Pathophysiologie Physiologische Grundlagen der neuromuskulären Impulsübertragung Nervenaktionspotential  Aktivierung spannungsabhängiger Ca-Kanäle Erhöhung der präsynaptischen Ca-Konzentration Freisetzung von Acetylcholin (Ach)-Quanten 2. Interaktion Ach - AchR an der postsynaptischen Membran 3. Lokale Depolarisation = Miniaturendplattenpotential (MEPP) – wird nicht fortgeleitet 4. Fortgeleitete Erregung (Muskelfasermembran- Aktionspotential): zeitliche Synchronisation der MEPP, bei Willkürinnervation, oder Imitation (elektrisch evozierte Depolarisation) 5. Ach-Esterase, Dissoziation, spannungsabhängige Ca- Kanäle schliessen Die neuromuskuläre Übertragungsstelle Physiologie der neuromuskulären Impulsübertragung Das in einem motorischen Axon deszendierende Aktionspotential führt im Bereich der terminalen Endaufzweigungen über eine Öffnung von spannungsabhängigen Kalziumkanälen zu einer Ausschüttung von Acetylcholin (aus dort befindlichen Vesikeln). Acetylcholin depolarisiert nach Diffusion durch den synaptischen Spalt die postsynaptische Membran (durch Konformationsänderung des Ach-Rezeptors und Öffnung von Ionenkanälen) und erzeugt dort eine lokale Antwort (Miniaturendplattenpotential, wird nicht fortgeleitet), deren Amplitude vor allem von der Zahl der ausgeschütteten Acetylcholinquanten abhängt. Erreicht das Endplattenpotential die Schwelle für die Fortleitung der Erregung entlang der Muskelfaser, wird über die elektromechanische Kopplung eine Muskelkontraktion ausgelöst. Die Depolarisation der Postsynapse setzt die am Rezeptor gebundenen Ach-Moleküle wieder frei. Diese werden von der Acetylcholinesterase hydrolysiert und wieder in die Präsynapse aufgenommen. [Schneider, 2000] [colorado.edu] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

12 Pathophysiologie Neuromuskuläre Übertragungsstörungen, Beispiele
Präsynaptische Störung Lambert-Eaton Myasthenes Syndrom (LEMS) Antikörper gegen präsynaptische spannungsabhängige Ca-Kanäle (VGCC) Kongenitale Myasthenie z.B. kleinere Acetylcholinvesikel, reduzierte Freisetzung von Ach- Quanten Botulismus, Botulinumtoxin Hemmung der Acetylcholinausschüttung Schlangengifte z.B. Hemmung der Acetylcholinfreisetzung Auch die Pathophysiologie der neuromuskulären Signalübertragungsstörungen ist vielfältig. Die kongenitalen Myasthenie-Syndrome sind seltene, angeborene Erkrankungen, bei denen die Signalübertragung in vielfältiger Weise sowohl prä- als auch postsynaptisch oder kombiniert gestört sein kann [Engel et al., 2003]. NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

13 Pathophysiologie Neuromuskuläre Übertragungsstörungen, Beispiele
Synaptische Störung Organophosphate irreversible Cholinesteraseinhibitoren Postsynaptische Störung Myasthenia gravis Antikörper (AK) gegen den Ach-Rezeptor, Anti-MuSK-AK, weitere (unbekannte) AK ? Kongenitale Myasthenie u.a. Ach-Rezeptormangel, Veränderung der kinetischen Eigenschaften des AChR-Ionenkanals Muskelrelaxantien z.B. Curare: Blockade des Ach-Rezeptors Schlangengifte  z.B. Bungarusarten (Giftnattern): Blockade des AchRezeptors In den folgenden Folien wird vorwiegend auf die erworbene, autoimmune, Myasthenia gravis eingegangen. NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

14 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

15 Epidemiologie Myasthenia gravis
4. Myasthenia gravis: Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie Epidemiologie Myasthenia gravis Anti-Ach-Rez. pos. Myasthenia gravis Prävalenz: 20/100‘000 (bis 50/100`000), 15-25% davon rein okuläre Myasthenia gravis Inzidenz: /Mio., abhängig von Lokalisation/Breitengrad Häufigkeitsverteilung zweigipflig : 20-30 Jahre: Männer : Frauen = 1:3 60-70 Jahre: Männer : Frauen = 3:2 Beginn im Kindesalter <10-15% MuSK-AK-positive MG (MuSK = postsynapt. muskelspezifische Rezeptor-Tyrosinkinase) Prävalenz höher in Nähe des Äquators, Prävalenz ca. 5% der Myasthenia gravis = 1/100`000 Symptombeginn meist Mitte 30, vorwiegend Frauen Seronegative MG Prävalenz bis zu 5% d. MG = 1/100`000 [Matthew 2009, DGN 2008] Die Myasthenia gravis (Anti-Ach-Rez-AK pos.) kann zwischen Säuglingsalter und Greisenalter jederzeit einsetzen. Die Mehrzahl der weiblichen Patienten erkrankt zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr, die männlichen um das Lebensjahr. Die zweigipflige Häufigkeitsverteilung ist vor allem durch das wesentlich geringere Auftreten der Myasthenia gravis im jüngeren Lebensalter bei Männern bedingt. Die Anti-MuSK-positive Myasthenie ist deutlich seltener und betrifft vorwiegend Frauen [>90%, Jeffrey 2010]. Der Symptombeginn ist meist früher als bei der Myasthenia gravis mit Anti-Ach-Rez-AK, typischerweise Mitte 30, Fälle mit Beginn im Kindes- und Greisenalter sind aber beschrieben. Bei der „doppelt“ seronegativen Myasthenie (keine Anti-Ach-Rez-AK und keine Anti-MuSK-AK nachweisbar) existieren bisher wenige Daten. Der Symptombeginn ist sehr variabel. [Zohar 2011]. Aber auch in diesen Fällen dürften (nicht bekannte oder quantitativ nicht messbare) Auto-Antiköper pathopysiologisch im Spiel sein. Es gibt sehr whs. multiple Zielantigene (ausser dem AchR und der MuSk) und multiple AK Subklassen. [Jeffrey 2010] [Jeffrey 2010; Zohar 2011] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

16 Immunpathogenese der Myasthenia gravis
4. Myasthenia gravis: Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie Immunpathogenese der Myasthenia gravis Erfüllt alle Kriterien einer autoimmunen Erkrankung AK-Nachweis am Ort der vermuteten Pathologie, AK-Transfer im Tiermodell, Immunisierung mit Target-AG, Entfernung der AK (Plasmapherese) wirkt Verlust funktionaler Acetylcholinrezeptoren Komplementvermittelte Destruktion der Muskelendplatte mit Verlust spannungsabhängiger Na-Kanäle Beschleunigter Abbau von AchR (AchR-Cross-linking durch bivalente AchR-AK Internalisierung und Degradation der AchR) Direkte Rezeptor-Blockade (selten) Thymus Initierung der Autoimmunpathogenese Myoide Zellen  AchR, Störung der Toleranzinduktion 50-70% lymphofollikuläre Hyperplasie (Thymitis) In 10-15% Thymom (paraneoplast. Syndrom), fast immer pos. AchR-Ak und andere Auto- AK (anti-Titin, anti-quergestreifte Muskulatur) Durch gegen spezielle Oberflächenepitope des nikotinischen Acetylcholinrezeptors gerichtete Autoantikörper kommt es zu einer Beeinträchtigung der synaptischen Übertragung an der neuromuskulären Endplatte. Der Beweis, dass humorale Faktoren an der Pathogenese der Erkrankung beteiligt sind, stammt von sog. Passiv−Transfer−Experimenten, bei denen Mäusen gereinigtes humanes Serum von Patienten injiziert wurde und diese typische myasthene Symptome, die sich auch elektrophysiologisch nachvollziehen ließen, entwickelten. In der Immunpathogenese der Myasthenia gravis spielt der Thymus eine entscheidende Rolle (wobei dies noch unvollständig verstanden wird), da hier aktivierte T−Lymphozyten mit spezifischen Oberflächenstrukturen epithelialer Zellen kreuzreagieren und dadurch die Immunreaktion gegen nikotinische Azetylcholinrezeptoren eingeleitet wird (Konzept der antigenen Mimikry). Die bei der Myasthenia gravis gebildeten Antikörper der IgG−Fraktion sind polyklonal und binden an verschiedenen Epitopen des nikotinischen Azetylcholinrezeptors. Durch Bindung der spezifischen Antikörper an die postsynaptisch gelegenen Azetylcholinrezeptoren kommt es zu einer komplementvermittelten Zerstörung der postsynaptischen Zellmembran, beschleunigtem Abbau von AchR und (seltener) einer funktionellen Blockierung der Rezeptoren. Die meisten Myastheniepatienten haben Thymusabnormitäten % eine Hyperplasie und 10-15% ein Thymom. [Matthew 2008, Bufler 2007]. [Matthew 2008; Bufler 2007] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

17 Immunpathogenese der Myasthenia gravis
4. Myasthenia gravis: Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie Immunpathogenese der Myasthenia gravis Anti-Ach-Rezeptor AK In ca. 70 % der generalisierten und ca. 50 % der okulären MG Patienten nachweisbar Anti-MuSK-AK In ca % der Anti-AchR-AK negativen Patienten nachweisbar Postsynaptische muskelspezifische Rezeptor-Tyrosinkinase  Agrin-abhängiges Protein, das eine wichtige Rolle im Clustering von Ach-Rezeptoren spielt Rolle des Thymus in der Pathogenese noch unklar, meist normaler Thymus oder minimale follikuläre Hyperplasie, selten Thymom Seronegative MG In ca % der Anti-Ach-Rez-AK neg. Patienten keine AK nachweisbar heisst nicht, dass keine AK vorhanden, sondern Antigen (Ag) (noch) nicht bekannt „Low affinity“ AchR-AK Nur geringe AK-Menge oder alle am Ag gebunden [Jeffrey 2010; Matthew 2009] Bei etwa der Hälfte der Patienten ohne Anti-Ach-Rez-AK finden sich anti-MuSK-Antikörper (prädominant IgG4). MuSK ist ein agrinabhängiges Protein auf der Muskeloberfläche, das eine wichtige Rolle im Acetylcholin-Rezepetor-Clustering in der Endplattenzone spielt. Die Rolle des Thymus in der Pathogenese ist noch unklar. Bei klinisch klassischen Myastheniepatienten sollten die Anti-Ach-Rez-AK bei initial neg. Befund in den ersten Monaten wiederholt gemessen werden, da diese auch erst später auftreten können (Ursache unklar). Die verbleibenden Patienten ohne Anti-Ach-Rez-AK oder Anti-MuSK-AK werden teils auch „doppelt seronegativ“ genannt. Bei einem Teil (2/3) finden sich sog. „Low affinity antibodies“, welche mit Routinetestungen nicht gemessen werden können. Der Thymus ist meist normal oder atrophiert. [Zohar, 2011] [Zohar 2011; Matthew 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

18 Immunologische Einteilung Myasthenia gravis
4. Myasthenia gravis: Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie Immunologische Einteilung Myasthenia gravis Immunologische Einteilung Immunologisch ist die Myasthenie ein heterogenes Krankheitsbild. Meistens richtet sich die Immunantwort gegen den nikotinergen Acetylcholinrezeptor (Ach-R) der motorischen Endplatte (Ach-Rez.-Antikörper bei 85-90% der generalisierten Myasthenie-Patienten, jedoch nur bei 55% der rein okulären Myasthenie-Patienten nachweisbar). Bei den verbleibenden können in etwa der Hälfte der Fälle Antikörper gegen die Muskel-spezifische Rezeptor-Tyrosinkinase (MuSK) nachgewiesen werden, die andere Hälfte bleibt „doppelt“ seronegativ. Bei diesen können in 66% sog. low-affinity antibodies, v.a. IgG1 nachgewiesen werden. Anti-MUSK-AK werden bei okulärer Myasthenie selten gefunden (Einzelfallberichte). [Matthew, 2009] Im Rahmen des Krankheitsprozesses der Myasthenie können weitere Antikörper auftreten. Dies sind u.a. Antikörper gegen die quergestreifte Muskulatur und gegen das myofibrilläre Protein Titin (Titin-Fragment MGT30.) Diese sind in bis zu 80% positiv bei Patienten mit Thymom und in ca. 50% der Fälle mit Altersmyasthenie (auch ohne Thymom). Bei älteren Patienten mit mildem Verlauf können Anti-Skelettmuksel-AK die einzige serologische Abnormität darstellen [Matthew, 2009]. Anti-Ryanodin-AK sind assoziiert mit Thymom und Schweregrad der Erkrankung [Skeie, 2006]. [Matthew, 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

19 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

20 Klinik : Myasthenia Gravis, Anti-Acetylcholinrezeptor pos.
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Klinik : Myasthenia Gravis, Anti-Acetylcholinrezeptor pos. Leitsymptom Belastungsabhängige, schmerzlose, abnorme Ermüdbarkeit der Muskulatur mit spontanen Remissionen und krisenhaften Verschlechterungen  sämtliche quer gestreiften Muskelgruppen können betroffen sein. Häufige Erstsymptome 85% okuläre Symptome (Doppelbilder, Ptosis) 15% bulbäre Symptome (Schluck-, Kauschwäche, näselnde Sprache) 14-27% Extremitätenschwäche, proximal > distal Verschlechterung oder Auslösung myasthener Symptome durch Infektionserkrankungen Metabolische Erkrankungen (Schilddrüse) Traumata, Operationen Nach Narkose und Einnahme bestimmter Medikamente (u.a. Aminoglykoside, Muskelrelaxantien)(siehe „Verschiedenes“, Folie 69) NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

21 Klinik : Myasthenia Gravis, Anti-Acetylcholinrezeptor pos.
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Klinik : Myasthenia Gravis, Anti-Acetylcholinrezeptor pos. Schweregradeinteilung z.B. Klassifikation nach Ossermann oder nach der Myasthenia Gravis Foundation of America: Clinical Classification of Myasthenia Gravis Verlaufsbeurteilung z.B. Myasthenie Score nach Besinger und Toyka  klinische Untersuchung muss Ermüdbarkeit der Muskulatur erfassen! Assoziierte Erkrankungen Koinzidenz mit verschiedenen Autoimmunerkrankungen (Thyreoiditis, Hypo-, Hyperthyreose); Perniziöse Anämie; Kollagenosen/ Sarkoidose) NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

22 Klinik : Myasthenia Gravis, Anti-Acetylcholinrezeptor pos.
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Klinik : Myasthenia Gravis, Anti-Acetylcholinrezeptor pos. Wichtige klinische Manifestationsformen: Okuläre Myasthenia gravis Schwäche der äußeren Augenmuskeln einschließlich des M. levator palpebrae (Ptose und Doppelbilder) Doppelbilder: können transient sein, im Tagesverlauf fluktuieren, folgen keinem neurogenen Muster  Konjugierte Blickparesen sprechen gegen eine Myasthenie Doppelbild-Belastungstest (Seitblick über mindestens 1 Minute) Ptose: Simpsontest: anhaltender Blick nach oben über eine Minute: latente Störungen nachweisbar, bestehende Symptome verstärken sich, nach Erholung mit Lidschluss -> Remission [Toyka 2006] Cogan-Zeichen: unmittelbar nach kurzem Abwärts- und anschließendem Aufwärtsblick auftretende transiente Lidzuckung (überschiessende Lidhebung) „lid twitch“ „ice pack Test“: ice pack während 2-5 min auf Augen legen  Verbesserung der Ptose Nur bei 10-20% der Patienten bleibt die Schwäche im weiteren Verlauf auf die Augenmuskeln beschränkt; nach ca. 2 Jahre rein okulärer Symptomatik tritt kaum mehr eine Generalisierung ein. NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

23 Klinik : Myasthenia Gravis, Anti-Acetylcholinrezeptor pos.
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Klinik : Myasthenia Gravis, Anti-Acetylcholinrezeptor pos. Generalisierte Myasthenia gravis Jegliche Mitbeteiligung von Gesichts-, Schlund-, Hals/Nacken- und Skelettmuskulatur, unabhängig von Verteilung und relativer Ausprägung  Belastungstests, Score Stammnahe Schultergürtelmuskulatur und Halsmuskulatur besonders betroffen Bulbäre Symptome: Verwaschene, klossige Sprache, aphone Stimme, Dysphagie  Belastungstests Respiratorische Symptome  Vitalkapazitätsmessung (Handspirometer) Patienten mit einer Beteiligung der Schlund- und Atemmuskulatur sind stärker gefährdet, eine kritische Verschlechterung im Sinn einer myasthenen Krise zu erleiden. Im Langzeitverlauf kann eine Atrophie der betroffenen Muskulatur eintreten. Klassifikation der Myasthenia gravis nach Ossermann (1971) I okuläre Form II generalisierte Form II a) okuläre Symptome, mittelschwere Schwäche der Nacken- und Extremitätenmuskulatur II b) mit leichtgradigen bulbären Symptomen III schwergradige akute Generalisierung IV schwergradige chronische Generalisierung V Defektmyasthenie Myasthenia Gravis Foundation of America, Clinical Classification of Myasthenia Gravis (modif. durch Matthew 2009) Class I - Okuläre Myasthenie beschränkt auf äussere Augenmuskeln und ggf. Lidschluss Class II - Leichte bis mässiggradige generalisierte Myasthenie IIA vorwiegend Extremitäten- und/oder Stammmuskulatur IIB vorwiegend Oropharynx und/oder Atemhilfsmuskulatur Class III - Moderate generalisierte Myasthenie IIIA vorwiegend Extremitäten- und/oder Stammmuskulatur IIIB vorwiegend Oropharynx und/oder Atemhilfsmuskulatur Class IV - Schwere generalisierte Myasthenie IVA vorwiegend Extremitäten- und/oder Stammmuskulatur IVB vorwiegend Oropharynx und/oder Atemhilfsmuskulatur, ggf. mit Nasensonde, jedoch keine Intubationspflichtigkeit Class V - Intubationspflichtigkeit mit oder ohne Ventilationsbedürftigkeit Myasthenie Score nach Besinger und Toyka  Schweregrad NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

24 Myasthenie-Score, modifiziert nach Besinger und Toyka
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Myasthenie-Score, modifiziert nach Besinger und Toyka Der Score eignet sich zur Verlaufskontrolle. Er errechnet sich aus der Summe der Punkte, dividiert durch die Zahl der Tests (Siehe Notizen). Test-Items Keine = 0 Leicht = 1 Mittel = 2 Schwer = 3 Muskel-schwäche Punktezahl Armhalteversuch (90°, stehend/sitzend, dominanter Arm) > 180 s s 11-60 s 0-10 s Beinhalteversuch (45°, Rückenlage) > 45 s 31-45 s 6-30 s 0-5 s Kopfhalteversuch (45°, liegend) > 90 s 31-90 s 0-5s Vitalkapazität (L) Frauen/Männer > 3.0 L > 4.0 L > L > L > L > L < 1.2 L < 1.5 L Kauen/Schlucken Normal Leichte Störungen bei festen Speisen Nur Flüssig-keiten, z.T. Regurgitation Magensonde Gesichtsmuskulatur (Lidschluss) Normal kräftiger Lidschluss Leichte Schwäche beim vollständigen Lidschluss Unvollständiger Lidschluss Kein mimischer Ausdruck Doppelbilder (Blick zur Seite) > 60 s 1-10 s Spontan Ptose (Blick nach oben) Spontane Ptose Der Myasthenie Score nach Besinger und Toyka ist auf unter der Kategorie „Hilfsmittel“ zum Download verfügbar. Myasthenie Score nach Besinger und Toyka  Schweregrad dominanter Arm, waagerecht im Sitzen; bei halbliegenden, schwer kranken Patienten Armheben um etwa 30–45° in flacher Rückenlage dominantes Bein um 45° anheben in flacher Rückenlage Kopf um 45° anheben Vitalkapazität wenn möglich in sitzender Position messen Verlaufsbeurteilung (Scoreänderung) Ermittelter Punktwert geteilt durch Zahl durchgeführter Tests ergibt Score (0-3) Geeignet zur Verlaufskontrolle: Änderung um  +/- 0,3 Punkte: unveränderter Befund Änderung um 0,3-1 Punkte: relevante Veränderung Änderung um > 1 Punkt: deutliche Veränderung [Toyka 2007] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

25 Klinik Besonderheiten je nach AK MuSK-AK-positiv
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Klinik Besonderheiten je nach AK MuSK-AK-positiv Schwere facio-pharyngeale Schwäche, oft mit Atrophie der betroffenen Muskeln, gelegentlich isolierte Nackenextensoren- oder respiratorische Muskelschwäche, selten Beteiligung der okulären Muskeln, Extremitätenschwäche meist mild 46% im Verlauf myasthene Krise CAVE: 70 % schlechtes Ansprechen auf Ach-Esterasehemmer oder sogar Verschlechterung Seronegative MG, bis zu 5% Polymorphe Klinik 7.3% im Verlauf myasthene Krise Patienten mit Anti-MuSK-Ak zeigen häufigt eine besondere klinische Präsentation mit prominentem Befall von facialen, bulbären, Nacken- und respiratorischen Muskeln (mit relativer Aussparung der Augenmuskeln). Zu den „doppelt seronegative“ Myastheniepatienten sind in der Literatur wenig Angaben vorhanden. Meist zeigen sie das Muster einer milden Anti-Ach-Rez-AK pos. generalisierten Myasthenie. [Zohar, 2011] [Jeffrey, 2010] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

26 Myasthene Krise/1 Definition
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Myasthene Krise/1 Definition Krisenhafte Verschlechterung einer generalisierten MG mit vitaler Gefährdung durch Ateminsuffizienz und/oder Aspirationsgefahr wegen einer manifesten Schluckstörung, oft mit Speichelsee im Mund Die myasthene Krise trifft meist Patienten mit bereits diagnostizierter, aber ungenügend behandelter generalisierter MG, selten ist sie Erstmanifestation einer MG. Tritt bei 20% der Myastheniepatienten im Verlauf der Erkrankung auf, meist im ersten Jahr. Häufige Ursachen Nicht ausreichend wirksame Immunsuppression Infektionen Perioperativer Stress Ärztliche Therapiefehler bei der Immunsuppression (z.B. zu hohe initiale Cortisondosis) oder Verabreichung myasthenieverstärkender Medikamente (s. „Verschiedenes“, Folie 69) bei instabilen MG-Patienten bzw. ungenügende Therapiecompliance der Patienten. [Müllges 2010; Matthew 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

27 Myasthene Krise/2 Vorboten und Warnzeichen einer myasthenen Krise
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Myasthene Krise/2 Vorboten und Warnzeichen einer myasthenen Krise Kurzfristig (Tage, Stunden) Progrediente Dysarthrie, Hypophonie Verschlucken, häufiges Hüsteln, Speichelsee im Mund Dyspnoe, Kurzatmigkeit, Orthopnoe, Schaukelatmung, Stakkatosprechen paO2 <70 mmHg, SaO2 <85−90% Mittelfristig (Wochen, Tage) Rasch fluktuierende Symptome Stetige Steigerung der Gesamtdosis von Cholinesterasehemmern, auch häufiger Dosiswechsel Körperlicher Leistungsabfall über Tage bis Wochen, Gewichtsverlust infolge Schluckschwäche mit verminderter Nahrungsaufnahme – Kopfhalteschwäche (v.a. Nackenstrecker bedeutsam) [Müllges 2010; Matthew 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

28 Myasthene Krise/3 Differentialdiagnosen Cholinerge Krise
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Myasthene Krise/3 Differentialdiagnosen Cholinerge Krise Durch Überangebot von Acetylcholin akute Muskelschwäche mit zusätzlich muskarinergen (Miosis, Bradykardie, gerötete und warme Haut, Bronchorrhoe, Diarrhoe, Emesis, Salivation, Lacrimation) und cholinergen (Paresen, Faszikulationen, Muskelkrämpfe) Nebenwirkungen DD im Zweifelsfall mit Tensilon-Test Beachte: Plasmapherese hilft in beiden Krisensituationen [Müllges 2010; Matthew 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

29 Diagnostische Tests bei Myasthenia gravis, Übersicht
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Diagnostische Tests bei Myasthenia gravis, Übersicht Tests Generalisierte / okuläre Myasthenie Sensitivität Spezifität Bedside Simpson-Test, Belastungstest (siehe Score nach Besinger und Toyka), Vitalkapazitätsmessung Edrophonium-Test 88% / 92% 97% «Ice on the eyes» (Bei Ptose: Ice pack während 2-5 min auf Augen legen - Verbesserung?) 82% / 94% 96 / 97% Elektro-physiologie Repetitive, supramaximale 3-Hz-Nervenstimulation (je nach verwendetem Muskel und Anzahl Tests) 79% (47-100) / % * / % Single-fibre-EMG 95-99% Nicht spezifisch Antikörper AchR-AK 90% / 66% 99% Anti-MUSK-AK 40-60% der AchR neg. generalis. MG Low affinity anti AchR 66% der AchR und MUSK neg. gen. MG Anti-Titin-AK 95% MG mit Thymom/ 50% ohne Thymom Alters-MG ohne Thymom Zusatzinformationen zu einigen Tests Bildgebende Diagnostik Die Bildgebung des Thorax mittels CT oder MRT zur Darstellung des Thymus ist bei jedem neu diagnostizierten MG-Patienten indiziert und auch bei unauffälligem Befund im Abstand von ein bis zwei Jahren zu kontrollieren, um ein wachsendes Thymom auszuschließen. Eine Szintigraphie mit Indium- 111-DTPA-D-Phe-Octreotid kann dazu beitragen, die Größenausdehnung eines Thymoms auch bei ausgeprägter Narbenbildung nach vorausgegangener Operation zu erfassen [Toyka 2007]. Allgemein: Für die meisten Tests existieren nur Kohortenstudien (für ice test nur Case Control-Studien) AchR-AK haben die höchste Spezifität [Benatar, 2006] * Sensitivität der repetitiven Stimulation bei (okulärer) Myasthenia gravis niedrig ! [Benatar 2006; Toyka 2007; DGN 2008, AAEM 2001, Zinman 2006] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

30 Zusatzuntersuchungen
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Zusatzuntersuchungen Andere Untersuchungen Hochauflösendes Thorax-CT oder –MRT Bei allen Patienten nach Diagnosestellung um Ausschluss eines Thymoms (10-15% bei generalisierter MG) (ggf. Mediastinoskopie + Probeentnahme, Szintigraphie, SPECT, FDG-PET oder PET- CT bei unklarem Mediastinaltumor oder Frage nach Thymomrezidiv) Schädel-MRT: bei rein okulären oder okulopharyngealen Symptomen zum Ausschluss einer Raumforderung/Läsion intrakraniell bzw. im Hirnstamm Weitere Labordiagnostik (assoziierte Autoimmunerkrankung?) Im Einzelfall, aus differentialdiagnostischen Gründen, erforderlich Liquor-Untersuchung: Ausschluss entzündlicher ZNS-Erkrankung Lungenfunktionstestung EMG zur Differenzialdiagnose gegen andere Diagnosen (LEMS) Muskelbiopsie: bei Frage nach einer Myopathie oder einer Mitochondriopathie Molekulargenetische Diagnostik bei Verdacht auf ein kongenitales myasthenes Syndrom [Benatar 2006; Toyka 2007; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

31 Zusatzuntersuchungen
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Zusatzuntersuchungen Elektrophysiologie: repetitive Nervenstimulation (niederfrequent, 3-5 Hz) Praktische Bedeutung Bei prä-/postsynaptischer Störungen: von Reiz zu Reiz in zunehmender Zahl von Muskelfasern kein überschwelliges Endplattenpotential (Abb. A) mehr generiert  motorisches Summenpotential nimmt fortlaufend ab Pathologisch: > % Amplituden-, > 10% Flächendekrement des Potentials (Abb. B) Stopp der Cholinesterasehemmer 12 h vor Test Geeignete Nerven (Stimulationsort) - Muskel (Ableitung) -Kombinationen N. facialis  M. orbicularis oculi, M. nasalis N. accessorius  M. trapezius N. ulnaris  M. abductor digiti minimi (N. axillaris  M. deltoideus) Repetitive Nervenstimulation Die Erschöpfung der neuromuskulären Erregungsübertragung infolge der verminderten Anzahl funktionsfähiger postsynaptischer Acetylcholin-Rezeptoren kann elektrophysiologisch durch eine repetitive 3Hz- Reizung (Nervenserienreizung) mit supramaximalen Reizen und Ableitung der Reizantworten von entsprechenden Muskeln erfasst werden. Die Ausbeute pathologischer Befunde ist bei Stimulation proximaler Muskeln deutlich höher als bei der Untersuchung distaler Muskeln. Bei der niederfrequenten repetitiven Stimulation (3-5 Hz) werden repetitiv 6-10 supramaximale Reize appliziert. Bei der Untersuchungstechnik muss auf eine stabile Lage der Ableitelektroden während der Stimulation geachtet werden, um aussagekräftige Untersuchungsresultate zu erhalten. Der Test gilt als positiv bzw. es liegt ein pathologisches Dekrement vor, wenn zwischen der Amplitude der ersten und fünften Antwort eine Differenz > % Amplituden- resp. > 10% Flächendekrement gemessen wird. Wenn in Ruhe kein sicheres pathologisches Dekrement nachgewiesen werden kann, erhöht eine maximale Willkürinnervation (ca. 30 s) 3-4 Minuten vor der repetitiven Stimulation die Wahrscheinlichkeit, dass ein pathologisches Dekrement auftritt. Ein pathologisches Dekrement bei der repetitiven Stimulation findet sich auch unter optimalen Untersuchungsbedingungen nur bei ca % der rein okulären Fälle und in 80 % der generalisierten Fälle. Hilfreich ist bei fraglichen Befunden die Untersuchung vor und nach Applikation von Edrophoniumchlorid unter den üblichen Vorsichtsmassnahmen [Bufler, 2007]. Zur Erfassung präsynaptischer Störungen (Lambert- Eaton Syndrom) dient die hochfrequente Nervenstimulation (oder forcierte Willkürinnervation). Initial niedrige MSAP (Muskelsummenaktionspotentiale), wegen mangelnder Übertragungssicherheit infolge unzureichender Ach-Freisetzung normalisieren sich im Verlauf einer hochfrequenten Stimulation oder nach maximaler Willkürinnervation (siehe Kapitel Lambert Eaton Syndrom). Bei weiterbestehendem Verdacht auf eine Myasthenia gravis und normalen Befunden bei der repetitiven Serienreizung ist die Durchführung des sehr sensitiven, aber nicht spezifischen und technisch aufwendigen Einzelfaser−EMGs mit Bestimmung des Jitters in einigen Zentren möglich. Erhöhung der diagnostischen Ausbeute bei Repetitiver Nervenstimulation bei V.a. MG Betroffene Muskeln untersuchen Proximal > distal Hauttemperatur über Muskel >34°C Mehrere Muskeln Posttetanische Messung Fallstricke 12 h vorher Ach-Esterasehemmer stoppen Optimale Ableitelektrode Supramaximale Stimulation Muskeltemperatur Immobilisation der Gelenke Artefakte Reproduzierbarkeit DD Dekrement Myasthenia gravis Lambert-Eaton-Syndrom Botulismus Post-Polio-Syndrom Frühgeborene frühe Reinnervation nach Trauma ALS Organoposphat-Intoxikation Myotonia congenita Becker [Matthew 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

32 Zusatzuntersuchungen/1
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Zusatzuntersuchungen/1 Edrophonium Test (kurz wirksamer Acetylcholinesterasehemmer, PHWZ = 2 Min.) Nur sinnvoll bei objektivierbaren bzw. messbaren Symptomen oder pathologischem Dekrement in der repetitiven Nervenstimulation. Beatmungsbeutel und Atropinsulfat (aufgezogen !) müssen griffbereit sein. Test immer mit zwei Personen (Pflegefachfrau/Student + Arzt) durchführen Beim erwachsenen Patienten werden zunächst 1-2 mg i.v. verabreicht unter Herzfrequenz- und Atmungskontrolle (CAVE: sehr unterschiedliche individuelle Empfindlichkeit auf AchE- Hemmer, die im voraus nicht bekannt ist. Gegebenenfalls 10 mg mit 9 ml NACL verdünnen oder „Insulinspritze“ verwenden) Nach einer Minute werden bei ausbleibender Wirkung und Fehlen von Nebenwirkungen weitere 8 mg unter Bereithaltung von Atropinsulfat (0.5-1 mg iv) zur Antagonisierung von möglichen muskarinergen Nebenwirkungen (Asthmaanfall, Bradykardie) verabreicht. Die Wirkung hält bis zu 3-5 min an. Bei Risikopatienten zunächst Testung mit Pyridostigmin oral. [Matthew, 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

33 Zusatzuntersuchungen/2
5. Myasthenie, Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen Zusatzuntersuchungen/2 Kontraindikationen Edrophoniumtest : symptomatische bradykarde Herzrhythmusstörungen, Asthma bronchiale, ausgeprägte Hypotonie, laufende Therapie mit atrioventrikulär blockierenden Medikamenten (u.a. Betarezeptorblocker). Patienten mit Neigung zu Orthostase und Bradykardie bereits vor dem Test Atropin i.v. verabreichen (genaue Anleitung DGN 2008, Schumm 2011). [Matthew, 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

34 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

35 Differentialdiagnose Myasthenia gravis (Auswahl)/1
6. Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose Differentialdiagnose Myasthenia gravis (Auswahl)/1 Diagnose Differenzierende Merkmale Kommentar Lambert-Eaton Myasthenes Syndrom Relative Aussparung der Augenmuskeln, Hyporeflexie, trockener Mund VGCC, niedrigamplitudiges Muskelsummenpotential (MSAP), Inkrement bei repetitiver Stimulation Kongenitale Myasthenie Syndrome Beginn in der Kindheit, kein Ansprechen auf Immunmodulation Repetitive Stimulation Motoneuron-erkrankung Kortikospinale oder kortikobulbäre Merkmale, Krämpfe, Faszikulationen Neurographie, Nadelmyographie, motorisch evozierte Potentiale Botulismus Rasch absteigende Paresen, Pupillen mitbeteiligt, autonome Beteiligung Niedrigamplitudiges MSAP Mitochondriopathien Allmählicher Beginn, keine Fluktuationen, oft keine Doppelbilder trotz Ophthalmoplegie Muskelbiopsie [adaptiert nach Matthew 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

36 Differentialdiagnose Myasthenia gravis (Auswahl)/2
6. Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose Differentialdiagnose Myasthenia gravis (Auswahl)/2 Diagnose Differenzierende Merkmale Kommentar Polymyositis, Dermatomyositis Erhöhte CK, Schmerz, Schwellung, keine Fluktuationen Nadelmyographie, Muskelbiopsie GBS und Varianten Keine Fluktuation, sensible Symptome, Areflexie, akuter Beginn Neurographie, Liquor Endokrine Ophthalmopathie (Schilddrüse) Proptosis MRI: verdickte extraokuläre Muskeln, Schilddrüsenantikörper ZNS-Erkrankungen mit Hirnnervenbeteiligung Plötzlicher Beginn, Bewusstseinsstörung, Koordination und Sensibilität ev. betroffen, Pareseverteilung gemäss einzelnem Nerv MRI Schädel & Rückenmark, Liquor, Visuell evozierte Potentiale [adaptiert nach Matthew 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

37 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

38 Therapie der Myasthenia Gravis
7. Myasthenie: Therapie Therapie der Myasthenia Gravis Prinzipien der Myastheniebehandlung Verbesserung der neuromuskulären Übertragung durch Acetylcholinesterasehemmer rein symptomatische Massnahme ohne Einfluss auf Verlauf 2. Immunsuppressive Therapie greift am entzündlichen Mechanismus an, verlaufsbeeinflussend 3. Interventionelle Therapiemassnahmen zur Behandlung akuter Verschlechterungen (Plasmapherese, Immunadsorption, iv-Immunglobuline) 4. Thymektomie Allgemeine Massnahmen Notfallausweis abgeben Auslösende/myasthenieverstärkende Situationen oder Medikamente vermeiden Bei Atem- und oder Schluckproblemen rechtzeitige Intubation NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

39 Therapieoptionen – evidence based
7. Myasthenie: Therapie Therapieoptionen – evidence based Ach-Esterase-Inhibitoren Evidenz Klasse 1 Corticosteroide Evidenz Klasse 1 Immunsuppressiva Azathioprin Evidenz Klasse 1 Cyclosporin Evidenz Klasse 1 Mycophenolat mofetil 2 negative Studien ! Methotrexat off label, Fallstudien Cyclophosphamid off label, Fallstudien Tacrolimus off label wenig Exp. Rituximab off label wenig Exp. Immunmodulatoren Plasmapherese iv Immunoglobuline Thymektomie Kombinationen Studiendaten (RCT‘s) sind spärlich ! NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

40 Stufenschema der medikamentösen Behandlung der Myasthenia gravis/1
7. Myasthenie: Therapie Stufenschema der medikamentösen Behandlung der Myasthenia gravis/1 Ach-Esterase-Hemmer (Basis-Dauertherapie) Alleine selten genügend ( z.B. bei sehr milden Formen, rein okulär) Pyridostigmin oral: Wirkeintritt nach Min, Maximale Wirkung nach 2-4h, (max.600mg/d), langsame Eindosierung wegen nikotinergen und muskarinergen Nebenwirkungen, Einnahmeintervall 3-5 h Okuläre Myasthenie: Pyridostigmin 3-4x/d mg (Beginn z.B. mit 3x10mg, Steigerung um 10mg pro Dosis pro Tag je nach Verträglichkeit; ev. bis 180mg/d), General. Myasthenie: Pyridostigmin 4-6x/d mg (Beginn z.B. mit 4x30 mg), ev. bis mg, 90–180 mg retard zur Nacht bei deutlichen morgendlichen Symptomen CAVE: anti-MUSK positive Patienten: oft hypersensitiv auf AchE-Hemmer. Für ausführlichere Angaben, insbesondere Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Laborkontrollen siehe Arzneimittelkompendium der Schweiz! Ach-Esterase-Hemmer - Viele Patienten können mit zunehmender Erfahrung und Kenntnis ihrer Erkrankung selbst die Medikation an die wechselnden Tagesbedürfnisse anpassen (zusätzliche Einnahme vor dem Essen oder längerer Rede). Die Kraft kann an den individuell unterschiedlich betroffenen myasthenen Muskeln 1-2 h nach Einnahme überprüft werden. Nach Etablierung einer Immunsuppressiven Therapie Dosisreduktion meist möglich. Bei steigenden Dosierungen Insensitivität der Ach-Rez und Dauerdepolarisation möglich. Glukocorticosteroide - Gemäss retrospektiven Studien kann bei über 70% der Patienten mit einer deutlichen Besserung oder Remission der Symptome gerechnet werden. Nach Rückbildung der Symptome und Erreichen einer stabilen Remission sollen die Kortikosteroide wenn möglich schrittweise unter die Cushing-Schwelle (<7.5 mg Prednisolonäquivalent) oder die minimale effektive Dosis reduziert werden. Risiken und Nebenwirkungen unter einer Langzeittherapie sind zu beachten und entsprechende Kontrollen/Massnahmen durchzuführen. Immunsuppressiva - Erste Wahl ist Azathioprin (Laborkontrolllen und Dosisanpassungen siehe Arzneimittelkompendium der Schweiz). Bei 10-20% erreicht man mit Azathioprin auch in Kombination mit Kortikosteroiden keine befriedigende Stabilisierung, so dass alternative Immunsuppressiva eingesetzt werden müssen (vorherige Einholung einer Kostengutsprache notwendig) Literaturhinweis für ausführlichere Angaben zur Immuntherapie bei Myasthenia gravis: [Henze et al., Akt Neurol 2010; 37: , für ärztlichen Beirat der deutschen Myastheniegesellschaft und DGN Leitlinien 2008] [Henze 2010; DGN 2008; Sieb 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

41 Stufenschema der medikamentösen Behandlung der Myasthenia gravis/2
7. Myasthenie: Therapie Stufenschema der medikamentösen Behandlung der Myasthenia gravis/2 2. Glukokortikosteroide (keine RCT‘s !) Wirkeintritt nach Tagen bis Wochen, initiale Verschlechterung möglich! Stationäre Einleitung bei oropharyngealer Schwäche. Es gibt unterschiedliche Eindosierungsschemata: Prednisolon z.B. Beginn mit mg/d mit Steigerung (sobald Pyridostigmin eindosiert) um 5 mg alle 7 Tage im ambulanten Setting oder alle 3 Tage im stationären Setting bis 1mg/kg KG. Okuläre Myasthenie: ev. nur mg/d nötig. Dosis 2-3 Mt. beibehalten, dann reduzieren je nach Klinik General. Myasthenie: Zieldosis je nach Ansprechen, evtl. bis 80 mg/d, bei Einsetzen der Azathioprinwirkung nach 6-9 Monaten Steroidmedikation sukzessive abdosieren. [Henze 2010; DGN 2008; Sieb 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

42 Stufenschema der medikamentösen Behandlung der Myasthenia gravis/3
7. Myasthenie: Therapie Stufenschema der medikamentösen Behandlung der Myasthenia gravis/3 3. Immunsuppressive Langzeit-Therapie Azathioprin, (keine RCT‘s !) Wirkeintritt nach 6-9 Monaten, Testdosis 50 mg über einige Tage (Unverträglichkeit durch angeborenen Thiopurinmethyltransferasemangel), dann 1.5-3mg/kg in 2-3 Dosen, (regelmässige Kontrollen Blutbild, Leberwerte  ggf. Dosisreduktion oder Therapieende, siehe Kompendium, Interaktion mit Allopurinol!), bei stabilem Verlauf Dosisreduktion auf 1 mg/kg möglich Okuläre Myasthenie: selten Azathioprin indiziert General. Myasthenie: Bei stabiler Situation über 2-3 Jahre ev. langsame Abdosierung in 25 mg-Schritten über Mt. Bei vielen Myastheniepatienten lebenslange Immunsuppression notwendig. Alternative Immunsuppressiva: bei unbefriedigender Stabilisierung unter Steroiden und Azathioprin oder Unverträglichkeit zu prüfen: Cyclosporin A, (2 RCT‘s) Mycophenolat mofetil, (2 negative, schlechte, Studien) Methotrexat, Cyclophosphamid, Tacrolimus, Rituximab, Einzelfällen vorbehalten [Henze 2010; DGN 2008; Sieb 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

43 Therapie Myasthenia gravis : Thymektomie/1
7. Myasthenie: Therapie Therapie Myasthenia gravis : Thymektomie/1 Thymektomie Thymom = Malignom, bei 10-20% der Myastheniepatienten ( paraneoplastische Myasthenia gravis): Unabhängig von Myasthenietyp: Operationsindikation (alternativ bei älteren multimorbiden Patienten palliative Bestrahlung) Je nach Stadium (l-lV) nach interdisziplinärem Konzept, zudem Bestrahlung und/oder adjuvante Chemotherapie [DGN 2008, Skeie et al. EFNS 2010] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

44 Therapie Myasthenia gravis : Thymektomie/2
7. Myasthenie: Therapie Therapie Myasthenia gravis : Thymektomie/2 Ohne Thymom: Es existieren keine randomisierten kontrollierten Studien (aktuell multinationales Thymektomie-Trial am laufen: Thymectomy Trial in Non-Thymomatous Myasthenia Gravis Patients Receiving Prednisone Therapy) Beginn einer postoperativen Verbesserung nach Monaten-Jahren AchR-AK positive Patienten mit einer generalisierten Myasthenie, Alter zwischen Jahren profitieren am meisten (wenn innerhalb von 1-2 Jahren durchgeführt) – Altersgrenzen willkürlich Mild betroffene profitierten nicht im vgl. zu stark betroffenen. Bei kürzlich erkrankten Patienten mit rein okulärer Symptomatik ist die Thymektomie bei Entwicklung klinisch erkennbarer Generalisierung angezeigt (bei hohen AK-Titern und unzureichender medikamentöser Therapie ev. früher). Anti-MUSK-AK pos. Myasthenia gravis  aktuell keine Thymektomie empfohlen Allgemein: Elektive Operation  erst bei stabilen klinischen Verhältnissen Ziel: maximale Thymektomie, neu auch computerassistiert endoskopisch Verläufe unabhängig von chirurgischer Technik wahrscheinlich gleich. [Meyer et al., 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

45 Therapie myasthene Krise/1
7. Myasthenie: Therapie Therapie myasthene Krise/1 Drohende Krise Bedarf intensivmedizinischer Überwachung und Therapie. Umstellung Pyridostigmin/Neostigmin auf iv Verabreichung (gesicherte Resorbtion), am besten via Perfusor. Pyridostigmin: mg iv = 30 mg po., 1-3 mg iv als Bolus, dann mg/h, max mg/24h Prostigmin: 1mg iv = 30mg po., Bolus 1 mg iv, dann 4-8mg/24h. Ev. Atropin ( mg in 3-6 Gaben pro Tag) bei starken cholinergen Nebenwirkungen. Sekretolytika und Flüssigkeit bei starker Verschleimung Ev. Methylprednisolon 60mg/d mit Steigerung um 20mg/d bis zur klinischen Besserung bis maximal 100mg/d, anschliessend stufenweise Reduktion auf erforderliche Erhaltungsdosis – ev. Kombination mit Plasmapherese, um Auftreten einer möglichen glukokortikoidbedingten Verschlechterung (nach 3-4 Tagen, Effekt oft erst nach 2-3 Wochen) zu vermeiden [Köhler 2007]. Bei der drohenden Krise kann zunächst versucht werden, durch kontinuierliche iv-Gabe von ACh-Esterasehemmern (Pyridostigmin, Neostigmin) eine symptomatische Verbesserung der Situation zu erreichen. Manchmal gelingt es mit dieser symptomatischen Therapie, eine Beatmung noch abzuwenden. Im Zweifelsfall sollte man jedoch bei grenzwertiger Atemsituation eher früh und damit elektiv intubieren (Intubationsbereitschaft bei Warnzeichen: Vitalkapazität <1,5 l bei Männern, <1,2 l bei Frauen, rasches Sinken der Vitalkapazität, SaO2 <90%, paO2 <70 mmHg trotz O2-Gabe, schwere Schluckstörung, Panik mit Verschlechterung der Atemfunktion). Dies gilt insbesondere für Patienten mit massiver Schluckstörung, Speichelsee im Mund und damit Aspirationsgefahr (kann durch Gabe von AChE-Hemmern noch verstärkt werden). Einige Autoren empfehlen daher nach Intubation die Ach-Esterasehemmer zu stoppen [Matthew, 2009]. Plasmapheresen werden aufgrund des schnelleren Wirkeintritts den IVIG-Gaben vorgezogen. Eine kürzliche Studie (Neurology 2011, Klasse I Evidenz, randomisiert, verblindet) fand, dass IVIG (2g/kg) und Plasmapheresen (5x) vergleichbar wirksam sind (Effekt über 60 Tage). Bei refraktären Krisen werden folgende Medikamente aufgrund von Einzelfallbeichten vorläufig empfohlen [Müllges 2010] Ciclosporin A 2-mal 2,5 mg / kg KG / d (angestrebter Talspiegel 60–80 μg / L) statt oder zusätzlich zu Azathioprin Tacrolimus 2-mal 2–5 mg / d p. o. (nur geringe Erfahrungen und Daten) evtl. Mycophenolat Mofetil 1000–2000 mg / d (off-label) (gut erprobt an aber wenigen Fällen) Einzelfälle (off-label): Cyclophosphamid 500 mg / m2 KO alle 4–12 Wochen IV oder 1–2 mg / kg KG / d PO (gut erprobt an aber wenigen Fällen) Methotrexat 7,5–15 mg / Woche (gut erprobt an aber wenigen Fällen), Rituximab 2 Zyklen á 1000 mg IV innerhalb von 14 Tagen Bei der „cholinergen Krise“ besteht eine Überdosierung mit AChE-Hemmern (z.B. durch ständige Dosissteigerung bei drohender Krise). Cholinerge Überdosierungserscheinungen können zu Faszikulationen und Muskelsteife führen, die die Muskelschwäche weiter verstärken können (bedingt durch Überstimulation nikotinerger ACh-R). Durch die gesteigerte muskarinerge Speichelsekretion kann eine bulbäre Schluckstörung und die Aspirationsgefährdung steigen. Wenn sich eine cholinerge Krise abzeichnet, muss die AchE-Hemmerdoisis reduziert werden. Oft ist es notwendig, die Patienten in der Krise vorübergehend zu beatmen, bis die notwendige Optimierung der immunsuppressiven/immunmodulatorischen Therapie wirkt. Im Zweifelsfall kann ein Edrophoniumtest durchgeführt werden (fehlende Besserung oder Verschlechterung der Paresen). Bei unklarer dramatischer Situation hilft die Plasmapherese unabhängig ob eine myasthene oder cholinerge Krise vorliegt! [Müllges 2010; Köhler 2007; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

46 Therapie myasthene Krise/2
7. Myasthenie: Therapie Therapie myasthene Krise/2 Unkomplizierte Krise Sofort Plasmapherese oder alternativ Immunadsorption (evtl. im Wechsel), zunächst 4-6 mal, jeden 2. Tag Sofort Glukokortikoide, z.B. 5 Tage je 250–500 mg Methylprednisolon iv, dann 100 mg/d oral bis zur stabilen Besserung, später weitere langsame Dosisreduktion (plus so bald wie möglich Azathioprin). Alternativ zur Plasmapherese: intravenöse Immunglobuline (0.4 g/kgKG an 5 aufeinanderfolgenden Tagen): Vorteil: rasch verfügbar, technisch nicht aufwendig [Müllges 2010; Köhler 2007; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

47 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

48 Myasthenia gravis - Prognose
8. Myasthenie: Prognose Myasthenia gravis - Prognose Maximale Krankheitsaktivität bei 2/3 der Patienten innerhalb der ersten 2 Jahre nach Diagnose Meist aktive Phase (mit Rückfällen und Remissionen) während 7-8 Jahren, gefolgt von relativ inaktiver Phase während 10 Jahren und anschliessender „burned out“ Phase > trotzdem Exacerbationen, z.B. bei Infekten, nach Jahrzehnten möglich! Allgemein nur heterogene und suboptimale Daten bzgl. Langzeit-Prognose 1 systematische Review: einzig Zeit bis zur Diagnose (< 1 Jahr) und Alter (<40 Jahre) sind Prädiktoren einer Remission [Matthew 2009, Mao 2010] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

49 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

50 Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom (LEMS)/1
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom (LEMS)/1 Definition/Pathogenese Autoimmunerkrankung mit IgG-Antikörpern gegen präsynaptische Calciumkanäle VGCC der neuromuskulären Endplatte und autonomer Neurone. AK bei 85% der Patienten mit LEMS nachweisbar. (siehe Folie 8).  dadurch verminderte Acetylcholinfreisetzung 60% tumorassoziiert , d.h. paraneoplastisch. V.a. kleinzelliges Bronchuskarzinom  VGCC werden auf Tumorzellen exprimiert. SOX1-AK (65%) od. andere onkoneuralen AK (anti-HU) nachweisbar. LEMS kann aber der Tumordiagnose vorausgehen. 40% nicht-tumorassoziiert = primär autoimmun (oft mit Schilddrüsenerkrankungen und anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert: Sjögren-Syndrom, Perniziosa, etc.) Epidemiologie Prävalenz: 2.3/Mio., Inzidenz: 0.5/Mio. 60% Männer, mittleres Alter bei Symptombeginn: 58 Jahre (2 Peaks: 40 Jahre und höheres Alter) [Gilhus 2011; Mareska 2004; Farrugia 2010; Gold 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

51 Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom (LEMS)/2
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom (LEMS)/2 Symptomatik Abnorme Ermüdbarkeit und Schwäche der proximalen Muskeln, beinbetont (Patienten klagen über Schwäche bei Ausdauerleistungen mit reduzierter maximaler Gehstrecke), seltener (als bei MG) und erst später: Hirnnervenbeteiligung (v.a. Doppelbilder, Ptose) Autonome Symptome bei 75%: Mundtrockenheit, Obstipation, Hypohidrosis, orthostatische Dysregulation, Erektionsstörungen, Akkomodationsstörungen Klinischer Befund Schwache Muskeleigenreflexe, bis zu Areflexie, MER werden bei wiederholter Reflexauslösung oder nach muskulärer Belastung lebhafter Proximale Paresen. Flüchtige Verbesserung der verminderten Ausgangskraft nach kurzer max. Willkürinnervation (als Hinweis für präsynaptische Transmissionsstörung)  „Lambert‘s-sign“: Faustschluss wird nach wenigen Sekunden stärker [Gilhus 2011; Mareska 2004; Farrugia 2010; Gold 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

52 Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom – Elektrophysiologie/1
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom – Elektrophysiologie/1 Neurographien Motorische Neurographie: Kleinamplitudige Muskelsummenpotentiale (MSAP)  Zunahme der in Ruhe verminderten MSAP nach Bahnung durch maximale Willkürinnervation Normale distale motorische Latenz und Nervenleitgeschwindigkeit Sensible Neurographie: normal Einzelreiz vor / nach maximaler Vorinnervation Post-exercise facilitation test: Gemäss Empfehlungen [Yuki, 2008] sollte zuerst vor und nach 10 Sekunden dauernder (sensitiver als Sek. dauernder) maximaler Willkürinnervation das MSAP gemessen werden (z.B. im M. abd. Dig. minimi), da diese Methode einfach und schmerzlos ist. Sollte sich kein pathologisches Inkrement des MSAP >100% zeigen (Sens. 96%), kann die hochfrequente Stimulation angeschlossen werden. [Yuki 2008, Titulaer 2011] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

53 Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom – Elektrophysiologie/2
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom – Elektrophysiologie/2 Repetitive Stimulation 2-3Hz Stimulation in Ruhe: Amplituden- Dekrement > 10% (Sens %) Einzel- oder 2-3Hz Stimulation nach 20 s maximaler Vorinnervation und ev. hochfrequente („tetanische“) Stimulation (20- 50Hz): Amplitudenvergrösserung um %, (> 50% eindeutig pathologisch, weist auf präsynaptische Übertragungsstörung hin) Meist in allen Muskeln nachweisbar, mindestens 2 Muskeln sollten untersucht werden, Sensitivität 84-96%, Spezifität 100% [Yuki 2008, Titulaer 2011] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

54 Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom – Diagnose
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom – Diagnose Diagnose Typische klinische Symptome: Muskelschwäche mit typischer Verteilung (proximal, beinbetont), Areflexie, autonome Symptome VGCC-AK (hohe Spezifität) Elektrophysiologie Sobald Diagnose bestätigt  Tumorsuche (CT, ev. PET), falls neg. nach 3 Monaten wiederholen, dann alle 6 Monate in den ersten 2 Jahren, dann jährlich (Tumor wird in Einzelfällen erst nach > 5 Jahren nach Beginn der neurologischen Symptomn entdeckt!) [Gilhus 2011; Mareska 2004; DGN 2008; Maddison 2009, Tituulaer 2011] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

55 Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom –Therapie
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Lambert-Eaton-Myasthenes Syndrom –Therapie Therapie Allgemein: alle Therapien sind „off-label“ Tumorentfernung Führt häufig zu einer deutlichen Rückbildung paraneoplastischer Symptome Symptomatische Therapie 3,4 Diaminopyridin : erhöht die Zahl der freigesetzten Ach-Quanten Effekt in 2 random. kontr. Studien nachgewiesen ( mg/d). Cave NW! (teils irreversibel); muss nach spezieller Rezeptur in Apotheke hergestellt werden, da kein Handelspräparat zur Verfügung steht Pyridostigmin: nur geringer Effekt Immuntherapie Vergleichbar mit Myasthenia gravis Bei schwerem Verlauf: IVIG (1 pos. Studie), Plasmapheresen Beim idiopathisch-autoimmunen LEMS: Langzeittherapie mit Glukokortikoiden, Immunsuppressiva (z.B. Azathioprin) [Gilhus 2011; Mareska 2004; DGN 2008; Maddison 2009] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

56 9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen
Botulismus Clostridium botulinum = grampositives, sporen- und toxinbildendes, hitzeresistentes, obligat anaerobes Bakterium  Neurotoxin hemmt die Ausschüttung vom Acetylcholin an der motorischen Endplatte, aber auch andere cholinerge Systeme sind betroffen  Botulismus Botulinumtoxin = potentestes natürliches Gift (bereits ca. 100 ng bei oraler Einnahme für den Menschen tödlich) Als natürliche Formen sind Lebensmittel-, Wund-, Säuglings- und Darmbotulismus bekannt Der Botulismus wird durch Botulinumtoxin verursacht, welches von Clostridium (C.) botulinum unter anaeroben Bedingungen gebildet wird. Als natürliche Formen sind der Lebensmittel-, Wund-, Säuglings-, und Darm/instestinaler Botulismus bekannt. Der Inhalations-Botulismus als weitere Form, wird durch vernebeltes Botulinumtoxin verursacht (Bioterrorismus). In der Schweiz gilt für Botulismus eine Meldepflicht (bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod). Botulinumtoxin wird therapeutisch bei einer Vielzahl von Erkrankungen (insb. dystonen und spastischen) eingesetzt. [adaptiert nach oxipedia] [Gutzwiler 2008; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

57 Botulismus - Epidemiologie
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Botulismus - Epidemiologie [Gutzwiler 2008; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

58 9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen
Botulismusarten/1 Lebensmittelbedingter oder Intestinaler Botulismus = „klassischer Botulismus“- „Food- borne Botulism“ Häufigste Form in Deutschland und der Schweiz, meist Serotypen A und E Primäre Intoxikation mit Botulinumtoxin durch Aufnahme von Speisen, in welchen C. botulinum bereits Botulinumtoxin (Typ A, B, E) produziert hat. Hauptinfektionsquelle: Nahrung mit anaeroben, alkalische Milieu, Dosen, „frisch abgepacktes Essen“ (Fisch, Oliven etc.) Inkubationszeit: meist kurz 18-36h (8h-8Tage) Primäre Infektion mit C. botulinum, gefolgt von sekundärer Intoxikation ( = Intestinaler Botulismus). Aufnahmen von toxinbildenden Sporen mit der Nahrung Hauptbetroffene: Kinder < 6 Monate: unvollständig entwickelte gastrointestinale Flora, intestinales Bakterienwachstum mit Toxinproduktion „in vivo“. Hauptquelle Honig  sollte Kindern < 2 Jahren nicht gegeben werden Erwachsene mit gastrointestinalen Grunderkrankungen (Colitis ulzerosa, M. Crohn, Operationen, AB-Therapie mit Zerstörung der der natürlichen Darmflora) [Gutzwiler 2008; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

59 Botulismusarten/2 Wundbotulismus
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Botulismusarten/2 Wundbotulismus C. botulinum kann in kontaminierten Wunden lokal Botulinumtoxin produzieren, das in den Blutkreislauf aufgenommen wird . Bakterienwachstum in Abszessen, traumatischen oder chirurgischen Wunden, parenteraler Drogenabusus Inkubationszeit: meist 7 Tage (4-14 Tage) Iatrogener Botulismus Nebenwirkung der Botulinumtoxin-Therapien: generalisiert: Injektion von Botox in die Blutlaufbahn (selten) lokal: Ausbreitung des Toxin auf Nachbarmuskeln [Gutzwiler 2008; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

60 Klinik und Diagnose Botulismus/1
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Klinik und Diagnose Botulismus/1 Symptome durch Blockierung des peripheren cholinergen Nervensystems (nicht nur muskulär!): Absteigende, symmetrische Paresen: Hirnnervenlähmung (Ophthalmoplegie, Diplopie, Dysphagie, Dysarthrie, Ptosis) Paresen der Extremitäten Respiratorische Insuffizienz Autonome Störungen (=anticholinerg) Mydriasis (< 50%) Urinretention, Obstipation, Hypotonie, verminderte Schweißsekretion, Mundtrockenheit Keine Sensibilitätsstörungen, i.d.R. keine Bewusstseinsbeeinträchtigung (in bis zu 10% Vigilanzstörungen möglich), Hypo- bis Areflexie Lebensmittelbotulismus: inital meist gastrointestinale Symptome (Nausea, Vomitus, abdominale Krämpfe, Diarrhoe) Die Krankheit beginnt meist mit einer symmetrischen Lähmung der Hirnnerven, gefolgt von einer symmetrischen absteigenden schlaffen Lähmung. Die Lähmung von respiratorischen oder pharyngealen Muskeln kann eine oft langdauernde künstliche Beatmung notwendig machen. Die Beteiligung der Hirnnerven ist charakterisiert durch Dysarthrie, Diplopie, Dysphonie und Dysphagie. Aufgrund der bulbären Dysfunktion erscheinen die Patienten oft lethargisch und haben Kommunikationsschwierigkeiten. Routinelaboruntersuchungen sind zur Diagnose-Bestätigung nicht hilfreich, können jedoch zum Ausschluss anderer Krankheitsbilder hilfreich sein. Der Maus-Bioassay ist der Goldstandard zum Labornachweis von Botulinumtoxin. [Gutzwiler 2008; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

61 Klinik und Diagnose Botulismus/2
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Klinik und Diagnose Botulismus/2 Diagnosestellung In erster Linie anamnestisch (Verzehr von eingemachten, konservierten Produkten, bzw. Auftreten ähnlicher Fälle in der Umgebung) und klinisch Botulinumtoxin-Nachweis in Blut, Stuhl, Wundsekret etc. mittels Maus-Inokulationstest = Standard-Test: Mouse-Bioassay: Identifikation des Toxin + Toxin-Typs. Hohe Sensitivität nur zu Beginn Kultureller Nachweis von Clostridum botulinum: v.a. bei Wundbotulismus Liquordiagnostik, Neuroimaging (evtl. zur DD): unauffällig [Gutzwiler 2008; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

62 Klinik und Diagnose Botulismus – Elektrophysiologie
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Klinik und Diagnose Botulismus – Elektrophysiologie Neurographien und repetitive Nervenstimulation Unterscheidung Neuropathie vs. Endplattenerkrankung Niederfrequente repetitive Nervenreizung: 2-3 Hz-Stimulation in Ruhe: Amplitudendekrement des Muskelsummenpotentials > 10% Hochfrequente („tetanische“) Stimulation (20-50Hz) oder Einzel- oder 2-3 Hz-Stimulation nach maximaler Vorinnervation 20 Sek. : Fazilitation: % Amplitudezunahme (Inkrement) Sensitivität: ca. 60%. Dann 2-3 Hz-Stimulation: Dekrement bei erhöhter Ausgangsamplitude !! Langsame Posttetanische Erschöpfung: Fazilitation über mehrere Minuten vorhanden, sonst nur noch bei Hypomagnesiämie Nur in klinisch betroffenen Muskeln, DD Inkrement auch bei Hypokalzämie und Hypermagnesiämie Nadelmyographie Denervationszeichen, Aktivitätsmuster: gelichtet in Abhängigkeit vom Paresegrad [Stöhr 2004; Gutzwiler 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

63 9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen
Botulismus Therapie/1 Supportive (Langzeit-) Therapie auf der Intensivstation Rasche Intensivpflege, mechanische Ventilation (Intensivpflege und Pflegebedürftigkeit können Monate dauern bis eine Verbesserung messbar wird- bis zur vollständigen Restitution vergehen oft mehrere Jahre). Ev. Magenspülung bei kurzer Inkubationszeit Cholinesterase-Hemmer i.v. scheinen sinnvoll, es existieren aber keine prospektiven Studien (DGN 2008) Magnesiumgabe kontraindiziert! (hohe Dosen können theoretisch die Wirkung von Botulinumtoxin erhöhen) Die Hauptpfeiler einer Botulismus-Therapie sind sorgfältige unterstützende Pflege mit besonderer Beachtung der respiratorischen Situation des Patienten und rasche/frühzeitige Gabe eines Botulismus-Antitoxins. [Gutzwiler 2008; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

64 Botulismus Therapie/2 Antitoxin-Gabe (equines, humanes)
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Botulismus Therapie/2 Antitoxin-Gabe (equines, humanes) Antitoxin kann nur ungebundenes zirkulierendes Toxin neutralisieren  deshalb bei Patienten mit progressiver Symptomatik frühzeitige Gabe (<24h) entscheidend  verbessert bestehende Symptome nicht, senkt aber Mortalität NW: Gelegentlich allergische und anaphylaktische Reaktionen, selten zu Schock führend  vorherige Intrakutantestung empfohlen. Vereinzelt Serumkrankheit, Spätallergische Reaktionen, z.B. in Form einer serogenetischen Polyneuritis, selten (> 1/ < 1/1 000) haben meist gute Prognose. Antibiotikatherapie bei Wundbotulismus Penicillin G, Metronidazol (keine Aminoglykoside – zusätzliche neuromuskuläre Blockade) Operative Abszessentfernung / Wundsanierung [Gutzwiler 2008; DGN 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

65 Prognose Botulismus Komplikationen
9. Neuromuskuläre Übertragungsstörungen – seltene Formen Prognose Botulismus Komplikationen Atemversagen (je nach Beatmungspflichtigkeit); bei gewissen Ausbrüchen waren 30-40% der Patienten beatmungspflichtig Aspirationspneumonie (bei Patienten mit Atemversagen oder Schluckstörung) Prognose Letalität: 5-10% für Lebensmittel-Botulismus, 15-44% Wundbotulismus Die vollständige Restitution ist die Regel, Intensivmedizin senkt Mortalität von 50% auf 5- 9% (Todesursache meist Komplikationen der Langzeitbeatmung). Dauer: Wochen bis Monate, da neues Aussprossen/Synapsenbildung von Nervenendigungen notwendig, autonome Symptome haben längere Restitutionsdauer. Residuelle Müdigkeit, trockener Mund, trockene Augen, Anstrengungsdyspnoe über Jahre nach dem Ereignis möglich [Gutzwiler 2008] NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

66 Inhalt Definition Seite 06 Klassifikation 08 Pathophysiologie 11
Myasthenia gravis : Epidemiologie, Klassifikation, Pathophysiologie 15 Myasthenie: Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 Myasthenie: Diagnose und Differentialdiagnose 35 Myasthenie: Therapie 38 Myasthenie: Prognose 48 Neuromuskuläre Übertragungsstörungen - Seltene Formen 50 Referenzen 67 NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN

67 Referenzen 10. Referenzen NEUROMUSKULÄRE ÜBERTRAGUNGSSTÖRUNGEN
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